Wahlsieg Bolsanaros in Brasilien- Trumps Tropenmussolini in Südamerika

Wahlsieg Bolsanaros in Brasilien- Trumps Tropenmussolini in Südamerika

Brasilien, das unter dem Präsidenten der Arbeiterpartei Lula noch einen steilen Aufschwung erfuhr, als emerging economy galt, als internationales Vorbild mit ordentlich soft power, als sozialdemokratisches Entwicklungsmodell für die unterentwickelte Welt und auch mit China, Rußland, Indien und Südafrika in der BRICS-Gruppe zusammenarbeitet, geriet unter der Ex-Guerilliera Rousseff wie der Großteil Südamerikas aufgrund ungünstiger Entwicklung der Weltkonjunktur in die Rezession. Die meisten Länder Lateinamerikas sind auch heute noch im wesentlichen Rohstofflieferanten, sei es landwirtschaftliche Rohstoffe wie Soja oder Rindfleisch oder Resourcen wie Öl, Kupfer, Lithium und haben nicht wie die Länder Asiens eine eigene Industrie oder neue Technologien hervorgebracht, die auf den Weltmärkten konkurrenzfähig wären und in bedeutendem Maße mitmischen würden. Ähnlich wie Afrika und dem Nahen Osten bleiben diese Länder in der weltwirtschaftlichen Hierarchie Underdogs, wobei man aufgrund Brasiliens BRICS- und emerging economy- Status erhoffte, dass dieses die Ausnahme oder Vorbild sein würde, das den Kontinent hocheleviert.

Die Arbeiterpartei wurde zunehmend von Korruptionsskandalen heimgesucht, denen auch Lula zum Opfer fiel, weswegen er inhaftiert wurde, wobei er dann noch Besuch von SPD-Schulz im Gefängnius erhielt, um der brasilianischen Arbeiterpartei Solidarität zukommen zu lassen angesichts der Gefahr einer rechtsradikalen Machtergreifung durch Bonsanaro. Die Mittelklasse schrumpfte wieder, die Sozialprogramme wurden gekürzt, die Armut und Kriminalität wuchs exorbitant (63 000 Morde/Jahr), Krisenstimmung machte sich breit wie auch fanatische evangelikalische Freikirchen, die den traditionellen Katholizismus verdrängten und die Verzweifelung der Menschen in religiöse Bahnen, zumeist calvinistische Reichstumsvorhersehungen Gottes lenkten. Auf diesem Humus hat nun der rechtsradikale Präsidentschaftskandidat Bolsanaro seinen Wahlsieg gegen den Kandidaten der Arbeiterpartei Ferdinand Haddad eingefahren. Der Ex-Militär Bolsanaro drohte offen mit der Massenverhaftung der „roten Banditen“, einer autoritären Diktatur, dem Einsatz des Militärs im eigenen Land, frauen- und schwulenfeindliche Bemerkungen zählen Legion, er ist Befürworter der Volksbewaffnung und wie Philipines Präsident Duterte ein Fan außergerichtlicher Todesschwadrone im Krieg gegen die Drogen. Viele nennen ihn den „Tropen-Trump“, was eine Verharmlosung darstellen dürfte, handelt es sich eher um einen Tropen-Mussolini. Bolsanaors Kritiker fürchten politischen Mord, eine Rückkehr zur Diktatur und die Etbalierung eines faschistischen Regimes.

Bolsanaro lobte Trump über den Klee, den War on Terror und den Kampf gegen radikalen Islam und gegen globalen Kulturmarxismus, er ist ein Unterstützer Israels als Heiligem Land, möchte die brasilianische Botschaft nach Jerusalem verlegen und erteilte der 2-Staatenlösung eine Absage auch mit Hinblick auf die christlichen Fundamentalisten und Evangelikalen Brasiliens, die seine breite Wählerbasis darstellen und welche auch gegen Abtreibung, Frauenrechte und Homosexualität wetteifern und Familienwerte verabsolutieren. Seine ersten Reisen führen ihn auch in die USA, Israel und Chile, dessen Präsident so der einzige südamerikanische Präsident war, der ihn lobpries. Außenpolitisch möchte Bolsanaro Brasiliens Langzeitintegrationsprojekt, den Mercusor überprüfen und neuverhandeln wie schon Trump NAFTA, den Einfluß Chinas begrenzen, die Mitarbeit bei den BRICS-Staaten reduzieren, eine harte Linie gegen Maduro-Venezuela fahren. Vielleicht erleben wir noch eine brasilianische Militärintervention an der Seite Kolumbiens in Venezuela, insofern beide Staaten dazu in der Lage sein sollten oder die Unterstützung einer venezuelanischen Oppositionsguerilla, die dann von CIA, Bolsanaro und Kolumbien militärisch und finanziell aufgerüstet wird wie einst die Contras in Nicaragua. Wahrscheinlicher aber, dass man hofft, dass man Maduro durch einen inneren Putsch oder mittels internationaler Sanktionen stürzen kann, da das brasilianische Militär in seiner Geschichte meistens nur primär für innere Repression und MiIlitärdiktaturen ausgelegt war.

