Schulz: Streit um den Bart des Propheten

Schulz: Streit um den Bart des Propheten

Mal weniger politisch, sondern mehr stylisch :Jetzt gibt auch noch Merkels Starfriseur Udo Walz Tips zum Schulz-Hype: Der Bart muss ab!

„Prominentenfriseur Udo Walz hat eine Idee, wie es noch besser laufen könnte für Schulz: Er rät ihm zu einer Änderung seines Stils. „Der Bart muss ab“, forderte Walz in einem Interview mit der Nachrichtenagentur dpa.

Was ist die Begründung?

„Weil das jünger aussieht, gepflegter. Das würde ihm helfen“, sagt Walz.

Auch bei der Kanzlerkandidatur?

Möglicherweise. Adenauer, Erhard, Kiesinger, Brandt, Schmidt, Kohl, Schröder – egal ob CDU oder SPD, kein Bundeskanzler trug je einen Bart. Und der einzige Kanzlerkandidat, der im Wahlkampf einen trug – Rudolf Scharping von der SPD – unterlag im Wahlkampf 1994 seinem bartlosen CDU-Kontrahenten Helmut Kohl.

Warum interessiert uns, was Udo Walz über Martin Schulz‘ Bart zu sagen hat?

Walz ist der Kanzlerfrisurenflüsterer. Sein Meisterwerk: Angela Merkel. Mit wachsendem politischen Erfolg begab sie sich in die Hände des Starfriseurs, und siehe da: Aus dem traurig herabhängenden Etwas auf ihrem Kopf zauberte Walz eine schwungvolle, dunkelblonde Frisur. Für ihr Make-Over hat Merkel viele Komplimente bekommen. Was Haare betrifft, scheint Walz also ein kompetenter Berater zu sein. Das dürfte auch für Barthaare gelten.

Ein abrasierter Bart reicht also, um Schulz zum Sieg zu führen?

Nicht ganz. Laut Walz sollte er sich auch noch eine andere Brille zulegen. „Ich rate ihm zu einer braunen Hornbrille, ein etwas größeres Gestell mit runden Gläsern, auffällig, markant und stylish – das kommt beim Wähler an“, sagt Walz. An der Frisur des ehemaligen EU-Parlamentspräsidenten habe er nichts auszusetzen: „Die soll bleiben, wie sie ist.“

Aber Udo Walz trägt doch selbst einen Bart? Warum rät er Schulz dann davon ab?

Für ihn gelten andere Maßstäbe, sagt er. „Ich bin 72, ich will nicht unbedingt jünger aussehen.“ Bleibt die Frage, ob Martin Schulz denn jünger aussehen möchte – oder ob der 61-Jährige bei der Wahl nicht vielleicht sogar auf sein behaartes Kinn setzt. Eine Studie hat immerhin gezeigt, dass bärtige Männer auf Frauen attraktiver wirken. Das Gesichtshaar lasse sie glauben, dass diese Männer die besseren Lebenspartner im Vergleich zu den bartlosen sind. Vielleicht lässt sich diese Annahme ja auch auf die Kanzlerkandidaten übertragen. Nur ist Schulz‘ Konkurrentin nicht bartlos und männlich, sondern bartlos und weiblich. Das dürfte die Sache verkomplizieren.“

http://www.sueddeutsche.de/panorama/bundestagswahl-schulz-bart-muss-ab-1.3368974

Ob das nicht künstlich inszeniert, lächerlich und weniger „authentisch“wirken würde?! Und warum sollte der Schulz jünger wirken sollen? Vielleicht ist auch etwas Altersweisheit gefragt. Und zumal: Momentan sind Bärte bei jungen Leuten gerade wieder in. Die Zeiten sind vorbei, als seit den 90er Jahren die Saddam-Husseinbärte bis hin zum BR-Reporter Waldi nach dem Golfkrieg fielen, als out befunden wurden und nur noch solche Mümmelmänner wie der Möllemann mit Schnauzer über dem Fressbrett rumliefen, sich antsemitisch wie die meisten Muslimmachos gebärdeten, sich wie ein Selbstmordattentäter in den Selbstmord fallen liessen (oder verschwörungstheoretisch war´s der Mossad, der den Vertreter der deutsch-arabischen Gesellschaft ums Eck bringen und den transatlantisch- proisraelischen Kinkel inthronisieren wollte?) oder ansonsten nur eingefleischte Islamisten und Gotteskrieger, die Vollbärte trugen und Bartlosigkeit und FKK-Nachktheit unter dem Kinn zur Blasphemie und Abfall vom muslimischen Glauben erklärten.

