Corbyneffekt für SPD und Linkspartei?

Corbyneffekt für SPD und Linkspartei?

Bei der SPD und der Linkspartei erhofft man sich nach dem Verpuffen des Schulzeffekts nun einen Corbyneffekt. Daran ist bei der SPD zweierlei falsch. Zum einen will Merkel keinen Dexit ala May, zum anderen hat Schulz durch seine Absage an rot-rot-grün und sein Umgarnen der neoliberalen FDP für alle Wähler klargemacht, dass ihm die soziale Gerechtigkeit ziemlich schnuppe ist trotz aller anderen großmäuligen Wahlversprechungen um die Rente. Auch drückt er sich –anders als die Linkspartei- um die Finanzierungsfrage bei seinen sozialen Wahlkampfversprechen, weswegen viele die Ernsthaftigkeit des Versprechens infrage stellen oder eine immense neue Staatsverschuldung oder Steuererhöhungen befürchten. Interessant wie unisono die deutschen Medien jetzt behaupten, dass soziale Gerechtigkeit als Wahlkampfthema nicht relevant sei, sondern mehr EU-/Außen- und Sicherheitspolitik. Die Linkspartei hat auf ihrem Parteitag nun beschlossen sich als die Partei der sozialen Gerechtigkeit noch vor der Positionierung als die Friedenspartei zu definieren. Bei der SPD dürfte kein Corbyneffekt möglich sein, bei der Linkspartei vielleicht. Aber die Klassengegensätze sind im Thatcher/Blairgeprägten GB intensiver als in Deutschland und zumal besteht für rot-rot-grün wegen der Dominanz des Seeheimer Kreises in der SPD keine reale Machtperspektive.Zumal Merkel auch nicht ala May als neue Maggie Thatcher auftritt und solche sozialen Hämmer wie eine Demenzsteuer fordert, die es Corbyn sehr leicht machte zu mobilisieren.

Dazu kommt angesichts der Trumpschen Außenpolitik (Trumpeffekt), der EU-Krise und Gabriels Warnung vor einem neuen Golfkrieg rund um die Katarkrise der Außenpolitik eine gewichtige Rolle zu, während die Linkspartei immer noch von einem Austritt Deutschlands aus der NATO halluniziert. Merkel kann sich da als neue Führerin des liberalen Westens präsentieren, während die SPD da vor allem über Gabriel als Außenminister auf dem internationalen Parkett punkten kann, während Schulz hier nicht im Zentrum steht und Gabriel nicht Kanzlerkandidat ist.Zumal Schulz bisher zu außenpolitischen Fragen eher zurückhaltend aufgetreten ist und nur kurz mal versuchte seinen vermeintlichen Bonus als Mr. EU auszuspielen, vor allem mit Blick auf den Macroneffekt und dessen Vorschläge zur EU-Reform. Und selbst in diesem Fall: Schulz würde bestenfalls als Mr. EU wahrgenommen, Merkel aber als Miss World. Zudem auch der Schulzeffekt zwar kurzfristig SPD-Wähler und Nichtwähler mobilisierte, aber noch in grösserem Umfange konservative Nichtwähler, Wähler und AfD-Sympathisanten, die lieber eine Konservative als Kanzlerin haben als die Aussicht auf einen Sozen-Kanzler, der sich auch schon mal für Eurobonds aussprach, vielleicht auch noch rot-rot-grün.

Egal, Schulzeffekt, Trumpeffekt, Macroneffekt, Corbyneffekt, Kurzeffekt–allgemein ist überhaupt zu fragen, ob sich Parteien auf solch kurzfristige Effekthaschereien verlassen sollten, zudem viele solcher Effekte nicht so unspezifisch auf andere Länder und deren unterschiedliche politische und ökonomische Rahmenbedingungen übertragen werden können–da strahlt Merkel doch mehr Kontinuität aus, die weniger spontaner Emotionalität und Impulsivität geschuldet ist. Sie wirkt doch rationaler und kopfgesteuerer als der bauchlastige würselige Schulz und cholerische Trump, mehr Brain als Body.

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