Neue Rechtspartei? Henkel und Sarrazin machen mobil!

Neue Rechtspartei? Henkel und Sarrazin machen mobil!

 Sie könnte schon bald kommen, die neue Rechtspartei–mit Olaf Henkel und Thilo Sarrazin als Gallionsfiguren.Lesetip: Der neue SPIEGELartikel „Der Wutgroßbürger“:

“Die Rettungsschirmpolitik bringt die konservative und die liberale Basis gegen die Regierung auf.Anführer der Euro-Gegner ist Hans-Olaf Henkel.Er liebäugelt mit einer neuen Partei“

Nach Sarrazins Buch „Deutschland wird abgeschafft“ ist von Henkel zu lesen:

„“Deutschland wird ausverkauft“, so der Untertitel seines Buches „Rettet unser Geld!“, das demnächst als Taschenbuch erscheint.Für die neue Ausgabe hat Henkel seine Thesen nochmals geschärft.Der Senior ist zum Helden einer großbürgerlich-liberalen Apo geworden, die sich von Bundeskanzlerin Angela Merkel und Vizekanzler Rösler betrogen fühlt und bei Union und FDP keine politische Heimat mehr sieht.Der Verband der Familienunternehmer gehört ebenso zum Henkel-Fancluib wie die stockkonservative Zivile Koalition für Deutschland, deren Vorsitzende Beatrix von Storch, geborene Herzogin von Oldenburg, bislang darüber stritt, Ostdeutschlands Schlösser den Junkern rückzuübereignen.Ex-Bundesbanker Thilo Sarrazin sagt, man solle Henkels Buch „zur Pflichtlektüre für jeden Bundestagsabgeordneten machen, damit der Bundesregierung endlich mal die richtigen Fragen gestellt werden“.
Der Groll auf die etablierten Parteien sitzt so tief, dass bereits über eine neue Partei debattiert wird, mit Henkel als Aushängeschild.Der wäre nicht abgeneigt, wie er am Mittwoch vergangener Woche bei einem Auftritt vor 300 geladenen Gästen im Berliner First-Class-Hotel Schweizerhof erklärte.“Wir sollten der FDP noch eine Chance geben“, so Henkel.“Aber wenn das nicht klappt, dann brauchen wir einen neuen Partner, und da stehe ich zur Verfügung, meine Damen und Herren.“ (SPIEGEL 40/2011).

Henkel hat davon gesprochen, der FDP noch eine Chance zu geben. Was meint er damit? Dass die FDP auf seine Positionen umschwenkt und wieder Stimmen gewinnt? Dann wäre aber auch die Koalition zu Ende, da weder Merkel, Kauder, Röttgen oder von der Leyen auf einen derartigen Kurs, der die Einführung eines Nord- und Südeuro fordert,mittragen würden.Soll dann die FDP solange Opposition machen, bis auch die CDU/CSU auf diese Linie einschwenkt? Wäre eine solche FDP nicht angesichts einer Grossen Koalition oder rot-grün ganz im Aus? Oder erhofft sich Henkel, dass sie dann gerade erst wie die FPÖ erstarken wird? Und: Was rechnet sich Henkel aus? Eine neue National-FDP, die 10-15 % der Stimmen erhält und als Korrektiv wirkt? Die grosse Volkspartei würde seine neue Partei ja auch nicht gleich sein.Will er abwarten wie die FDP 2013 bei der Bundestagswahl abschneidet oder will er seine Partei schon früher ausrufen?

Zur konkreten Vorgehensweise Henkels gegenüber der FDP ist folgender Artikel von Jürgen Elsässer ganz aufschlussreich,der über die Veranstaltung der Zivilen Koalition berichtet:

Bombenerfolg für die Zivile Koalition e.V.: Die Bürgergruppe hatte gestern zu einer Veranstaltung der Euro-Kritiker ins noble Berliner Hotel Schweizer Hof geladen,über 200 Besucher kamen.