Möglicherweise ist Udo Walz aber zu sehr in älterlichen Frauenkreisen unterwegs und in der Berliner Blase, dass er neuere Modetrends verschläft: Seit Brad Bitt und Johnny Depp sich wieder Bärte stehen liessen, hat diese Welle auch den Pro-Siebenjugendsender und seine Protagonisten Joko und Klaas erreicht und selbst den mitläuferischen, opportunistischen bayerischen SPD-Vorsitzenden Florian Pronold, der wohl meinte mit dieser äußerlichen, wenn schon nicht inhaltlichen Veränderung punkten zu können, was aber auch nicht viel nutzte.Bart ist wieder hip und in unter den ultramodernen Hipstern, die kritiklos jedem neuen Mode-, Design- oder Konsumtrend nachlaufen, eben Mitläufer jeden Zeitgeistschnickschnacks sind.

Also Bärte per se sind für die meisten jungen barttragenden Hipster kein Hinderungsgrund einen Schulz zu wählen, ja vielleicht sogar noch ein Anreiz, der dem die bartlosen älteren Damen der Berliner Blase bediendenden Udo Walz nicht täglich unterkommen, der den noblen Damen des Establishments nur seine hochgezüchteten, abgekapselten Insiderfrisuren verpasst, die innerhalb der Berliner Schickeria in und hip sein mögen, aber sonst eben nirgendwo.Wenn man sich im nicht abgekapselten Deutschland noch umsieht, sind die Udo-Walz-Merkelfrisuren doch eher die Ausnahme denn die majestätisch-huldigende Regel.

Zudem ist so ein Bart im Falle von Schulz auch eine gute Kompensation für eine Stirnglatze und steht, da er ihn schon immer hatte eher für Kontinuität, Nichtangepasstheit, Beständigkeit und Nonopportunismus. Einmal Bart, immer Bart! Ein Schulz steht zu seinem Bart und zu seinem Wort! Dass Leute sich nicht ständig äußerlich irgendwelchen von außen reingetragenen Modezwängen oder vermeintlich gesellschaftlichen Zwängen unterordnen und anpassen kann ja auch sympathisch wirken. Ob man jetzt bei seinem Bart kontinuierlich bleibt oder eben langfristig ohne Bart und sein Leben nicht an der neuesten In- und Outliste der jeweiligen Lifestylemagazine orientierungslos orientiert. Aber diese Anpassereri ist ja auch nicht gerade ein Zeichen von Persönlichkeit, wobei keinerlei Veränderung auch ein Anzeichen von Trägheit, Starrsinnigkeit sein kann, aber eben nicht automatisch sein muss.

Auch behaupten einige, Schulz und nichtkonforme Menschen würden nicht auf ihr Äußeres achten, seien ungepflegt, wirkten eher wie Schmuddelkinder mit mangelnder Hygiene, während andere diese vermeintliche Schlampigkeit wiederum als Ausweis dafür sehen, dass solche Leute mehr auf innere Werte achten und nicht zur Oberflächlichkeit tendierten, mehr das Sein als den Schein betonten. Und würde der Schulz nicht etwas kastriert wirken ohne Bart? So pseudoschick und eher als gerupftes Huhn zumal mit Designerbrille aussehen, das karnevalmäßig hergerichtet daherläuft und rumgackert? Vielleicht gehört ja Schulzens Bart gerade zu seinem Markenzeichen mit hohem Wiedererkennungswert, wie bei Trump seine Frisur–oder welche Frisur würde Udo Walz dem Trump empfehlen? Wahrscheinlich wäre Trump wie bei allen Fragen beratungsresistent und würde sagen: So bin ich, hier bin ich und so siege ich. Oder aber: Walz, leg dir selber mal ´ne andere Frisur zu! Oder: Was soll das Gerede über Frisurenschmarrn–reden wir über Politik und America first! Und Hillary Clintons stylische Frisur der besten Friseure Washingtons und der US-Udo-Walze hat sie auch nicht vor der Wahlniederlage bewahrt. Nun wollen wir auch nicht behaupten, dass Hillarys Absturz an ihrer Establishmentfrisur lag, die hauptstädtische Friseure der Oberklasse ihr verpasst haben und die deren Washingtoner upperclass-Ladies im Hillarystyle genauso tragen. Sonst müsste man noch Vergleiche mit der natürlichen Haarpracht von Melania Trump, die nicht auf die grossen Stylinghochfrisuren abzielt, anstellen. Man könnte genauso sagen: Trump hat die Wahl gewonnen, weil er sich einen Scheiß um Frisurenfragen kümmert und Melania genauso ganz natürlich ihr Haar hängen lässt ohne diese hochtoupierten Luxusfrisuren, die sich nur Oberklassenfrauen als ständisches Erkennungsmerkmal zulegen selbst zulget. Aber einigen wir uns darauf: Die Frisuren sind nicht wahlentscheidend. Und auch keine Bärte.

