Meine politischen Positionen zur EU, EU-Mitgliedschaft der Türkei, Erdogan und Entwicklungen in den USA und Syrien 2011 und die Lage 2017 im Vergleich

Meine politischen Positionen zur EU, EU-Mitgliedschaft der Türkei, Erdogan und Entwicklungen in den USA und Syrien 2011 und die Lage 2017 im Vergleich

Ich habe alte Kommentare von mir aus dem Jahre 2011 auf dem Blog eines Grünen entdeckt, in denen ich damals gegen eine EU-Mitgliedschaft der Türkei, sowie angesichts der Finanzkrise 2008 für eine Integration der EU vor weiterer Aufnahme neuer Mitglieder und gegen eine Überdehnung der EU argumentierte, während mein grünes Gegenüber in Erdogan den Vorreiter einer muslimsichen Demokratie sah und sich für eine EU-Mitgliedschaft der Türkei aussprach.Desweiteren sah ich auch in den USA eine politische Bewegung vorraus, die das NATO-Engagement der USA infrage stellen könnte, was nun mit Trump eingetreten ist.Hier nochmals meine damaligen politischen Positionen, von denen einige geradezu prophetisch waren, zumal heute ja behauptet wird, man hätte diese Entwicklungen nicht kommen sehen können:

„Europa steht doch jetzt schon an den Grenzen seiner Belastbarkeit.Die Erweiterung auf 27 Migliedsländer ging einfach zu schnell.Eine Mitgliedschaft der Türkei würde die Kapazitäten der EU überlasten und wohl auch die Xenophobie in der Bevölkerung zum break-even-point hochkochen lassen. Und: Wer glaubt mit Erdogans islamischer Türkei würde man ein integrationswilliges EU-Mitglied haben, der wird die Kacynski- Brüder und Viktor Orban in Ungarn noch zu lieben lernen.

(…) Das sind Behauptungen und wishful thinking.Wie die Entwicklung der Türkei unter Erdogan oder in den nächsten 10-20 Jahren aussehen wird, wisst ihr doch selber nicht und auch nicht, warum eine Mitgliedschaft der Türkei eine Entlastung für die EU sein würde–da nennt ihr kein einziges Argument.Wenn ihr die wirtschaftliche Entwicklung meint: Die ist aber auch sehr brüchig. Die Türkei stand schon zweimal vor dem Bankrott und konnte nur durch intensive Milliarden-Hilfe des IWFs wieder rausgeboxt werden.Zukünftig dann durch EU-Hilfe oder wie? (…)

Also mit Unterstellungen seid ihr auch sehr schnell unterwegs.
Ihr habt ja nur noch euer Wunschziel EU-Mitglied Türkei im Visier und ignoriert alles, was dagegen spricht. Jetzt fehlt nur noch, dass ihr mich mit Broder, Sarrazin und Brevik in einen Topf schmeisst und den Türkenhasser bekommt man da auch ruck-zuck verpasst.. Richtig ist: Ich bin kategorisch bei dem gegenwärtigen Zustand der EU gegen eine Mitgliedschaft der Türkei (wie auch der Ukraine oder Georgien), da wir–insofern man sich noch als EU begreift-erst einmal eigene Probleme zu lösen haben und uns nicht noch Neue aufladen wollen.
Ich sehe nur einmal faktisch, dass diese immer neuen Erweiterungsrunden der EU sehr vorschnell und kritiklos gemacht wurden und man sich nun über mangelnde Integration der EU und den finanziellen Zustand wundert.Die nächsten 10-20 Jahre werden wir wahrscheinlich erst einmal die rückständigen Balkanstaaten sowie Bulgarien und Rumanien absorbieren müssen von denen ihr ja selbst annehmt, dass sie in 10-20 Jahren noch nicht soweit sein werden wie die Türkei.

Ich würde mir eher eine Rückbesinnung auf ein Schäubles Kerneuropa wünschen, in denen ein Kern GB-F-D vorangeht und ansonsten den anderen Europäern die Möglichkeit der verschiedenen Geschwindigkeiten gibt.Lieber ein einermaßen integriertes und wirtschaftlich starkes Europa mit Assoziation und Aufstiegsmöglichkeiten, als eine Nivellierung und Ausfransung nach allen Seiten. Für mich ist der Euro auch nicht so alternativlos, sondern man könnte sehr wohl einen Nord- und Südeuro aufmachen. Das ist realistischer als die Eurobonds.

