Die NATO nach Ende des Kalten Kriegs und in der trumpatlantischen Ära

Die NATO nach Ende des Kalten Kriegs und in der trumpatlantischen Ära

Der ursprüngliche Verteidigungszweck der NATO bestand in der kollektiven Verteidigung des transatlantischen Gebiets, vor allem der Verteidigung gegen die Sowjetunion in Europa. Nach Ende des Kalten Kriegs gab es nun verschiedene Vorschläge, wie die NATO einzusetzen sei. Zum ersten war Bedingung für die deutsche Wiedervereinigung seitens der USA die weitere NATO-Mitgliedschaft Deutschlands. Bush senior erhoffte sich sogar eine „strategische Partnerschaft“mit Deutschland und die Gestaltung einer „Neuen Weltordnung“.

Im Zentrum der Verhandlungen stand die Frage der deutschen Wiedervereinigung.Gorbatschow forderte zuerst ein neutrales, wiedervereinigtes Deutschland, das nicht Mitglied in der NATO sei und wollte ein „Haus Europa“. Kohl, Genscher und US-Präsident Bush jedoch hielten die Westbindung und Einbindung Deutschlands in die NATO und in die EU für vital wichtig und lehnten Gorbatschows Vorschläge ab. Umgekehrt wurde sogar über eine NATO-Mitgliedschaft Russlands gedacht und über eine Sicherheitsarchitektur von Ottawa bis Wladiwostok, wozu es aber nie kommen sollte. NATO-Migliedschaft und Einführung des Euros waren historische Preise für die deutsche Wiedervereinigung, um den europäischen Nachbarn die Angst vor einem neuen 4. Deutschen Reich mit deutschen Sonderwegen zu nehmen.Gorbatschow behauptete später, die westlichen Politiker hätten ihm versprochen, dass die NATO nicht nach Osten ausgedehnt würde. Er hatte aber nicht auf eine vertragliche Regelung dieser Forderung bestanden und die USA hatten von Anfang an klar gemacht, dass sie sich eine NATO-Osterweiterung vorbehielten, diese aber so gestalten würden, dass sich Russland nicht in seiner Existenz gefährdet sehen würde. Zudem wurde in der NATO-Russland-Gründungsakte von 1997 zwischen beiden Parteien festgeschrieben, dass die postsowjetischen Staaten einem Bündnis ihrer Wahl beitreten könnten, sowie die NATO östlich der DDR keine permanenten, substantiellen Militärkontingente und Militärinfrastrukturen aufbauen würden. Die nächsten zwei Jahrzehnte waren gekennzeichnet durch die systematische Ausweitung sowohl der NATO wie der EU nach Osten bis an die Grenzen Rußlands, was Putin dann nicht mehr akzeptierte und sich dann im Falle der Ukraine in einen Stellvertreterkrieg entladen sollte.

Die NATO nach der deutschen Wiedervereinigung- von der Landes- und Bündnisverteidigung zur Interventionsarmee

Mitten in die friedlichen Revolutionen platzte der Golfkrieg, bei dem Bush senior eine internationale Allianz unter UNO-Mandat und US-Führung herstellte. Hier wurde Deutschland das erste Mal offen dafür kritisiert, dass es nur „Scheckbuchdiplomatie“ betreibe und nicht imstande war eigene Truppen zu stellen. Dies wurde damals noch mit der deutschen Verfassung, der Präsenz sowjetischer Truppen sowie der mangelnden technischen Fähigkeit der Bundeswehr und der NATO für internationale Einsätze begründet.Der Golfkrieg wurde propagandistischer Auftakt für eine Diskussion des Umbaus der NATO und der Bundeswehr für out-of-area-Einsätze, die systematisch sich erst auf das naheliegende Europa und dann später auf weit entferntere Gebiete wie Somalia, Kambodscha und den Größeren Nahen Osten und Afghanistan erstrecken sollte. Speziell hierzu wurden die NATO-Strategie 1991, dann 1999 neu festgelegt und sollte laut Beschluß des NATO-Gipfels von Kehl bis 2010 ein neue NATO-Strategie verabschiedet werden.

Wichtigste Ereignisse innerhalb der NATO in den 90er Jahren war der Jugoslawienkrieg, an dem sich die NAT0 1995 in Bosnien-Herzegowina beteiligte und der Kosovokrieg 1999, mit gleichzeitiger NATO-Osterweiterung um Polen, Ungarn und die Tschechische Republik im Jahre 1999. Dies war der Auftakt zur Umwandlung der NATO von einer Landarmee mit euroatlantischem Schwerpunkt hin zu einer globalen Interventionsarmee, die sich in der 1991 überarbeiteten neue NATO-Strategie manifestierte.

9-11 und die Nachfolgen

Gamechanger war dann der 2001er Anschlag von 9-11 der Al Kaida, der als Angriff auf einen Verbündeten gemäß Artikel 5 des NATO-Vertrages aufgefasst wurde . Es gab zuerst weltweite Sympathie für USA und eine UNO-Resolution für möglichen Kriegseinsatz. Schröder sprach sich für“uneingeschränkte Solidarität“ aus, einschließlich eines Kriegseinsatzes in Afghanistan mit deutscher Beteiligung. Die USA setzten der Taliban ein Ultimatum, aber die Taliban wollten Osama Bin Laden nicht ausliefern. Das Ultimatum verstrich und es erfolgte der US-Angriff gegen Taliban-Afghanistan.USA setzen jedoch zu Anfang auf US-Militär und die afghnaiscvhe Nordallianz, erst später wurde der Einsatz mittels UNO-Mandat an die NATO weitergegeben.

Schon bald zeigte sich, dass Bush 9-11 als Vorwand für eine wesentlich breiter angelegte Agenda nutzen wollte, nämlich die Neuordnung des Greater Middle East mit seinen Ölreserven. Die neokonservative Neuausrichtung hatte auf ihrer Agenda : Den Sturz panarabischer und islamischer Regime, Demokratisierung der Region.Eine neue junge Elite von Demokraten sollte Terrorismus, Extremisten und autoritären  Regime zurückdrängen,die Herrschaft übernehmen, die Region von Terrorismus und für die USA und Isreal sicher machen, wofür diese den USA für ewig dankbar sein und ihr Öl abliefern sollten.Irak sollte als Vorkämpfer des Panarabismus und Gegner der USA und Israel besiegt werden und zu einem Leuchtturm der Demokratie umgewandelt werden, der dann Sturz anderer autoritärer Regime nach sich ziehen sollte (Iran, Syrien,etc.).Irak wurde alles mögliche vorgeworfen, um einen Kriegsvorwand zu haben, u.a. Besitz von Massenvernichtungswaffen, Unterstützung und Kontakte zu Al-Kaida, Menschenrechtsverletzungen.

