Make China great again- Die KP China, ihr Nationalismus, Marxismus und Konfuzianismus

Make China great again- Die KP China, ihr Nationalismus, Marxismus und Konfuzianismus

Der Konfuzianismus hat für die chinesischen Nationalisten der KP China, die sich kommunistisch nennen,  nur dreierlei Bedeutung: Zum einen als Legitimation für einen starken zentralistischen Nationalstaat, den sie als alleinig glücklichmachende Diktaturpartei verkörpern. Zweitens im Sinne einer protestantischen Arbeitsethik und des Bildungsideals, die dem Kapitalismus nützlich ist, drittens zu einem Kulturchauvinismus, der die chinesische Kultur allen anderen als überlegen legitimieren soll–vergleichbar mit dem amerikanischen exceptionalism. Mehr interessiert die chinesischen Kommunisten,die nur immer mehr dreistere Nationalisten sind, nicht am alten Meister Kong.Bezugspunkte der chinesischen Kommunisten bleibt immer noch Das Kapital und ökonomische Analyse, sie bleiben vor allem Materialisten, wenngleich sie den Konfuzianismus zitieren. Doch man sollte sich klar machen, dass sowohl Kapitalismus, Marxismus wie auch Konfuzianismus nur instrumental sind für einen chinesischen Nationalismus und dessen nationalistischen Programms „Make China great again“.

Die chinesischen Nationalisten, die sich Kommunisten nennen,  haben seit Deng Xiaoping den Kapitalismus als nützliches und effizienteres Instrument ihres nationalen Wiederauferstehungsprogramms erkannt als eben jene Nationalisten, die sie auch schon unter Mao waren, mittels Stalins „Sozialismus in einem Land“ im Gegensatz zu Trotzkis Weltsowjet schätzen lernten  und sich nicht mit der Sowjetunion zu einer grösseren Sowjetunion vereinigten, sondern lieber ein weiterer Nationalstaat China blieben, wie Nordkorea, Vietnam,Laos und Pol Pot- Kambodscha etc.   werden wollten. Nach der Nationalstaatswerdung und Maos Planwirtschaft haben sie den recht kapitalistischen „Sozialismus mit chinesischen Eigenschaften“ als neues nationales Erfolgsrezept eingeschlagen kennen aber noch Das Kapital und die Funktionsweise des Kapitalismus aus Marxschen Schriften so gut, dass sie sich mächtig genug fühlen, diesen für sich zu nutzen und dessen Gesetzmäßigkeiten zu nutzen, um ihr nationalistisches Größenwahnprojekt erfolgreicher zu fördern.

Für chinesische Kommunisten, die erstmals Nationalisten und sonst nichts sind,  ist nicht einsehbar, warum westliche Ökonomen den brilliantesten Analytiker des Kapitalismus und seiner Funktionsweise , Karl Marx und Das Kapital nicht im Dienste ihres eigenen Kapitalismus stellen, natürlich ohne Klassenkampf und proletarisch-weltteleologische Betrachtungen, sondern eben für den nationalistischen Machtzuwachs..Zwar haben die chinesichen Kommunisten in ihrem Theorieapperat einige Anpassungen und Modifikationen vorgenommen, doch bleibt Marx und Das Kapital neben anderer ökonomischer Theorien immer noch Grundbildung an chinesischen Universitäten im Bereich der Wirtschaftswissenschaften und der Philosophie.

