Nichtwählen 2013 als Option zur Finanzkrise?

Nichtwählen 2013 als Option zur Finanzkrise?

Im wesentlichen gibt es bezüglich der Euro-Krise zwei Krisenoptionen: Die Vergemeinschaftung der Schulden und weitere Schritte zur ökonomischen und politischen Union der EU—diesen Weg befürworten CDU, CSU, FDP,SPD, Grüne, Linkspartei oder halt das Zurück zur geliebten DM, wofür die Freien Wähler als neue Option stehen. Man muss sich klar machen, dass die Finanzkrise in beiden Fällen Opfer bedeutet: Im Falle der Vergemeinschaftlichung der Schulden kann hier durchaus der Fall des deutschen Staatsbankrotts eintreten, wie dies der ehemalige Bundespräsident und Bundesverfassungsrichter Herzog klarstellte. Das Grundgesetz verbietet den Staatsbankrott nicht

Auch wenn es nicht zu diesem Extremfall kommen sollte, so ist doch klar, dass ein Grossteil der Rettungsschirme nie wieder zurückbezahlt werden und sich der Staat und die EU sich das Geld vor allem von der deutschen Arbeiterklasse und dem deutschen Mittelstand holen wird.Angesichts dieser düsteren Option scheinen die Freien Wähler die andere zukunftsträchtige Variante: Sie schliessen eine Rückkehr zur EU 1990-2002 ohne Euro und zurück zur DM nicht aus. Die EU ohne Euro funktionierte ja auch und zumal recht gut. Dennoch sollte jedem klar sein, dass eine Rückkehr zur DM ebenfalls immense Opfer fordern könnte, vor allem was die Exportwirtschaft betrifft.Eine Studie der Allianz Versicherung sieht für diesen Fall einen Rückgang des deutschen BSP um ein Viertel seiner Wirtschaftskraft vorraus.Zudem besteht die Gefahr, dass ein Zusammenbruch der Eurozone einen globalen Finanzcrash ala 1929 hervorrufen könnte. Dennoch bleibt die Frage, ob dies nicht Panikmache ist-genauso wie die Formel, dass der Euro eine Frage von Krieg oder Frieden sei. Die EU hat 1990 bis 2002 sehr gut ohne den Euro funktioniert. Auch bei dem ersten Schuldenschnitt bei Griechenland wurde erzählt, dass dies eine Kettenreaktion auslösen würde, die ein neues 1929 hervorrufen würde. Bekanntlicherweise ist nichts geschehen und haben die nicht eingelösten Credit Default Swaps auch nicht ihre behauptete zerstörerische Wirkung entfaltet. Da ist sehr viel Panikmache dabei, der man sich nicht ausliefern sollte.  Optimisten hingegen glauben, dass die deutsche Arbeitslosigkeit sich dann auf einen Stand von 5 Millionen offiziell gemeldeten Arbeitslosen einpendeln und dann wider abnehmen würde.Das wäre ja wohl verkraftbar Gleichzeitig muss man sich aber klar sein, dass für diesen „best case“ die geringere Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Exportwirtschaft wegen höheren DM-Kurses eine Agenda 2020 nach sich ziehen dürfte, die versucht mittels Lohnsenkungen, weiteren Ausweitungen des Billiglohnsektors, Aufweichung der Tarifverträge und der sogenannten Flexibliserung des Arbeitsmarktes (Hire- and Fire nach US-Vorbild)die relative Wettbewerbsfähgkeit wiederherzustellen.

Doch auch schon Steinbrück und Merkel reden von solch einer Agenda 2020, Ex-Bundeskanzler Schröder sogar von einer Agenda 2030—wohlgemerkt mit Euro.Die hauptsächlichen Parteien sind daher für eine Vergemeinschaftlichung der Schulden sowie eine Agenda 2020. Die einzige Partei, die sich gegen eine solche Agenda 2020 ausspricht ist wiederum die Linkspartei.Idealtypisch ergeben sich also für das Wahlverhalten folgende Optionen: Freie Wähler bedeuten keine Vergemeinschaftlichung der EU-Schulden, noch Eurobonds und Bankenunion, dafür aber Agenda 2020. Linkspartei bedeutet Vergemeinschaftlichung der EU-Schulden, Eurobonds und Bankenunion, aber keine Agenda 2020.

Bei den anderen Parteien wird man beides bekommen.Somit bleibt abzuwägen, ob man die Agenda 2020 oder die Vergemeinschaftung der EU-Schulden als die schlimmere Variante sieht.Dementsprechend kann man Linkspartei oder die Freien Wähler wählen. Doch wenn man der Ansicht ist, dass beides Pest und Cholera ist, sollte man sich fürs Nichtwählen entscheiden.Alle Parteien akzeptieren ja stillschweigend, dass die Finanzkrise nur zuungunsten der Arbeiterklasse und/oder des Mittelstandes gelöst werden kann.

Es ist immer wieder bezeichnend, auf welche Reaktionen man trifft, wenn man Nichtwählen als Option artikuliert.Der politisch mündige Bürger zeichne sich eben dadurch aus, dass er wählen gehe. Unsere Verfassungsväter und/oder die gesamte Arbeiter-/Frauenbewegung hätten für das Wahlrecht gekämpft, dieses nicht zu nutzen sei quasi historischer Verrat und Geschichtsvergessenheit.Für mich ist das alles Schwachsinn. Erstens haben die viel zitierten Verfassungsväter eben keine Wahlpflicht eingeführt–vielleicht haben sie sich auch etwas dabei gedacht.Zweitens: Es kommt doch immer darauf an, was ich wähle und was zur Auswahl steht. Wenn alle wählbaren Parteien nur Verschlechterungen für die eigene Lebenssituation und den Lebenstandard breiter Teile der Bevölkerung auf dem Programm haben, warum sollte ich sie dazu auch noch ermächtigen? Nur die dümmsten Kälber wählen ihre Schlächter selber! Und all jene besorgten Staatsbürger, die einem zum Wählen bringen wollen, wollen doch sicherlich auch nicht, dass man dann das „Falsche“ wählt wie etwa die NPD oder die MLPD. So prinzipiell ist das dann sicherlich auch nicht gemeint.Nun ja, vielleicht haben die Piraten ja bei ihrem Programmparteitag im Herbst 2012 noch Innovatives zu bieten. Allein mir fehlt der Glaube.

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