Programmänderung

Programmänderung

Ich muss zugeben, ich habe sie nicht gesehen. Die Eröffnung der Olympischen Spiele. Und ich werde wahrscheinlich auch keine der Wettkämpfe sehen. Nicht aus Überzeugung, sondern weil ich keines der Programme empfangen kann, die das ausstrahlen. Dass die Eröffnungszeremonie hohe Wellen geschlagen hat, ist freilich auch mir nicht entgangen. Die Reaktionen reichten von Entrüstung eines konservativen MPs über den linken, multikulturellen Scheiß bis hin zur Kritik, das Programm habe nun auch Linken etwas gegeben, wegen dem sie patriotisch sein könnten. Andere meinen, der Kapitalismus könne heute eben alles verkaufen, auch die Sex Pistols und immerhin würde man in dieser Art der Konkurrenz unter Nationen wenigstens nicht aufeinander schießen. Aber das Jahrhundert der modernen Olympiade hat zwei Weltkriege auf dem Buckel und die Sex Pistols haben sich von Anfang an verkauft. Dass heute ihr God Save the Queen (freilich ohne »… the fascist regime«) gerade so subversiv ist wie der national health service, liegt nicht nur am Kapitalismus. Der hatte Gründe, beides zuzulassen, die heute zur Frage stehen.

Unangenehm freilich ist es, wenn Deutsche, die gerade zum dritten Mal die Vorherrschaft über Europa anzutreten versuchen, den Briten ihren Selbstdarstellung vorwerfen. Das aber hat Tradition. Besonderes Unbehagen erregt offenbar, wenn andere Länder ihren Nationalismus nicht seriös genug darstellen, sondern sich, wie 1984, einen Rocketman als Avatar wählen. Doch die seriösen Nationalisten können ganz beruhigt sein. Anderswo mag man mal über seine Nationalsymbole lachen, aber wenn es darum geht, den Gürtel enger zu schnallen, sind die Briten und die Griechen allemal den Deutschen ebenbürtig. Was sie nicht gleichwertig macht. Anderswo, so mag man hoffen, bleibt das Bewusstsein, dass es anders besser wäre. Aufgrund der Sachzwänge die Sache zu ändern, wäre revolutionär; heute ist es schon viel, wenn die Sachzwänge nicht zu Naturgesetzen gemacht werden.

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