Bewegung im Nahen Osten: Auslaufen des Syrienkriegs, Zuspitzung des US-Iran-Konflikts und Trumps Palästinavorschlag

Bewegung im Nahen Osten: Auslaufen des Syrienkriegs, Zuspitzung des US-Iran-Konflikts und Trumps Palästinavorschlag

Die Eroberung Idlibs steht bevor. Rußland warnt vor einem US-Angriff auf Assads Truppen, weist auf die Konzentrierung der US-Mittelmeermarine vor Syriens Küsten hin und verstärkt die eigene. Die USA erklären, dass sie bei einem Einsatz von Chemiewaffen eingreifen werden. Wahrscheinlich wieder ein paar symbolische Crusie missiles, die aber die Eroberung Idlibs durch Assads Truppen nicht verhindern werden. Und es würde bedeuten, falls Assad sie nicht einsetzt, dass die USA dann wie bei Aleppo und Rakka zusehen werden. Mit Ibdil dürfte der Syrienkrieg sein wesentliches Ende gefunden haben.

Noch versuchen Diplomaten und NGOs Rußland und Syrien davon zu überzeugen, dass sie von einem Angriff auf Idlib absehen, da dies die Nachkriegsordnung und die Versöhnung aufgrund einer humaitären Katastrophe, Leid und Rachegelüsten gefährden könnte.

So schlägt die International Crisis Group für einen Verzicht auf einen Angriff auf Idlib im Gegentausch die vollkommene Rehabilitierung des Assadregimes durch die EU und die Türkei vor, so als seien die USA und andere Regionalmächte bei einer Nachkriegsordnung in Syrien unwichtig:

„What’s new? The Syrian regime and its allies look on the verge of attacking the country’s north-western governorate of Idlib, the last remaining stronghold of the armed rebellion, saying they must root out the jihadist militants who are dug in there.

Why does it matter? The Idlib region is home to nearly three million people, mostly civilians, more than one million of them displaced from war zones elsewhere in Syria. These people would have nowhere to flee in the event of an all-out regime assault. The death toll could thus be massive.

What should be done? Turkey and European countries should tell Russia it will compromise its political objective in Syria – the regime’s full rehabilitation – with an assault on Idlib. Turkey, Russia and Iran should resume negotiations to find less dangerous means of neutralising the most hardline jihadists.““

Nur gut möglich, dass Syrien und Rußland dies egal ist und sie trotz humanitären Leiden Fakten schaffen wollen und eine Rehabilitierung ohnehin als unausweichlich kommen sehen dank dann eindeutig geklärter Machtverhältnisse und der Macht des Faktischen.

Interessant, dass beim Putinbesuch bei Merkel eine Syrienkonferenz zwischen Rußland, Deutschland, Frankreich und der Türkei geplant wurde, während die USA, Saudiarabien und Iran da scheinbar gar nicht am Verhandlungstisch sitzen sollen. Kann es denn einen Frieden in Syrien ohne diese Mächte geben? Von der Forderung eines neuen Syriens ohne Assad wird man sich wohl verabschieden müssen. Die USA und Israel dürften wohl darauf drängen, dass sich der Iran und die Hisbollah aus Syrien zurückzieht und mit Assad leben können.Die Türkei und Syrien müssen noch verhandeln, wie sie den türkisch besetzten Kurdenstreifen in Nordsyrien behandeln werden. Wird dieser türkisch besetzte Streifen neue Operationsbasis für flüchtende Islamisten und erste Stufe von Erdogans erhofften neoosmanischen Reichs, das dann mittelfristig zu einem Konflikt zwischen Türkei und Syrien führen würde, welcher dann auch wieder NATO-Partner USA und Assadunterstützer Rußland hineinziehen würde? Wird Assad auf einen Rückzug der Türkei bestehen? Wird Erdogan  einer Rückgabe dieser Gebiete jemals zustimmen?

Die Frage ist, ob es hier für Assad Handlungsspielraum gibt, etwa das Zugeständnis einer türkischen Zone, die den Sandschak von Alexandrette, heute Hathay, früher auch als „Kleinsyrien“ bekannt, zugunsten der Türkei erweitern würde. Diese Region hat für die Türken eine nicht nachvollziehbare, überdimensionale Bedeutung. Fazit: Die Kampfhandlungen nähern sich dem Ende. Eine allgemeiner Waffenstillstand und Präliminarverhandlungen über eine politische Lösung sind nicht absehbar. Der Wiederaufbau des Landes wird immense Summen verschlingen.Deutschland und die EU werden wahrscheinlich bei einer internationalen Geberkonferenz in die Tasche greifen müssen und die Diskussion in Europa und den angrenzenden nahöstlichen Staaten über eine möglichst baldige Rückführung der Kriegsflüchtlinge nach Syrien befeuern.Wahrscheinlich wird die AfD sowie andere rechte Parteien in Europa mit dem Auslaufen des Syrienkriegs nun auf die baldige Abschiebung und Rückführung der syrischen Kriegsflüchtlinge drängen und bemängeln, dass Deutschland wieder Zahlmeister für den Wiederaufbau Syriens sein soll. Eine Syriendelegation der AfD war ja schon während des Krieges bei Assad und hatte Syrien als sicheres Herkunftsland mit genug friedlichen Gebieten eintaxiert.

