USA: Debatte um die Chinapolitik- Kriegsgefahr gering, aber Krieg immer wahrscheinlicher

USA: Debatte um die Chinapolitik- Kriegsgefahr gering, aber Krieg immer wahrscheinlicher

In den USA läuft seit April 2015  eine intensivierte Debatte um eine Neuausrichtung der US-amerikanischen Chinapolitik seit der Council on Foreign Relations das programmatische Papier „Revising US Grand Strategy Toward China“veröffentlicht hat. Zwar meiden die Autoren das Wort containment, sie sind aber der Ansicht, dass die USA China bei dessem Aufstieg nicht mehr assisitieren sollten, z.B. durch die Hoffnung in die Integration in eine liberale Weltordnung, sondern die aufkommende chinesische Macht machtpolitisch ausbalancieren sollten . Zentral sei es die US-Ökonomie zu revitalisieren, das Freihandelsabkommen TPP durchzusetzen, militärisch aufzurüsten, ein Technologiekontrollregime gegenüber China zu errichten, die indopazifischen Bündnisse zu stärken, die Cybersicherheit zu erhöhen und hochrangige Kontakte mit China zu fördern.

Interessant dabei, dass Robert D. Blackwill Henry A. Kissinger Senior Fellow for U.S. Foreign Policy und Mitautor ist, wobei gerade Henry Kissinger in seinem Buch „On China“ ja gerade noch vor einer neuen Form des Crowememorandums gewarnt hat, welches damals Deutschland als neue Gefahr und einen Krieg gegen es als geradezu unvermeidlich ansah. Kissinger warnte ja gerade vor einer selfulling prophecy, wenn man China als Gefahr sehe. Kissinger Senior Fellow Blackwill scheint nun aber gerade die unter Kissinger eingeleitete Chinapolitik der damaligen Nixonadministration und der darauffolgenden US-Präsidenten grundsätzlich readjustieren zu wollen.

Ich habe schon mittels zwei Artikeln klargestellt, dass die USA sich inzwischen schon auf die von China und Russland skizzierte Multipolarität und die geforderte „New Type of Great Power Realtions“ schon unter Obama einstellen und auch zunehmend wieder kriegsbereit sind. Näheres unter:

http://www.global-review.info/2015/03/10/die-usa-und-das-sinorussische-konzept-der-multipolaren-new-type-of-great-powerrelations-und/

http://www.global-review.info/2015/03/09/usa-zunehmend-wieder-kriegsbereit-airseabattle-jam-goffshore-controll/

Hier wurde die These verbreitet, das die US-Priorität  Russland in Europa, China im Asian Pivot, drittens, die Verhinderung eines nuklearen Irans und dann erst IS sei. Das scheint sich zu bewahrheiten.Nun bringen mit dem Council on Foreign Relations und dem Generalstab der USA unter Dempsey diese Konstellationen einer kommenden Großmachtsauseinandersetzung neben der allgemeien Formel von Obamas „Asian Pivot“ zunehmend in ein strategisches Konzept.Das 54-seitige Papier des Council on Foreign Relations  ist nachzulesen unter:

http://www.cfr.org/china/revising-us-grand-strategy-toward-china/p36371

Hier kurz nochmals die Forderungen:

“Revising U.S. Grand Strategy Toward China

Authors: Robert D. Blackwill, Henry A. Kissinger Senior Fellow for U.S. Foreign Policy, and Ashley J. Tellis, Senior Associate, Carnegie Endowment for International Peace

Publisher Council on Foreign Relations Press

Release Date April 2015

„China represents and will remain the most significant competitor to the United States for decades to come. As such, the need for a more coherent U.S. response to increasing Chinese power is long overdue,“ write CFR Senior Fellow Robert D. Blackwill and Carnegie Endowment for International Peace Senior Associate Ashley J. Tellis in a new Council Special Report, Revising U.S. Grand Strategy Toward China.

„Because the American effort to ‚integrate‘ China into the liberal international order has now generated new threats to U.S. primacy in Asia—and could result in a consequential challenge to American power globally—Washington needs a new grand strategy toward China that centers on balancing the rise of Chinese power rather than continuing to assist its ascendancy.“

The authors argue that such a strategy is designed to limit the dangers that China’s geoeconomic and military power pose to U.S. national interests in Asia and globally, even as the United States and its allies maintain diplomatic and economic interactions with China.

Blackwill and Tellis recommend that Washington do the following:

Revitalize the U.S. economy

„Nothing would better promote the United States‘ strategic future and grand strategy toward China than robust economic growth…This must be the first priority of the president and Congress.“

Strengthen the U.S. military

„Congress should remove sequestration caps and substantially increase the U.S. defense budget…Washington should intensify a consistent U.S. naval and air presence in the South and East China Seas,“ and „accelerate the U.S. ballistic-missile defense posture“ in the Pacific.

