Die Linke und das Selbstbestimmungsrecht der Völker: Hamas, PKK und Co

Die Linke und das Selbstbestimmungsrecht der Völker: Hamas, PKK und Co

Ich bin gerade in einer Diskussion über das Selbstbestimmungsrecht der Völker und ob man seitens der Linken die Hamas, die PKK und andere Parteien als legitimen Widerstand der jeweiligen Völker ansehen sollte. Dazu schreibt ein Münchner Grüner, Leo Brux auf seinem Blog:

„Als Grüner und Menschenrechtler kann ich da nur protestieren und feststellen, der Terror geht eindeutig von den Türken aus. Von der türkischen Mehrheit. Vom türkischen Staat.

So, wie der Terror in Palästina von Israel ausgeht, von der Mehrheit der Israelis.

Ich meine schon auch, dass die Hamas eine sehr problematische Organisation ist, dass man sie auch als Terrororganisation bezeichnen kann, die immer wieder Verbrechen begeht und mit Demokratie nichts am Hut hat – und doch ist sie grundsätzlich im Recht. Sie ist die legitime und wirksame politische Vertretung der Palästinenser und ihrer von mir anerkannten Rechte.

Ähnlich sehe ich das für die PKK. (…)

In Palästina haben die Palästinenser grundsätzlich recht.
In Sinkiang haben die Uiguren grundsätzlich recht (gegen die Chinesen).
In Tibet haben die Tibeter grundsätzlich recht (auch gegen die Chinesen).
In Irakisch-Kurdistan haben die Kurden grundsätzlich recht (gegen die anderen im Irak).
In Myanmar/Birma haben die Rohingja (die dortigen Muslime) grundsätzlich recht gegen die sie bedrängenden Birmesen.
Etcetera.
Und in Türkisch-Kurdistan haben die Kurden grundsätzlich recht gegen die Türken.“

Ich halte es für einen völkischen Blödsinn immer von dem einen Volk, Die Palästinenser, Die Uiguren, Die Kurden,etc. zu reden. Es gibt in jedem Volk völlig unterschiedliche politische Parteien und Gruppen mit unterschiedlichenn politischen Zielen.Die PLO will mit Israel eine 2-Staatenlösung, die Hamas hingegen ganz Israel, wie sie auch dessen Existenzrecht nicht anerkennt und alle Juden umbringen und vertreiben will.Die Hamas ist eine islamofaschistische Partei, die an keine Koexistenz mit Israel glaubt und zumal auch die PLO physisch bedroht und im Gazastreifen dikatorisch unterdrückt. Dass die Unterdrückung seitens Israels, Chinas, der Türkei,etc.  jegliche Widerstandsform und jegliche politische Partei oder Gruppe legitimiert, halte ich auch für politisch blind. Selbiges bei den Uiguren in China: Zwar kann man die säkulare Opposition unterstützen, man sollte aber auch sehen, dass sich nicht unerhebliche Teile der Uiguiren islamistisch radikalisiert haben und sich Teile der Opposition auch Al Kaida, dem Islamischen Staat und anderen Terrororganisationen zugewandt haben. Ist das auch legitim, wenn man solche Terrororganisationen schönredet und als legitimen Widerstand befürwortet?

In Tschetschenien hat sich die anfangs mehr säkulare Opposion radikalisiert und ist der IS und andere Islamisten jetzt die Hauptkraft. Soll man diese dann auch als legitimen Widerstand sehen? Mit derselben Logik könnte man dann auch den IS als legitimen Widerstand gegen den Westen und die irakischen Schiiten und Assad sehen, was wohl keiner angesichts deren offenem Terror und Zivilisationsbrüchen machen würde–aber es zeigt an welcher dünnen Grenzlinie diese Argumentation verläuft. Auch die Nationalsozialisten gebärdeten sich als Kämpfer des durch den Versailler Vertrag unterdrückten deutschen Volkes als legitimen Widerstand desselben und sahen ihren Vernichtungskrieg als Befreiungskampf des deutschen Volkes. Diese in linken Kreisen beliebte Forderung der “Selbstbestimmungsrecht der Völker” ist eine fragwürdige Argumentation und im Kern ebenso völkisch.

Mit der PKK ist das auch komplizierter. Die PKK ist eine stalinistische Partei, die keine Autonomie, sondern einen eigenen stalinistischen Staat in der Türkei, Syrien, dem Irak und dem Iran will–zwar säkular, was man als Argument gegen die islamofaschistische Muslimbruderschaftdikatur Erdogans sehen könnte, aber eben stalinistisch. Öcalan wäre dann der neue Stalin und man hätte es mit der nächsten Diktatur zu tun. Bisher gab es ja auch die HDP, also eine parlamentarische Vertretung. Diese sollte man unterstützen, aber nicht die PKK. Daher sehe ich die PKK-Unterstützung seitens der Linken ähnlich und im gleichen Maße kritisch, wie die türkische Verteufelung der HDP. Wenn Erdogan die HDP verbietet, bleibt den Kurden ja nichts anderes übrig als in den Untergrund zu gehen und gegebenfalls auch den bewaffneten Kampf zu suchen. Fraglich ist aber, ob man dazu die PKK braucht oder sich da organisatorisch und politisch nicht eigenständig aufstellt. Die PKK zu befürworten, heißt einen eigenständigen stalinistischen Terrorstaat im Nahen Osten zu befürworten, der die Balkansierung dieses Gebiets weiter vorantreibt und ohne ein massenhaftes Blutbad überhaupt nicht zu realisieren ist.

Kurz: Bevor man reflexartig und abstrakt den Kampf von unterdrückten Minderheiten unterstützt und sich auf das Selbstbestimmungsrecht der Völker beruft, sollte man sich immer konkret ansehen, was die politischen Ziele der unterschiedlichen Parteien und Gruppen sind, denn das wäre dann der Endzustand als Staatswerdung, die eben noch diktatorischer enden kann. Dazu sind es noch zwei Schritte, einem unterdrückten Volk ein grundsätzliches Recht zuzugestehen und eine politische Partei als deren einzige legitime Vertretung zu benennen. Im Falle Israels könnte man es auch bei der Unterstützung der PLO belassen und sich nicht mit der islamofaschistischen Hamas solidarisieren. Es besteht in vielen Fällen durchaus Wahlfreiheit.

 

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