Zu Eingang berichtete die Gründerin der Initiative, Beatrix von Storch, von beeindruckenden Erfolgen: Über die von Zivile Koalition e.V. mitbetriebene Website abgeordneten-check.de ist es gelungen, eine wahre Sturzwelle an Protestemails an Bundestagsabgeordnete wegen der verfehlten Euro-Rettung zu initiieren. Bis gestern Abend erreichten 180.000 elektronische Fragen und Beschwerden die Abgeordneten – so etwas gab es wohl noch nie. Als Erfolg kann verbucht werden, dass die Abstimmung über den permanenten Euro-Rettungsschirm ESM aufgrund der Unruhe in Bevölkerung und Parlament bereits von Dezember auf Januar verschoben werden musste.

Das Podium war hochkarätig besetzt: Frau Ostermann vom Bundesverband Junger Unternehmer, der Euro-Kläger K.A. Schachtschneider, der ehem. BDI-Chef Hans-Olaf Henkel sowie die Euro-Dissidenten Frank Schäffler (MdB FDP) und Klaus Peter Willsch (MdB CDU, der allerdings wegen einer Sitzung des Haushaltsausschusses verspätet eintraf). Der aus dem Fernsehen bekannte Carlos A. Gebauer leitete die Debatte.

Im ersten Teil referierten die Diskutanten die für COMPACT-Leser bekannten Argumente gegen den Euro-Wahn. Dank starker Medienpräsenz darf man hoffe, dass Teile davon nun auch ihren Weg in den Presse-Mainstream finden.

Im zweiten Teil skizzierte Henkel seine Vorschläge zum weiteren Vorgehen. Als erstes hoffe er, dass Schäffler beim FDP-Mitgliederentscheid eine Mehrheit für seine Anti-Rettungsschirm-Linie bekomme. In diesem Falle könne man die FDP weiter unterstützen, Schäffler könne Bundeskanzler werden … Falls nicht, müsse eine neue Partei aufgebaut werden. Dieses Vorgehen wurde von Schachtschneider explizit unterstützt. Frau von Storch sagte für eine solche Partei ebenfalls Unterstützung zu, betonte jedoch, dass für die Zivile Koalition die Organisierung des Bürgerprotestes Vorrang habe. Sie wolle „der Mehrheit eine Stimme geben“. Ebenfalls für eine neue Partei sprach sich aus dem Publikum Karl Feldmeyer aus. Der jahrzehntelange FAZ-Parlamentskorrespondent ist heute einer der Macher von abgeordneten-check.de.

http://juergenelsaesser.wordpress.com/2011/09/22/henkel-schachtschneider-von-storch-fur-neue-partei/

Henkel hat jetzt angekündigt, dass er noch hofft die FDP bis zu Jahresende auf Anti-Eurokurs zu bringen, aber ansonsten im Januar 2012 eine eigene „Neue Europa Partei“ zu gründen.Die Geduld scheint also begrenzt.

Henkel wäre ja ein starker Führer und Macher, zugleich auch mit seinem Buch ein Vordenker. Henkel hat als BDI-Präsident gelernt, wie man starke Führung praktiziert und keiner würde ihm in Abrede stellen, dass er keine Führungspersönlichkeit wäre. Es muss ja nicht immer Adolf 2.0 sein. Dazu könnte ein allzu offensichtliche Führerpartei ja auch negative Assoziationen an die deutsche Vergangenheit schaffen und eine moderatere Führungspersönlichkeit ala Henkel daher als Ausweis demokratischer Wählbarkeit!

Und was ist mit Sarrazin?