Korrekt heisst es: Ich bin auch in 10-20 Jahren kategorisch gegen eine EU-Mitgliedschaft der Türkei, der Ukraine und Georgiens, da man erst einmal die neuen Mitgliedsländer des Balkans sowie Südosteuropas absorbieren muss.Überhaupt, dass man das jetzige Europa noch irgendwie zusammenhalten muss, geschweige denn die Eurozone. Das ist doch gerade alles infrage gestellt und vielleicht wäre ein Nord-/Südeuro noch besser als die völlige Kapitulation Europas und Rückkehr zu nationalen Währungen.Europa ist an seinen Grenzen und ihr wollt sie nicht sehen–seid ihr so blind oder wollt ihr diese Probleme einfach nicht begreifen?“

Darauf meinte mein grünes Gegenüber:

„Wären Sie der Meinung, man könnte die Türkei DANN aufnehmen,
– wenn die von der EU geforderten gesetzlichen Anpassungen planmäßig vorgenommen worden sind,
– wenn die Aufnahme der Türkei wirtschaftlich keine Belastung, sondern eine Stärkung der EU bedeuten würde?“

Darauf entgegenete ich:

„Wenn so, dann ja, wenn es so wäre, dann ja, dann hätte ich auch nichts gegen eine Aufnahme der Türkei oder der Ukraine oder Georgiens.Ich würde die Türkei auch dann in die EU nehmen, wenn sie wirtschaftlich nicht so stark wäre, Europa aber stark genung-das ist aber nicht abzusehen.Vor allem nicht nach dieser einschneidenden Kirse!
Wo wir uns halt unterscheiden ist die Zeitperspektive. Ich würde die jetzige EU lieber mal in dennächsten 40 Jahren integrieren, als noch neue integrationsunwillige Staaten dazuzunehmen.Sie haben auch nichts zu dem Modell eines Kerneuropas mit vershciednenen Geschindigkeiten gesagt! Wenn das Wahlgesetz in der Türkei, wonach die AKP mit 35% der Stimmen eine 60%-Mehrheit erhalten kann und säkulare demokratische Parteien, die Erdogan mal übertrumpfen könnten, angesagt wären, würde mich das freuen. Dann könnte man auch von einer demokratischen Türkei reden. Aber die AKP und Erdogan sehe ich nicht als solche an. Nur wenn deren Machtmonopol geschleift ist, kann sich auch eine demokratische Türkei ergeben.Ich erwarte bei Erdogan aber eher eine ungarische Entwicklung als Viktor Orban–Änderung der Verfassung mit ganz demokratischem Referendum–hin zum Autoritarismus.Wenn es einen arabischen Frühling in der Türkei gegen die alten Kemalisten und die neuen Islamisten gäbe, würde mich das freuen und dann könnte man mal wieder drüber reden.Ich hoffe auf einen türkischen Frühling gegen Erdogan und die alten Kemalisten!Der Punkt ist aber: Solange das jetzige Europa (zumal mit Balkan und Südosteuropa) nicht konsolidiert ist, braucht man auch nicht über Neuaufnahmen zu denken oder sie anzudenken.Wer in dieser Sitauation darüber redet, wird den Volkszorn nur noch mehr anstacheln! Möglicherweise zerfällt ja auch dieses Europa ohne Konsolidierung–dann würde sich unsere Diskussion über neue EU-Mitglieder auch verflüssigen.Mir zeigt deine Reaktion nur, wie völlig blind du gegen Einwände bist und den Xenophoben kräftig Wasser auf die Mühlen gibst.