Helmut Schmidt hat Deng Xiaoping einmal gefragt, warum er die KP China nicht in Konfuzianische Partei Chinas umbenennt. Dies zeigt mir zweierlei: Erstens Schmidts Unkenntnis des Konfuzianismus, der Moral über Gesetze stellte, den Geschäftsmann und den Militär geringschätzte–ganz konträr zu den jetzigen chinesischen Kommunisten und der Parole „Werdet reich!“. Der Sinologie-Professor Van Ess hat dazu mal den lesenswerten Beitrag geschrieben „Ist China konfuzianisch?“, in der er zu einer recht negativen und desaströsen Einschätzung kommt, wenn man denn die Ideale des Meister Konfuzius und seine ursprünglichen Lehren als Maßstab anlegt. Und die parteibezahlten und parteiverbeamteten Neokonfuzianer haben mit dem Konfuzius nur noch relativ wenig zu tun, auch wenn ihnen der Konfuzius als Namenspatron gilt.Sie werden dafür bezahlt, Konfuzius in ein nationalistisches Programm umzuschreiben, das nicht mehr auf Kosmologie beruht, sondern ein kulturchauvinistisches Konzept andenkt.  Zumal gibt es im Westen die romantisierende Vorstellung, dass Asiaten lauter altersweise Meister mit fernöstlichen Philosophien seien–dies unterschätzt, wie westlich und materialistisch die chinesischen Kommunisten denken,die vor allem Nationalisten sind.

Dennoch war der Konfuzianismus nicht nur eine Philosophie, sondern auch eine Religion, da es zig Konfuziustempel wie auch im Buddhismus Buddhatempel gab, in denen er gottähnlich angebetet wurde und ihm geopfert wurde. Mit dieser Sorte Konfuzianismus haben die heutigen nationalistischen chinesischen Kommunisten nichts mehr zu tun, auch nicht, dass sie alte Konfuziustexte als Grundlage der staatlichen Uniprüfungen machen wollen. Konfuzius wird nur soweit genutzt, wie er Elemente für Autoritarismus, kapitalistischer Arbeitsethik und Bildungsideal und für Kulturchauvinismus hat. Anderes interessiert am Meister Kong gar nicht, wobei es auch Neokonfuzianer gibt, die Konfuzius als Vordenker einer Demokratie denken wie in Taiwan.

Konfuzius war zwar nicht jenseitsorientiert, sondern vor allem diesseitsorientiert , hatte keinen Gott oder Götter, hatte eine ständische Gesellschaftslehre aufgrund der Kosmologie, beschäftigte sich vor allem mit der menschlichen Gesellschaft, die er harmonisch gestalten wollte durch autoritäre Hierarchien und die Moral.  Zumal er auch für Staatsprüfungen eintrat, die auch minderbemittelte Chinesen fördern könnten bis in den Staatsdienst. Zumal er auch die Ansicht vertrat, dass der verantwortungsbewusste Beamte seinem Kaiser und Vorgesetzten widersprechen solle, wenn er die Harmonie des Himmels durch unmoralisches oder unkluges Verhalten beeinträchtigen würde.

Bei aller verbalen Berufung auf Konfuzius und Errichtung von Konfuzius-Instituten als Chinas soft-power-Initiative weltweit, die mehr dazu gedacht sind einen Kulturchauvinismus und die Überlegenheit der 5000-Jahre alten chinesischen  Kultur gegenüber allen anderen Völkern herauszustellen, sollte man doch sehen, dass Chinas starker Mann Xi Jinping studierter Marxist ist, der sich mehr auf Das Kapital und den Histomat beruft und die KP China als die Avantgarde einer zukünftigen kommenden Weltordnung sieht.Während Hu Jintao noch mehr konfuzianisch von der Harmonischen Gesellschaft sprach, geht die Orientierung unter XI doch eindeutig mehr in Richtung auf Neomarxismus und dient der Konfuzianismus eben nur in den drei Bereichen: Legitimierung autoritärer Herrschaft der KP China, Bildungsideal und kapitalismusaffnier Arbeitsethik der Herrschaft der KP China, Begründung eines Kulturchauvinismus und exceptionalism gegenüber anderen Barbarenvölkern  und wird der Ökonomie und dem chinesischen Staatsmaterialismus und seinem „Make China great again“ untergeordnet.

