Flüchtlingskrise und die europäische Lösung: EU-Flüchtlingshilfsfonds für Flüchtlingslager statt Kontingente?

Flüchtlingskrise und die europäische Lösung: EU-Flüchtlingshilfsfonds für Flüchtlingslager statt Kontingente?

Angela Merkels Strategie, einen europäischen Verteilungsschlüssel mit Kontingenten in der EU zu verankern, ist gescheitert.Bestenfalls ist noch eine Koalition der Willigen zu erwarten, aber diese dürfte selbst nicht mehr imstande sein grössere Flüchtlingskontingente aufzunehmen. Nachdem der französische Ministerpräsident Valls auf der Münchner Sicherheitskonferenz eine weitere Aufnahme von Flüchtlingen über die Zahl von 30000 sowie einen Verteilungsschlüssel ablehnte, die osteuropäischen Staaten, speziell die Visegradstaaten und Balkanländer nun eine Grenzschliessung der Balkanroute über Mazedonien unterstützen, die skandinavischen Länder Grenzkontrollen eingeführt haben, Österreich Obergrenzen und Grenzkontrollen beschloss, spricht alles dafür, dass auch Deutschland nicht umhin kommen wird, nationale Massnahmen zu ergreifen. Inwieweit die beschlossene NATO-Unterstützung beim Grenzschutz mit Frontex und Hot Spots die europäischen Aussengrenzen abschottet, um den Schengenraum zu retten, bleibt abzuwarten. Inzwischen gibt es auch Pläne, einen verkleinerten Schengenraum zu etablieren.Jedenfalls dürfte ein gehöriger Rückstau die Folge sein, die Flüchtlinge sich in der Türkei und Griechenland sammeln, wobei Griechenland jetzt auch angedroht wird, es aus dem Schengenraum auszuschliessen. Angesichts dieser desperaten Lage, fragt man sich, welche Lösungsansätze es noch gibt, um die Flüchtlingskrise angesichts der europäischen Abschottungspolitik noch einigermassen human zu lösen.

Einen konstruktiven Beitrag hierzu formulierte der CSU-Entwicklungsminister Christian Schmidt, der dafür plädierte, die Flüchtlingslager in Nordsyrien und dem Nordirak kräftig auszubauen und zugleich mehr internationale Hilfe für die Flüchtlingslager in der Türkei, Jordanien und dem Libanon zu organsieren.Schmidt verweist darauf, dass die gespendeten Beträge in diesen Regionen einen Multiplikatoreffekt hätten. Mit dem Geld, das man für einen Flüchtling in Deutschland benötige, könne man die 50fachen Beträge aufgrund der unterschiedlichen Kaufkraft und Lohnstruktur erzielen. Er schlug konkret vor, dass die EU einen Hilfsfonds von 10 Milliarden Euro pro Jahr aufstelle, der durch Umschichtungen des EU-Haushaltes erzielt werden solle. Diese 10 Milliarden Euro hätten unten eine Kaufkraft von 500 Milliarden Euro und man könne ganze Städte samt Infrastruktur, Bildungswesen, Gesundheitswesen, Nahrungsmittelversorgung aufbauen. Zumal sein Entwicklungshilfeministerium auch nach dem Prinzip „Cash for Work“agiere, d.h. die Flüchtlingsbevölkerung, unter der es zahlreiche Handwerker, Lehrer,Krankenschwestern, Ärzte,  Ingenieure und Fachkräfte gebe aktiv am Wiederaufbau zu beteiligen anstatt sie als prekäre Almosenexistenz in den Flüchtlingslagern dahinvegetieren zu lassen.

Man muss mal sehen, dass die Türkei keine neuen Flüchtlinge mehr aufnehmen kann. Es ist auch unredlich, dies von ihr zu fordern, wenn die EU selbst keine aufnehmen will. Möglicherweise werden 500 000 neue Flüchtlinge als Koalition der Willigen von einigen EU-Staaten aufgenommen, sollte Merkel ihre Linie nicht ändern und hier vor allem von Deutschland.Sie scheint diese Kosten möglicherweise in Kauf zu nehmen, als Grenzkontrollen, die die Transportwirtschaft sowie die Wirtschaft Milliarden kosten wird, zumal eben der Schengenraum auch als Säule des EU-Binnenmarktes gilt.Man kann auch von Griechenland nicht erwarten, dass es zum Flüchtlingslager wird, es aus dem Schengenraum ausschliessen, damit es dann völlig absäuft und destabilisert wird. Jordaniens König hat auf der Münchner Sicherheitskonferenz gesagt, dass die Kapazitäten seines Landes erreicht sind. Libanon ohnehin, ein Teli der Flüchtlinge im Libanon werden dort keine Überlebensperspektive haben und weiterwandern. Es verbleibt also nur die Möglichkeit in Nordsyrien und im Nord- und Südirak die Flüchtlingslage mit grosszügigen EU- und UNO-geldern auszubauen , zudem müssen die Flüchtlingslager auch militärisch geschützt werden vor etwaigen Angriffen von IS, Assad oder sonstigen Islamistengruppen. Gefordert wird desöfteren auch ein Marsahllplan. Die Frage ist aber, ob solch ein Marshallplanmodell übertragbar ist, herrschten in Europa und Deutschland nach dem 2. Weltkrieg doch ganz andere Bedingingen–dazu als Lesetip ein älterer Beitrag aus der Zeit des arabischen Frühlings:

http://www.global-review.info/2011/03/06/eu-marshall-plan-fur-arabische-demokratien/

Momentan haben aufgrund der instabilen Situation solche Marshallplanideen keinen aktuellen Bezug, sondern richtet sich der Blick mehr auf die Unterbringung der Flüchtlinge, also auf einen Flüchtlingsplan und auch hier geschieht sehr wenig. CSU-Entwicklungsminister Schmidt kritiserte  die europäischen Staaten, die zu geizig und kleinkariert seien, die notwendigen Hilfsbeträge aufbringen zu wollen, wie er auch die weitgehende Inaktivität und mangelnde Zahlungsbereitschaft der internationalen Staatengemeinschaft bezüglich der UNO-Flüchtlingshilfe beklagte. Scharf kritisierte er EU- Kommissionpräsident Juncker und EU-Ratspräsident Tusk, dass diese sich der historischen Aufgabe nicht annehmen, bisher darauf verzichtet hätten, den EU-Haushalt einfach umzuschichten und  umzustrukturieren, um die notwendigen 10 Milliarden Euro zu mobiliseren. Schmidt stellte auch klar, sollte dies nicht geschehen, den Flüchtlingen in den Lagern keine Lebensperspektive gegeben werde, diese gezwungen wären, sich auf Wanderschaft zu begeben.Es bleibt also abzuwarten, ob Merkel auf dem EU-Gipfel am Donnerstag die notwendigen Readjustierungen vornimmt. Wenn man schon keine europäische Lösung bei den Verteilungsschlüsseln und den Kontingenten hinbekommt, so sollte man doch einen EU-Fonds für die Flüchtlingslager nach Schmidtschem Modell beschliessen. Ungarns autoritärer und xenophober Präsident Orban hatte gegenüber der BILD-Zeitung einmal vorgeschlagen, dass die EU einen Flüchtlingsfonds von 3 Milliarden Euro einrichten solle und dieser Betrag aufgestockt werden könne, bis der Flüchtlingsstrom zum Erliegen käme. Cameron hat mit Merkel nun auf der internationalen Geberkonferenz in London 9, 7 Milliarden Euro für die Flüchtlingshilfe in Aussicht gestellt. Zeit also, dass nun auch die EU aktiv wird.

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