Erst mal sollte man sagen: Konsolidierung und was macht eigentlich Europa aus? Wir akzeptieren ja schon einen Viktor Orban und seine autoritäre Regierung, zumal im Zusammenspiel mit der faschistischen Jobbik. Wollen wir uns alle Orbans, Erdogans, Kacynskis in die EU reinholen?Es wäre ja schon mal wichtig, wenn das jetzige Ezuropa gegen die Orbans, die Front National, die FPÖ Straches (der möglicherweise nächster österreichischer Bundeskanzler wird), die Wahren Finnen, den Flämisch Block, etc, vorgeht.Eine europäische Konsoldidierung und Säuberung.
Perspektiven–wenn ich ganz ehrlich bin, wäre ich für eine Weltregierung um die UNO oder die G-20 gruppiert, da die Verherrungen der Ökologie und der Finanzwirtschaft so derart fortgeschritten sind, dass man sie nicht mehr national oder supranational lösen kann. Aber wer würde da mitmachen, wenn es schon bei der EU solche Schwierigkeiten gibt?Vorstellen kann man sich viel, aber was ist eben machbar. Ich glaube, wir müssen die Leute heute erst einal wieder für Europa gewinnen, bevor wir Europa noch weiter ausdehnen. Wir müssen Europa erst einmal konsilidieren und ausmisten, bevor wir da noch weitere Kanidaten dazunehmen.Deswegen finde ich auch ein handlungsfähiges Kerneuropa (GB-F-D)ganz gut, da ohne diese Staaten eh´nichts in Europa läuft.Der Rest kann unter dem Logo Europa der verschiedenen Geschindigkeiten mitmachen und in die Kerngruppe aufsteigen, insofern es klare Bedingungen akzeptiert. Ansonsten bleiben wir halt assoziiert.Ich will nicht zurück zum Nationalstaat oder wie die Verschwörungsseiten von Infokrieg, Alles Schall und Rauch suggerieren zum sich selbstversorgendnen Red-Neck-Subsidariaritätskrieger, der sich einzelkämpferisch und nur noch im Umkreis der nächsten 50 Kilometer durchkämpft oder ansonsten eine der rechtspopulistischen/radikalen Parteien wählt.

Für Europa sollte man noch weiter denken. Was passiert,wenn die durch die Tea-Party-Bewegung inspirierten Republikaner auch ihr NATO-Engagement überdenken und Forderungen stellen. Die harmloseste könnte noch die Forderung nach mehr als 2% des BIP für Verteidigungsausgaben sein, aber ebenso für mehr Enagement im Ausland, wie auch für Wiedergutmachungen. Was wenn die USA fordern, Europa solle die Türkei noch schneller in die EU aufnehmen als vorgesehen? Wäre es ab diesem Punkt nicht legitim über ein Kerneuropa der verschiedenen Geschwindigkeiten , einer europäischen Verteidigungsgemeinschaft und einer europäischen Atommacht ala FJ Strauss nachzudenken (die unabhängig ist vom Goodwill jenseits des Atlantiks)?

Noch eine letzte Frage: Wie steht ihr dazu, wenn es zwischen Syrien und der Türkei zum Krieg kommen sollte-sollten wir als NATO dann einmarschieren oder die Türkei das selbst machen lassen?Assad hat ja mit Krieg gedroht, sollte das Ausland die syrische Opposition unterstützen und mit Waffen beliefern (speziell dürfte er dabei die Türkei gemeint haben.)Zudem befinden sich ja auch Teile der syrischen Opposition in türkischen Flüchtlingslagern nahe der Grenze und nutzen dies als Operationsbasis.
Was die Politik der USA bezüglich Syriens angeht, so ist dies etwas undurchsichtig. Das Hudson-Institute veröffentlichte gerade einen Bericht namens “The US betrays Syrian Opposition”, in dem behauptet wird, dass die USA und die Türkei die syrische Muslimbruderschaft gegen Assad unterstützen, während die USA den Syrian Democracy Council ( ein säkulares Bündnis aus ethnischen und religiösen Minderheiten) nicht empfangen würde.Das ist ohnehin die Frage: Was nützt der arabische Frühling, wenn überall die Muslimbruderschaften als Sieger daraus hervorgehen? Das Problem an Syrien ist, dass es bisher noch keine hochrangigen Überläufer in Militär, Partei und Geheimdienstkreisen zu den Rebellen gibt wie etwa in Lybien, wo diese Kräfte ja eine führende Rolle im Übergangsrat haben (es ist auch besser,wenn man die Wendehälse integriert, als dass man sie ausschliesst–im Irak hat man ja gesehen, wie das Berufsverbot für Baathisten sich förderlich auf den Bürgerkrieg auswirkte!).Die Frage ist: Soll man warten bis sich die Baathpartei spaltet, bzw. kann man darauf warten oder soll man schon vorher aktiv werden.Zudem: Die Opposition steht auch vor der Frage: Soll sie weiterhin friedlich demonstrieren oder sich bewaffnen und den lybischen Weg gehen?Die Frage ist aber auch: Wen unterstützt eigentlich die AKP-Türkei? Einen säkularen Mittelweg (Teil gemäßigte Rebellen, Teil Reform- Baathisten) wie er euch von der Initiativgruppe vorschwebt oder nicht etwa die Muslimbruderschaft? Was wäre gewonnen, wenn die Türkei die Muslimbrüder in Syrien und Ägypten unterstützt und diese sich dann systematisch gegen Israel zusammentun–zusammen mit Hamas und Hisbollah?“