Darüber kam es zu einer tiefen Spaltung der NATO in Kriegsbefürworter und Kriegsgegner oder wie der damalige US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld formuliert: New Europe (Großbritannien, Italien, Spanien,Osteuropa)versus Kriegsgegner Old Europe (Deutschland, Frankreich). Ebenso erhielt der Irakkrieg nicht die Zustimmung seitens der UNO, da Russland und China ihr Veto einlegten und auch Deutschland und Frankreich diesen ablehnten.Es erfolgte Schröders klares Nein zu einer deutschen diplomatischen und militärischen Beteiligung, wenngleich Militärstützpunkte der USA in Deutschland durchaus genutzt wurden, sowie auch der BND zusammen mit der CIA aktiv war. Die Türkei verbot den USA die Errichtung einer Nordfront gegen den Irak auf türkischen Territorium(ein Angriff des Irak auf Türkei wäre NATO-Fall gewesen).Bush jr. setzte mehr auf Unilateralismus und eine Coalition of the willing , degradierte die NATO zur tool box, aus der man sich Werkzeuge für den Gebrauch nimmt.Der Tiefpunkt der transatlantischen Beziehungen wurde vorerst 2003/2004 erreicht.Eine Wende zu mehr Multilateralismus erfolgte erst zur 2. Amtszeit Bushs, als sich zeigte, das der Irakkrieg desaströse Folgen gehabt hatte (100 000 Tote, Instabilität und Anstieg des Terrorismus, Aufstieg des Iran, Beschädigung der UNO und der transatlantischen Beziehungen)und USA Kosten für Kriege verteilen wollten.Nun versuchte Bush auch die Verbündeten zur Unterstützung bei der Lastenteilung und den Stabilisierungseinsätzen in Afghanistan und Irak zu gewinnen.

Die NATO-Osterweiterung

Gleichzeitig und infolge kam es zu weiteren NATO-Osterweiterungen

  • 1990 bzw. 1995: DDR-Territorium
  • 1999: Polen,Ungarn, Tschechische Republik
  • 2004: Estland, Lettland, Litauen, Slowakei, Slowenien, Rumänien, Bulgarien
  • 2009: Albanien, Kroatien (Mazedonien)
  • Dazu: Partnerschaft für den Frieden: viele ehemalige Staaten des Warschauer Paktes auch zentralasiatischen und kaukasischen in PfP-Programmen
  • Mittelmeerprogramm der NATO:Partnerschaften auch mit nordafrikanischen und muslimischen Staten
  • Rückkehr Frankreichs in die militärische Integration
  • NATO 2009: 28 Mitglieder

Es kam zum einer zunehmend feindseeligen Reaktion Russlands auf zunehmende NATO-Annäherung an seine Grenzen, vor allem wegen der völkerrechtlich umstrittenen westlichen  Anerkennung des Kosovos, die Diskussion um die NATO-Mitgliedschaft der Ukraine und Georgiens und die Diskussion um eine Raketenabwehr in Polen und Tschechien. Russland versuchte auch zentralasiatische Staaten dazu zu animieren, US-Stützpunkte zu schliessen. Beim Georgiekonflikt provozierte Georgiens Präsident Saakaschwili Russland in der Hoffnung, dass die USA und vielleicht die NATO zu seinen Gunsten intervenieren würden, worauf Russland als späte Revanche für die Gründung des Kosovostaates Abchasien und Südossetien als eigenständige Staaten anerkannte und dort Militärstützpunkte aufbauen will.

Die neuen NATO-Strategien und die Strategievorarbeiten der Ex-NATO-Generäle: Idee einer proaktiven NATO

Nach dem Gipfel von Rom 1991 und dem Gipfel von Washington 1999, bei denen jeweils neue NATO-Stratgien veröffentlicht wurden, wurde bei dem NATO-Gipfel 2009 neben dem Festhalten an bisherigen NATO-Einsätzen beschlossen bis nächstes Jahr zum NATO-Gipfel 2010 eine neue NATO-Strategie für die inzwischen 28 Mitglieder auszuarbeiten.

Wichtige Vorarbeiten in diesem Bestreben stellte das Papier „Zu einer Gesamtstrategie in einer ungewissen Welt–Die transatlantische Partnerschaft erneuern“ der Ex-NATO-Generale

General Dr. Klaus Naumann

General John Shalikashvili(USA)

Feldmarschall The Lord Inge(GB)

Admiral Jacques Lanxade(F)General Henk van den Breemen(NL) aus dem Jahre 2008 dar.

Zum Inhalt:

Die Studie zeigte das Spektrum regionaler und globaler Bedrohungen auf, die durch internationale Trends verschärft werden.

Diese könnten in ihrem Umfang und ihrer Komplexität nicht mehr von den Nationalstaaten allein begegnet werden , sondern man könne diesen  nur in einer ganzheitlichen, gemeinsamen Herangehensweise, die nichtmilitärische und militärische Mitttel einschliesst, habhaft werden.

Nicht nur Nationalstaaten seien mit den neuen Bedrohungen und Problemen überfordert, auch Europa und die EU könnten diese alleine ohne die USA und die NATO nicht meistern, zumal das Gewicht  der EU in der Welt von morgen abnehmen werde und die Bedrohungen nicht nur militärischer Natur, sondern auch nichtmilitärischer Natur seien z.B. Einsatz von Energieabhängigkeiten ,Finanzabhängigkeiten, Computerkriegsführung (Cyberwar).

Auf dieser Grundlage entwarrfen die Ex-Generale eine Gesamtstrategie, die sowohl von anderen Nationen wie auch Organisationen in Zukunft übernommen werden sollte und an bestehenden Institutionen, vor allem der NATO, der EU und der UNO ansetzte.

Die NATO sei die am besten geeignete Institution, um zentrales Element einer künftigen Sicherheitsarchitektur zu werden, insofern sich die NATO radikal reformiere.Die NATO brauche mehr nichtmilitärische Kapazitäten, die sie mittels einer engen Kooperation von der EU erhalten sollte.