Seit dem gescheiterten Parteiausschlussverfahren ist nun einige Zeit ins Land gegangen, aber Sarrazin bleibt recht aktiv und die SPD stört es nicht im geringsten.Nach einer Vortragsreihe an Londoner Unis mit Henryk M. Broder und Jan Fleischhauer (SPIEGEL),ist Sarrazin nun auch nach Österreich gereist, um dort einen Vortag zu halten vor Bauernvertretern, Unternehmern, BZÖ und FPÖ zu halten–Strache war persönlich auch anwesend.Der Vortrag ist bei Politically Incorrect anzuhören unter:

http://www.pi-news.net/2011/09/livestream-ab-17-uhr-sarrazin-vortrag-in-graz/#more-213310

Im Zeit-im Bild-Interview des ORF verglich Sarrazin dann sein Buch „Deutschland schafft sich ab“ mit „Das Kapital“ von Karl Marx und meinte, Marxs Buch habe nach einem Jahr auch noch keine Wirkung entfaltet, aber langfristig dann schon. Auch sein Buch werde zu einem fundamentalen Paradigmenwechsel in Europa führen.Mal sehen, ob Sarrazin nun auf Europatour geht.Zumindestens scheint er mit seinen löblichen Worten zu Hans-Olaf Henkels Buch signalisieren zu wollen, dass hier geistesverwandte Vordenker existieren, die sich auch einmal zusammen organisieren sollten. Henkel-Sarrazin wäre das Dreamteam einer neuen deutschen Rechten und könnte auch kaum mit dem Vorwurf der Verfassungsfeindlichkeit belegt werden, zumal ja auch die SPD Sarrazin nicht als Rassisten ausgeschlossen hatte.

In dem  FAZ-Artikel „Adieu, Kameraden“ gibt der rechtsfeulleitonistische Kommentator folgende Insidergeschichte von sich:

„Vor einem guten Jahr erreichte mich ein Anruf aus München: was ich von der Möglichkeit einer neuen rechten Sammlungsbewegung hielte, nur einmal so als Gedankenexperiment? Mit Hans-Olaf Henkel, Peter Sloterdijk, Thilo Sarrazin und Friedrich Merz als möglichen Galionsfiguren.
Unabhängig davon, ob diese Phantasie zu verwirklichen wäre – langfristig gibt es sicher ein Potential von Protestwählern um die sieben Prozent -, war meine Antwort, dass ich davon rein gar nichts hielte, und das, obwohl ich einmal von Jürgen Habermas als der „einschlägig bekannte Rechtsaußen des Feuilletons“ bezeichnet wurde.“

Die Frage ist: Passen all diese Gestalten denn in eine Partei? Henkel hat jetzt bekannt gegegebn, dass er für Januar eine „Neue Europa Partei“ initieren will?Wäre da Platz für Sarrazin, Sloterdijk, Merz und Hankel? Wären Sarrazins antimuslimische Ausfälle vertragbar mit einer derartigen Wirtschaftspartei, die wohl auch nicht die Notwendigkeit des Zuzugs von ausländischen Fachkräften angesichts der demographischen Lücke abstreiten würde.

Henkel denkt strikt ökonomisch, das kann aber eben auch bedeuten: sozialdarwinstisch. Leistung muss sich wieder lohnen, weg mit dem Sozialstaat. Bei der Migration dürfte Henkel klar sein, dass er ohne ausländische Fachkräfte nicht auskommt. Das bestreitet aber nicht einmal Sarrazin. Henkel und Sarrarzin können sich also in dem Punkt treffen, dass man nur ökonomisch nützliche Immigranten zulässt (kanadisches Immigrationsgesetz), während der Rest mittels Frontex abgehalten wird und man den Hartz-4lern und Aufstockern, egal ob muslimisch oder deutsch die Bezüge kürzt.Ich glaube aber nicht, dass sich Henkel auf einen Clash of Civilizations ala Gerd Wilders einlassen wird.Dazu ist der Mann zu aufgeklärt und er ist auch kein Ideologe.Wenn er Sarrazin dazunehmen würde, so müsste sich dieser etwas bändigen in Bezug auf Islamophobie. Bei Sloterdijk und Merz passt die neoliberale, sozialdarwinistische Grundeinstellung. Kein Problem.Hankel wiederum ist weder sozialdarwinstisch noch islamophob, sondern lehnt nur den Euro ab. Auch dieser Wirtschaftsexperte wäre kein Problem.Und Henkel selber?