Expand Asian trade networks

„U.S. grand strategy toward China will be seriously weakened without delivering on the TPP [Trans-Pacific Partnership trade agreement]. A major push by the White House for ratification should therefore begin immediately in the new Congress, including seeking trade promotion authority.“

Create a technology-control regime

„Washington should pay increased attention to limiting China’s access to advanced weaponry and military critical technologies.“ The United States should encourage its allies „to develop a coordinated approach to constrict China’s access to all technologies, including dual use.“

Implement effective cyber policies

Washington should „impose costs on China that are in excess of the benefits it receives from its violations in cyberspace…increase U.S. offensive cyber capabilities . . . continue improving U.S. cyber defenses,“ and „pass relevant legislation in Congress, such as the Cyber Information Security Protection Act.“

Reinforce Indo-Pacific partnerships

„The United States cannot defend its interests in Asia without support from its allies,“ and „should build up the power-political capabilities of its friends and allies on China’s periphery.“

Energize high-level diplomacy with Beijing

The United States should work to mitigate tensions with China, and „reassure U.S. allies and friends in Asia and beyond that Washington is doing everything it can to avoid a confrontation with China . . . U.S.-China discourse should be more candid, high-level, and private than is current practice.“”

Kritik kommt von seiten der Brookings Institution mittels des Beitrags “ Changing China policy: Are we in search of enemies?” von Jeffrey A. Bader vom 22. Juni 2015 , in dem er ala Kissinger davon warnt sich China zum Feind zu machen und eine Art selffulfilling prophecy zu befördern:

“China, not the United States, will make the critical decisions about its future. If despite our best efforts, it takes steps that harm the security of our allies and partners or undermine global norms and order, that will be its decision, not ours, and we will need to adjust our strategy accordingly. We should not, however, discard the approach taken by eight presidents since Nixon in favor of an assumption of inevitable hostility and a strategy of across-the-board rivalry that may be compelling in international relations theory but which no president has found persuasive. I hope and expect that the ninth president since Nixon, though faced with an evolving China, will not discard the playbook used by the American statesmen who built and nurtured the U.S.-China relationship and built a generation of peace in Asia.”
http://www.brookings.edu/blogs/up-front/posts/2015/06/22-changing-china-policy-bader

Diese atmosphärische Veränderung in den USA zeigt sich auch an dem neuen Strategiebericht des US-Generalsstabs unter General Dempsey, der nun offen Russland und China als nationale Bedrohungen labelt und „von einer „geringen, aber wachsenden“ Wahrscheinlichkeit, dass die USA einen Krieg mit einer Großmacht führen“ werden, spricht. Die Zeit also als man sich vor allem auf nur asymetrische Kriege mit nichtsstaatlichen Kombatanten einstellte und Hoffnungen auf eine Friedensdividende hatte, scheinen vorrüber:

„US-Militär befürchtet Krieg mit Russland oder China

Die USA listen in einem Strategiepapier Russland, Iran, Nordkorea sowie China als „nationale Bedrohungen“ auf. Ein Krieg werde wahrscheinlicher. Auch die IS-Miliz gilt als weltweite Gefahr.
Das US-Militär stuft in seinem neuen Strategiebericht China und Russland als Bedrohung für die nationalen Sicherheitsinteressen ein. In dem ersten Strategiebericht seit vier Jahren, der am Mittwoch in Washington veröffentlicht wurde, spricht Martin Dempsey, der Vorsitzende der vereinigten Stabschefs, von einer „geringen, aber wachsenden“ Wahrscheinlichkeit, dass die USA einen Krieg mit einer Großmacht führen. Ein solcher Konflikt hätte „immense“ Auswirkungen, warnte Dempsey.Der rund 20-seitige Strategiebericht kritisierte mit Blick auf die Annexion der Krim durch Russland, das Land habe „wiederholt gezeigt, dass es die Souveränität seiner Nachbarn nicht anerkennt und bereit ist, Gewalt anzuwenden, um seine Ziele zu erreichen“.Erneut wurde Russland die Entsendung von Truppen in die Ostukraine vorgeworfen, wo prorussische Separatisten gegen die ukrainische Regierung kämpfen. Der vorherige Strategiebericht der US-Armee aus dem Jahr 2011 hatte Russland kaum erwähnt. „Russlands militärische Handlungen unterlaufen die regionale Sicherheit direkt und durch Stellvertretertruppen“, hieß es nun. Moskau hatte wiederholt dementiert, dass es Soldaten in die Ostukraine geschickt habe.
„Ernste Sicherheitsbedenken“
Der Volksrepublik China wirft der US-Bericht vor, „Spannungen in der Asien-Pazifik-Region“ zu verursachen. Damit bezog er sich auf die Territorialstreitigkeiten Chinas mit Nachbarländern über Inseln im Südchinesischen Meer und im Ostchinesischen Meer. Die Volksrepublik baut außerdem im Südchinesischen Meer künstliche Inseln, um ihre Präsenz dort zu verstärken.
Zu den Staaten, die „ernste Sicherheitsbedenken“ verursachen, zählt der Bericht auch den Iran und Nordkorea wegen ihrer Atomprogramme. Mit dem Iran befinden sich die USA, die anderen UN-Vetomächte und Deutschland gerade in der Endphase von Verhandlungen über eine rigorosere Reglementierung seines Atomprogramms.
Sorgen bereiteten der US-Armee dem Bericht zufolge auch die wachsenden technologischen Fähigkeiten der Streitkräfte anderer Länder.“

