Ägypten: Punktsieg für Islamisten am Tahrirplatz

Ägypten: Punktsieg für Islamisten am Tahrirplatz

Während Ägypten sich auf den Mubarakprozess vorbereitet, besetzten Demonstranten den Tahrirplatz, um auch den Rücktritt Tantawis zu fordern. Bezeichnend ist, dass hier linke Gruppen um die sogenannte Sozialistische Front mit den Islamisten versuchte diese Proteste zu unterlaufen, den Militärrat aus dem Fokus zu nehmen und die linken Gruppen den Islamisten schließlich die Oberhand am Tahrirplatz überliessen, ja sich sogar vom Tahrirplatz zurückzogen. Die islamistischen Gruppen, allen voran die Muslimbruderschaft skandierten sogar Parolen für den Militärrat und Tantawi. Angesichts des kommenden Ramadan wurde der Sitzstreik schließlich offiziell für beendet erklärt.Die Demonstranten wurden mittels Panzern des Militärrats und der lautstarken Unterstützung der Islamisten für die Militärs vertrieben.

„Am 1. August entsandte die Junta Panzer gegen ein friedliches Sit-In auf dem Tahrirplatz. Sie vertrieb hunderte Familien der Märtyrer, die in den frühen Tagen der Revolution vom Regime getötet worden waren. Nur drei Tage zuvor hatten reaktionäre islamistische Gruppen für den Juntaführer Marschall Mohamed Hussein Tantawi und für Stabilität demonstriert. An der Aktion hatten die Moslembrüder, die Salafisten und al-Gamaa al-Islamiya teilgenommen.(…)Die wichtigste Rolle spielte hierbei die sogenannte Sozialistische Front. Sie besteht aus den Revolutionären Sozialisten, der Demokratischen Arbeiterpartei, der Partei der Sozialistischen Allianz und der Ägyptischen Sozialistischen Partei. Am 27. Juli bildeten diese Gruppen zusammen mit den liberalen und den islamistischen Gruppen eine „Vereinigte Volksfront“. Sie kamen Berichten zufolge überein, jegliche Diskussion ihrer Differenzen über den zukünftigen Charakter des ägyptischen Staats zu unterlassen.Nachdem sie den Islamisten auf diese Weise geholfen hatten, auf dem Tahrirplatz Gehör zu finden, gaben sich die pseudolinken Kräfte überrascht und beleidigt, als die Islamisten Tausende Anhänger aus dem Land nach Kairos schleppten und reaktionäre Parolen riefen. Die Pseudolinken beschlossen, sich vom Tahrirplatz zurückzuziehen, und ließen die Familien der Märtyrer allein zurück, die schließlich den Panzern der Armee wehrlos gegenüberstanden.

Am 31. Juli unterzeichnete eine Koalition aus sechsundzwanzig offiziellen „Oppositions“-Parteien eine gemeinsame Erklärung, in der sie den Sitzstreik auf dem Tahrir-Platz in Kairo für beendet erklärten. Während des Fastenmonats Ramadan wollen sie den Platz nicht besetzen.

http://www.wsws.org/de/2011/aug2011/egyp-a05.shtml

Zwei Tage zuvor hatten am 29. Juli Demonstrationen stattgefunden, an denen islamistische Gruppen sehr provokativ auftraten.Das starke Auftreten der unbeliebten und reaktionären Islamisten bei den jüngsten Protesten muss der Arbeiterklasse eine Warnung sein. Offenbar sind die Vorbereitungen zur gewaltsamen Unterdrückung von Arbeiterstreiks schon weit fortgeschritten. Nur wenn gegen diese Kräfte, – sowohl Islamisten als auch Pseudolinke –, ein entschlossener politischer Kampf geführt wird, kann die ägyptische Revolution überleben.Am 29. Juli brachten die Islamisten ihre Anhänger aus den ländlichen Gebieten nach Kairo, um eine bewusst geplante Provokation auszuführen. Diese Parteien hatten am 25. Januar die Aufstandsbewegung gegen das Mubarak-Regime abgelehnt, und genauso lehnen sie heute den revolutionären Kampf gegen die von den USA unterstützte Militärjunta ab. Als die Junta am 23. März ein Verbot gegen Streiks und Proteste erließ, unterstützten die Islamisten dies offen.Dennoch konnten islamistische Gruppen wie die Moslembrüder, die Salafisten und al-Gamaa al-Islamiya zuletzt mehr Anhänger mobilisieren als die liberalen und „linken“ Gruppen, die an der Demonstration vom 29. Juli teilnahmen.Die rechte salafistische Nour-(Licht)-Partei, die auf der größten Bühne des Tahrir-Platzes auftrat, gehört zur Moslembrüderschaft, der stärksten islamistischen Organisation in Ägypten.Die Islamisten riefen nach einem islamischen Staat und skandierten Parolen gegen „Säkularismus“ und „Kommunismus“. Einige bejubelten den Vorsitzenden der Junta, Feldmarschall Mohammed Hussein Tantawi, und riefen ihm zu: „Hörst du uns, Tantawi? Wir sind die Stimmen deiner Kinder auf dem Tahrir-Platz.“ Auch die Demonstrationen in Alexandria, Suez und einigen kleineren Städten waren offenbar von Islamisten dominiert.(…) Darauf gründeten mehrere islamistische Gruppen eine gemeinsame Plattform und riefen für den 29. Juli zu „Protesten für Stabilität“ auf.Um die Bewegung der Arbeiterklasse aufzuhalten, gingen die pseudolinken Gruppen sogar so weit, sich mit den Islamisten zu verbünden. Am 27. Juli schlossen sich die Revolutionären Sozialisten, die Demokratische Arbeiterpartei und die Partei der Sozialistischen Allianz einer sogenannten „Vereinigten Volksfront“ an und unterzeichneten gemeinsam mit allen größeren politischen Gruppen in Ägypten eine Erklärung, sie würden keine „kontroversen Fragen“ zur Sprache bringen. Die Erklärung trug auch die Unterschrift der Moslembrüder, der Salafisten und von al-Gamaa al-Islamiya.

http://wsws.org/de/2011/aug2011/aegy-a03.shtml

Wie damals im Iran schlägt die säkulare Linke einen Beschwichtigungskurs gegenüber den islamistischen Kräften ein, scheut die Auseinandersetzung mit ihnen, ja geht sogar Aktionsbündnisse mit ihnen ein, aus denen die Muslimbrüder und anderen islamistischen Grupperungen gestärkt hervorgehen. Gleichzeitig nähern sich Militär und Muslimbrüder immer stärker an. Die säkularen Kräfte stehen somit in echter Gefahr, der Verlierer der ägyptischen Revolution zu werden. Insofern sie sich nicht mit säkularen Kräften innerhalb des Militärs verbünden, drohen sie gegen ein Bündnis Tantwai-Muslimbruderschaft zu unterliegen. Ägyptens Militärrat dürfte zudem ein waches Auge auf die Entwicklungen in der Türkei haben, da dort das Militär viel an Einfluss verloren hat und vor kurzem der gesamte Generalstab samt wichtigen Generälen und Offizieren geschlossen zurücktrat und nun die islamische AKP Erdogans freie Bahn für ihre Politik hat, ja nun auch für eine Islamisierung des türkischen Militärs alle Wege offen stehen. Die Muslimbruderschaft behauptet von sich ja die ägyptische AKP zu sein und scheint auf einen modus vivendi mit dem Militär gegen den Rest der Gesellschaft zu spekulieren.

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