Neuer Aufreger in der geläuterten Republik: Rammsteins „KZ-Video“

Neuer Aufreger in der geläuterten Republik: Rammsteins „KZ-Video“

Neues „KZ-Video“ von Rammstein, das für Aufregung sorgt, da Rammstein da in einer Sequenz und nicht im gesamten Video in KZ-Gefangenenuniform mit gelben Stern am Galgen dargestellt wird. Seitens des Zentralrats der Juden wird dies als geschmackloses und unethisches Kokettieren mit dem 3. Reich zu Werbezwecken und als weiterer tabubrechender PR-Gag kritisiert wie schon bei der Echoverleihung die Beiträge seitens Farid Bang und Kollegah:

https://www.t-online.de/tv/news/panorama/id_85491470/darum-schlaegt-die-empoerung-um-das-rammstein-video-fehl.html

Der Leiter der Gedächtnisstätte Dachau lud Rammstein daraufhin zu einem Rundgang ein.

Interessante Analyse des Rammstein „KZ-Videos“und dessen Deutschlandbild, das dieses als geniales historisches Machwerk feiert, auch wenn der Analyst zugibt, die meisten Bilder und Anspielungen nicht zu verstehen und sich nur die Passagen raussucht, die er als deutschlandkritisch sieht. Um die Tatsache, dass da viel Sex, Gewalt und Teutonisches vorkommt kommt er nicht, wie er auch einräumt kein Historiker, Experte für Rammstein ist und auch vieles an Bildern und Text samt Anspielungen nicht verstanden habe. Die Message des Videos sei, dass Deutschland in der Geschichte so viel falsch gemacht hat, dass man nicht auf es stolz sein und lieben könne, dann wieder, dass es aber auch nicht so schlimm sei, dass man es jetzt hassen müsse. Also eher eine ambivalente, differenzierte Botschaft, die keineswegs rechts sei.Eine etwas schönfärberische Analyse und fraglich, ob dies so von den Rammsteinfans auch in dieser Komplexität gesehen wird. Jedenfalls feiert er es trotz tiefergehender Analyse und Verstehenwollens auch der unverstandnen Teile unbekümmert als handwerklich gut gemachtes Meisterwerk und historische Aufklärung der Premiumklasse. Dennoch ist dieser Analyseknilch eine Witzfigur, gibt er doch offen zu kein Rammsteinexperte zu sein, keine historischen Kenntnisse zu haben, nur 2-3 Bildsequenzen gemeint verstanden zu haben, dazu die KZ-Sequenz ausschließend, aber: Hnadwerklich gut gemacht. Der Typ ist mehr ein selbsternannter Medienfuzzi und sollte einfach die Klappe halten, als so undifferenziert und allwissend eine Megabotschaft aus dem Video herauslesen zu können. Vielleicht empfindet er dies so, aber wieviele Rammsteinkonsumenten?

https://www.youtube.com/watch?v=Vq1FBwFHaIk&feature=youtu.be

Es ist ganz klar, dass die äußeren Attribute gerade Menschen mit Gewaltphantasien und einer gewissen Blödheit definitiv anspechen. Das Spielen mit den Symbolen deutscher Geschichte, der teutonische Gröhlsound und die Gewaltaffinität der Musik und Bilder –da kokettiert Rammstein allerdings mit  dem Stil rechtsradikaler Musikgruppen. Rammstein zeigt in dem Video einen Querschnitt deutscher Geschichte, gröhlt auch zu Szenen von Germanen oder einem kannibalistischen Abendmahl an einem Schwarzen (soll dies die Massaker der deutschen Kolonialtruppen an den Hereros verkörpern?) und eben jenem KZ-Ausschnitt , überlässt dem Zuschauer was er darin sehen will. Daher werden sie auch im Ausland als Deutsche wahrgenommen, da man sich im Ausland wahrscheinlich so die „echten“ Teutonen vorstellt. In Amiland und Australien ist man zudem mit dem Verwenden in Deutschland verbotener verfassungsfeindlicher Symbole und Schriften wie  Hitlers „Mein Kampf“, das man in fast jeder Buchhandlung, zumal im Internet unkommentiert erstehen kann als Weltkriegssieger lockerer, zumal eben auch rechtsradikale, bewaffnete Milizen in den USA zum verfassungsmäßigen Inventar der bis an die Zähne hochgerüsteten, waffennärrischen und gewaltaffinen US-Zivilgesellschaft kraft Amendments und trotz regelmäßger Amokläufe und Schulmassaker gehören. Da wird Rammstein eher wie die US-Rockgruppe KISS wahrgenommen, welches die SS-Runen auch in ihrem Namen verwandte, wobei unklar war, ob dies einen Nazibezug hatte oder nur zwei Blitze darstellen sollte, zudem KISS als Avantgardist bombastischer feuerflammender Bühnenshows und Kostümierung agierte, die auch zu Rammsteins Konzept gehören. Dass Rammstein hier eindeutiger mit der Nazizeit kokettiert, das ging ja auch schon mit dem Musikvideo „Stripped“los, bei dem unkommentiert Leni Riefenstahlvideos von „Sieg des Willens“ und Olympiadebilder im Original reingestellt wurden.