Bei der Rekrutierung der politischen Führungsgarnitur Chinas zeichnet sich ein neuer Trend ab. Waren die Mitglieder der  Generation der politischen Führungsschicht unter Mao und Deng mehr “bildungsferne” , aber eben desto loyalere Revolutionsveteranen, Parteisoldaten und Militärs (z.B. die berühmten 10 Generäle), die  Generationen unter den Präsidenten/Ministerpräsidenten Jiang Zemin/Li Peng, Hu Jintao/ Wenjaibao dann Technokraten mit einem Studienabschluss in Naturwissenschaften wie Maschinenbau, Geologie (Wen Jiabao) Elektroingieneurswesen (Jiang Zemin), Hydroelektikingieneurswesen (Hu Jintao, Li Peng), so versucht nun Xi Jinping Ökonomen, Geistes- und Gesellschaftswissenschaftler und andere Naturwissenschaftler aus dem Bereich der neuen Industrien (IT, Luft- und Raumfahrt) zu rekrutieren, dabei gleich auch leibhaftige Universitätspräsidenten.

Das mag auch an dem eigenen akademischen Hintergrund Chinas jetziger Führer liegen: Präsident Xi Jinping selber hat marxistische Philosophie studiert und sein Ministerpräsident Li Keqiang Wirtschaftswissenschaften. Beide kennen Das Kapital und die Funktionsweise des Kapitalismus aus Marxschen Schriften so gut, dass sie sich mächtig genug fühlen, diesen für sich zu nutzen und dessen Gesetzmäßigkeiten zu nutzen.Wobei Xi Jinping mehr philosophisch argumentiert, während Li mehr marxistisch-analystisch. Das wirkt sich dann auch im Stil aus: Verwandte Hu Jintao eher trockene Daten, Statistiken und Zahlenkolonen in seinen Reden, so zeichnet sich Xi Jinping mehr durch eine blumige Sprache mit Literaturzitaten und Metaphern aus, wobei Xi auch soziale Medien, Comics und Videos nutzt, um die jüngere Generation anzusprechen. Ebenso bezeichnend ist, dass der Student der marxistischen Philosophie Xi Jinping neokonfuzianische Strömungen zurückdrängte, wieder mehr die Betonung auf den Marxismus legte, vor allem auf den historischen Materialismus, der der KP China eine historischen Mission verleihen soll, kurz: sich als Geisteswissenschaftler auch eigene Gedanken um die ideologische Ausrichtung der Partei macht, die er seiner Ansicht nach durch eine historische Mission des “friedlichen Aufstiegs” zur kommenden Weltmacht innen- wie auch außenpolitisch als Erfüllung des “chinesischen Traums” in Anlehnung an den “Amerikanischen Traum” legitimiert sieht, der die mehr semikonfuzianische Vorstellung Hu Jintaos von der “harmonischen Gesellschaft”komplementieren, wenn nicht gar ablösen soll.

Der chinesische Traum soll sich auf Grundlage des Sozialismus mit chinesischen Eigenschaften entwickeln, der sehr kapitalistisch ist und da Xi, Li und die neueren KP-Kader eben Das Kapital gelesen haben wie aber eben auch Marx, verstünden sie die Funktionsweise des Kapitalismus und seine Instrumentaliserung viel besser als bürgerliche, gar westliche Ökonomen und alte Maoisten. Aber die bisherige einsame Konzentrierung auf das“Werdet reich“ ala Deng Xiaoping habe eben soziale Spannungen in der Gesellschaft aufkommen lassen, die die Herrschaft der KP China untergraben, sei es nun durch die Neokonfuzianer, die Neomaoisten oder die Falungong.

Zumal eben auch angesichts von Dengs “Reichwerden”-Materialismus, der Sinnleere, dem moralischen Zerfall, Korruptionserscheinungen und dem Aufkommen der Falungong, die zeiweise auf 100 Millionen Anhänger, also mehr als die 65 Millionen Mitglieder der KP China kam und nach ihrem Verbot noch über ein starkes Untergrundsnetz an harten Kadern verfügt, sich als Vertreter der chinesischen Kultur, Moral und als eigentlicher Sinnstifter Chinas präsentierte, die Stimmen in der KP China lauter wurden, die ein kommunistisch-sinnstiftendes Gegenangebot einforderten. In diesen Kontext wurde Xi Jinping als geisteswissenschaftlicher  Student der marxistischen Philosophie gewählt, der den kapitalistischen “chinesischen Traum” auf Grundlage des kommunistischen historischen Materialismus formulierte. Sowohl Xi Jinping wiee aber auch Li Keqiang kennen auch Das Kapital von Marx und verstehen besser wie Kapitalismus funktioniert als viele bürgerlichen Ökonomen.

