Marx–Band 4 des Kapital, der illusorische Finanzkapitalismus und das Gesetz der tendenziell fallenden Zinsrate

Marx–Band 4 des Kapital, der illusorische Finanzkapitalismus und das Gesetz der tendenziell fallenden Zinsrate

Wenn Ökonomen den heutigen Kapitalismus diskutieren, so berufen sie sich oft auf Adam Smith, Ricardo, Marx, Keynes—aber all diese Autoren sind Denker des Industriekapitalismus.Als Marx sein Kapital schrieb, analysierte er vor allem die Realökonomie der verarbeitenden Industrie und die Geldkreisläufe, die unmittelbar darum entstehen. Während sich Band 1 und Band 2 vor allem mit der Realwirtschaft des Industriekapitalismus beschäftigen, analysiert er in Band 3 mehr das Finanzkapital. Dabei unterscheidet er das Finanzkapital in fiktives Kapital (Kredite, Aktien, Warentermingeschäfte,etc.), also alles Finanzkapitalformen, die noch unmittelbar mit erwarteten Gewinnaussichten zu tun haben. Aber er erwähnt auch schon das sogenannte „illusorische Kapital“, d.h. im wesentlichen Derivate, die Ableitungen des fiktiven Kapitals sind, die Option auf die Option und wiederum die Option auf die Option auf die Option. Aber in seinem Gesamtwerk „Das Kapital“ spielt das illusorische Kapital eine völlig untergeordnete Rolle und zu negierende Restgrösse. Zentral bei Marx ist das Gesetz des tendenziellen Falls der Profitrate, der die Kapitalisten durch einige Massnahmen entgegensteuern und die Gesamtdynamik des Kapitalismus erklären soll. Man muss nun aber sehen, dass sich der Kapitalismus weiterentwickelt hat. Schon Lenin beschrieb im „Imperialismus als höchstem Stadium des Kapitalismus“ das Finanzkapital als die treibende Kraft. Damit meinte er aber im wesentlichen, was Marx als das fiktive Kapital beschrieb.Die Entwicklung des Kapitalismus hat sich jedoch vom Industriekapitalismus zum Finanzkapitalismus weiterentwickelt und innerhalb des Finanzkapitals ist das illusorische Kapital seit der Einführung der Derivate unter Reagan und Thatcher das absolute treibende Moment kapitalistischer Entwicklung weltweit geworden.Während die Realökonomie weltweit ein Wirtschaftsvolumen von ca. 50 Billionen US $ erwirtschaftet, beträgt dies beim illusorischen Kapital und den Derivaten 500 Billionen US-$.Bisher hat noch keiner einen Band 4 geschrieben, der die Rolle des illusorischen Kapitals und seine Gesetzmässigkeiten erforscht hat.Zeit wäre es.Meinerseits eine Anregung: Ich glaube, genauso wie es ein Gesetz der tendenziell fallenden Profitrate beim Industriekapitalismus gibt, gibt es ein Gesetz der tendenziell fallenden Zinsrate beim Finanzkapitalismus. Die Zinsen sind über die letzten Jahrzehnte tendenziell immer weiter gefallen, fraglich ist, wie es weietergehen soll: Negativzinsraten und was hätte dies für Auswirkungen auf die Weltwirtschaft. Mit welchen Mechanismen bekämpfen dann die domineierenden Finanzkapitalisten die fallende Zinsrate, wie die Industriekapitalisten bei der tendenziell fallenden Profitrate entgegenzusteuern suchen. Vielleicht wäre dies die Fragestellung für einen 4. Band von Marx und einen Nobelpreis. Auch bleibt die Frage, wie sich der Kapitalismus von seiner Enwticklung vom Industriekapitalismus zum fiktiven Finanzkapitalismus zum illusorischen Finanzkapitalismus noch weiterentwickeln soll. Gibt es nach dem Finanzkapitalismus noch eine weitere Entwicklungsstufe oder Entwicklungsstufen oder stösst der Kapitalismus mit seiner Entwicklung zum illusorischen Finanzkapitalismus da an historische Grenzen. Man muss ja nicht wie Robert Kurz und die Krisis-Gruppe mal wieder von Zusammenbruchstheorien ausgehen, aber vielleicht gibt es eine weitere ökonomische Gesellschaftsform als den Finanzkapitalismus.

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