Ganze Diskussion detailiert nachzulesen unter:

http://blog.initiativgruppe.de/2011/06/20/hans-maier-80-csu-unser-ex-kumi-verteidigt-erdogan-und-will-die-turkei-in-der-eu/

Und nun vergleichen wir meine damaligen Prognosen: Die Türkei hat sich unter Erdogan zur islamistischen Dikatur verwandelt, die EU wurde überdehnt und steht nun vor dem Zerfall, in den USA ist nun ein US-Präsident an der Regierung, der die NATO neben anderen internationalen Institutionen und Verträgen infrage stellt.. Alles ist nun eingetreten.Aber all diese Warnungen schlugen Leo Brux und seine Mitgrünen damals aus und bezeichneten einen als islamophoben Türkenhasser und Europafeind.

Von all seinen damaligen politischen Positionen will unser Grüner nun nichts mehr wissen, schlägt nun vor, die Gülenbewegung zu unterstützen oder in Tunesien die Ennadah-Muslimbrüder, die ja keine Islamofashjisten seien. Dazu habe ich trotz Lernresistenz meines Gegenübers noch folgendes 2017 klargestellt:

„Das sind doch genau diesselben Ammenmärchen, die ihr Grünen anfangs über Erdogan und die AKP verkündet habt. Die AKP sei mit ihrer EU-Orientierung eine islamische CDU, werde eine muslimische Demokratie etablieren, wolle in die EU und nur den tiefen Staat beseitigen, etwas später musste man dann auf die liberalen Kräfte auf Gül etc. rekrutiert werden,um diese Fehleinschätzung noch beibehalten zu können. Zumindestens ist dir ja auch klar, dass es unter Gülen eine autoritäre Diktatur herausläuft und nun beginnt wieder der ganze Relativierungsschmarrn: Liberale Tendenzen, Westorientierung, ein wenig weniger autoritär. Mann, wach auf: Gülen ist wie Erdogan ein Feind, ein Islamist und kein Verbündeter. Zumal er seine Macht ohne Massenpartei, viel undemokratischer zu etablieren sucht und für einen noch tieferen Staat unter seiner Alleinherrschaft ist. Die Muslimbrüder erzählen diesselben Ammenmärchen wie das Gülenzentralorgan Zaman, weil sie wissen, dass westliche islamophile Multikultifans ihren verbalen Versprechungen von Demokratie Glauben schenken. Sie haben aber mit Demokratie so diesselbe Beziehung wie die AfD oder Rechtsradikale mit direkter Demokratie oder Volksenbtscheiden–sich wählen zu lassen,um die Demokratie zu nutzen, damit dies dann die letzten Wahlen sind und man die Demokratie beseitigen kann. Wie dämlich und wenig lernfähig westliche Liberale bezüglich der Islamisten trotz realer Erfahrungswerte sind, zeigt mir das Interview der liberalen ZEIT mit dem tunesischen Muslimbruder und Ennadahchef, in dem dieser wieder das Märchen von den demokratischen Muslimbrüdern erzählt, das die Ennadah eine tunesische CDU sei und für die Trennung von Staat und Religion. Lügen werden nicht wahrer, auch wenn sie wiederholt werden! (…)Das ist nicht korrekt und eine einzige retrospektive Schönfärbung grüner Türkeipolitik. Mit Hass hat das weniger zu tun, du bist nur unfähig aufgrund deiner Parteimitgliedschaft selbstkritisch in dich zu gehen und willst alle Kritik mundtod machen und mir Hatenews unterstellen. Die Grünen haben da nur eine völlige 180-Grad-Wende eingeschlagen: Zuerst die totalen Erdofans, nun die totalen Erdofeinde. Die CDU/CSU war da immer skeptischer.

