Russlands Zukunft–zwischen Abstieg und neuer Perestroika

Russlands Zukunft–zwischen Abstieg und neuer Perestroika

Zu hoffen, dass der Waffenstillstand in Syrien hält und die USA und Russland sich dann gemeinsam an die Bekämpfung von IS und Al Nusra machen. Dennoch wird eine politische Einigung unter den anderen politischen Kräften dann die eigentliche Heausforderung sein, auch die Frage, inwieweit Assad eben bleiben soll oder nicht.Zumindestens hat sich Russland als neue Macht im Nahen Osten positioniert.

Während Russland in der Ukraine, im Baltikum, im Nahen Osten und auch im Pazifik wieder versucht, global player auf Augenhöhe mit den USA zu sein, ist eine Artikelserie der Jamestown Foundation „Russia´s Decline“ lesenswert(mal einen Blick auf die Webseuite der JTF riskieren). Alle Kommentatoren prophezeien den Abstieg Russlands unter Putin, optimitische Betrachtungen gibt es nicht. Konsens ist, dass Russland absteigen und kein gutes Ende nehmen wird.

In diesem Zusammenhang ist in der Ausgabe des Münchner Merkurs vom 10/11.9.2016 ein Interview mit dem russischen Schriftsteller Wladimir Wojnowitsch ganz lesenswert, der zur Hochzeit der Sowjetunion deren Zerfall vorraussagte,in seinem Roman „Russland 2024“ die Entwicklung zu einer oligarchenkapitalistischen autoritären Diktatur ala Putin in den 90er Jahren  vorraussah, Russland nun in der Sackgasse wähnt, die Beliebtheit Putins nicht mit der Liebe des russischen Volkes zu ihm erklärt, sondern mit der allgemeinen Angst, dass es ohne ihn nur schlechter werden könnte, wie man auch in guter russischer Tradition den im vermeintlich fernen Moskau residierenden Zaren, Generalsekretär oder nun Präsidenten als unwissend bezüglich der eignenen schlechten Taten wähnt.

Wojnowitsch sagt aber eine zweite Perestroika und einen Neustart vorraus, der zwar die Zentralmacht schwächen und den Kaukasus sich abspalten lasse, aber ist der Ansicht, dass die im Winterschlaf befindliche Opposition sich wieder aktivieren werde und dass der Westen diese dann tatkräftig unterstützen müsse.  Schröders und Steinmeiers Politik lehnt er ab und rät den Deutschen sich mehr an Konrad Adenauers Ostpolitik zu orientieren.

Er widerspricht auch der Vorstellung, dass Putin Stabilität bedeute, das Gegenteil sei der Fall, es handele sich nur um eine Scheinstabilität, unter der sich die gesellschaftlichen Widersprüche immer weiter aufladen würden.Über den chaotischen Zustand der Opposition und wer denn ein charismatischer Führer oder eine wesentliche Kraft werden könnte, sagt er nichts, erwähnt nur einmal Jabloko.

Aber Jabloko dürfte aufgrund der neoliberalen Agenada der 90er Jahre und dem Big-Bang-Privatisierungsprogramm unter Jelzin und der Ägide des US-Ökonmen Sachs, das sie unterstützte, bis heute in Russland diskrediert sein.Es wird vorraussichtlich eine andere politische Kraft sein müssen, die wir vielleicht noch gar nicht auf dem Radar haben.

Gestern war zudem noch eine Dokumentation im Bayrerischen Rundfunk über den von Putin geschassten Oligarchen Chodorkowsky, der im Westen als zukünftiger Hoffnungsträger für Russland gehandelt wird und nach langjähriger Lagerhaft derweil im westlichen Exil weilt.Chodorkowsky hat in seinem Buch, das zu 2/3 seine eigene Lebensgeschichte ist, auch ein Kapitel „Russlands Zukunft“, in dem er einen eher nationalliberalen Kurs vertritt. Russland brauche auch weiterhin einen starken Staat, dieser müsse aber Demokratie, Meinungs-und Pressefreiheit, Rechtsstaat und Unabhängigkeit der Justiz garantieren. Es müsse ein kreatives Klima entstehen, dass sich innovativ auf die Gesellschaft und die Wirtschaft auswirke. Chodorkowsky plädiert weiterhin dafüpr, dass Russland nicht versucht neue Industrien aufzubauen, da diese auf dem Weltmarkt schon überall existierten, sondern die industrielle Entwicklungsstufe zu überspringen und gleich in die IT- , Informations- und Wissensgesellschaft überzugehen.

Im Interview des BR blieb er auch sehr wortkarg, als er gefragt wurde, wie denn die Zukunft Russlands auszusehen habe.Er meinte nur, dass die Russen in wenigen Jahrzehnten in 10-15 Millionenstädten wohnen würden und es den Abenteurern und Naturliebenden freigestellt sei, in die riesigen menschenleeren Räume zu siedeln. Ob dies nun eine Absage an den Flächenstaat zugunsten einer Urbanisierung ist oder wie er sich vorstellt die riesigen menschenleeren Gebiete dann noch von Moskau aus überlebensfähig zu verwalten, darüber war nichts zu erfahren.

Man gewinnt den Eindruck, dass der russischen Opposition jenseits der Betonung demokratischer Grundsätze prinzipiell so etwas wie ein Zukunftsprogramm fehlt, was wiederum für Russland auch nicht gerade optimitisch stimmt.

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