Trump: American Psycho und die Macht der Atmosphäre?

Trump: American Psycho und die Macht der Atmosphäre?

Viele kluge Leute machen sich nun Gedanken, was man dem emotionsgeladenen Populismus der Rechtsradikalen entgegnen solle. Eine beliebte und propagierte Methode ist, Trump anhand seiner Rhetorik entlarven, demystifizieren und dekonstruieren zu wollen. Ein bezeichnender Artikel hierzu ist etwa:

TRUMPS RHETORIK: DIE MACHT DER ATMOSPHÄRE

28.01.2017 / Von: HOHE LUFT Magazin /

„America first!“ Ex-Reality-TV-Star Donald Trump ist ein Meister der Setzungen. Er spricht, wie er twittert. Hart, schnell, undiplomatisch. „Menschen strömen in Rekordzahlen nach Washington!“ „Es friert und schneit in New York. Wir brauchen die globale Erwärmung!“ Das Problem mit solchen Exklamationen ist nicht nur, dass sie nicht wahrheitsfähig sind. Sätze wie diese schaffen nicht einfach „alternative Fakten“, sie besitzen eine eigene imaginierte, ästhetische Wirklichkeit, die der Realität ihren Stempel aufdrückt. Trump Aussagen sind mit „Bullshit“ (Harry G. Frankfurt) nicht hinreichend beschrieben. Sie bewegen sich über Bereich des bloß Sprachlichen hinaus. Sie tun etwas. Sie erzeugen eine Atmosphäre der Erregung, des Ereignisses und des Aufbruchs hin zu einem Eigentlichen (eigentlich Relevanten).

Atmosphären sind extrem machtvolle Gebilde. Sie bedingen, so Gernot Böhme, „eine Neuorientierung der Aufmerksamkeit: weg von der Beurteilung der Dinge, die man wahrnimmt, hin zu dem, was man empfindet“. Die Atmosphäre, die von Trumps Worten ausgeht, ist mächtiger, perfider, vieldeutiger als das, was man eine rhetorisch kalkulierte „einschüchternde Wirkung“ oder „Stimmung bebender Größe“ nennen könnte (wie Adam Sobozynski in der ZEIT schrieb Sie zwingt auch die logisch-rhetorisch Versiertesten in ihren Einflussbereich: die Vertreter der „Elitenmedien“. Wenn Trump, der nun mächtigste Mann der Welt, diese als „verzerrt und ungenau“ deklariert, provoziert dies bei den so Verurteilten Fassungslosigkeit – und die Frage, was man einem derartigen Statement sinnvollerweise entgegensetzen kann. „Ich bin kein Politiker.“

Die Macht Trumps ist die Macht der Atmosphäre. Eine verbal erzeugte, visuell unterlegte Atmosphäre, der es spielend gelingt, jeglicher Kritik an ihr den Zahn zu ziehen: nicht nur jener Kritik, die sich mit naivem Objektivitätsanspruch brav an der Widerlegung des Ungeheuerlichen abarbeitet; sondern auch derjenigen, die sich dreist an der ironischen Aneignung des Gesetzten versucht. Exemplarisch für die allgegenwärtige atmosphärische Kontamination ist eine Satire von Oliver Trenkamp auf SPIEGEL Online, in der die Ausrufung alternativer Fakten als „Beginn einer neuen Freiheitsbewegung“ gepriesen wird: Trenkamp will performativ davon überzeugen, dass die Immanenz seiner kritischen Inszenierung sehr wohl Anspruch auf einen transzendenten, der Wahrheit verpflichteten Standpunkt erhebt.

Doch die Atmosphäre des Trumpschen Vokabulars, die Schein und Sein, Ernst und Ironie, Verstehen und Missverstehen unterschiedslos ineinander verschwimmen lässt, vervielfacht zwangsläufig die interpretatorischen und kommentatorischen Möglichkeiten seines Texts (von: „Mir sind alternative Fakten wesentlich lieber als das Totschweigen von Ereignissen“ bis: „Hä? … Soll das Satire sein?“: s. Kommentarleiste). Trenkamp partizipiert an der Ästhetisierung des Realen, natürlich ohne es zu wollen; ähnlich wie etwa Welt-Chefredakteur Ulf Poschardt, wenn er formuliert: „Soll er doch. Er kann uns mal“.