Daraus werden sich für die weitere westliche, bzw. europäische oder deutsche Diskussion mindestens folgende Fragen ergeben:

Wie steht Deutschland oder die EU  zu einem Friedensplan für Syrien und einer Nahostkonferenz?

Will man daran festhalten, das ein neues Syrien nur ohne Assad denkbar ist?

Wie soll die massenhafte Rückführung der Kriegsflüchtlinge logitisch und finanziell organisiert werden?

Ab wann wird Syrien zu einem sicheren Herkunftsland? Ist eine Amnestie ausreichende Vorraussetzung?

Wieviel soll Deutschland und die EU in den Wiederaufbau Syriens investieren?

Soll eine UNO-Friedenstruppe nach Syrien entsandt werden,eventuell unter Beteiligung des Bundeswehr?

Während an der Syrienfront der Krieg dem Ende entgegenzugehen scheint, scheint sich nun eine neue Konfronation zwischen den USA und dem Iran abzuzeichnen, vor allem, wenn nach den Midterm Elections die USA ihr Erdölembargo in Kraft setzen. Dieser kommende Konflikt strahlt auch schon auf den Irak und seine neugewählte Regierung aus.

Die proiranischen schiitischen Milizen im Irak, die neben der regulären irakischen Armee existieren,  hatten jetzt ein Treffen mit Militärberatern aus Rußland und dem Iran und wollen die Kooperation ausbauen. Gleichzeitig berichtet Reuters von Raketenlieferungen Irans an die schiitischen Milizen im Irak, worauf Teheran dies vehement bestreitet. Ähnliche Berichte über iranische Raketenlieferungen an die Hisbollah kursierten schon letztes Jahr. Angeblich soll die Hisbollah nun über 150 000 Raketen verfügen, was aber auch Desinformation durch die USA und Israel sein kann.

Interessant ist, dass Mukatadar el-Sadr nun eine Koaliotion mit dem mehr prowestlichen Abadiblock eingegangen ist und Abadi auch den Vortritt lässt, wieder Präsident zu werden. Das bedeutet, dass der Islamist Sadr ( der aber wieder so pragmatisch ist, eine Koalition mit der Kommunistischen Partei Iraks einzugehen) doch mehr auf Distanz zum Iran bedacht ist und Irak aus dem kommenden USA/Saudiarabien-/Israel-Iran Konflikt heraushalten will, insofern dies überhaupt real möglich sein wird. Daher ist es interessant, dass Rußland und Iran nun ein Treffen der mehr proiranischen Schiitenmilizen hatten, was das Ganze zu konterkarieren scheint, wie auch die angeblichen Raketenlieferunge des Irans an die proiranischen Schiitenmilizen. Auch wenn dies eine CIA-Desinformation sein sollte, besteht der Sinn doch darin Abadi und Sadr zu einem klareren Vorgehen gegenüber den proiranischen Schiitenmilizen und mehr Distanz zum Iran aufzufordern sowie ein bedrohliches Bild vom Iran zu zeichnen, das die Weltgemeinschaft gegen diesen aufbringt und eine kommende Eskalation propagandistisch vorbereitet.

Desweiteren schlägt Trump nach der Jerusalementscheidung und der Streichung der Hilfe für das Flüchtlingswerk anstatt einer Zweistaatenlösung eine Konföderation zwischen Palästina und Jordanien vor . Abbas will nur zustimmen, wenn Israel Teil dieser Konföderation wird, was Israel ablehnen wird, da es keine Lust hat, Teil einer Föderation zu sein, bei der die jüdische Bevölkerung eine Minderheit darstellt, zumal Israel ja eben auch noch ein Nationalitätengesetz verabschiedet hat, dass den Charakter Israels als jüdischen Staat betont, Arabisch nicht mehr als zweite Amtssprache zulässt und den Siedlungsbau als nationale Pflicht erklärt. Umgekehrt wollen Abbas und die Hamas nicht auf das Rückkehrrecht der Palästinenser verzichten, wie letztere auch das Existenzrecht Israels ablehnt. Zudem wurde die Konföderationsidee mit Jordanien schon vielmals in den letzten Jahrzehnten ohne jeglichen Erfolg bemüht wie auch Israel eine jordanische Option überlegten, bei der die Palästinenser des Westjordanlands nach Jordanien umziehen sollten. Die USA, Saudiarabien und die Golfstaaten werden daher wahrscheinlich auf Abbas Druck ausüben, Israel aus der Konföderationslösung auszunehmen wie auch auf auf das Rückkehrrecht der Palaästinenser nach Israel zu verzichten.Fraglich, ob Abbas dies machen wird und wie Jordanien überhaupt zu diesen Ideen steht. Zumal Jordanien bei aller Solidarität mit den Palästiensern, deren subversive Rolle und den Schwarzen September 1970 noch nicht vergessen hat. Fraglich also, ob man mit solchen Troublemakern, zumal nun auch noch mit Hamas und Muslimbrüdern eine gemeinsame Föderation bilden will, die durchaus die politische Instabilität des neuen Gebildes schon zu Beginn in Keimform in sich trägt.

 

 

 

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