Henkel selber hat sich bezüglich Islamophobie noch nie herausgelehnt, auch in seinem Buch finden sich keine kulturkämpferischen Stellen, die einem „Clash of Civilization“auch nur im Entfernsten nahekommen würden.

Bei Henkels Buch und in seinem Denken herrscht eine Frontstellung vor allem gegen Frankreich vor. Er bedauert, dass Frankreich bei der Besetzung internationaler und europäischer Gremien dominant ist und seine Wirtschaftsinteressen durchsetzt, so eben auch seine Industriepolitik zuungunsten der Stabilitätspolitik. Zudem sieht er Frabnkreich als Vorkämpfer der Südländer und ist daher für einen Nordeuro ohne Frankreich, der unter deutscher Herrschaft stünde.
Das wäre ein Europa in dem Deutschland die Nordeurozone anführt und Frankreich die Südeurozone–ob das nun als Spaltung der deutsch-französischen Achse oder als neues Kooperationsmodell gedacht ist, bleibt dahingestellt.Ich weiss nicht, ob man Henkel so einfach als „antieuropäisch“ abtun kann.Er hat halt ein anderes Konzept, das man durchaus mal diskutieren kann. Will er denn damit gleich einen deutschnationalen Kurs mit Richtung Grossdeutschland? Ich glaube nicht.

Wie wird das Verhältnis zwischen Populismus und Partei sein?

 Ein Bekannter meinte:

„Wenn eine neue Partei gegründet werden soll, wird sie keine Intellektuellenpartei und Fachleutepartei sein dürfen. Sie wird also an die wilden Instinkte der Wutbürger anknüpfen müssen, hier an diejenigen Wutbürger, die gegen die EU und den Euro wüten. Sonst kriegt die Partei keine Masse. Es geht nicht ohne dummdreisten Populismus.“

Ich meine: Im Gegenteil,diese neue Partei wird als Partei des neuen ökonomischen Sachverstands auftreten und solche Experten wie eben Henkel, Spethmann, Hankel oder Merz dabei haben.Darin –in der honorigen Zusammensetzung des vermeintlich objektiven Sachverstands–wird sie sich gerade von NPD, DVU, Gert Wilders,etc. unterscheiden.Ob Bierdeckelsteuer oder Nordeuro, beides wird mit sachkundiger Argumentation ausgebreitet von Experten, die in jeder Talk Show und jedem Expertenforum auftreten und bestehen können.

Die Hauptargumentationslinie wird sachverständig ÖKONOMISCH sein. Aber da darf man sich eben keine Illusionen über Ökonomie machen, wo sozial schwache Menschen, Behinderte,etc. als konsumtive Kosten und nicht als produktive Kräfte eingeschätzt werden–mittels all der damit einhergehenden sozialdarwinistischen Selektion, die von der Kürzung von Sozialhilfe bis zur Masseneuthanasie des 3. Reichs ein nicht näher definiertes Spektrum des Sozialabbaus hat.Also auch rein ökonomische Betrachtungen sind nicht so harmlos, wie sie im ersten Moment eingängig erscheinen. Wer Merkel und Steinmeier wegen ihres Eurokurses nicht wählen sollten, könnte aber in einer Orgie des Sozailabbaus unter Henkels Partei landen, die die von Steinbrück und Merkel angekündigte Sparorgie Agenda 2020 in den Schatten stellt!!! 

—————————————————————————————

Zu Henkels Vorstellungen noch den früheren Artikel des Global Review als Lesetip:

Alternativloser Euro? Henkel, Spethmann und Plumpe widersprechen!

