Trump–Orovilledammbruch und die realpolitische Mäßigung?

Trump–Orovilledammbruch und die realpolitische Mäßigung?

Interessante Entwicklung in Trump-USA. Recht realpolitische Entgegnung auf Nordkoreas Drohungen und Raketentests, neuerdings Bekenntnisse zur NATO, nachdem er diese zuvor als obsolet bezeichnet hatte, dann die Rückkehr zur „Ein China“-Politik im Telefongespräch mit Xi Jinping nach dem harmonischen Treffen mit Japans Premierminister Shinzo Abe, in Palästina Kritik an Israels Siedlungsbauten als Hindernis einer Zweistaatenlösung, dann die Relativierung der Russlandnähe durch die Absetzung vom zu prorussischen Nationalen Sicherheitsberater Michael Flynn, der Forderung an Rußland die Krim der Ukraine wieder zurückzugeben, dann versöhnliches Auftreten mit Kanadas Trudeau nach dem Eklat mit Mexikos und Australiens Präsident.Trump scheint sich zu mäßigen und staatsmännlich zu werden, vermuten nun einige Kommentatoren.

So ganz scheint man in deutschen Kreisen der Trumpschen Realität noch nicht zu trauen. Dass Trump den Brexit lobte, Nigel Farrage an Theresa May vorbei als britischen Botschafter in den USA vorschlug, der US-Botschafter bei der EU diese mit der Sowjetunion verglich und seinen Stolz betonte, dass er einen wesentlichen Beitrag lesitete diese aufzulösen, haben nun EU-Kommisionspräsident Jucker mit der Drohung ihn nicht bei der EU akkreditieren zu lassen, beantwortet und der Chef der Münchner Sicherheitskonferenz Wolfgang Ischinger spricht gar von einer „Kriegserklärung der USA an die EU ohne Waffen“, zumal er darauf drängt, nicht US-Druck bezüglich einer NATO-Aufrüstung nachzugeben, sondern diese nur unter zuvor klarer Definition deutscher und dann europäischer Interessen nachzukommen. Der größte Außenpolitiker aller Zeiten Horst Seehofer versucht nun wie schon FJ Strauß eine eigene bayerische Außenpolitik und Kontakt zu Trump noch vor Merkel, Gabriel,etc. direkt herzustellen. Dabei versucht er sich dreier Geschäftsleute zu bemächtigen, die mal mit Trump zu tun hatten, noch dessen Telefonnummer haben, aber insgesamt zu folgender Einschätzung aufgrund ihrer Geschäftserfahrung kommen:

„Die Zwillinge Walter und Christian Hinneberg, 64, führen hier das Geschäft, das ihr Vater im Jahr 1958 gegründet hat: Sie sind Schiffsmakler, vermitteln also den Kontakt zwischen Reedereien, die neue Schiffe brauchen, und Werften weltweit. Dafür erhalten sie Provision. Es ist ein Geschäft, das kaum Mitarbeiter braucht und vor allem auf persönlichen Kontakten beruht – und einer dieser Kontakte sorgt dafür, dass die Brüder Hinneberg plötzlich das Interesse der Öffentlichkeit auf sich ziehen: Sie sind gut bekannt mit dem neuen US-Präsidenten Donald Trump.

Diese Bekanntschaft soll nun dem bayerischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer (CSU) zu einem Termin bei Trump im Weißen Haus verhelfen. So stellt sich Seehofer das zumindest vor. Schlecht stehen die Chancen nicht, schließlich hat Trump seine Begeisterung für Christian und Walter Hinneberg mehrmals zum Ausdruck gebracht. Trump, so berichteten Medien, habe die Brüder sogar zur Feier seines Amtsantritts eingeladen – doch die lehnten ab. Man schätzt das Licht der Öffentlichkeit in ihren Kreisen nicht besonders. (…)

Nicht nur die Brüder Hinneberg haben geschäftliche Erfahrungen mit Donald Trump gemacht, sondern auch der Hamburger Klinikunternehmer Ulrich Marseille. Vielleicht kann der Horst Seehofer helfen? Persönlich sei der Umgang mit Donald Trump stets kurzweilig gewesen, erzählt Marseille, „privat ist er sehr konziliant und höflich, vor allem zu Frauen“. Geschäftlich aber wolle er mit dem neuen US-Präsidenten nichts mehr zu tun haben. „Er hält sich nicht an seine Zusagen, sondern ändert diese, wann und wie er will.“ Trump denke sehr kurzfristig. „Wenn man ihm einen Sachverhalt nicht in drei bis fünf Minuten rüberbringen konnte, interessierte es ihn nicht mehr.“.

http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/trump-und-seehofer-die-maenner-die-seehofer-zu-trump-fuehren-koennten-1.3376514

