Kriegstrommeln im Südchinesischen Meer

Kriegstrommeln im Südchinesischen Meer

US-Außenminister Kerry reiste extra nach Peking, um die neueren Spannungen zwischen China und den USA im Südchineischen Meer diplomatisch lösen zu wollen. Das Resultat war, dass Peking auf keinen seiner Vorschläge einging und ihn kaltlächelnd abwies.China hat als ersten klaren Anspruch das Südchinesische Meer als sein Feld der Durchsetzung seiner anvisierten multipolaren Welt ausgemacht–in Konkurrenz zu dem unipolarem Konzept der USA, das das Südchineische Meer als US-gesicherte internationale Zone für den globalen Seeverkehr sieht.China erobert nicht irgendwelche umstrittenen Inseln, sondern baut Inseln im Südchinesischen Meer, unter anderem bis zu 1000 Kilometern von seiner Küste entfernt und fordert für diese und 90% des Südchinesischen Meeres territoriale Rechte.Es kalkuliert damit, dass die ASEAN-Staaten militärisch wie auch politisch nichts gegen ein militärisches Vorgehen Chinas machen könnten und die USA hier auch keinen Krieg gegen China losbrechen würden. Und eine Seeschlacht mit Vietnam, Malaysia, Brunei,etc. würde wohl keine US-Intervention gegen China oder gar einen Großkonflikt hervorbringen. Also recht risikolos: Man siehe die problemlose Inbesitznahme der Ölfelder vor der vietnamesischen Küste durch China während der Ukrainekrise als Lehrbeispiel.Das schwächste Glied in der Kette ist das Südchinesische Meer und hier wird China als erstes agieren und die Reaktionen austesten—und es weiß, dass dies den USA keinen „Großkonflikt“wert ist. Dennoch kommt als nächstes Gebiet das Ostchinesische Meer als Interessenssphäre dran, sollte sich China im Südchinesischen Meer relativ widerstandslos durchsetzen.Hier ist vor allem der Konflikt um die Diaoyu/Senkaku-Inseln entscheidend. Sollte Japan nicht einlenken, etwa eine gemeinsame Exploration der dortigen Rohstoffe zwischen Japan und China vornehmen, wie dies etwa Prof. Guo Ruoxing von der Volksuniversität Peking in seinem Papier  der Obamanahen Brookings Institution formuliert hat–nachzulesen unter:

http://www.brookings.edu/~/media/research/files/papers/2010/9/east%20china%20sea%20guo/09_east_china_sea_guo.pdf

wird China sich ein Seegefecht mit Japan liefern—in der Annahme umgekehrt, dass die USA vielleicht intervenieren, aber eben es auch nicht zu einem Großkonflikt eskalieren lassen wird.Ein begrenzter Krieg unterhalb der Atomschwelle und der völligen Eskalation ist durchaus denkbar und hier sind durchaus militärische Teilerfolge möglich für China (natürlich aber eben auch für Japan und die USA). Je nachdem wie dieser Konflikt ausgehen wird, wird China sich dann auch dem Indischen Ozean zuwenden, wobei es vorerst auf eine Auseinandersetzung mit dem BRICS-Mitglied Indien verzichten will und auch keine territorialen Ansprüche hat, aber eben seine Präsenz dort durchsetzen will.Kurz: Man muss sehen, dass es unterhalb der Schwelle eines Großkonflikts und eines Atomkrieges durchaus die Möglichkeit lokal begrenzter Kriege gibt.Es ist frappierend, dass man der Ansicht sein kann, es gebe nur die zwei Aggregatszustände „Großkonflikt“/Weltkrieg oder eben Frieden, sich aber nicht lokal begrenzte Kriege unter der Atomschwelle und der Weltraums- oder Cyberkriegssphäre vorstellen kann.Das Konfliktpotential zwischen den USA und China stellt Michael Auslin von der Heritage Foundation in seinem Artikel “Three ways China and the USA could go to war” recht plastisch dar. Zwar sieht er einen Krieg nicht als Automatismus, aber als immer wahrscheinlicher werdend, da beide Seiten ihre roten Linien gezogen hätten und es keine Deeskalationsmechanismen gebe (Thomas Barnett hat ja dazu von dem neuen Airseabattlekonzept als Eskalationsmechanismus gesprochen):