Bundeskanzlerin Merkel erklärte den Euro als „alternativlos“. Widerspruch gibt es kaum. Nun hat sich aber aus Reihen der deutschen Wirtschaft Protest gemeldet.So kann sich der ehemalige BDI-Chef Hans Olaf-Henkel angesichts der Griechenlandkrise 4 Szenarien vorstellen, wobei die Einführung eines Nord- und Südeuros eines, das der Rückkehr zur DM das andere wäre:

Frage: Wird der Euro das Jahr 2011 überleben?

Hans-Olaf Henkel:  Der Euro ist nicht in Gefahr, wohl aber die Wettbewerbsfaehigkeit Europas. EU-Kommissionspräsident Barroso hat gesagt, die Währung wird „at all cost“ verteidigt – koste es, was es wolle. Aber diese Verteidigung fuehrt ueber die Hintertuer zu einem europaeischen Zentralstaat. .

Frage: Inwiefern?

Hans Olaf-Henkel:  Es droht eine Transferunion. Das haben wir schon seit Jahrzehnten in der Bundesrepublik in Form des Länderfinanzausgleiches. In Deutschland gibt es nur noch drei „Geberländer“, alle anderen Bundesländer zahlen nichts oder bekommen Geld. Auf dieser Grundlage gibt es für die Defizitländer keinen Anreiz zum Sparen, da ja alle ihre Schulden von den anderen bezahlt werden. Auch nicht für die Geberländer, denn sie müssen ihre Überschüsse ja abfuehren, also ein perfektes System organisierter Verantwortungslosigkeit. Nun wird dieses System auf Europa übertragen, ohne dass der Bundestag das erkannt hätte.

Frage: Wie geht es weiter mit dem Euro? Welche Szenarien sind vorstellbar?

 

Hans-Olaf Henkel:   Ich sehe vier Möglichkeiten.
Möglichkeit eins wäre: Weitermachen wie bisher. Die Bundesregierung gibt immer weiter nach auf dem Weg zur Transferunion. Das tat sie bisher schon: Merkel wollte Griechenland eigentlich kein Geld geben – und stimmte schließlich zu; sie wollte automatische Strafmaßnahmen gegen Defizitsünder – und ließ schließlich davon ab; sie forderte eine Beteiligung von Privatbanken bei der Rettung überschuldeter Länder – und gab auch da nach, eine europäische Wirtschaftsführung kam fuer die Deutschen nie in Frage, jetzt soll es diese auch geben. Die nächsten Positionen, die geräumt werden, sind der deutsche Einspruch gegen eine Aufstockung des Rettungsschirmes und gegen die Kapitalbeschaffung über gemeinsame Euro-Anleihen, sogenannte Eurobonds, für die vor allem wir Deutschen haften würden. Interessanterweise gilt Frau Merkel, trotz allem deutschen Nachgeben, im Ausland als „Madame No“, die sich immer durchsetzt. Wenn in Spanien und Griechenland gegen die Krise demonstriert wird, wird auch immer gegen die angeblich von den Deutschen geforderten Sparzwänge demonstriert.
Möglichkeit zwei: Es kommt zu neuen verbindlichen Spielregeln in der Euro-Zone. Wichtig ist die Verbindlichkeit, das würde sich von den bloßen Absichtserklärungen unterscheiden, die im November zur Ergänzung des Lissabon-Vertrages eingefügt wurden und nur die Öffentlichkeit beruhigen sollen. Das ist Kappes. Hanns-Werner Sinn vom ifo-Wirtschaftsforschungsinstitut hat zwei gute Regeln genannt: Länder, die gegen die Stabilitäts- und Schuldenkriterien verstoßen, müssen raus. Die Entscheidung darüber treffen nicht Politiker, die allesamt selber potentielle Sünder sein können, sondern eine unabhängige Institution wie die Europäische Zentralbank. Und Länder, die die Eurozone verlassen wollen, können das aus eigenem Entschluss tun. Im Augenblick kann nämlich ein kleines Land wie Malta sein Veto einlegen, um den deutschen Austritt zu verhindern.
Möglichkeit drei: Die Rückkehr zu den nationalen Währungen. So, wie man die D-Mark abgeschafft hat, könnte man sie auch wieder einführen. Diese Alternative ist nicht meine Präferenz, aber sie ist auch längst nicht so gefährlich, wie von anderen dargestellt.
Möglichkeit vier: Die Teilung der Eurozone in Nord und Süd. Aus einer Währung zwei zu machen ist sicher einfacher als aus 17 eine. In diesem Szenario verlassen Deutschland und drei, vier weitere Länder die bisherige Eurozone. Griechenland und andere müssten dann nicht mehr die „deutschen Sparorgien“ ertragen. Die Diktate Brüssels sind ja tatsächlich vergleichbar mit der Brüningschen Sparpolitik Anfang der dreißiger Jahre, so wird die griechische Wirtschaft niemals aus dem Teufelskreis herauskommen und hat bei immer weiterer Schrumpfung null Chancen, die Schulden zurückzuzahlen.