Welche Geistesleistungen von den chinesischen Geisteswissenschaftler gefordert werden, verdeutlicht die chinesische Interpretation des Buchs des linken, gesellschaftskritischen US-Autors Arthur Millers ” Tod eines Handlungsreisenden”, das auch in China erhältlich ist, aber völlig anders als im Westen rezipiert und gelesen wird. War Millers Roman eine Kritik am Kapitalismus und am amerikanischen Traum und dessen leeren Versprechungen und Illusionen, so wird dies von Chinas Literaturwissenschaftlern in die diametral entgegengesetzte Version uminterpretiert: Der im Roman an dem amerikanischen Traum gestrauchelte Protagonist Willy Lomann wird als guter und vorbildlicher Familenvater mit hohen Familienwerten dargestellt, der seine Söhne im amerikanischen, sprich: konfuzianischen Geist  und zu ökonomischen Drachen  und willensstarken, erfolgreichen Geschäftsleuten erziehen will. Somit wird “Der Tod eines Handlungsreisenden” in China als Apologie auf Kapitalismus, Familie und den chinesischen Traum verstanden. Eine sehr pragmatische Literaturinterpretation, die kapitalismuskritische Werke globalisierungskompatibel , systemaffirm und kapitalismuskonform macht. Desweiteren werden Legionen von chinesischen Ökonomen, Politologen und Philosophen angehalten Marxs “Kapital”und die Arbeitswerttheorie den Bedürfnissen einer “sozialistischen Marktwirtschaft mit chinesischen Besonderheiten” anzupassen, was offiziell auch als “Vertiefung des Marxismus” bezeichnet wird.

Letztendlich ist aber sowohl Marxismus, Kapitalismus, wie auch Konfuzianismus dem chinesischen Nationalismus der chinesischen Nationalbolschweisten untergeordnet und für diese nur instrumental, die ein „Make China great again“verfolgen und sich als die kommende Weltmacht nach einem halben Jahrhundert der Demütigung durch den kolonialistischen Westen  sehen. Dieser chinesische Nationalismus beruft sich auch auf alte imperiale Entwürfe früherer chinesischer Kaiserreiche, was zeigt wie wenig kommunistisch diese KP China ist, weist darauf hin, dass China in früheren Zeiten die wesentliche Weltwirtschaftsmacht war oder wie dies der neue US-Verteidigungsminsiter Mattis artikulierte: China wolle wie im Ming-Imperium im Pazifik mittels des Südchinesischen Meers ein neues Tributsystem an untergeordenten Staaten herstellen. Und damit sehen sich zwei konkurrierende Weltnationalismen in Konflikt gebracht: Make China and the USA great again, wird eben wahrscheinlich zu erheblichen Konfrontationen, wenn nicht gar einem sinoamerikanischen Krieg führen, wenn keiner beim Verfolgen eigener nationaler Grösse Kompromisse eingehen will. Es geht beiden nur um die jeweilige Macht und Grösse ihres Nationalstaats und darauf aufbauenden neuen oder alten Imperiums, das andere unterordnen soll. Mit einem Trotzkischen Weltsowjet, einem Weltstaat, einer Weltföderation oder gar einer internationalen Kooperation durch internationale Institutionen oder gar Global Governance hat all dies nichts zu tun, auch wenn sich die chinesischen Nationalisten noch kommunistisch nennen.Sie sind eben nur Nationalisten , die China great again machen wollen, über alles in der Welt und für die Marxismus und Konfuzianismus nur instrumental sind.

 

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