Erfolg als Argument

Erfolg als Argument

Letztens hatte ich eine Diskussion mit einem Bekannten über Dieter Bohlen. Ich meinte, er sei ein schlechter Sänger, hätte eine Kastratenstimme und Modern Talking und BlueSystems wäre der letzte musikalische Scheiß. Darauf meinte mein Bekannter: „Aber er ist erfolgreich und Millionär“. Hätte er noch gesagt, dass er Bohlen gut finde, wäre man auf der Ebene der inhaltlichen Erörterung der musikalischen Qualität gebieben. So aber wechselte er zur Kapitalwerdung .Das ist ein Ebenenwechsel der Argumentation, denn es geht gar nicht mehr um musikalische Qualität und deren Erörterung, sondern um geschäftlichen Erfolg, ob sich das am Markt durchsetzt und denProtagonisten zum Erfolgsmenschen macht, der dann nicht mehr nach inhaltlichen Kriterien zu kritisieren sei.Und was sich am Markt durchsetzt muss gut sein, da es alle gut finden und nachfragen–so die simple Logik. Im Fernsehen und Rundfunk heißt Erfolg dann Quote und wenn man sich die Quotenrenner so ansieht, trifft man zumeist auf ziemlichen Schrott und Kitsch.Die Diskussion, dass die öffentlich-rechtlichen Sender ihrem Bildungsauftrag nicht mehr nachkommen, will ich hier gar nicht führen–da ihr Zweck eben eher in der systematischen Volksverdummung staatlicherseits besteht. Man lässt den wenigeren Intellektuellen zwar noch kleine Nischen und Mikrobiotope im Programm, zumeist auf ARTE und 3 Sat, damit sie nicht selbst zu GEZ-Rebellen werden, aber damit ist es eben getan. Ansonsten werden sie zum Opfer des Erfolgsarguments der Quote.

Das fällt mir ohnehin auf: Wenn jemand Erfolg hat, dann wird schon gar nicht diskutiert, was er macht, was der Inhalt seiner Message ist oder ob dies einen gesellschaftlichen Nutzen hat, sondern das Fakten, Fakten, Fakten des Erfolgsreichsseins entscheidet, ob das begrüsst wird oder nicht. Ebenso bei Firmen oder bei Politikern.Wenn sie die Daxkurse klettern lassen, wenn sie länger die Macht haben, dann wird dies ohne weitere Nachfragen dessen, was sie eigentlich tun befürwortet.Erfolg und Macht gibt recht. Zum einen ist dazu zu sagen, dass es keinen ewigen Erfolg gibt. Jede Firma, jeder Musiker, jeder Politiker ist auch irgendwann mal nicht mehr erfolghreich, ja viele verschwinden dann auch von der öffentlichen Wahrnehmung, werden gar als Looser geoutet, die leichtfertig ihren Erfolkg verspielt hätten oder aber anfangs erfolgreiche Politiker wie Hitler oder Stalin werden dann erst im Mißerfolgsfall dann wieder schnell als das glatte Gegenteil gesehen. Solange die deutschen Truppen siegten, war für die meisten Deutschen Hitler ein erfolgreicher Außenpolitiker, einige sagen auch, hätte er 1939 nicht den Krieg begonnen, wäre er wahrscheinlich für den Friedensnobelpreis vorgeschlagen worden.Selbiges mit Stalin—die erfolgreiche Industrialisierung und Kolletivierung der Sowjetunion gilt einige linke Fanatikern bis heute noch als Erfolg.Erst der Zusammenbruch des Ostblocks brachte da ein Umdenken.Was das an Menschenleben kostete, spielt erst dann wieder eine Rolle, wenn die Siege und Erfolge ausbleiben, dann wechseln die Erfolgsapologeten schnell wieder die Seiten und suchen sich schnell neue Gralshüter von Erfolg und Macht.Ebenso sind Bücher, die „Erfolgsrezepte“und „Erfolgsratgeber“sind genauso gefragt wie Glücksratgeber.Manchmal wird das auch synomym gesehen. Erfolg macht glücklich und Erfolg ist Glück.En ganzes Genre hat sich da etabliert.

Nun ist es richtig, dass jeder Mensch Erfolg haben möchte, insofern man seine Ideen auch massenwirksam und historisch Realität werden lassen möchte. Das ist ja legitim, aber es kommt halt immer darauf an, welchen Inhalt und gesellschaftlichen Nutzen diese Ideen haben. Dass etwas erfolgreich ist, ist kein inhaltliches Kriterium zu dieser Bestimmung, sondern mehr die opportunistische Mitläufermentalität von Leuten, die jede Modeströmung und jeden Sauerei mitmachen,slange sie nur mächtig und erfolgreich ist.Formelle Erfolgsbestimmung ohne inhaltiche Qualitätskriterien ist das Erfolgsargument noch jede Katastrophe gut zu heißen, weil sie machtpolitisch und geschäftlich halt erfolgreich ist.

Das heißt im Umkehrschluß nicht, dass dann wiederum alles was nicht erfolgreich oder nichtkommerziell ist, deswegn schon begrüssenswert wäre. Denn es gibt auch Leute, die damit hausieren gehen, dass ihre eigene Erfolgslosigkeit schon ein Qulitätsmerkmal sein müsse, ja es sich um lauter verkannte Genies handele. Ich kann mich noch gut an jene Figuren an meinem Gymnasium erinnern, die mit Einstein alles als relativ erklärten und meinten, dass Einstein ein schlechter Schüler und Mathematiker zu Schulzeiten gewesen sei und da sie auch schlechte Mathematikschüler seien deswegen auch schon die neuen Einsteins seien. Da gibt es eben auch die Figuren, die die eigene Erfolgslosigkeit und Nichtkommerzialisiertheit ihrer Inahlte zur Marke machen. Gut, weil nicht erfolgreich, gut, weil nicht kommerziell ist dann das Vermarktungsmodell.Am besten ist also, wenn man über Politiker und Musiker, Filme und Firmen redet, dass man das Erfolgs- und Nichterfolgskriterium raushält und sich inhaltlich auf die Frage nach dem gesellschaftlichen Nutzen oder der Frage, ob Politikeraussagen richtig oder falsch sind, beschränkt.

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