Und wäre es für Schulz nicht sehr opportunistisch, den Bart abzunehmen, was dem Image auch abträglich sein könnte, wenn man das nötig hat? Wahrlich ein  Streit um den Bart des Propheten, wenn es schon sonst keine Probleme mehr gibt. Also reden wir zukünftig lieber über die politischen Inhalte, Zielsetzungen von Politikern und die gesellschaftlichen und internationalen Rahmenbedingungen unter denen Politiker agieren müssen und die ihr politisches Handeln bestimmen als über Merkels Kette, Schulzens Bart oder Trumps Frisur.

Schulz zeigt, dass eine Art Erlöserfigur und Gralsfigur gesucht wird–ala Guttenberg oder Obama. Das Land ist Merkelmüde und zwischen CDU und CSU kracht es immer noch–jetzt auch mit dem größten Außenpolitiker aus Bayern, der die Rußlandsanktionen Merkels unterläuft und auch einen Termin im Trumptower haben möchte–Seehofer und die schlimmere Variante: Söder steht auch noch in den Startlöchern. Schulz wird spätestens wieder demythologisiert, wenn er zu seiner EU-Biografie ( Aufnahme Griechenlands in den Euro, EU-Mitgliedschaft der Türkei, Vergemeinschaftung der EU-Schulden, Eurobonds, Flüchtlingspolitik) inhaltlich ins Kreuzfeuer der Union genommen wird. Umgekehrt wird dann wieder Schulz die Merkel- CDU für ihre Eurorettung und die Flüchtlingspolitik einvernehmen, die diese ja mitgemacht hat und sich nun heuchlerisch davon distanzieren will, aber wiederum für CSU-Begriffe eben noch nicht distanziert hat.

Europa und beide politischen Parteien werden dadurch weiter beschädigt.Das unionistische Schreckgespenst von rot-rot-grün ist geradezu lächerlich bei den Positionen Wagenknechts. Der einzige Nutznießer wird die AfD sein, die sich wie die Linkspartei als rechtsradikale Kraft im deutschen Parlamnent verankern wird. Und dann warten wir noch ab: Bis September ist viel Zeit: Frankreich–vielleicht zerbricht da die EU und der Euro, Niederlande, Eurokrise, Terroranschläge und dann eben noch Trump. Rot-schwarz ist zwar die einzige einigermaßen stabile Perspektive, aber auch sehr instabil und würde dann weiter von den Rändern wie die SPÖ/ÖVP-Koalition von der FPÖ aufgerieben.

Zumindestens wird es Merkels letzte Amtszeit und gut möglich, dass sie diese nicht einmal zu Ende führen kann und wird.Was dann mit der CDU ohne Merkel geschieht, bleibt den Historikern überlassen. Von der Leyen, De Maiziere, Spahn, keine Ahnung. Und was noch keiner ausspricht: Wenn die Trumpschen 2% BSP als Verteidigungsausgaben kommen, bedeutet das 35 Milliarden Euro zusätzliche Staatsausgaben. Die kann man nicht mehr mit schwarzer Null oder sozialen Wohltaten finanzieren. Das wird für sehr ungute Stimmung in der Bevölkkerung sorgen, zumal eben 26 Milliarden Euro plötzlich aus dem Hut gezaubert wurden für Flüchtlinge, während es zuvor hiess: Es ist kein Geld da für Infrastruktur, Bildung, Arbeitslose, sozialen Wohnungsbau, Hartzler,etc.Angesichts dieser Konstellationen sind stylische Bartfragen so das letzte, was man braucht.

 

 

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