Zumal es auch gute Gründe gibt auch ohne Erdogan gegen eine EU-Mitgliedschaft der Türkei zu sein. Zum einen, weil sie die Machtverhältnisse innerhalb der EU weiter destabilisiert hätte, zum anderen, weil man dann eine gemeinasame Grenze mit Syrien, dem Iran und dem Irak hätte. Ich hatte Erdogan wie die Muslimbrüder schon immer für Islamisten und Islamofaschisten gehalten, auch als sie sich noch taktisch liberal gaben. So blind zu sein, ist eben der Preis der Islamophilie. (…)

Was du als “Hass”bei mir bezeichnest, ist allerdings eine gewisse Wut, dass man jahrelang für seine linke Kritik am Euro und EU-Mitgliedschaft der Türkei als Feind Europas eingeordnet, ausgegrenzt und stigmatisiert wurde. Jetzt, wo all die Kritikpunkte Realität geworden sind und ein gewisser Lernprozess stattfindet, will man plötzlich frühere Positionen nie eingenommen haben. Erstens: Erdogan war, ist und wird auch immer ein Islamofaschist sein. Wie die Muslimbrüder denkt er eben anders als westliche Politiker eher in langfristigen Strategien. Sein Ausspruch, wonach die Demokratie ein Gefährt sei, aus dem man aussteige, wenn man sein Ziel erreicht habe, ist schon älteren Datums und nicht erst seit 2011. Ebenso Blödsinn ist es, wie viele Kommentatoren nun meinen, dass Erdogan sich von der EU abwende, weil ihm die EU nicht weit genug entgegengekommen sei.

Ebenso beim Euro, der eine völlige Fehlkonstruktion ist: Eine europäische Währung ohne europäischen Zentralstaat und optimalen Währungsraum kann nicht funktionieren–genauso wenig wie eine ökonomische Globalisierung ohne eine politische Globalsierung in Form eines Weltsaats/Weltföderation oder internationaler politischer Institutionen.. Das liegt auch nicht an den Maastrichtkriterien und dass diese nicht eingehalten würden–das verschärft zwar die Krise, ist aber nicht ursächlich. Aber das Credo gilt bei nahezu allen Parteien: Fällt der Euro, fällt Europa–anstatt zu sehen, dass der Euro ursächlich ist für die ökonomischen Ungleichgewichte, die er extrem verstärkt. Man hätte zuerst einen europäischen Zentralstaat gebraucht und auch nur Länder in eine Einheitswährung nehmen dürfen, die aufgrund ihrer Wirtschaftsstruktur, Produktivität und anderen Kriterien einen optimalen Währungsraum ergeben. Das Spielchen, erst eine Einheitswährung zu etablieren und dann die damit einhergehenden Finanzkrisen zu nutzen, um dann posthum durch die Hintertür quasi per Sachzwang einen Zentralstaat etablieren zu wollen, werden dann von der Bevölkerung als Trickserei angesehen und abgelehnt und spielen nationalistischen Rechtsparteien in die Hände. (…)

Meine Politik wäre gewesen: Keine Mitgliedschaft der Türkei in der EU, auch als Demokratie oder unter den nationalistischen Kemalisten nicht. Nur eine priviliegierte Partnerschaft. Die EU ist keine Demokratieexportorganisation für den Greater Middle East. Man kann zwar zivilgesellschaftliche Kräfte oder säkulare Parteien finanziell oder organisatorisch unterstützen, dies muss aber nicht über die Aussichtstellung einer EU-Mitgliedschaft erfolgen. Wenn diese Kräfte nicht aus eigenen Kräften dazu imstande sind, ist´s halt Pech. Und Etrdogan so zu hoffieren, damit er einen Wirtschaftsboom und die Entmachtung des Militärs bewerkstelligt, hat nur ihm geholfen, aber keiner Demokratie in der Türkei.Die EU hat ohnehin den Fehler gemacht sich expansiv ohne Rücksicht auf Verluste zu erweitern ohne zuvor eine Integration und Vertiefung der EU und ihrer Organe vorzunehmen, die dann Basis und Mitgliedsbedingung weiterer Erweiterungen wären, was nun zu regressiven, renationalsierenden Tendenzen führt. Den osteuropäischen Nationalisten hätte man klar machen müssen, dass EU eine Solidargemeinschaft ist und sich nicht nur auf das Abkassieren von Agrar- und Strukturfonds beschränkt. Falls sie das nicht akzeptiert hätten, dann eben ohne sie. Zumal: Maximal Staaten wie Polen hätte man noch aufnehmen sollen, nicht aber eine bevölkerungsreiche, nationalistisch denkende Türkei–auch ohne Erdogan. Zumal hätte man dann die Außengrenzen der EU an Syrien, Irak, Iran, also zum Pulverfass des Nahen Ostens. Alles also Gründe, warum man gegen eine EU-Mitgliedschaft der Türkei sein sollte und wie dies die CDU/CSU auch waren–im Gegensatz eben zu SPD, Grünen, FDP, Linkspartei oder den ganzen US-regierungen von Clinton über Bush jr. bis Obama.Du bist Grüner wie Friedel oder Marcus, also rede ich daher mit euch über eure grüne Politik und nicht die der SPD oder der LInkspartei, die ich ebenso kritisieren würde. Und die CDU/CSU hatte nicht nur die türkenfeindlichen Mitglieder im Auge, sondern eben prinzipielle architektonsiche und geopolitische Überleguingen bezüglich der EU. Priviligierte Partnerschaft mit der EU hätte gegenüber der Türkei keine falschen Hoffnungen und Projektionen aufgebracht–beidseits. (…)

