Deutschland nach Platzen von Jamaika

Deutschland nach Platzen von Jamaika

Der Poltikwissenschaftler Oskar Niedermayer hofft auf Neuwahlen, die ein völlig verändertes Wählerverhalten auslösen würden und eine CDU/CSU-FDP-Regierung oder ein CDU/CSU-Grünen-Zweierbündnis ermöglichen könnten. Was aber wenn dies nur ein frommer Wunsch bleibt? Denn es ist auch folgendes nicht auszuschließen und sogar wahrscheinlicher: Deutschland wird nur noch über Grokos oder Minderheitenregierungen regierbar sein, es sei denn ein charismatischer Listenführer ala En Marche oder Kurz stellen sich ein, die zudem die ganzen Nicht- und Protestwähler zu sonstigen Stammwählern gewinnen. Ansonsten werden Konservative vielleicht doch einmal über eine Beteiligung der AfD nachdenken müssen und so wie Merkel als strategisches Ziel ausgab, dass keiner gegen sie regieren kann, so möglicherweise auch die AfD, wie Weidel dies erklärte, dass die bürgerlichen Konservativen ohne AfD nie ihre Ziele durchsetzen werden können.  Lindner scheint den Kurz geben zu wollen, obgleich die FDP nie einen Macron oder Kurz realsieren wird. Die Grünen haben sich allein schon durch die Jamaikaverhandlungen nach rechts verändert–die Boris Palmer und Kretschmanns werden sich nun wohler fühlen in ihrer Partei–es wird also nicht zu Spaltungen wie in Österreich mit der Liste Pilz kommen . Nett anzusehen, wie nahe sich CSU und Grüne zuletzt doch noch kamen.

Aber es wird Zeit sich nun für die Zeit nach Merkel einzustellen. Die Konservativen in CDU und CSU hoffen ja auf Jens Spahn (Münchner Merkur: Der König der Konservativen).Tut dies die CDU nicht, wird sie nicht nur Fluchtursachen in Afrika, sondern vor allem ihrer Wähler bekämpfen müssen.Die SPD muss sich Schulz als Opferlamms entsorgen, sollte sie noch in eine Groko gehen wollen, aber was sich die SPD von Neuwahlen erhofft, wo sie doch personell, finanzilell und inhaltlich noch völlig lädiert ist, ist so die große Frage. Die Schulz-SPD scheint zu hoffen, dass die Wähler das Scheitern von Jamaika mit Stimmen für die SPD goutieren, aber für was eigentlich.Wofür steht denn jetzt die SPD, dass man sie wählen sollte?

Dazu geht das Schwarze Peter Spiel nun auch vor allem in Richtung SPD, was Lindners Trumpauftritt vergessen macht: Drückeberger, Verantwortungsverweigerer, zumal auch alle die Verantwortung, den Patriotismus betonen, was so klingt wie bei Wilhelm dem 2: Ich kenne keine Parteien mehr, ich kenne nur noch Deutsche.Im Ersten Krieg stimmten die Sozialdemokraten für die Kriegskredite und für den Krieg, heute geht es nicht um Krieg, sondern nur um eine Regierungsbildung, wenngleich Özdemir mit seiner Patriotismusäußerung so alles abweichende Verhalten implizit als vaterlandslose Genossen dastehen läösst, zumal auch der EX-SPDler Steinmeier seine Ex-Genossen in die Pflicht nehmen will.Mal sehen, ob sie sich wirklich so verweigern werden.

Eine Groko ist auch nur ein Zeitaufschub für die weitere Erosioin der Volksparteien. Es kommt stark darauf an, dass eine GroKo einen innovativen Aufbruchsimpuls gibt, der einen gewissen Zukunftsoptimismus in der Bevölkerung generiert und sich nicht in kleinkariertem Gezänke über kleinteilige Baustellen ergibt. Leider vermisse ich bei Merkel den großen visionären Wurf–in ihren 12 Jahren hat sie nie etwa einen EU-Refromplan wie Macron propagiert, der für eine gewisse europäische Aufbruchsstimmung sorgte, noch etwas Vergleichbares im nationalen Rahmen entworfen, bestenfalls trat sie als Krisenmanagerin auf, aber eben auch nicht als mehr.Es waren mehr 12 Jahre Verwalten statt Gestalte und Auf-Sicht-Fahren. Nun erwartet man nicht, dass Merkel wie die KP China gesamte weltvisionäre Zukunftspläne wie die Neue Seidenstraße oder Entwicklungsziele bis 2030, bzw. 2050 propagiert oder eine Vision 2030 wie der saudische Kronprinz Mohammed Bin Salmann, aber mindestens so etwas wie den 10 Punkte-Plan von Macron–einen Impuls.