  • EU und USA sollten ein gemeinsames Geheimdienstzentrum gründen.
  • EU, USA und NATO sollten ein Direktorium gründen, das langfristig als Vorstufe einer weltweiten Allianz der Demokratien dienen sollte. Der so gestärkte Westen sollte sein Gewicht in die UNO und neben der UNO in die Waagschaale werfen soll, d.h. NATO-Einsätze außerhalb der UNO legitimieren, d.h. unabhängig vom Veto Russlands und Chinas

 

Die Studie sah die Welt des 21.Jahrhunderts mehreren Trends, Gefahren und Herausforderungen ausgesetzt:Zum einen globalen Trends wie

demographischer Wandel(die sich entwickelnden Länder wachsen, entwickelte Länder schrumpfen, Ausnahme: USA,

Europa schrumpft und altert/Gefahr für Sozialsysteme und Innenwendung Europas bei abnehmender Rolle in der Welt/Afrika und Mittlerer Osten Überbevölkerung—Instabilität, Arbeitslosigkeit, Flüchtlingswellen und Terrorismus

Klimawandel(resourcenreiche Gegenden werden erschliessbar:Spitzbergen, Arktis Territorialkonflikte zwischen USA und Russland, bzw. Grönland,Russische Küsten eisfrei—Nordwestpaasage—neue Schiffahrtsrouten,Umweltflüchtlingswellen ; Wasser- unNahrungsmittelknappheit

Abnahme staatlicher Souveräntät Suche nach Ersatzidentitäten,  Gefahr der Renaissance des Nationalstaates und von Mikronationalismen

Verlust an Rationalität  ,Boden für Demagogegn, vor allem für islamischen Fundamentalismus

Konfrontationen in neuen Größenordnungen und neuer Komplexität:lokale Konflikte können leicht zu globalen Konflikten eskalieren

Als globale Herausforderungen gelten den Autoren

nukleare, biologische und chemische Aufrüstung, vor allem Iran

der zunehmende Kampf um knappe Resourcen, vor allem Öl und Gas,Abhängigkeit von OPEC, Russland plant Gas-OPEC, NATO soll Mittel zur Energiesicherung der EU werden

das Aufkommen nichtstaatlicher Akteure und asymetrischer Kriege, Symbiose Terrorismus  mit organisierten Verbrechen

sowie der Missbrauch finanziellen Einflusses, Schurkenhilfe(rogue aid) vor allem von Russlandund China

Speziell als regionale Herausforderungen gelten:

Aufstieg Asiens, speziell Chinas, Indiens und Indonesiens

Größte Gefahr: Pakistan=failed state  mit Atomwaffen

Gefährlicher Mittlerer Osten,vor allem Iran

-Afrika, speziell der Zusammenbruch von Staaten und 400 Mio afrikanische Muslims

Afrika=Kampfplatz zwischen Westen, China und Islam, USA und Europa in Afrika gegen China und Islam zusammenarbeiten, USA immer abhängiger von Afrikas Öl, Gas und Resourcen, Africom

und

Wiederauftauchen Rußlands möchte zweite Großmacht hinter USA sein, aber irreale Ansprüche, Differnezen mit China, aber eine Groe Koalition China-Russland nicht unmöglich.Besorgniserregend ist aber nicht Russlands Stärke, sondern eher seine Schwäche.

 

Als Neuerung für eine neue Gesamtstrategie wurde angedacht: Die Ausweitung des NATO-Aufgabenspektrums und des Kriegsbegriffs auch auf nichtmilitärische Gebiete. So hieß es in der Studie:

„Obwohl die Gefahr terroristischer Gewalt jetzt überall existiert, ist diese Gefahr nicht die einzige. Viel subtilere Techniken kommen zum Einsatz: Staaten können ihren Machtbereich unentdeckt durch Wirtschaftskriege oder Cyber-Attacken vergrößern. Staatliche Verschuldung und Abhängigkeiten im Energie- und Finanz-Sektor kann von Staaten benutzt werden, andere auf nicht-militärische Weise abzuschrecken.Vor einem Hintergrund globaler Entwicklungstendenzen, die in Richtungwachsende Instabilität zeigen, werden die Konflikte des 21. Jahrhunderts einenie erreichte Komplexität erhalten.“ (S.9)

Der Unterschied zu Kaltem Krieg und das Neue sei:Neue Komplexität und lokale Konflikte können globale Auswirkungen haben, z.B. Abhängigkeit des Westens von Indiens High-Tech-Industrie.

 

„Gleichzeitig hat die globalisierte Welt eine strategische Umgebung geschaffen, diean Komplexität ohnegleichen ist. Die Bedrohung durch den kalten Krieg, mit einem rationalen Gegner war eindimensional und dominiert durch militärische Angelegenheiten.(…)Das Neue an der heutigen Globalisierung ist aber, dass sie es ermöglicht, dass lokale Risiken und Bedrohungen globale Gefahren werden können.

(…)Diese Verletzlichkeit des Westens durch die neue Abhängigkeit von den Dienstleistungen und der Produktion Asiens ist heute so stark, wie die europäischeAbhängigkeit vom ¨Öl des Mittleren Osten. F¨ur die Menschen im Westen ist es nicht ungewohnt während Krisen oder Kriegen im Mittleren Osten eine gewisse Erhöhung der Benzinpreise zu erdulden, aber sie sind nicht vorbereitet auf den vielplötzlicheren und einschneidenderen Kollaps, der durch eine Krise, welcher die indische High-tech Industrie beeinträchtigen würde, hervorgerufen könnte, ausgelöst durch einen Krieg mit Pakistan oder größere Unruhen. Die positivsten Nutzungender globalen Wirtschaft machen mit anderen Worten die Welt als Ganzes durchlokale Krisen verwundbar.“(S.12)

Die Studie forderte folgende wesentlichen folgende Reformen der NATO:

• NATO-Recht soll vor UN-Recht gestellt werden; d.h. NATO-Einsatz auch ohne UN-Mandat.

Damit soll gewaltsam das Instrument der so genannten Schutzverantwortung „Responsibility to protect“ zur Anwendung kommen.

„Zusätzlich zum offensichtlichen Fall der Selbstverteidigung erachten wir die Anwendung von Gewalt auch bei Abwesenheit einer Autorisierung durch den UN-Sicherheitsrat als legitim, wenn die Zeit nicht ausreicht, ihn zu involvieren oder sich der Sicherheitsrat als unfähig erweist, zeitnah eine Entscheidung zu treffen, […];

• Übertragung der Bush-Doktrin der Präventivkriegsführung der USA auf die NATO;

• Die NATO beansprucht Eskalationsdominanz in jeder Konfliktphase, auch atomar mit der Option auf den Ersteinsatz:

„Der Ersteinsatz von Nuklearwaffen muss im Arsenal der Eskalation das ultimative Instrument bleiben, um den Einsatz von Massenvernichtungswaffen zu verhindern“

• Ein Lenkungsdirektorat NATO-EU wird propagiert, in dem letztlich aber die NATO (sprich die USA) das Sagen haben soll; (Die folgenden fünf Punkte wurden auch übereinstimmend vom damaligen neuen Vorsitzenden des Nationalen Sicherheitsrats der USA, James Jones, einem ehemaligen Chef des US-Marinecorps und SACEUR der NATOunter George W. Bush, und einer gemeinsamen Studie der vier wichtigsten US- „Think-Tanks“ genannt.).