https://vimeo.com/87940404

Trotz allem gefallen mir einige Rammsteinvideos–mein Liebklingslied: Sonne–da wird Schneewitchen neu und genial interpretiert:

https://www.youtube.com/watch?v=StZcUAPRRac

Rammstein hat auch andere Videos aufgenommen, sei es eine Parodie auf den kalifornischen körperkultigen Surfmythos oder auf fette, aufgedunsene Männer als Quasigegenprogramm zum nazistisch-klassizistischen Körperkultvideo „Stripped“ oder „Links-2-3-4″, die dem Naziimage wohl etwas entgegensetzen sollten und weit weniger wahrgenommen wurden.

Wenn man sich ansieht, welche deutsche Musiker im Ausland, vor allem den USA berühmt geworden sind, so sind dies nicht einmal eine Handvoll, die zudem für recht unterschiedliche Inhalte stehen. Zum einen in den US-Charts Nenas“99 Red Balloons“, ein Antikriegssong –das ist aber schon ewig her, zumal zu Zeiten der Friedensbewegung in den 80ern- und dann kam zur Wende von Scorpions die Weidervereinigungshymne „Winds of change“für die 90er. Danach aus dieser Richtung nichts mehr in den ausländischen Charts und dann kam eben nach dem friedlichen, netten Deutschen Rammstein, das sich schon programmatisch nach einer Flugzeugkatastrophe auf einem US-Militärflughafebn benannte. Zusammen mit dem Song „Amnerica“, wo selbst die Mondlandung und die USA als Weltmacht verschwörungstheoretisch  infrage gestellt wurden, könnte man sogar noch von gepflegtem teutonischen Antiamerikanismus sprechen. Scheinbar wird Deutschland nur zwischen den Extremen wahrgenommen im Ausland: Zwischen Pazifismus und echtem gewaltaffinen und gröhlendem Urteutonentum. Zudem wurde auch noch die Loveparade über die Grenzen berühmt, die ja auch mehr pazifistisch-hedonistisch ausgerichtet war und der Welt das Image einer harmlosen und geläuterten Spaßrepublik suggerierte, was dann wiederum konservative Deutsche wie Peter Hahne in seinem Buch „Die Spaßgesellschaft“oder eine Eva Herrmann, die neudeutsche Arminia so leidenschaftlich erboste.

Vielleicht ist Rammstein einfach auch nur der seelische Ausgleich für zuviel Hippie-esoterischem Love and Peace ala DJ Motte. Vielleicht möchte man vor lauter deutschem Gutmenschentum und deutschen kirchentagsaffinen Weltenerlösern von Käßmann bis Merkel mal wieder einen so richtig bösen Deutschen sehen, so wie früher Klaus Kinski oder die Hollywood-Nazis. Wäre mal interessant, wenn Rammstein 99 Luftballons oder Didos White Flag oder ähnliche Softlieder interpretieren würde. Enimem hat es ja schon einmal mit einem von Didos lieblichen Song gemacht und daraus „Stan“produziert, woraus ein spannender neuer Kontext wurde. Oder aber für die Verkörperung des so richtig fiesen, bösen Deutschen und Nazis könnte Rammstein auch auf Björn Höcke und die AfD zurückgreifen. Nächstes Rammsteinkonzert dann mit Höcke und Lindemann unter Flammenbrunst vor dem Holocaust-„Schandmal“nach dem Motto: There´s no business like Shoabusiness. Hier wären dann aber wohl definitiv die tolerablen Grenzen überschritten. Aber seit der schwarz-braune Hasselnuss- Teutonensänger Heino Covers von Rammstein singt und sich neuerdings rockig gibt, scheint in diesem Graubereich und dieser Braunzone nichts ausgeschlossen. Selbst ein Schlingensief ließ ja in seinen Produktionen Original-NPD-Vorsitzende auftreten und auch ein Karl Richter darf ausgiebig in „Er ist wieder da!“ zu Worte kommen. Freilich alles unter dem Schutzschirm der Freiheit der Kunst und Kultur.

 

 

 

 

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