Was die unter atmosphärischem Einfluss stehende Kritik der Aneignung mit dem Original teilt, ist die Lust am Draufhauen, an der Zerstörung – am Krieg? In den Worten von Trump-Unterstützer und Breitbart-Redakteur Milo Yiannopoulos: „Wir wollen den ganzen Scheiß in die Luft sprengen!“

Das Problem liegt jedoch nicht auf der Ebene der Ästhetik. Die Ästhetisierung des Realen schafft die Realität ja nicht ab. Vielmehr prägt sie ihre Gestalt auf machtvolle, gefährliche Weise. Die größte Macht besitzt nicht, wer Recht hat – sondern der Meister der Atmosphäre. „America first!“ (Rebekka Reinhard)

http://www.hoheluft-magazin.de/2017/01/trumps-rhetorik-die-macht-der-atmosphaere/

Tja, was soll da die Schlußfolgerung sein? Soll man jetzt Gegenatmosphären erzeugen und damit letztendlich die Rationalität und Argumente rauslassen? Also keine Aufklärung mehr betreiben? Begibt man sich nicht im Wechselspiel zwischen dem Schaffen von Atmosphäre und Gegenatmosphäre nicht in den Strudel nur noch irrationaler. emotionsgelenkter Intuition? Ein Teil der Anti-Trumpbewegung versucht dies ja schon. Seinen hatespeeches halten sie programmatisch „Liebe“und „Love“entgegen, die siegen werde. Klingt mir alles zu flower-powermäßig und psychodelisch und hat auch noch nie geklappt! Oder soll man eine Atmosphäre des Gegenhasses erzeugen? Vielleicht des Klassenhasses, den aber Trump auch schon beherrscht mit seiner Agitation gegen das Establishment und für die „working class“und den „American worker“und dann die Arbeiterklasse zu sich rüberholte, nachdem Hillary Clinton Bernie Sanders, der einen demokratischen Sozialismus forderte und im Gegensatz zu ihrer Betonung der middle class und der Minderheiten auch noch die Arbeiterklasse zu binden wusste, intrigenhaft absetzte?

Zudem: Kann man Atmosphären überhaupt ohne völligen Bezug zu den „Argumenten“der Gegenseite und Inhalte betreiben?Es wird ja so getan, als habe Trump keine inhaltlichen Argumente oder addressiere keine realen Probleme, sondern sei alles nur Fake News und die Rhetorik, also seine Stilmittel, die entscheidend seien. Das stimmt für einen Teil , aber eben für einen anderen nicht. Jede Lüge hat auch einen wahren Kern und eine Atmosphäre kann man auch nicht ohne Inhalte und Überzeugungen entfalten, die nicht auf einem inhaltlichen Minimalkonsens basiert, der beim Wahlvolk in Schule, Vereinen, Zivilgesellschaft oder staatlicherseits schon vorsozialisiert ist und dann eben stilistisch zugespitzt, kondensiert umd komprimiert artikuliert wird.Die Zuspitzung macht die Rhetorik, aber sie setzt nur an der stilistischen Zuspitzung von Inhalten an. Zudem: Es muss ja nicht eine hochtheoretische, intellektualisierte Form der Gegenaufklärung sein, Agitation und Propaganda kann man ja durchaus auch als Stilmittel verwenden.Aber ohne eine inhaltliche Befassung mit seinen Inhalten wird man gar nichts erreichen, schon gar nichts mit dem Schaffen von Gegenatmosphären, die meinen ohne politische Argumente auszukommen. Der Autor bleibt beim Deskriptiven. liefert keinen Ansatz, wie man dem Atmosphärischen entgegenarbeiten sollte und hält die postfaktische Welt für unumkehrbar und akzeptiert und affirmiert sie damit auch schon selbst.Wo er jedoch recht hat: Nationalismus ist eine sehr wirksame Ideologie, die zudem auch in der linken Wählerschaft sehr verbreitet ist und der Internationalismus war historisch bisher nicht sonderlich erfolgreich. Und genau hier sollte man auch ansetzen, wenn man Erklärungen für das „Phänomen Trump“sucht.

Eine andere Spielart, Trump zu dekonstruieren zu wollen, sind nun psychologische Studien, die zeigen, dass der Mann ein bösartiger Narzisst und Psycho ist.

Johns Hopkins’ Top Psychologist Releases Terrifying Diagnosis of President Trump

Zach Cartwright | January 28, 2017

One of the nation’s top psychologists just broke one of his profession’s ethics rules to give President Donald Trump a professional diagnosis.