http://juergenelsaesser.wordpress.com/2011/05/12/14-mai-elsasser-spricht-bei-anti-euro-kundgebung-vor-dem-bundeskanzleramt/#more-3225

Nachdem schon der ehemalige BDI-Chef Hans-Olaf Henkel in Bloomberg TV und anderen Medien sich für die Idee der Einführung eines Nordeuros für wirtschaftlich stärkere  europäische Länder und eines Südeuros für wirtschaftlich schwächere europäische Länder aussprach, schlug nun der Ex-Vorstandssitzende von Thyssen, Dieter Spethmann in einem FAZ-Interview vom 19.1.2011 in dieselbe Kerbe. Damit ist dies schon der zweite Grosskapitalvertreter, der sich für ein derartiges Modell als Exitoption ausspricht.

 

FAZ:Wie erklärt sich der Erfolg der deutschen Wirtschaft im Moment, spielt der Kurs des Euro eine Rolle?

Spethmann:Der heutige Außenkurs des Euro ist für Deutschland eindeutig zu niedrig. Die deutsche Volkswirtschaft müsste, nachdem sie Jahre lang Leistungsbilanzüberschüsse in Höhe von vier bis sechs Prozent des Bruttoinlandsproduktes geliefert hat, längst aufgewertet haben. Denn nur eine Aufwertung führt zu einem so großen Wohlstandszuwachs, wie wir ihn bis zum Fall der Berliner Mauer über 20 Jahre hinweg beobachten konnten.

FAZ: Ein tiefer Eurokurs ist schlecht für Deutschland – das widerspricht den meisten Argumenten, die man sonst hört – vor allem von der Exportindustrie?

Spethmann: Er ist für uns unangebracht, denn dadurch müssen wir Wirtschaftsleistung von bis zu zehn Prozent pro Jahr verschenken.

FAZ:Wie muss ich das verstehen?

Spethmann: Deutschland schenkt die Überschüsse, die es im Außenhandel erzielt, der Europäischen Zentralbank (EZB). Die EZB benützt diese Überschüsse, um damit die Defizite von Griechenland, Italien, Frankreich und so weiter zu bezahlen. Wir verschenken jedes Jahr im Abrechnungskreislauf der Zentralbanken fünf bis sechs Prozent unseres Sozialproduktes, Waren gegen Papier. Im Bereich der Geschäftsbanken verschenken wir noch einmal zwei bis drei Prozent. Dazu kommt ein Nettobeitrag an die Europäische Union (EU) in Höhe von einem Prozent des Bruttoinlandsproduktes. Wir verschenken jedes Jahr zehn Prozent unseres BIP. Das sind 250 Milliarden Euro – und das hält keine Volkswirtschaft aus.

FAZ:Was ist der Umkehrschluss? Sollte sich Deutschland zurückziehen aus dem Euroraum?

Spethmann: Ja, natürlich müssen wir heraus aus dem Euro, so schnell wie möglich. Die Niederlande und Österreich befinden sich in einer ähnlichen Lage. Wir brauchen so etwas wie einen Nord- und einen Südeuro.