“Beijing and Washington are each laying down redlines in the South China Sea, making the upholding of their claims a priority. In this, they are maneuvering themselves into a potential conflict. With no de-escalation mechanisms, and deep distrust on both sides, the more capable China becomes in defending its claimed territory, the more risks the US will face in challenging those claims. That is why each is trying to define the boundaries and set the pattern of behavior before the other does. That may not ensure that there will be a military encounter, but it steadily raises the chances of one.”

https://www.aei.org/publication/three-ways-china-and-the-united-states-could-go-to-war/

In einigen amerikanischen Thinktanks bereitet man sich gedanklich schon auf eine militärische Auseinandersetzung zwischen den USA und China im Südchineischen Meer vor. Unter anderem auch ein US-Chinese namens Felix K. Chang beim Foreign Policy Research Institute (FPRI) mit seinem Beitrag
“Ready for a Fight?: How America Could Respond to a South China Sea Crisis”
http://www.fpri.org/geopoliticus/2015/05/ready-fight-how-america-could-respond-south-china-sea-crisis

Wobei auch schon Japan in die vielleicht kommende Auseinandersetzung im Südchinesischen Meer eingeplant wird:
http://www.fpri.org/geopoliticus/2015/05/japans-security-role-southeast-asia-and-south-china-sea

Auch Jim Talent, ein Autor der vom American Enterprise Institute zitiert wird, ist der Ansicht, dass die Zeit der alleinigen Diplomatie vorrüber sei und die USA jetzt im Südchineischen Meer mit militärischer Stärke antworten müssten und keinen Konflikt scheuen sollten- so sein Beitrag “Diplomacy alone won’t stop the Chinese from asserting sovereignty over the South China Sea”

https://www.aei.org/publication/diplomacy-alone-wont-stop-the-chinese-from-asserting-sovereignty-over-the-south-china-sea/

Noch eine abschliessende Frage: Warum bereitet sich China in seiner offziellen Militärdoktrin auf “lokale Kriege unter Hightech-Bedingungen”vor, wie sie als Zielsetzung des chinesischen Weißbuchs formuliert wurden? Das heißt: China will nicht nur  ausschließlich Wandel durch Handel, den kapitalistischen Frieden und Evolution, noch einen Großkonflikt, noch Weltkrieg, bereitet sich aber auch eine Zwischenstufe dafür vor.Zum einen sind die USA mit der Ukraine, Europa und dem IS beschäftigt, haben auch noch den Kriegskater der Bushjahre zu überkommen und sind finanziell auch durch die Finanzkrise geschwächt, was sich auch auf ihre militräische Stärke durch Kürzungen im Verteidigungshaushalt bemerkbar macht.Zudem hat in den USA der Wahlkampf begonnen. Alles also Faktoren, die China bei der Durchsetzung seines multipolaren Weltkonzepts anhand des Südchineischen Meeres als Anfang ermutigen wird.Hier wird sich zeigen, ob die USA nicht Abstriche an ihrem unipolaren Konzept der Freiheit der internationalen Seelinien machen müssen.

Das ist, was Gudrun Wacker in ihrem letzten  SWP Beitrag

http://www.swp-berlin.org/de/publikationen/kurz-gesagt/deutsche-china-politik-doppelte-einbettung-gebraucht.html

und ehemals Kay Möller  der deutschen Außenpolitik verständlich machen wollen, abstrakt unter dem Titel “der regionale Aspekt chinesischer Außenpolitik”. Zumindestens bereitet die Körberstiftung einmal in Workshops und Symposien gedanklich vor, welche Position Deutschland und/oder die EU in einem solchen Falle eines Konfltiktes China/Japan-USA–Senkaku/Diaoyu-Inseln denn einnehmen sollte? Prowestlich, neutral oder prochinesisch? Mich stört an den Globalsierungstheoretikern, die an Wandel durch Handel glauben, dass Sie eben diese militärischen Optionen leugnen, wie auch Gudrun Wacker (und früher auch Kay Möller) die Beachtung der „regionalen Dimension“ der chinesischen Sicherheits- und Außenpolitik in der deutschen Außenpolitik einmahnen müssen.Die USA bereiten sich gedanklich schon auf eine Auseinandersetzung mit China vor, Europa und Deutschland ist zu sehr mit der Ukrainekrise, dem Flüchtlingsdrama und dem IS beschäftigt, als dass es sich bisher auf die Auswirkungen eines militärischen Konflikts zwischen den USA und China im Südchinesischen Meer politisch einstellt.Die Welt ist schon in Konfusion, warum sich da noch mit anderen Konflikten beschäftigen.

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