Desweiteren: Gemeinsames Geheimdienstzentrum USA/EU

• Mitbestimmen soll künftig nur dann ein Land können, das auch mitkämpft:

„Länder,die keine Truppen beitragen, sollten auch kein Mitspracherecht hinsichtlichmilitärischer Operationen erhalten“;

• Einsatzkosten sollen aber alle NATO-Staaten tragen, auch diejenigen, die nicht teilnehmen;

• Da eine rasche und widerspruchsfreie Kriegsführung durch das Konsensprinzip innerhalb der NATO behindert werde, so die Generäle, schlugen sie

„vor, dass dieNATO das Konsensprinzip auf allen Ebenen unterhalb des NATO-Rats aufgibt und

auf Komitee- und Arbeitsgruppenebene Mehrheitsentscheidungen einführt

• Klar setzen sich die Generäle dafür ein, dass die NATO-Mitglieder ihr Recht auf Sonderregeln so genannte Caveats für den eingeschränkten Einsatz ihrer Truppen„soweit wie möglich abschaffen“;

• Die zivil-militärische Zusammenarbeit sollte verstärkt werden, indem zivile Organisationen bereits in den NATO-Manöverbetrieb frühzeitig eingeordnet werden – damit diese im Ernstfall produktiv eingeplant werden können – also das Zivile soll dem militärischen Ziel systematisch untergeordnet werden. Deshalb plädieren die Generäle für den Aufbau „zivil-militärischer Stabilisierungstruppen“

Quelle: Towards a Grand Strategy for an Uncertain World – Renewing Transatlantic Partnership, 159 Seiten

080110 Grand Strategy

Autoren der Studie waren die EX-NATO-Generäle

Naumann (D), Shalikashvili (USA), Inge (GB), Lanxade (F), van den Breemen (NL)

Kurz gefasst, handelte es sich um die Strategie einer „flexiblen proaktiven Eskalationsdominanz“, die der NATO empfohlen wurde.Von Bedeutung für das Strategische Konzept waren noch zwei weitere Dinge: Zum einen, die engere Koordination der sich militarisierenden EU mit der NATO. Also dasBestreben, die EU zum europäischen Standbein der NATO auszubauen oder anders: die EUzu NATOisieren. Dabei werde die EU allerdings immer darauf bedacht sein, auch von derNATO unabhängig agieren zu können. Zum anderen, das Bestreben der NATO, ihr Verhältnis zur UNO zu festigen. Das drückte sich insbesondere im Geheimabkommen zwischen Ban Kimoon und dem damaligen NATO-Genralsekretär Jaap den Hoop Scheffer am 23. September 2008 aus. Die Sekretariate von UNO und NATO versicherten am UN-Sicherheitsrat vorbei, sich zukünftig einen institutionalisierten Rahmen zu schaffen, der auch „Training und Übungen“ sowie „operationale Koordination“ beinhalten solle. Also hier der Versuch der NATOisierung der UNO. Der damalige deutsche Minister Jung setzte sich dafür ein, dass NATO, EU und UNO „noch viel systematischer und enger miteinander kooperieren und sich gegenseitig ergänzen. Nicht nur in den Missionen und Einsätzen“,schreibt er in der FAZ, „sondern auch auf institutioneller Ebene, Kooperation muss Alltag werden.“ Das solle in das neue Strategische Konzept der NATO aufgenommen werden.Die meisten dieser Reformvorschläge blieben aber Makulatur und wurden nicht realisiert.

Politisch wurden die militärischen NATO-Reformvorschläge ebenso mit neue Allianzen demokrtaischer Wertegemeinschaften ergänzt.Die Vision einer Allianz der Demokratien  ist derer des nichtgewählten US-Präsidentschaftskanidaten Mc Cains und Neokonservativer wie Robert Kagan ähnlich, die eine neue Zweitteilung der Welt in demokratische und autoritäre Staaten kommen sahen und ebenfalls eine Liga/Allianz der Demokratien forderten.

Mc Cain wollte Russland aus der G-8 ausschliessen und die G-7 und eine Globale NATO als Kern einer solchen Allianz der Demokratien nutzen.Der damals neu gewählte US-Präsident Obama hingegen hatte sich nicht in dieser Hinsicht geäußert, sondern betonte mehr den gewohnten Multilateralismus , der die UNO sowie weniger konfrontative Beziehungen zu Russland und auch China ins Zentrum stellt und keine Paralellorganisation zur UNO aufbauen wollte.

.Die Notwendigkeit einer stärkeren Kooperation zwischen NATO und EU wurde sowohl amerikanischerseits wie auch europäischerseits betont und es war möglich, dass Elemente davon  in die neue Strategie einfliessen würden , wenngleich nicht in der exzessiven Form wie unter Mc Cain oder in Form eines gemeinsamen Direktoriums aus EU, USA und NATO wie in der Studie der 5 Ex-NATO-Generäle.Merkel forderte ebenso eine engere Kooperation mit den USA und sogar eine Transatlantische Freihandelszone TAFTA, die bisher nicht Wirklichkeit wurde, dafür aber ein neugegründeter Transatlantischer Wirtschaftsrat.Später wurde dann TAFTA durch die Freiandelszone TTIP in die transatlantischen Verhandlungen aufgenommen, um eine Art „Wirtschafts-NATO“gegen China zu begründen, jdeoch scheierte dieses Anliegen an dem inzwischen neu gewählten Antiglobalisten Trump.

Die Vorstellungen einer proaktiven NATO des damaligen neuen Nationalen Sicherheitsberaters James Jones (ehemaliger NATO-Chef) waren im Kern deckungsgleich mit den Vorschlägen der Generalstudie,die straffere Entscheidungsstrukturen, sowie die Hinzuziehung nichtmilitärischer Kapazitäten vorsieht,um schon frühzeitig vor und während der Entstehung von Krisen einzugreifen und bei Krisen- und Kriegsausbruch klare Eskalationsdominanz, auch atomar zu haben.Es war aber fraglich, ob eine neue NATO-Strategie die von der Bush-Administration erfundene Präventivkriegstratgie übernehmen würde, da hierfür in Europa nach dem Irakabenteuer der USA kaum Fürsprecher zu finden waren, weswegen dies auch nicht geschah.

Die Idee einer Globalen NATO

Neben der proaktiven NATO war ein weiterer Reformvorschlag die Erweiterung der bisher euroatlantischen NATO zur einer weltweiten Globalen NATO, die der damals von Obama neuernannte NATO-Botschafter Ivo Daalder in einem programmatischen Artikel „Global NATO“ in der Foreign Affairs angedacht hatte, jedoch von Merkel und Sarkozy explizit abgelehnt wurde.Hingegen wurden globale Partnerschaften der NATO jedoch begrüsst.Infolge setzte der damals neue NATO-Generalsekretär Rasmussen, ein Befürworter der Globalen NATO zur Ausarbeitung einer neuen Strategie eine 12-köpfige Kommission ein, die von der ehemaligen US-Aussenministerin Madelaine Albright geleitet wurde und Jeroen van der Veer, ehemaliger Vorstandschef von Royal Dutch Shell als Beisitzer hat.