In all diesen Dingen ist Bolsanaro also quasi Trumps Mann in Brasilien und ein wertvoller Verbündeter der USA im Kampf gegen Lateinamerikas Linke und dem gescheiterten „Sozialismus des 21. Jahrhunderts“. Nach der Linkswende in den 90er und 2000ern scheint Bolsanaro möglicherweise eine Gegenbewegung rechtspopulistischer neuer Führer in Südamerika zu signalisieren, während zuletzt nur noch in Mexiko der Linkspopulist Obrador an die Macht kam.Ebenso ist der Brasil First-Duce ein Anhänger marktradikalen Neoliberalismuses und will aus dem Pariser Klimaschutzabkommen aussteigen, zudem auch den Amazonas vermehrt zur Abholzung und wirtschaftlichen Ausbeutung freigeben. Ökologischer Raubbau an der grünen Lunge des Planeten ist also Programm Bolsanaros.

Dennoch weist Harold Trinkaus von der Brookings Institution in seinem Beitrag „Brazil’s new president: strongman at home, weak man abroad?“ vom 31. Oktober 2018 darauf hin,dass Bolsanaro mit seiner propamerikanischen Orientierung zwar der nützliche Idiot Trumps in Südamerika sein könne, dies jedoch historisch nicht von den USA honoriert wurde, auch nicht wirtschaftlich, zumal Trump ja alle Exportüberschüsse anderer Länder zuungunsten der USA abbauen will:

„Observers have argued that the closest historical analogy to Bolsonaro’s approach to the Trump administration is Argentina’s policy of “carnal relations” with the United States under President Carlos Menem in the 1990s, although the values that underpinned the U.S.-Argentina relationship—a shared interest in democracy, human rights, peacekeeping, and multilateralism—were quite different. It also recalls the pro-U.S. foreign policy of Brazil’s first military president after the 1964 coup d’état, General Castelo Branco. President Trump and Bolsonaro have already expressed their mutual admiration, and Bolsonaro’s foreign policy team may attempt to pursue a strategy of flattering President Trump to secure his support internationally, as other foreign leaders have done. This may have its earliest impact on Brazilian foreign policy in the case of Venezuela, with the United States and Bolsonaro backing stronger action than Brazil had previously been willing to pursue.

However pro-U.S. Bolsonaro becomes, Brazil would do well to recall the fate of Argentina in 2001, where after years of pro-U.S. “automatic alignment” in foreign policy, Argentina was nevertheless left to its fate by the George W. Bush administration, largely for ideological reasons, when the 2001 financial crisis struck. Brazil may be the fifth-largest country in the world, but South America never ranks very high on the agenda in Washington, and President Trump may simply accept Brazil’s support without Bolsonaro having much to show for it in the end. Brazil’s military government (1964-1985) and Brazil’s post-World War II leaders would tell much the same story of how U.S. support fell short when Brazil looked to the United States for development and security assistance at critical junctures.“

Desweitern formuliert Trinkaus als Alternative eine weniger radikal proamerikanische Politik Brasiliens, die zumal mehr auf soft power setzt, allein glaubt Trinkaus aber nicht, dass Bolsanaro sich zügeln wird:

„There are alternatives that fall close to Bolsonaro’s policy preferences and would do more to advance Brazil’s national interests. A Brazil that became moderately closer to the United States, set greater boundaries on China’s influence, tuned up a long-stalled Mercosur, worked to bring the Lima Group and the United States together on a shared (and firmer) Venezuela policy, and doubled down on diplomacy and the international order could do much good for Brazil’s influence abroad. This approach would be even more successful if Brazil’s institutions at home do well in containing Bolsonaro’s wilder flights of rhetoric and policy, showcasing the soft power inherent in Brazilian democracy. But to bet on that now would seem to be a mistake.“

https://www.brookings.edu/blog/order-from-chaos/2018/10/31/brazils-new-president-strongman-at-home-weak-man-abroad/

 

 

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