John D. Gartner, a psychotherapist who teaches at Johns Hopkins University in Baltimore, Maryland, told US News that he believes Trump has “malignant narcissism,” which is incurable, and different from narcissistic personality disorder. Gartner violated the “Goldwater Rule” of the psychology profession, in which a diagnosis of a public figure without personally examining them, and without their consent, is considered unethical.

“Donald Trump is dangerously mentally ill and temperamentally incapable of being president,” Gartner said, citing his movements and behavior, pointing out the president’s tendency for grandiosity, sadism, aggressiveness, paranoia, and anti-social behavioral patterns.

“We’ve seen enough public behavior by Donald Trump now that we can make this diagnosis indisputably,” Gartner added.

Indeed, the diagnosis fits the bill of Psychology Today’s definition of malignant narcissism, which, when described, sounds like Donald Trump almost to the letter. Carrie Barron, M.D., who wrote the magazine’s blog on Malignant Narcissism, says the disorder “renders these individuals scary, dangerous, and ruthless.”

Malignant Narcissists will go to great lengths to achieve their aim. They can be intelligent, high functioning (hold an important job for example) soft-spoken, charming, tearful/seemingly emotional, gracious, well mannered, kind and have the ability to form relationships. They may lie, falsely accuse, dramatize, smear, cheat, steal, manipulate, accuse, blame or twist to get what they want and feel justified in doing so. Because they are entitled, egocentric and desperate, they do not experience it as wrong. They are determined to gratify their wishes and furious if thwarted. Their desire can be so consuming that there is little comprehension of, respect for or ability to empathize with the other. They lack guilt or remorse and tend to feel or pronounce that it is they who have been mistreated.

President Trump’s aides previously reported that their boss watches an excessive amount of television, mostly out of obsession for how he is perceived by the media. Salon’s Matthew Rosza compared the timestamps of Trump’s tweets about topics in the news and found that they coincided with the airing of various network news programs talking about those same subjects.“

Zach Cartwright is an activist and author from Richmond, Virginia. He enjoys writing about politics, government, and the media.

http://usuncut.com/politics/top-psychologist-just-diagnosed-trump-mental-disorder/

Um diesen psychologischen Befund zu stellen, muss man wahrlich kein Psychologe sein. Dazu reicht normaler Menschenverstand und Menschenkenntnis. Zumal Trump da nicht alleine ist: Man schaue sich nur mal den Alltag innerhalb einer Börse, dem Zentralumschlagplatz des Kapitalismus an, bei der es wie im Irrenhaus zugeht und der lautstärkste und durchsetzungsstärkste Psycho ellenbogenmäßig und ganz sozialdarwinistisch den Raubtierkapitalismus befeuert und siegen will.Dass Narzisten und Psychos in den Vorstandsetagen, Börsen und in Politikabteilungen überdurchschnittlich anzutreffen sind, gestehen selbst bürgerliche Psychologen zu, wobei eben auch interessant ist, dass sie alles andere als normal erklären. Gerade diese „Normalität“, die kapitalistische Konkurrenz fördert solche starken Männer und Psychos aber ja erst richtig, ist gerade die Basis auf der sie sich entfalten können:

„Neueren Untersuchungen zufolge sind Menschen mit einer narzisstischen oder psychopathischen Persönlichkeit etwa drei- bis viermal häufiger in Machtpositionen vertreten als im Bevölkerungsdurchschnitt. Man geht davon aus, dass etwa vier Prozent der Bevölkerung Narzissten sind und etwa ein bis zwei Prozent Psychopathen. Deren Anteil in Führungspositionen beträgt etwa sechs Prozent(…)In Führungspositionen können Psychopathen ihr Dominanzbedürfnis natürlich gut ausleben. Man geht davon aus, dass je höher die Ebene, desto höher auch der Anteil der Menschen mit auffälligen Persönlichkeiten ist.(…)Narzissten sind extrem ich-bezogen. Sie erzählen gerne und viel von sich – immer nur sehr positiv. Sie halten sich für grandios. Sie sind charmant, können andere oft mitreißen. Auf der anderen Seite sind sie extrem kränkbar. Auch sachliche Kritik verletzt sie zutiefst, dann reagieren sie meist sehr aggressiv. Narzissten liegt sehr viel an ihrer Außenwahrnehmung. Sie wollen im Mittelpunkt stehen und bewundert werden. Darum sind sie oft auch sehr leistungsbereit. Zugleich sind sie nur wenig empathisch. Die anderen sind für sie oft nur Instrumente. Allerdings sind sie durchaus in der Lage, Bindungen einzugehen und Gefühle zu entwickeln. Bei Psychopathen ist das anders. (…) Sie sind kalt, aber sie können anderen Gefühle vorspielen. Sie sind sehr gut im Lügen. Darum sind sie oft auch sozial erfolgreich. Sie können Netzwerke aufbauen, andere stark und schnell begeistern. Besonders intelligente Psychopathen machen oft Karriere. Sie können andere extrem gut manipulieren. Sie ziehen die Strippen hinter den Kulissen. Oft merken die Manipulierten das überhaupt nicht. Menschen mit einer psychopathischen Persönlichkeit überschätzen sich und lieben in der Regel den Nervenkitzel. Sie gehen allerdings keine echten, engen Bindungen ein. Auch für sie sind andere Menschen eher Werkzeuge. Und wenn sie angegriffen werden, schlagen sie massiv zurück. Oft endet das in der Zerstörung des Angreifers, beruflich, finanziell oder auch sozial und persönlich. (…)Der österreichische Politiker Jörg Haider hatte vermutlich eine psychopathische Persönlichkeitsstruktur, wie ein Psychologe berichtete, der ihn persönlich kannte. Auch bei Silvio Berlusconi kann man von psychopathischen Zügen ausgehen, ebenso laut einer US amerikanischen Studie bei George Bush Junior, wenn auch in abgeschwächter Form.“

http://www.zeit.de/karriere/beruf/2014-05/psychopathen-interview-psychologe-jens-hoffmann

Die Frage ist aber auch, ob es reicht Trump als Psychopathen mit twitter-Rhetorik zu denkonstruieren und seine Wählerschaft nicht sehen zu wollen und bei dieser Betrachtung auszuklammern. Da wächst zusammen, was zusammengehört, ein radikalisiertes Wahlvolk von American Psychos mit dem kompatiblen Anführer. Nationalismus und Militarismus ist ein weit verbreitetes Phänomen und nicht nur auf Trump beschränkt–sonst könnte er gar nicht so erfolgreich sein.

Nationalismus und Militarismus wird in der US-amerikanischen Gesellschaft — und nicht nur in dieser– für normal gehalten, wie auch der exceptionalism, die Ideologie, wonach die USA ein außergewöhnliches und vom Schicksal ausersehenes Land seien, das allen anderen überlegen ist. Dem durchschnittlichen Untertanen leuchtet ein, dass der Nationalstaat die bisherige vorherrschende Form des gesellschaftlichen und internationalen Zusammenlebens ist.

Zumal es eben auch keinen Gegenentwurf gibt und die Experimente mit der Sowjetunion gescheitert sind und die EU sich gerade in der Krise befindet, da sie eben kein europäischer Zentralstaat ist, sondern ein supranationaler Zwitter zwischen EU-Bürokratie und Nationalstaaten. Da kein Weltstaat, noch eine Weltföderation oder eine größere Union in Sicht ist, ja auch utopisch erscheint, werden sich Staatsbürger zumeist immer auf den Nationalstaat als vermeintlichen Schutzraum gegen Globalisierung und kapitalistisch-systemimmanente Krisen zurückbesinnen und dann desto mehr fordern, dass eigene nationaltsaatliche Interessen zuerst zu kommen hätten gegenüber anderen Nationen. Dies erscheint normal, logisch und ist ja auch die strukturelle Realität der Staatenwelt.

Und da dies dominante Teile von Staatsvölkern und ihrer neugewählten Eliten so sehen, wird sich eben gegenseitig runterkonkurriert über Steuersätze, Schutzzölle, informelle Zollschranken, Senkung von Löhnen, Arbeiterrechten, Umweltschutzbestimmungen, der Androhung oder auch dann Führung von Handelskriegen, die allen schaden, der gegenseitigen Militärkonkurrenz, Aufrüstung, Zunahme von militärischen Konflikten bis hin zu Stellvertreterkriegen oder dann aber Kriegen zwischen Großmächten, mit den Kleinmächten in Europa oder Asien als deren Schlachtfeld.Auf all diese Konsequenzen wird die Nation, die den Nationalstaat und seine Führung als Schützer sieht mittels Nationalismus und Militarismus im Namen des Patriotismus auf Opferbereitschaft eingestimmt.