Globale NATO

Obama ernannte den Vordenker der Globalen NATO Ivo Daalder nach Amtsantritt zum neuen NATO-Botschafter.Ivo Daalder war bekannt für seine Ideee einer Liga der Demokratien und für seine Befürwortung einer Globalen NATO.

Der Artikel „Global NATO“ von Ivo Daalder und James Goldgeier in der Zeitschrift des Council on Foreign Relations Foreign Affairs  vom September/Oktober 2006 hatte folgenden  Inhalt:

Unbemerkt sei die NATO global geworden.Nachdem die Allianz dazu gegründet wurde Westeuropa vor der Sowjetunion zu schützen, engagierte sich die NATO inzwischen weltweit zur Stabilisierung der Welt.Afghanistaneinsatz, Militärausbildung des Iraks, Logistikunterstützung für die Afrikanische Union im Sudan/Darfur, Katastrophenhilfe beim Erdbeben in Kashmir, bei Tsunami in Indonesien und in den USA bei Hurrikan Katharina als nur einige Beispiele.

Der internationale Terrorismus und die internationalen Bedrohungen erforderten eine Vorwärtsverteigigung, die globale Ausmasse umfasst.Doch aufgrund von Resourcenmangel der USA und der mangelnden Bereitschaft Europas in ferne Einsätze zu investieren, kämpfe die NATO damit ihre bisherigen Aufgaben überhaupt zu erfüllen.Eine weitere Beschränkung sei die Begrenzung der NATO-Mitgliedschaft auf nordamerikanische und europäische Staaten. Positiv sei der der Vorschlag der USA und GBs „globale Partnerschaften zwischen der NATO und nichteuropäischen Staaten“zu schmieden, die ein Forum für einen erweiterten Dialog mit anderen wichtigen Demokratien ermöglichen würden.Ein guter erster Schritt, aber der nächste Schritt der NATO sollte sein sich für eine Mitgliedschaft für jeden demokratischen Staat in der Welt zu öffnen.Nur durch eine wirklich globale Allianz könne man die globalen Herausforderungen der Gegenwart lösen.

Hauptziel der USA während des 20.Jahrhundert war es, zu verhindern, dass eine Macht in Europa dominant wurde.Die Gründung der NATO 1949 hatte zwei Ziele: Zum einen das Engagement der USA gegen eine mögliche sowjetische Aggression, zum anderen war die NATO ein Mittel ,die Europäer zu überzeugen, dass swie gegen die kommunistische Bedrohung bestehen konnten.Artikel 10 des NATO-Vertrages begrenzte die zukünftige NATO-Mitgliedschaft auf europäische Länder. Artikel 6 begrenzte den geographische Aktionsradius der NATO auf die Territorien Nordamerikas und Europas—eine strikte transatlantische Gemeinschaft.Nach dem Fall der Mauer und der Wiederevereinigung Deutschlands und Europas wurde die NATO zentral für die Konsolidierung und wuchs 1999 auf 19 Mitglieder und 2004 auf 26 Mitglieder.Mit ihrer Expansion half die NATO das historisch zersplitterte Europa ein friedlicher, vereinter und demokratischer Kontinent zu werden.

Mit der Herstellung eines freien und geeinten Europas war das strategische Ziel der USA in Europa erfüllt. Nach neuen Einsatzmöglichkeiten wurde gesucht. Verhinderung ethnischer Konflikte und Genozide, humaitäre Intervention und Postkonfliktsstabilisierung.Die Anschläge vom 11 Septemeber 2001 beendeten diese Diskussion.Die globale Reichweite der neuen Herausforderungen wurde offensichtlich.Erstmals wurde der Verteidigungsfall für die NATO gegeben. Aber zuerst wies Bush jr. jegliche NATO-Beteiligung in Afghanistan zurück, realisierte aber später, dass ein derartige Beteiligung nötig war.Die NATO übernahm im August 2003 offiziell die ISAF(International Security Assistnace Force)in Afghanistan, die anfänglich auf Kabul und sine Umgebung begrenzt war, dann aber systematisch auf das ganze Land ausgeweitet wurde.

Afghanistan ist aber keineswegs das einzige Beispiel für ein NATO-Engagement außerhalb Europas.Desweiteren wären noch zu nennen: Die NATO-Militärausbildung von 1500 irakischen Offizieren und Lieferung von Militärausrüstung.Die NATO flog 5000 Truppen der Afrikanischen Union ins sudanesische Krisengebiet um Darfur und beteiligte sich an der Mission der Afrikanischen Union in Äthiopien.Nicht nur der geographische Aktionsweite wurde erweitert, sondern auch das Spektrum der Aufgaben: Katastrophenhilfe in Kashmir, Indonesien und New Orleans.

Die NATO ändere sich, aber ändere sie sich auch genug? Die NATO sollte nicht länger einen exklusiven transatlantischen Charakter haben.Andere demokratische Länder teilen die Werte der NATO und viele ihrer gemeinsamen Ziele—einschliesslich Australien, Brasilien, Japan, Indien, Neuseeland, Südafrika und Südkorea- und alle können mittels zusätzlicher militärischer Kräfte und logistischer Unterstützung helfen, auf globale Bedrohungen zu antworten . Die NATO habe verstanden, dass es nötig ist ihre Beziehungen mit Ländern jenseits der transatlantischen Gemeinschaft zu stärken und zu formalisieren.NATO-generalsekretär Hoop Scheffer sprach von „einer Allianz mit globalen Partnern“.Aber Partner sind nicht dasselbe wie Verbündete und Dialog ist nicht dasselbe wie multinationale Plannung, Übungen und Operationen.

Die NATO sollte diese globalen Partnerschaften nicht als endgültiges Ziel sehen, sondern als einen ersten Schritt hin zu einer vollen Mitgliedschaft.Ähnlich wie bei der Partnerschaft für den Frieden mit ehemaligen Warschauer Pakt-Staaten, sollte ein globales Partnerschaftsprogramm der NATO eine ähnliche Rolle spielen und die Vorbereitung einer vollen NATO-Mitgliedschaft sein.Die Verbreiterung der Mitgliedschaft sei Ad-Hoc-Koalitionen vorzuziehen.Zum einen sei dass europäische Militär sehr ausgedünnt durch seine neuen Missionen in Afghanistan, Sudan, Kongo und anderen Teilen Afrikas.Zum anderen würde eine formale Mitgliedschaft die Fähigkeit steigern gemeinsame militärische Operationen in Hinsicht auf die Interoperabilität durchzuführen.