Sollte dies nicht kommen, wird die Groko auch nur als weitereres kleineres Übel wahrgenommen und werden CDU/CSU und SPD weiterhin an Stimmen verlieren, bis zu dem Punkt an dem dann auch die zerfallenden Volksparteien nicht mehr gemeinsam imstande sind, eine Regierungsmehrheit zu binden. Genauso wie Merkel als strategisches Ziel ausgegeben hat, dass keiner ohne die CDU regieren könnte, ist das mittelfirstige Ziel der AfD ebenso, dass es keine Mehrheiten mehr ohne eine AfDbeteiligung geben wird, was durchaus im Rahmen des Möglichen kommen kann.

Die Erneuerung der SPD sehe ich nirgends. Man versucht sich in einer schlechten Kopie der Linkspartei seitens der Parteilinken, Scholz steht mehr für die gehabte neoliberale Politik des Seeheimer Kreises und Nahles erscheint ebenso wenig als visionäre Vordenkerin, sondern ist ein recht primitives Trampeltier, welches mit reaktiven und kurzfristigen Effekthascheierein Schlagzeilen generieren möchte.

Eine Neuausrichtung einer neuen SPD müsste folgende wichtigste Politikfelder ansprechen:

1) Eine neue Ostpolitik gegenüber Rußland

2) EU-Reform in Anlehnung an Macrons Plan, aber eben auch mit eigenen Vorstellungen und nicht nur kritikloser Unterstützung

3)Neue soziale Frage im Zeitalter der Digitalisierung

4) Wie soll die deutsche Gesellschaft infolge der Modernisierung durch Energiewende. Digitalisierung und Klimawandel in Zukunft aussehen?

5) Migration und Flüchtlingsursachen

Letzteres versuchte Merkel ja schon infolge einer Volksbeteiligungsbefragung mit Bürgerpartizipation zu erkunden, aber die ganze Veranstaltung bleibt eine psychotherapeutische Selbsterfahrungsgruppenalibiveranstaltung ohne Konsequenzen oder Verkündung von Ergebnissen oder einer Gesellschaft- oder gar Zukunftsvision. Es war mehr eine Propagandaveranstaltung im Rahmen einer quasi psychotherapeutischen Gesprächstherapie, die symbolisieren sollte, dass das Establishment und Merkel dem Volke noch ein Ohr schenkt und zuhören kann, wenngleich eben schlicht nichts daraus folgerte.

Doch nicht einmal die Linkspartei und ihre weiterdenkende Sarhra Wagenknecht sind soweit, die Linkspartei hat auch nur Verteilungspolitik in Sinne, aber keine Gesellschaftsenbtwürfe mehr und von einer zerstrittenen SPD ist dies noch weniger zu erwarten.Die CDU wird nach Merkel in ihrer größten Zerreißprobe stehen. Da die Nachfolgerfrage lediglich einen Jens Spahn, eine van der Leyen und sonst wenige Hoffnungsträger hat, wird es der zur Kanzlerinnenpartei gewordenenen CDU sehr schwer fallen eigene Visionen ohne Merkel zu fassen. Jens Spahn sehe ich auch nicht so als visionär, zumindestens ist er noch nicht durch eigene programmatische Manifeste, Programme oder Visionen aufgefallen, sondern er kokettiert mehr mit einem konservativeren Rechtsruck, fällt durch solche Nebensächlichkeiten auf, dass er bemängelt, dass in deutschen Politikerszenelokalen zuviel Englisch statt Deutsch gesprochen werde oder setzte auf dem CDU-parteitag die Abschaffung des Doppelpasses gegen Merkel durch. Dies ist aber nur klein-klein und nicht mehr als Symbolpolitik.Spahn erscheint mir zumindestens bisher ebenso wenig der charismatische Vordenker einer neuen CDU, auch wenn er in konservativen Blättern wie dem CSU-nahen Münchner Merkur schon als „König der Konservativen“gehypt wird.Von einer Von der Leyen oder einer Kramp-Karrenbauer ist da noch weniger zu erwarten.Also summa summarum recht trübe Perspektiven.Ändern könnte dies höchstens eine neue Listenkraft ala Kurz oder Macron, doch wo ist solch ein charismatischer Führer in Deutschland auf dem Radar. Lindner versucht ja den Kurz zu imen, aber es ist unwahrscheinlich, dass die FDP jemals auf solch eine Stärke anwächst wie vergleichbare Bewegungen in Europa.Eine Liste Boris Palmer ist ebenso unwahrscheinlich, da dieser nach dem tendenziellen Rechtsruck und der Betonung realistischer und konservativer Positionen seitens der Grünen im Rahmen der Jamaikakoalitionsverhandlungen  es sich in den Grünen gemütlich machen kann und auch nicht wie etwa Peter Pilz in Österreich die Grünen spalten wird, zumal dies auch das Ende für beide Anwärter bedeuten könnte.

 

 

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