Trump ist da eben nur der konsequent und rücksichtslos zu Ende gedachte Nationalismus.Daran sieht man, wie fliessend die Grenzen zwischen angeblich harmlosen Patriotismus und Nationalismus sind, zwischen „America first“ und „Amerika, Amerika über alles, über alles in der Welt“. Trump und seine Anhänger sind nur so irre, wie das kapitalistische System mit seinen systemimmanenten Krisen und seiner Raubtieranarchie und die Nationalstaatenkonkurrenz, die solche Verhaltensweisen und Charaktere zwangsläufig produzieren.

Die Wahrheit ist: Der Kapitalismus drängt auf Globalisierung und weltweite ökonomische Expansion, da jedoch die Globalisierung im Rahmen der nationalstaatlichen Konkurrenz stattfindet, erzeugt sie Krisen, die dafür sorgen, dass immer mehr Leute nun nicht die politische Globalsierung mittels eines Weltstaates oder einer Weltföderation oder internationaler Institutionen fordern, sondern sich auf den vermeintlichen Schutzraum und die scheinbar übersehbare und kontrollierbare Basiseinheit des Nationalstaats zurückziehen und diesen desto aggressiver gegen andere Nationalstaaten in Konkurrenz stellen. Der Standortnationalismus erfährt hier eben seine praktische Zuspitzung.Eine kapitalistische Globalisierung unter Nationalstaatenkonkurrenz kann ohne die politische Globalsierung mittels internationaler Institutionen, eines Weltstaates oder einer Weltföderation ebensowenig funktionieren, wie ein Euro ohne europäischen Zentralstaat und optimalen Währungsraum.Deswegen erhält auch Trumps Forderung „Americanism“und „America first“statt Globalism so viel Zustimmung und erscheint vielen als logisch, pragmatisch und Ausdruck normalen und praktischen Menschenverstandes.

Diese Entwicklung sehen wir überall auf der Welt und Grund hierfür ist, dass der Weltmarkt und die Globalisierung die Entwicklungen allerortens synchronisiert. Nach dem Fall des Kommunismus obsiegte der westliche Kapitalismus und in den 90er Jahren nahm die Globaliserung volle Fahrt auf und mit ihr eine neoliberale Agenda, die die schon herrschenden Gesetzmäßigkeiten des Kapitalismus noch verschärfte und die auf Privatiserung des Wohnungsbau, der Daseinsvorsogre,Deregulierung der Finanzmärkte , Sozialabbau und Lohnkürzungen setzte und von allen etablierten Parteien mitgetragen wurde. Ob Sozialdemokraten, Grüne, Liberale, Konservative, alle haben sie diese neoliberale Politik und den Washington Consensus unterstützt, auf denen nun die Rechtsextremen aufbauen können.

Der Globaliserungsboom dauerte nicht einmal ein Jahrzehnt und erste Krisenerscheinungen traten mit der ersten Globalisierungskrise, der Asienkrise 1997, dem Crash der New Economy 2001, der Sättigung der emerging markets und Schwellenländer und schließlich mit der Finanzkrise 2008 zutage und sie werden sich wiederholen und auch noch vertiefen, da sie wie die Mangelwirtschaft in einer Planwirtschaft eben genauso dem Kapitalismus systemimmanent sind. Genauso wie der Schwarze Freitag 1929 dem Kapitalismus systemimmanent war, so ist dies auch die Finanzkrise 2008 und die noch schlimmer kommenden Krisen in der Zukunft, die eben keine Zufälle und Betriebsunfälle oder Anomalien sind, sondern eben dem kapitalistischen System immanent sind. Das wusste jeder, der einmal ins verbotene Buch Das Kapital von Karl Marx reinliest, das aber von den neoliberalen Mainstreamökonomen,- politikern und -medien als irrelevant angesehen wird.