Die USA hätten eine enormen technologischen Vorsprung gegenüber ihren Verbündeten, aber ihr Potential würde maximiert, wenn sie mit anderen Truppen in Operationen  beteiligt sind, mit denen sie regelmässig trainieren.In einer erweitereten NATO würde ein US-General weiterhin der Oberste Allierte Befehlshaber sein und ein Nichtamerikaner, vielleicht in der Zukunft auch ein Nichteuropäer als NATO-Generalsekretär dienen. Als Zwischenschritte für eine derartige neue globale NATO sollten formelle Verbindungsbüros zwischen dem NATO-Hauptquartier in Mons und den Partnerstaaten eingerichtet werden und ähnlich dem Europäisch-Atlantischen Partnerschaftsrat sollte ein Globaler Partnerschaftsrat der NATO gegründet werden.Der NATO-Vertrag müsste ergänzt werden, vor allem Artikel 10, der die NATO-Mitgliedschaft begrenzt.Soweit Daalder in seinem programmatischen Artikel.

 

Wohlgemerkt blieben all diese hehren Visionen von einer globalen und proaktiven NATO Luftschlösser und wurden zumeist von den europäischen Verbündeten abgelehnt, wie auch Merkel-Deutschland selbst schon einer NATO-Mitgliedschaft der Ukraine innerhalb der NATO reserviert gegenüberstand. Von einer Globalen NATO, womöglich mit einer asiatischen und afrikanischen Säule neben der transatlantisch-amerikanisch-europäischen Säule wollte man nichts wissen, da man einen „imperial overstretch“ und eine endlose Verwicklung in internationale Abenteuer befürchtete. Der letzte wesentliche NATO-Einsatz erfolgte zum Sturze Ghaddafis in Lybien, der aber wie der Irakkrieg zu Chaos in dem Land führte, den Staatenzerfall und eine erneute Flüchtlingswelle nach Europa auslöste. Ebenso geriet die NATO nach dem Maidan-Putsch, der denmehr  prorussischen Präsidenten der Ukraine Yanutschenko zugunsten prowestlicher Kräfte und mittels 5 Mrd. Euro Fördergeldern der USA für die putschenden NGOs und westlich gesinnten Kräfte stürzte in Konflikt mit Russland, das den ersten NATOstaat an seinen direkten Grenzen und zugleich den Verlust seines Militärstützpunkts und der Schwarzmeerflotte auf der Krim befrüchtete, weswegen es diese annektierte und einen Stellvertreterkrieg in der Ostukraine begann.

Die NATO in den trumpatlantischen Beziehungen

Nachdem nun Trump US-Präsident wurde, bezweifelte dieser den Nutzen der NATO und den weltweiten US-Militärpräsenzen, nannte die NATO zuerst „obsolet“, dann wieder bekräftigte ihre Bedeutung, um dann wieder die NATO als schädlicher als die NAFTA zu bezeichnen. Ebenso sprach er sich gegen „Globalisms“der Vorgängerregierungen aus und betonte seine „America First“-Strategie. Aufgrund der neuen US-amerikanischen Unzuverlässigkeit, kommtz bes neuerdings zu Überlegungen der Europäer neben der NATO eigene Verteidigungsstrukturen aufzubauen.

Die Verteidigungsminister von neun europäischen Ländern haben in Luxemburg eine Absichtserklärung über eine „Europäische Interventionsinitiative“ unterzeichnet. Sie soll die europäischen Mächte in die Lage versetzen, im Rahmen einer „Koalition der Willigen“ kurzfristig militärisch zu intervenieren und Kriege zu führen.

Die Initiative geht auf einen Vorschlag zurück, den der französische Präsident im September vergangenen Jahres in seiner Sorbonne-Rede gemacht hatte. Emmanuel Macron hatte dort das Fehlen einer „gemeinsamen strategischen Kultur“ als Hauptmangel der europäischen Verteidigung bezeichnet, anderen europäischen Ländern eine Zusammenarbeit unter dem Dach der französischen Streitkräfte angeboten und gefordert: „Zu Beginn des kommenden Jahrzehnts sollte Europa dann über eine gemeinsame Einsatztruppe, einen gemeinsamen Verteidigungshaushalt und eine gemeinsame Handlungsdoktrin verfügen.“

Deutschland hatte lange gezögert, sich militärisch zu sehr in französische Abhängigkeit zu begeben. Doch nun hat es sich Macrons Initiative, wenn auch in abgeschwächter Form, zu eigen gemacht. Es gehe um ein „Forum gleichgesinnter Länder“, die gemeinsame Lageanalysen anfertigten und „sich frühzeitig miteinander besprechen wollen, wenn sich in Regionen Krisen abzeichnen, um dann gemeinsam auch politischen Willen zu entwickeln“, erklärte die deutsche Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen nach der Unterzeichnung des Dokuments.

Die Europäische Interventionsinitiative, abgekürzt EI2, unterscheidet sich in zweierlei Hinsicht von der Ständigen Strukturierten Zusammenarbeit (Pesco), dem Projekt einer Europäischen Armee, das derzeit intensiv vorangetrieben wird.

Erstens macht bereits der Namen deutlich, worum es den Unterzeichnern geht. Sie verzichten erstmals auf beschönigende Begriffe wie „Verteidigung“ und sprechen offen von militärischer „Intervention“. In der Erklärung heißt es über die Ziele der Initiative: „EI2 wird bessere Verbindungen und eine engere Zusammenarbeit zwischen den Streitkräften der europäischen Staaten ermöglichen, die bereit und fähig sind, im gesamten Krisenspektrum internationale Militärmissionen und -operationen durchzuführen.“

Zweitens ist die Interventionsinitiative nicht an die EU, die Nato und andere bestehende Strukturen gebunden. Sie sieht zwar die Möglichkeit vor, im Rahmen der EU, der Nato und der Vereinten Nationen tätig zu werden, will aber „europäische Sicherheitsinteressen“ auch mittels „Ad-hoc-Koalitionen“ verteidigen. Sie schafft so einen Mechanismus, um auch außerhalb der von den USA dominierten Nato militärisch mit Großbritannien zusammenzuarbeiten, das die Erklärung mit unterzeichnet hat, obwohl es bald aus der EU ausscheidet.

Auch Dänemark hat die Erklärung unterschrieben. Das Land ist zwar Mitglied der EU, beteiligt sich traditionell aber nicht an deren gemeinsamer Sicherheits- und Verteidigungspolitik. Die anderen Unterzeichner sind Belgien, Estland, die Niederlande, Portugal und Spanien. In der ursprünglichen Planung war auch Italien als Teilnehmer vorgesehen, die neue Regierung in Rom hat aber noch keine Entscheidung getroffen.