Zumal: Den Schuh ziehe ich mir schon an: Ich hätte einen Militärputsch zur Entmachtung und nachhaltigen Schwächung der AKP befürwortet. Die Militärs wären dann wie zuvor immer nach spätestens 3-5 Jahren in dier Kasernen zurückgekehrt und hätten wieder eine säkular-demokratische Ordnung walten lassen. Der sanfte Putsch des türkischen Militärs wie damals gegen Erbakan und seine Refah-Partei hätte im Falle Erdogans schon viel früher erfolgen sollen. So aber haben all jene liberalen EU-Politiker das Militär als Garant einer säkular-demokratsxchen Ordnung ausgeschaltet und Erdogan die Bahn für seine Diktatur freigemacht. (…)

Du schreibst:

“Ich würde auch die Ennahda in Tunesien als Koalitionspartner in Betracht ziehen. Warum nicht? Die Tunesier sind zumindest zur Hälfte sehr religiös. Ich neige dazu, das auch politisch zu respektieren und Möglichkeiten des Brückenschlags und des Kompromisses zu finden.”

Nein, Ennadah sind Muslimbrüder und Islamofaschisten, die diesselbe islamistische Präsidialdiktatur beabsichtigen wie Erdogan, Morsi oder eben die Hamas. Dann lieber Al Sissi und die algerische Lösung. Keinen Milimeter Zugeständnisse und falsche Koalitionen gegenüber Islamofaschsisten!Genau diese falsche Koalitionsbildung mit und Toleranz gegenüber Islamofaschisten, die nur islamophile Multikulteralisten und Relativisten befürworten können, führt dazu, dass du die säkular-demokratischen Kräfte nicht förderst, Hoffnungen in die Reformfähigkeit der Islamofaschisten, in dere Einheguing und Moderation förderst, ja in diesen Islamofaschisten selbst eine progressive und positive Kraft zu einer erhofften Demokratisierung siehst, die säkular-demokratischen Kräfte nicht zum Widerstand und zur eigenen Profilbildung gegenüber den Islamofaschisten anhälst, sondern sie in illusorische Unachtsamkeit und mangelnde Wachsamkeit führst, einschläferst, die die Islamofaschisten dann ausnutzen.ERdogan wäre ja nicht so mächtig geworden, wenn nicht bescheuerte Liberale und säkzulare Bürger Hoffnungen in seine islamofaschistische Partei gesetzt hätten wegen der EU-Orientierung. Nun braucht er sie nicht mehr un dlässt sie verhaften. EWrinnert mich an die fatale Partei der iranischen Tudehpartei gegenüber Khomeini, die in ihm vor allem den antiimperialistischen Schahgegner sahen und nicht den Islamofaschisten.Wenn es demokratische Kräfte gibt, die eine islamistische Machtübernahme verhindern können, so ist dies meine präferierte Option. Falls nicht, dann ist mir aber eine säkulare Militärdikatur lieber als eine islamistische Diktatur, da selbst diese noch mehr die Werte des Säkularen vertritt (von Frauenrechten bis Trennung von Staat und Religion). Und was heißt da eigentlich “muslimische Bevölkerung”: Meistens ist das Verhältnis zwischen Säkularen und Religiösen 50:50, ob in Algerien, Lybien, Ägypten,Syrien u.a. Ländern und wenn die demokratischen Kräfte nicht imstande sind die Islamisten zu verhindern, bleibt eben noch das Militär, um zumindestens den Säkularismus, wenn schon nicht eine Demokratie zu erhalten. Auch etwas schizophren: Bei Nationalisten siehst du den autoritären Charakter und dessen sich selbst radikalsisierende Dynamik immer recht klar, aber wenn es um Islamisten geht, dann bist du gegenüber deren Wesen blind, ja glaubst auch immer an eine sich moderierende Tendenz.