Grundsatzfrage: Soll man an eine Moderierung Trumpscher Außenpolitik glauben oder wird er diese nicht genauso unberechenbar halten, wie es seine ehemaligen Geschäftspartner referieren? Hat Trump die Realpolitik eingeholt oder mäßigt er sich nicht nur taktisch etwas, da er ja schon Probleme bei seiner Mauer und Immigrationsgesetzen hat, um bei Erfolg oder aber auch Mißerfolg sich dann nicht das nächste Ziel der Aggression zu suchen? Vielleicht hat er aber auch zu früh und offen ausgesprochen mit wem er sich alles anlegen will und zeigen ihm nun die realen Widerstände, dass er sich etwas zurücknehmen muss und taktischer vorgehen muss und sich nicht gleich die ganze Welt zum Feind machen kann. Inwieweit man dies dann realpolitisch ansieht oder eben nicht nur als impulsives, planloses Nachgeben auf Gegendruck, das jederzeit wieder ins Gegenteil ausschlagen könnte, wenn er sich ins Eck gedrängt fühlt, bleibt abzuwarten. Momentan scheint er sich mehr auf Mexiko, den IS und den Iran zu konzentrieren und an anderen Fronten vorerst Ruhe zu suchen.

Bezeichnend ist ja, dass Trump gar nicht so sehr von außen bedroht wird, sondern vor allem innenpolitisch durch den Bruch des Orovilledamms in Kalifornien. Aller islamistischer Terror, alle außenpolitischen Abenteuer haben nicht die Situation einer massenhaften Bedrohung amerikanischer Bürger herbeigeführt, dass über 200 000 Amerikaner evakuiert werden müssen und ganze Landstriche Kaliforniens dem realen Untergang geweiht sind. Trump hat daruf noch gar nicht getweetet oder neue Dekrete erlassen. Was sollte er auch sagen: Mitgefühl oder: „Ich dekretiere, dass der Damm nicht brechen soll“? Er ist auch nicht in das Katastrophengebiet gefahren, um seine symbolisch-kitschige Rolle als zuständiger Macher zu finden, wie etwa ein Gerhard Schröder und andere deutsche Politiker bei der Oderflut, die sich vor massigen Kamerateams mit Gummistiefeln beim medialen Sandsacktragen zusammen mit der Bundeswehr als Retter der Nation und als Kraft gegen die Naturfluten stilisierten. Trump gibt da ein ähnliches Bild ab, wie die Regierung George W. Bush jr.s während der Sturmflut Catherina in New Orleans, als sie untätig in Washington herumsassen, anders als bei 9-11 nicht gleich mit Massenmobilisierung des Militärs und 2 Kriegen in fernen Ländern reagierten, eben nichts machten und zunehmend an Zustimmung innerhalb der Bevölkerung verloren. Es gibt auch noch die Anektode, dass Condolezza Rice in einem Schuhgeschäft weilte und die Schuhverkäuferin sich weigerte ihr Schuhe zu verkaufen mit dem Hinweis, dass sie gefälligst nach New Orleans fahren sollte, um den eigenen Amerikanern zu helfen.

Ähnlich hilflos und untätig wirkt nun auch Trump. Kein lauthalsiges Dekret, kein Tweet, keine medienwirksame, anpackende Präsenz vor Ort, kein Machertum, kein Commander-in-chief, keine Anweisungen an die Kräfte vor Ort–der totale Ausfall.So kümmert er sich um seine Amerikaner! Es lebe der amerikanische Föderalismus, der vom Big Goverment Washintons nicht tangiert werden will? Vielleicht muss erst der Damm brechen, bevor er aktiv wird und wahrscheinlich wird er es dann den Demokraten in die Schuhe schieben wollten, die die amerikanische Infrastruktur verkommen liessen, während er nun einen Infrastrukturplan auflegt und durchsetzt., um derartige Katastrophen zukünftig zu verhindern Zumindestens zeigt sich an Oroville, dass Trump durch innenpolitische Entwicklungen noch mehr herausgefordert werden kann als nur durch außenpolitische Herausforderungen, die er sich genauso beherrschbar vorstellt, wie er selbst unberechenbar ist, die aber ebenso unberechenbar sind wie er selbst.

Wie unberechenbar Trump aber bleibt, zeigt nun wieder, dass er nun zum Besuch Netanjahus wiederum die Zweistaatenlösung  infrage stellt, nachdem er diese Tags zuvor noch mittels seiner Siedlungskritik an Israel beförderte. Im Wahlkampf startete Trump mit dem Bekenntnis neutraler Mittler zwischen Israel und den Palästinensern sein zu wollen, dann nach seinem Besuch des AIPAC-Treffens stellte er sich bedingungslos hinter Israel, kündigte zudem an, die US-Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem verlegen zu wollen und somit Jerusalem halboffiziell als neue Hauptstadt Israels anzuerkennen, dann wiederum kritiiiserte er nach der Wahl den Siedlungsbau Israels, um nun wieder beim Netanjahubesuch die Zweistaatenlösung infrage zu stellen. Ein ziemlicher Zick-Zackkurs auch.

 

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