Einige neuere Forderungen  Merkel/Macrons sowie der polnischen Regierung lassen aufhorchen. Macron und Merkel fordern nun eine eigene europäische Interventionstruppe, die unabhängig von der EU wie auch der NATO agieren kann, aber auch unter deren Dach oder dem der UN. Man lässt sich hier alles offen. Das ist schon weitergehender als die bisherige Permanente Europäische Sicherheitskooperation (PESCO), die eher mehr eine lockere Koordination zwischen EU-Armeen mit Deutschland als Ankerarmee und langfristig eine vermehrte Zusammenlegung der nationalen Rüstungsindustrien beabsichtigte, da hier auch konkret von Interventionen gesprochen wird.Dies scheint sich vor allem auf begrenzte Auslandseinsätze zu beziehen, wobei da wohl nicht Großkriege ala Irakkrieg gemeint sind, sondern eher erweiterte Malieinsätze. Ebenso ist die Verteidigung der EU gegenüber der Atommacht Rußland nur mit US-Unterstützung und der NATO denkbar, da die europäischen Armeen allein nicht genügend Kampfkraft für einen etwaigen Krieg mit Rußland hätten.

Zudem gibt es auch keine europäische Atommacht, die Rußland nuklear abschrecken könnte, es sei denn Frankreich würde den anderen EU-Ländern seinen Atomschutz zur Verfügung stellen, da Großbritannien eisern an der NATO festhält  und  europäischen Armeen negativ gegenübersteht. Fraglich aber auch, ob die Force de Frappe und die europäischen Armeen überhaupt genug Abschreckungspotential hätten–wohl eher nicht. Zudem käme die Frage, wie ein Oberkommando solch einer EU-Eingreifstruppe konzipert ist und wer da die Befehle gibt, zumal es auch unterschiedliche Militärstrukturen gibt. In Deutschland hat man eine Parlamentsarmee, in Frankreich entscheidet nicht das Parlament, sondern der Präsident über Militäreinsätze. Zudem Frankreich auch offensiver in seiner Außenpolitik ist als Deutschalnd, das sich sowohl im Irakkrieg wie auch bem NATO-Einsatz in Lybien zurückhielt, mehr auf Diplomatie setzt, während Frankreich oft immer gleich auf militärische Einsätze drängt.

Innerhalb der NATO kommt es auch zu einigen Veränderungen. So soll nun eine zusätzliche NATO- Eingreiftruppe neben der schon beschlossenen Speersitzen-Eingreifsarmee aufgestellt werden, zudem die gesamte europäische Infrastruktur für einen eventuellen Krieg mit Rußland kriegsbereit gemacht werden und drängen die USA, wie auch die NATO auf die Erfüllung der 2%-Marke der Verteidigungsausgaben ihrer MItgliederstaaten am Bruttoinlandsprodukt. Trump kritsierte nun vor allem Deutschland für seine zögerliche Aufrüstung, wie auch für die geplante Nord Streampipeline mit Rußland. Es sei nicht zu tolerieren, dass Deutschland Milliarden in die Pipeline investiere, aber kein Geld in seine NATO-Verpflichtungen. Deutsche Alternativkalkulationen, dass Deutschland ja auch mehr Entwicklungshilfe zahle, sowie die Flüchtlingshilfe zu schultern habe, verfangen bei Trump hingegen nicht.In seiner Sicht der Dinge sind das alles faule Ausreden.

Polen scheint dies nun nicht weit genug zu gehen. Anfangs war die polnische Regierung von Trump abgeschreckt, da dieser die NATO für „obsolet“erklärte, wie auch die Verteidigungspflicht gegenüber den NATOmitgliedern nach Artikel 5 infrage stellte. Ja, seitens Polens wurde da auch schon einmal eine europäische Atommacht angedacht, sollte der US-Atomschutz für die NATO infrage gestellt werden. Nachdem Trump aber seinen Kurs dann abrupt änderte, Polen demonstrativ als erstes Land bei seiner Europatour und Frontstaat gegen Rußland besuchte und das polnische Volk als das eigentlich kämpferische Volk in Europa erklärte, kam es zu einem Sinneswandel.

Die polnische Regierung hat nun den USA 2 Milliarden Euro pro Jahr in Aussicht gestellt, wenn diese unabhängig von der NATO und an dieser vorbei US-Truppen in Polen stationieren würden. Hier setzt Polen also auf bilaterale Militärbeziehunge an den multinationalen und supranationalen Strukturen der NATO vorbei. Zum einen scheint Polen sich durch die NATO gegenüber Rußland nicht mehr genug geschützt und will einen militärischen US-Stolperdraht in seinem Land selbst errichten. Zum anderen wäre dies eine eklatente Verletzung der NATO-Rußland-Akte, wonach die NATO Rußland zusagte, dass es keine „substantiellen“ militärischen Potentiale und Infrastrukturen östlich von Ostdeutschland im postsowjetischen osteuropäischen Raum permament stationieren werde. Erst einmal bleibt abzuwarten, ob die USA überhaupt darauf eingehen werden. Falls ja, wäre dies aber ein Präzedenzfall, dass die USA mit NATO-Staaten beginnen bilaterale Militärverträge auszuhandeln, was die supranationalen Institutionen der NATO untergraben könnte und auf ein neues Bündnissystem bilateraler Verträge hinauslaufen würde. Doch noch haben sich die USA dazu nicht geäußert.

Desweiteren scheint dies auch eine Antwort auf Merkels und Macrons neuerliche Avancen an Rußland, sei es nun vermehrt den Dialog zu suchen, in der Ukraine, Syrien und bei dem Irandeal zusammenzuarbeiten, eine eigene EU-Armee aufbauen zu wollen, wie auch die deutsch-russische Nordstream Pipeline an Polen und der Ukraine als Transitländern vorbei bauen zu wollen. Somit scheint sich Polen  bei den USA rückversichern zu wollen. Zuletzt bringen die USA auch noch eine mögliche NATO-Generalsekretärstelle für Ursula von der Leyen ins Spiel, um Deutschland doch wieder mehr in der NATO zu verankern und europäische Initiativen etwas die Luft aus den Segeln zu nehmen. Aber es bleibt abzuwarten, ob Trump dies genehmigen würde, sieht er doch gerade Deutschland in der Rolle des säumigen Zahlers von NATO-Mitgliedsbeiträgen.Vielleicht würde aber eine deutsche NATO-Generalsekratärin den Druck in Deutschland für höhere Rüstungsausgaben entwickeln, denn wer mehr „Verantwortung“ übernimmt, also mehr Macht will, muss dann auch mit gutem Beispiel vorangehen.

Trumps Europatour wird nach dem NATO-Gipfel, bei dem viele ein weiteres Desaster wie beim G7-Gipfel befürchten, ihn nach GB und zur Queen zu einem „Arbeitsbesuch“führen und als Höhepunkt am 16.Juli zu Putin.

Faktisch wirken die Sanktionen sehr hart auf Russland. Das zeigt sich darin, dass Putin jetzt den Verteidigungshaushalt um 20% gekürzt hat. Zwar unterzieht sich das russische Militär wie auch alle anderen Militärs einer Modernisierung der Waffensystem,die Putin dann auch stolz in seiner Rede zur Lage der Nation massenmedial präsentiert,  aber Putin dürfte kein Interesse an einem Wettrüsten haben, da er wie auch schon die Sowjetunion dabei den kürzeren ziehen würde. Selbst die stärkere SU fürchtete sich vor Reagans Totrüsten, weswegen sie mittels Gorbatschow einlenkte.