Vergleichen wir einmal eine kemalistische Militärdiktatur mit einer islamistischen Dikatur: Für Kurden- und Armenierfrage würdest dui klar in den Knast gehen, aber eben genauso bei Erdogan. Aber für säkulare Ansichten, ja selbst demokratische Ansichten würdest du nicht belangt ( es wurden kaum CHPler eingeknastet). Frauen und Säkulare können sich unter einer MIlitärdikatur frei bewegen. Auch strebt eine türkische MIlitärdikatur nicht wie die nationalistische MHP ein pantürkisches Großreich oder wie die AKP ein neoosmanisches Großreich mit den Muslimbrüdern in den sunnitischen Staaten an, die türkischen Militärdikaturen garantierten die Westorientierung und stellten auch die Nachkriegsordnung vom Vertrag von Lausanne bis zum Syces- Picot-Abkommen nicht infrage. Summa summarum ist also eine säkulare Militärdiktatur einer islamistischen Dikatur vorzuziehen, zumal sich die türkischen Militärs dadurch auszeichneten, dass sie sich wie Thailands Militär meistens wieder nach 2-3 Jahren in die Kaseren zurückzogen. Kurz: Bei dieser Kosten-Nutzen-Abwägung obsiegt die Militärdikatur gegenüber der islamistischen Dikatur, wenn die demokratischen Kräfte nicht mehr imstande sind, die Machtfrage zu ihren Gunsten zu entscheiden.

Aber im Falle der Türkei sind all dies inzwischen illusorische Szenarien, da unsere westlichen Demokratiefanatiker die Notbremse des türkischen Militärs ausgebaut haben, Erdogan nun auch die Militärakademien für seine Islamisten öffnet und das türkische Militär in eine Art Republikanische Grade ala Iran umgebaut werden wird für seine neoosmanischen Expansionspläne. Zu spät–ohne Notbremse fährt der Zug nun zielstrebig in den Abgrund.

Du schreibst:

“Es ging ja nicht darum, die Türkei sofort – also vor der zuverlässigen Etablierung der EU-Standards – aufzunehmen, sondern den Prozess hin zu diesen Standards zu fördern. Das ist eine Zeitlang gelungen. Am Ende gescheitert.Nun denn, damit hat sich die Aufnahme der Türkei erledigt. Insoweit ist kein Schaden zu vermelden. ”

Doch: Durch diese EU-Reformen wurde die Notbremse des Militärs ausgebaut und konnte Erdogan, nachdem diese nicht mehr existierte umschwenken und errichtet nun seine islamistische Dikatur, die sowohl innen- wie auch außenpolitisch katastrophale Auswirkungen haben wird. Und diese ganzen tollen EU-Reformer haben auch niemals darauf bestanden, dass die 10%-Hürde für türkische Parteien zugunsten einer 5%-Hürde gesenkt wurde, was eben eine Stärkung des Parteienpluralismus bedeutet uind Erdogan seine Mehrheit gekostet hätte. Da wurde so alles falsch gemacht, was man falsch machen konnte in dem Irrglauben bei der AKP handele es sich um eine türkische CDU und nicht um Islamofaschisten.Aber damals wurde ja jeder, der darauf hinwies als Islamophober, Türkenfeind und Europagegner ausgegrenzt und stigmatisiert. Dadurch ist enormer Schaden entstanden und so zu tun, als wäre eigentlich alles okay und wäre es nur mal, um ein “Besser probieren als studieren”gegangen ist ja wohl aberwitzig. Aber Kulturrelativisten und Multikultimenschen neigen eben dazu so alles zu relativieren.

Für mich sind die zwei wesentlichen Fehler der EU, nicht nur der Grünen: Zum einen, dass man Erdogan eben für eine Art muslimischen CDUler und nicht Islamofaschisten gehalten hat–dies trotz der Erfahrungen mit Erbakan und seiner Refahpartei, wo das Militär ja frühzeitig intervenierte und durch dezenten Druck – auch ohne Militärputsch- für klare Verhältnisse sorgte. Zum zweiten eben wundert mich, dass man das Wahlgesetz nicht reformiert hat, also die 10%-Hürde auf 5% gesenkt hat. Dies wäre ein entscheidner Beitrag gewesen für Parteienpluralismus, Demokratie und hätte auch die Situation, dass Erdogan mit nur 35% der Stimmen 60% der Parlamentssitze erhielt beseitigt. Aber da wurde seltsamerweise gar nichts gemacht. Du stellst die EU- und Grünenpolitik gegenüber Erdogan als alternativlos dar, was aber nicht stimmt.

