Ägypten-Türkei: Mursi abgesetzt, Erdogan in Panik

Ägypten-Türkei: Mursi abgesetzt, Erdogan in Panik

Erdogan gebärdet sich wild angesichts der Verhaftung Mursis.
Ja, das ist dem Sultan Erdogan wohl bis in die Zehenspitzen gedrungen–der Einsatz des Militärs–vielleicht besinnt sich ja das türkische Militär eines Tages doch eines anderen, wenn der Herr Sultan zu sehr Mursi spielen sollte. Interessant finde ich die Rolle von General Abdel Fattah-al-Sissi-. ihm wurde oft nachgesagt ein Muslimbruder zu sein und die Armee für die Muslimbrüder zu infiltrieren (z.B. Daniel Pipes), dazu trägt seine Frau ja auch Schleier und er gilt auch als sehr religiös. Und nun das. Ich nehme dazu meine Vorurteile gegen Kopftuchmädels zurück–bei den Demonstraten gab es die ja zu Mass. Mursi hat übertrieben, er hat wirtschaftliche Versprechungen geklopft, die er nie einhalten konnte, er hat eine islamische Verfassung durchgepeitscht ohne Rücksicht auf die anderen 50% der Ägypter.DIe Oppositionsbewegung setzt sich im wesentlichen aus 4 Gruppen zusammen: Den urbanen, liberalen Kräften, der Tamarudbewegung, die ein Nachfolger der Kifaya-Bewegung ist und der es eben auch gelang die Provinzen zu mobilisieren, die alten NDP- und Mubarakgünstlinge und Leute, die von der wirtschaftlichen Entwicklung enttäuscht sind.Dennoch sehe ich den Putsch ambivalent. Denn Mursi hatte nur ein Jahr Zeit die Wirtschaft zu verbessern–in solche ienm kurzen Zeitraum kann keiner Wunder vollbringen–diese latent hohe Erwartungshaltung seitens der ägyptischen Bevölkerung auf ein Wirtschaftswunder birgt auch Gefahren für jede Nachfolgeregierung, und sei sie noch so säkular. Es bleibt zu hoffen, dass das Militär eine Koalitionsregierung bildet, die auch die Muslimbrüder beinhaltet, eine ausgewogene inklusive Verfassung zur Abstimmung stellt, Neuwahlen ausruft und sich wieder in die Kasernen zurückzieht.Was in der ganzen Medienberichterstattung nicht kommt, sind genauere Analysen bezüglich der ägyptischen Wirtschaft. In deutschen und US- amerikanischen Medien nicht zu finden. Lediglich in der NZZ ein Kurzartkel, der auch nicht mehr besagt, dass die Arbeitslosigkeit sich unter Mursi nur um einen Prozentpunkt auf 13% erhöht habe (ich bezweifele diese Zahl, da sie mir als zu niedrig erscheint, von Jugendarbeitslosigleit nicht zu sprechen) und die Inflation 8% betrug–was für ein Entwicklungsland akzeptabel ist. Nicht inkulsive: Der Zusammenbruch der Stromerzeugung, die Engpässe bei Benzin,  der Rückgang des Tourismus, die IWF-bedingten Kürzungen der Nahrungsmittel- und Brennstoffsubventionen. Um bei letzterem zu bleiben: Damit Ägypten überhaupt über die Runden kommt, bietet der IWF eine neue Kreditranche an von 6 Milliarden Euro.Nun kennt man aber die Bedingungen des IWFs und es gab schon desöfteren Hungerrevolten infolge von IWF-Programen. Jede neue Regierung ist also darauf angewiesen, andere Gelder zu acquierieren.Bisher ist Katar als großzügiger Sponsor eingetreten, vielleicht könnte dies nun Saudiarabien und die anderen Golfstaaten sein, die Katars Unterstützung der Muslimbrüder nicht mittrugen und den Militärputsch übereinstimmend als gute Sache auffassen. Aber Ägypten braucht eine Wirtschaftsstratgie, die in einen nationalen Konsens eingebunden werden muss.Vieleicht sollte man die ganzen Ägypter einmal als Wirtschaftsdelegation nach China, Vietnam und Südkorea schicken, damit sie sich Inspirationen zu Wachstumsstrategien einholen.So unmöglich dürfte es doch nicht sein, einem Muslimhirn einzutrichtern, wie man eine Sonderwirtschaftszone oder ähnliches ausrichtet.

Meiner Ansicht nach ist Ägypten politisch in zwei große Hälften gespalten. Jegliche Verbesserung der wirtschaftlichen Situation erfordert, dass beide Seiten von ihren Heilsversprechen Abstand nehmen, eine nüchterne Analyse vornehmen und eine von beiden Lagern getragene Wirtschaftsstrategie und von beiden Lagern inklusive des Militärs als Wirtschaftsfaktors getragenes Wirtschhaftprogramm für die nächsten 5 Jahre beschliesst und der Bevölkerung klaren Wein einschenken. Vielleicht wäre ein Technokrat, der keinem der Lager zugehörig ist, da die beste Lösung als Wirtschaftsminister.Und anstatt diesen ewigen Heilsversprechungen sollte man einmal offen sagen, dass erst mal eine Durststrecke bevorsteht, bevor sich das Land erholen kann. Aber ich bleibe dabei: Säkulare Opposition, Muslimbrüder, Militär–ein gemeinsames Flugzeug nach Asien, um sich dort einmal die Möglichkeiten von Wirtschaftswundern und wie man diese macht anzusehen.

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