Zudem dürfte Putin auch bewusst sein, dass er mittels seiner Engagements in Syrien und der Ukraine auch Gefahr läuft einen „imperial overstretch“entgegenzugehen. Von daher betrachtet, müsste es in Putins eigenem Interesse sein wirksame Rüstungskontrolle sowie eine gewisse Entspannung in der Ukraine und in Syrien zu erzielen. Daher wäre es meiner Ansicht nach auch ein Gebot der Stunde, dass der Westen und auch Deutschland eine diplomatische Offenisive in Richtung Rußland startet, vielleicht auch eine Neue Ostpolitik. Die wichtigere Frage für Trump wird meiner Ansicht nach eher Rußlands Verhältnis zum Iran und China/Nordkorea sein.

Trump möchte Rußland wahrscheinlich auf Distanz zu beiden Pariahstaaten und seinem Hauptkonkurrenten China bringen. Fraglich aber, ob dies realistisch ist. Zudem wird Putin genau den kurz zuvor stattfindenden NATO-Gipfel verfolgen, ob dieser Einigkeit und Stärke zeigt oder aber Zerstrittenheit und Schwäche. Dementsprechend wird er seine Forderungen gegenüber Trump bei dem Gipfeltreffen der Alphatiere variieren.

Weitere NATO-Aufgabenvorschläge: Arktis, Flüchtlingsabwehr und Islamismus

Während Trump also die Nützlichkeit der NATO infrage stellt, die Verbündten nicht sicher sein können, ob es beim anstehenden NATO-Gipfel zu einem Eklat wie bei dem G7-Gipfel kommt, Trump desweiteren auch Handelskriege gegen die EU  andenkt und androht, während der mit China schon voll eskaliert, träumen andere Strategen noch von anderen NATO-Aufgaben.

Die ohnehin schon unter ihrer Aufgabenlast ächzende NATO soll nach Vorstellungen von Luke Coffey und Daniel Kochis,Experten der Heritage Foundation neben ihren Auslandseinsätzen im Greater Middle East und bei der kollektiven Verteidigung Europas nun auch noch eine zusätzliche Aufgabe bekommen: Die Arktis. Die durch den Klimawandel entstehenden neuen Schifffahrtsrouten, neu abbaubaren Rohstoffe, sowie die zunehmende russische Präsenz mit Unterseeglasfaserkabeln, Stützpunkten, U-Booten, Gebietsansprüchen, Nordseeflotte, vermehrten russisch-militärischen Provokationsflügen, Eisbrechern wird von US-amerikanischer Seite als eine Sicherheitslücke im Rahmen der kollektiven Verteidigung gesehen. Zudem seien 5 NATO-Staaten–Kanada, Dänemark, Island, Norwegen und die USA- Arktisstaaten und darüber hinaus hätten Finnland und Schweden arktisches Territorium.

Daher sollte beim nächsten NATO-Treffen in Brüssel neben allen anderen Punkten auch erstmals die Arktis als zu verteidigendes Bündniseinsatzgebiet und strategisch wichtiges Gebiet offiziell in die NATOerklärung aufgenommen werden. Während Dänemark der Antreiber einer solchen Aufnahme der Arktis in den NATOverband darstelle, halte sich Kanada wohlweislich zurück, da es Nicht-Arktisstaaten der NATO aus seiner Interessensphäre heraushalten wollte. Daher sei ein Machtwort der USA gefragt, so die Autoren.

Eine vermehrt zu vernehmende Forderung ist der NATO- und Militäreinsatz bezüglich der Flüchtlingspolitik.Der AfD-Abgeordnete Hampel erklärte im Bundestag, die deutsche Regierung solle sich dafür einsetzen, dass die NATO die Flüchtlingsabwehr im Mittelmeer und darüber hinaus als neue und zentrale Aufgabe noch vor Rußland und Auslandseinsätzen wahrnehme. NATO-Kriegsschiffe sollten das Mittelmeer und die Fluchtrouten abriegeln, NATO-Truppen mit Frontex die EU-Außengrenzen schützen. Beatrix von Storch forderte schon 2015 den Militäreinsatz an deutschen Grenzen, die diese abriegeln und dann selbst auf Flüchtlingskinder und Flüchtlingsfrauen schiessen sollten.Der ehemalige Außenminister Sigmar Gabriel forderte einen Militäreinsatz in Lybien, um die dortigen KZ-ähnlichen Flüchtlingslager zu befreien und unter europäische Kontrolle zu bringen, wie auch nation-building in Lybien miltärisch durch NATO oder EU-Militär flankiert zu betreiben.

Eine dritte Forderung an die NATO kommt von seiten von US-amerikanischen Neocons und Islamismuskritischen Kräften wie dem Middle East Forum von Daniel Pipes, der vorschlägt, dass die NATO als zentrale Aufgabe die Bekämpfung des Islamismus im Greater Middle East übernimmt und  einen langen Krieg gegen die dritte totalitäre, den Westen bedrohende Ideologie nach Faschismus und Kommunismus, den Islamismus führe, wobei Pipes und die ihn unterstützenden Kräfte auf einen Ausschluss der islamofaschistischen Erdogan-Türkei aus der NATO drängen und diese auf ihren westlichen Kern reduzieren wollen.

Eine vierte Forderung ist es feministische NATO-Kriege für Frauenrechte und gegen Massenvergewaltigungen zu führen. Im Schatten der MeToo-Kampagne, des Genderfeminismus und auch solcher Entwicklungen von Schwedens feministischer Außenpolitik hat sich nun die US-Schauspielerin und Tomb-Raider Angelina Jolie mit NATO-Generalsekretär Stoltenberg getroffen, um die Responsibility to protect feministisch aufzuladen: Die NATO solle bei Massenvergewaltigungen von Frauen und Verletzung von Frauenrechten militärisch eingreifen. Anti-Macho-Kriege der NATO werden angedacht. Wohlgemerkt hatte die lybische Opposition gegen Ghaddafi Propaganda von einem anstehenden Völkermord in Bengasi und angeblichen Massenvergewaltigungen von Frauen durch afrikanische „Neger“-Söldner Ghaddafis lanciert, die die NATO zum Vorwand nutzte, um Ghaddafi zu stürzen. Im Nachhinein berichteten Human Rights Watch und Amnesty International, dass sie derartige Fälle bei all ihren Recherchebemühungen nicht gefunden hätten. Die lybische Opposition gab im Nachhinein auch offen zu, dass Krieg eben auch Propagandalügen bedeute, die man eben gestreut habe, um die westliche Öffetlichkeit in ihrem Sinne zu manipulieren.

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