http://www.welt.de/politik/ausland/article143422700/US-Militaer-befuerchtet-Krieg-mit-Russland-oder-China.html

Meiner Ansicht nach nehmen die USA zunehmend das Multipolaritätskonzept Russlands und Chinas zur Kenntnis–zunehmend mit einer eigenen Antwort. Zwar wird nicht der Weltkrieg und der ewige Frieden ausbrechen, aber China bereitet sich eben auf einen „lokalen Krieg unter Hightechbedingungen“ gegen die USA und Japan vor, genau wie es in seinem neuem „Weißbuch“steht. D.h. wir werden eine militärische Auseinandersetzung sehen, die versucht den Krieg unterhalb der Schwelle einer völligen Eskalation in den Atom- Cyber- und Weltraumkrieg zu führen. Das ist die neue „Kunst des Krieges“ala Sun Zen. Beide Seiten scheinen dies nicht mehr zu scheuen, weswegen die Kriegsgefahr gering, aber der Krieg immer wahrscheinlicher genannt wird.Also, es kann zu einem Krieg zwischen den USA und China kommen, aber beide Seiten sind daran interesisiert ihn nicht völlig in Richtung beiderseitiger Vernichtung eskalieren, sondern beiderseitiger Begrenzung führen zu lassen. Wir kommen in eine neue Art der lokalen Kriege unter Hightechbedingungen rein, wobei noch völlig undefiniert ist, wann der „Sieg“errungen ist.Letztendlich entscheidet dies ja die politische Autorität und nicht das Militär. China und Iran wird nun auch die außenpolitische Zielscheibe im US-Wahlkampf. Den Takt gibt die demokratische Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton vor:

„Präsidentschaftswahlkampf  Clinton warnt vor China

Die frühere Außenministerin verzichtet im Wahlkampf auf diplomatische Zurückhaltung: Bei einer Rede in New Hampshire wirft Clinton China vor, „alles zu hacken, was sich nicht bewegt“. Außerdem warnt sie vor der zunehmenden militärischen Macht des Landes.

05.07.2015

Die amerikanische Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton wirft China den Diebstahl von Geschäftsgeheimnissen und Regierungsinformationen vor. Das Land versuche, „in Amerika alles zu hacken, was sich nicht bewegt“, sagte die ehemalige Außenministerin am Samstag auf einer Wahlkampfveranstaltung im Bundesstaat New Hampshire.

Amerikanische Behörden hatten Hacker aus China verdächtigt, unter anderem für einen großangelegten Spähangriff auf die Personalverwaltung der Regierung verantwortlich zu sein. Die Regierung in Peking wies die Vorwürfe zurück.

Gefahr aus Iran

Laut Clinton müssten die Vereinigten Staaten auch aus militärischen Gründen auf der Hut sein, da die chinesische Armee sehr schnell wachse. Eine Gefahr sieht Clinton weiterhin in Iran, auch wenn es zu einer Einigung in den derzeit laufenden Verhandlungen über ein neues Atomabkommen mit dem Land kommen sollte. Die Aggressivität Teherans werde nicht enden und Iran werde weiterhin Regierungen in der Region und woanders destabilisieren.“

http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/amerika/praesidentschaftswahlkampf-clinton-warnt-vor-china-13685546.html

Eine außenpolitische Vorlage, die sich die ohnehin offensiveren US-Republikaner wohl nicht entgehen lassen dürften. CFR, Generalstabschef Dempsey und Hillary Clintion–alles Signale für eine atmosphärische Veränderung in Sachen Chinapolitik der USA.

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