FAZ:Wäre das politisch überhaupt machbar?

Spethmann:Ja, gemäß Artikel 50 des Lissabon-Vertrages, Aussatzklausel D, kann jeder heraus. Der Euro ist tot. Er ist eine politische Zwangsjacke. Er ist keine der Realwirtschaft dienende Währung, sondern ein Herrschaftsinstrument. Das zeigt sich unter anderem daran, dass José Manuel Durão Barroso den Euro um jeden Preis retten will.

FAZ: Wie soll und wird die Eurokrise denn weitergehen?

Spethmann: Solange ich zurückdenken kann, haben Staaten Moratorien erklärt. Es ist so normal wie der Alltag, dass ein Staat erklärt, ich kann nicht mehr. Darauf folgt dann in der Regel ein modifiziertes Rückzahlungsangebot an seine Gläubiger.

FAZ: Staaten wie Griechenland, Spanien et cetera müssen also ihre Schulden restrukturieren?

Spethmann: Wie sollen die Griechen oder die Spanier ihre Schulden bedienen können? Sie haben eine hohe Arbeitslosigkeit und sie kommen am Weltmarkt nicht mehr an, weil sie zu teuer sind. Ihr inländisches Kostenniveau ist zu hoch. Die Spanier müssen abwerten, um wieder eine ausgeglichene Handelsbilanz zu erhalten. Deswegen müssen sie heraus aus dem Euro. Dasselbe gilt für Griechenland, Italien, Portugal und andere auch.

FAZ:Selbst wenn die Deutschen zehn Prozent ihres Bruttoinlandsproduktes verschenken, wie Sie sagen, scheinen sie doch recht geduldig zu sein.

Spethmann:Ich bin nicht so sicher. Nehmen wir als Beispiel die Deutsche Bundesbahn. Sie ist ausgeblutet, weil ihr sicherheits- und betriebserhaltende Investitionen vorenthalten worden sind. Die Autobahnen auf der anderen Seite werden durch starken LKW-Transitverkehr außerordentlich belastet, ohne kostendeckende Einnahmen zu erbringen. Irgendwann wird der Zustand der Infrastruktur so schlecht werden, dass sich der Eindruck verdichtet, es könne etwas nicht stimmen.

http://www.faz.net/s/Rub58BA8E456DE64F1890E34F4803239F4D/Doc~E59FA1EB7915C436582BA9E571CDBB5AB~ATpl~Ecommon~Sspezial.html

Desweiteren sekundiert die FAZ, die in linken Kreisen auch gerne als „das Zentralorgan des deutschen Grosskapital“ tituliert wird, die Äusserungen der beiden prominenten Wirtschaftsvertreter mit einem programmatischen Artikel von Werner Plumpe,Lehrbeauftragter für Wirtschaftsgeschichte an der Goethe-Universität Frankfurt a.M. , der zum einen feststellt, dass die Eurokrise bisher noch gar nicht so schlimm sei. Eine Eurokrise existiere nicht und es sei auch keine Spekulation gegen den Euro erkennbar. Man habe also noch Zeit, in Ruhe über Alternativen zum Euro nachzudenken, sollte sie sich doch verschärfen. Dennoch sieht auch er den Euro nicht als die alternativlose Variante an, gibt auch zu bedenken, wenn Europa nicht mehr zusammenhalte als eine Währungsunion, dann wäre dies bedenklich. Mit Rückblick auf die Geschichte schreibt er:

Der Euro ist nicht unser Schicksal

Der Frieden in Europa, so wird gesagt, sei in Gefahr, wenn der Euro scheitere. Aber das Schicksal Europas hängt nicht von seinem Währungssystem ab. Zerfallende Währungsunionen waren historisch nicht einmal ökonomische Katastrophen. Ein Plädoyer gegen das Krisengeraune.

http://www.faz.net/s/Rub117C535CDF414415BB243B181B8B60AE

Kommentare sind geschlossen.