Der postkommunistische Boom des Kapitalismus ist nun folgerichtig von Stagnation und weiteren Krisen abgelöst worden, auch in den BRICS-Staaten.Genauso wie die kommunistische Planwirtschaft Mangelwirtschaft und Unfreiheit bedeutet, so zeichnet sich die kapitalistische Wirtschaft des Westens  durch Wirtschafts- und Finanzkrisen aus, durch Konzentration von Eigentum, durch Prekarisierung und sozialen Abstieg der Arbeiter und auch der Mittelschichten, steigende Mieten und Immobilienspekulation, die dann eben auch neue politische Bewegungen und Parteien hervorbringen, die sich als Schutzmacht der kleinen Leute versprechen und zunehmend auf Nationalismus setzen: „America first“, „Britain first“, „Germany first“, “Russia first”, “China first”, “Philipines first”.

Max Horkheimer sagte einmal „”Wer aber vom Kapitalismus nicht reden will, sollte auch vom Faschismus schweigen”. Das Wiederaufkommen rechtsextremer Parteien und Bewegungen sowie des Nationalismus liegt im Wirtschaftssystem begründet und in der Nationalstaatenkonkurrenz unter der die Globalisierung stattfindet.

Daher sind Versuche Trump per Psychologie oder Rhetorikanalyse dekonstruieren zu wollen zu sehr auf die Person und nicht das System, das solche Personen hervorbringt, zugeschnitten und gehen am Kern einer Systemkritik vorbei. Das kapititalistische System radikalisiert sich und polarisiert sich systembedingt, Wut, Resentiments nehmen in der Krise zu und die sich rechtsradikaliserenden Mittelschichten und Teile der Arbeiterklasse orientieren sich dabei an die durchsetzungsmächtigsten, emotional gleichgeschalteten, rücksichtslosesten und lautstarksten Charaktermasken, die in diesen Zeiten vermehrt an die Oberfläche drängen und erlösungsmissionarisch ein neues goldenes Zeitalter alter nationaler Grösse versprechen, da es keinen internationalen Ausweg zu geben scheint.

Daher trumpft Nationalismus Globalismus und Internationalismus–mit allen katastrophalen Auswirkungen von Handelskriegen bis hin zu zwischenstaatlichen Konflikten und Kriegen. Wahrscheinlich erst wieder nach einer Katharsis von Weltwirtschaftskrise und Kriegen und gegenseitiger nationalstaatlicher Erschöpfung und Zerstörung ist dann wieder ein neuer Internationalismus denk- und machbar, insofern bei den heutigen Massenvernichtungsmitteln und der gegenseitigen wirtschaftlichen Verflechtung überhaupt noch eine neue Zivilisation nach dem nationalstaatlichen Wüten denkbar ist oder diese nicht noch in die nächste Regression abdriftet, die in noch kleineren Einheiten als dem Nationalstaat ihre Problemlösung sieht.

Der zunehmende Krisencharakter des Systems sucht sich die dementsprechende Charaktermaske , die noch mehr Nationalismus und Militarismus verspricht, die keine Hemmungen mehr kennt bei der sozialdarwinistischen Durchsetzung eigener Ziele. Geeignete Psychopathen gibt es genug, von denen sich eben einer durchsetzt, weswegen die Leute dann über dessen Erfolgsrezept sich anhand seiner Psyche und Rhetorik festbeissen.Trump zeigt eigentlich als Charaktermaske des Kapitals den Aggregatszustand des kapitalistischen Systems. Die Ursachen also vor allem in seiner Person und Psyche zu suchen verkennt die Ursächlichkeiten und den systemischen Kontext, der ihn hervorbringt.

Solange es keine Linken gibt, die grundsätzlich die Systemfrage aufgrund einer Kritik von Kapitalismus, wie aber auch Kommunismus und der Nationalstaaten als internationalem Organisationssystem stellen, keine neuen Ansätze wie etwa sharing economy ala Jeffrey Griffkin, Bhuttonationalglück als Gegenmodell zum Bruttosozialprodukt, Akkzelerationismus und eine postkapitalistische Gesellschaft als die Akzelerationisten wagen und auch mal wieder diskutieren, bleibt die Linke in der Sackgasse. Dabei wäre es schon einmal sinnvoll Bruttonationalglück, sharing economy, Akzelerationismus, Wertkritik , sowie die Kritik am Nationalstaat zugunsten eines Globalismus zu synthesieren und zusammenzubringen. Ohne diese Theoriebildung und deren dann praktische Organsierung wird es nie eine reale Altrernative zu den Nationalisten und Faschisten geben, die jetzt ein Jahrzehnt zur Verfügung haben, um die Weltmenschheit nochmals nachhaltig zu zerstören.

 

 

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