Wir haben da unterschiedliche Positionen. Ich möchte jetzt den Blick nicht immer rückwärtsgewandt lassen, sondern nun eher zur Frage kommen, wie man mit der Erdogantürkei in Zukunft umgehen soll. Dabei ist auch die Frage zu stellen, ob man die von der CDU/CSU anvisierte priviligierte Partnerschaft nicht zu einer einfachen,normalen Partnerschaft zurückstufen sollte. Warum extra Privilegien? Das wird ja nur mit der wichtigen geopolitischen Lage der Türkei, dem Türkeideal und ihrer NATO-Mitgliedschaft begründet.Das wäre einmal zu diskutieren. Also reden wir ab jetzt über die Zukunft statt uns in den Debatten der Vergangenheit zu erschöpfen.

Damit stellt sich auch die grundsätzliche Frage: Soll man die Farce der EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei, die in der Substanz tot sind beibehalten, in der Hoffnung da noch restdemokratische Elemente in der Türkei in Nischenexistenz erhalten zu können und die Repression gegen die Opposition abzumildern oder geht man davon aus, dass diese besetnfalls nur eine Nischenexistenz, wenn überhaupt noch eine Existenz tristen werden, man es also mit einer Dikatur zu tun hat, die man als solche benennt und einen klaren Schnitt macht und auf dieser neuen Basis zu einer priviligierten oder normalen Partnerschaft übergeht.Wobei man auch einmal sehen muss, dass die BRD de facto schon mit China eine priviligierte, strategische Partnerschaft unterhält–trotz des autoritären Charakters des KP China-Systems–die deutsche Bundesregierung unterhält interministrielle Treffen mit der VR China, bei denen sich recht einzigartig mehrere Minister beider Länder immer zu regelmäßigen, institutionalisierten Zusammenkünften einfinden, was in der deutschen Öffentlichkeit bisher gar nicht thematisiert wurde.“

Ganze Diskussion unter:

http://blog.initiativgruppe.de/2017/02/16/ditib-unter-druck/#comment-65336

Und zur Kritik an säkularen Despoten im Nahen Osten oder Attatürks in der Türkei, noch folgendes Zitat von Imad Karim:

„Der Ruf nach dem totalen Islam

In diesem Zusammenhang möchte ich anführen, dass die diktatorischen Regime und die despotischen Herrschaftsstrukturen im Nahen Osten und in Afrika das Produkt der eigenen Gesellschaften sind. Natürlich will ich diese nach westlichen demokratischen Normen als diktatorisch geltenden Regime nicht rechtfertigen, aber es wäre nicht falsch, die Relation zwischen den durch die Religion fanatisierten Massen und den entsprechenden Reaktionen eines Staates in Erwägung zu ziehen, insbesondere, wenn wir erfahren, dass aufgrund der Übergriffe auf Polizisten (in Frankreich) die Regeln für den Schusswaffengebrauch gelockert werden.

So hat es immer im Nahen Osten begonnen. Jedes Mal, wenn eine Regierung demokratische Strukturen vorsichtig einführen wollte, antworteten die Massen mit dem lauten Ruf nach dem totalen Islam. Der Staat reagierte repressiv, und eine Spirale der Gewalt nahm ihren Lauf. Saddam Hussein, Muamar Gaddafi und andere Despoten sind nicht über Nacht gekommen oder mit einem Raumschiff im Irak, in Libyen oder sonstwo gelandet. Diese Diktaturen sind aus der Mitte der islamischen Gemeinschaften hervorgegangen.

In der islamischen Welt lernten wir als Muslime, dass unsere ewige Aufgabe darin besteht, den Islam als wahre Religion, quasi eine alternativlose Monokultur, die Kultur Allahs, zu predigen und durchzusetzen, überall dort, wo Muslime leben. Erleiden die Gläubigen in ihrer Weltnation (UMMA) eine Niederlage, wenn sie daran gehindert werden, ihre Religion in allen Teilen der Erde durchzusetzen, dann ist das für die Muslime eine Schmach.“

http://www.achgut.com/artikel/was_hat_mohammed_mit_den_unruhen_in_frankreich_zu_tun

 

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