Drohende Kündigung des INF-Vertrags-was tun?

Drohende Kündigung des INF-Vertrags-was tun?

Die Wiederaufnahme Russlands in den Europarat, der Besuch Putins im Vatikan, die Ernennung des ehemaligen österreichischen  Bundeskanzlers Kern in den Vorstand der Russischen Bahngesellschaft, die Forderung nach bedingungsloser Aufhebung der Sanktionen durch ostdeutsche Ministerpräsidenten wie Kretschmann , das Ansteigen deutscher Exporte nach Russland trotz Sanktionen, North Stream 2 schienen Zeichen, dass sich die Stimmung in Europa für Putin verbessert.. Die Ernennung Ursula von der Leyens zur EU-Kommisionspräsidentin und deren scharfen antirussichen Äußerungen, der Westen müsse aus einer Position der Stärke verhandeln, dürften Putins Hoffnungen wieder etwas zurechtgerückt haben, wie auch die Ibizaaffäre Straches und nun die Enthüllungen um russsiche Spenden für die Lega Nord Salvinis und die weitere Verlängerung der Sanktionen und INfragestellung von Nord Stream 2 durch die EU, sei es nun dem EVP-Kandidaten Manfred Weber oder nun seitens von der Leyen..

Nächstes wichtiges Datum ist der 2. August, an dem die USA den INF-Vertrag aufkündigen werden, da Russland an seinen vorgerüsteten SSC-8-MIttelstrecklenraketen festhält, die laut NATO eine Reichweite von 2600 km haben sollen, und damit in den 500- 5500km-Bererich des INFvertrages fallen. Zudem soll Ruissland an vier Standorten bereits Bataillone mit ca. 60 Startrampen stationiert haben.

Was bezweckt Putin damit? Die Leseweisen sind unterschiedlich. Die düstere Variante vertritt Generalleutnant a.D. Heinrich Brauß , der bis 2008 Beigeordenter Generalsekretär der NATO für Verteidigungspolitik  war mit dem Direktor des Kieler Instituts für Sicherheitspolitik Joachim Frause in einem Beitrag des Fachmagazins „Sirius“.

Beide Autoren sehen die SSC-8 in einem grösseren Zusammenhang einer umfassenden Aufrüstung Russlands, das auch Schiffe und U-Boote mit Mittelstreckenraketen bestücke, wie auch strategische nukleare Angriffssysteme modifiziere, die auch gegen Europa eingesetzt werden können. Dies sei Teil eines „strategischen Konzepts der russischen Führung, welches darauf abzielt, Kriege an der europäischen Peripherie führen und erfolgreich zu Ende bringen zu können“.Russland wolle die Bedingungen schaffen, dass die NATO im Falle etwa einer Invasion des Baltikums oder anderer europäischer Peripherieländer nicht eingreife und sich somit selbst obsolet mache, ja der Anfang ihres Endes sei.Gleichzeitig versuche Moskua das Bündnis zu lockern, wie etwa durch S-400-Lieferungen an die Türkei und die Umgarnung Erdogans.

Andere Experten, etwa Stefan Meister von der Heinrich Böll-Stiftung erklären sich Russlands INF-Vertragsverletzung mit der weltweiten Entwicklung von Mittelstreckenwaffen etwa durch China, Indien und andere Staaten.Hierdurch solle Druck auf die USA aufgebaut werden, um die Verträge neuzuverhandeln, wie Trump dies nun etwa selbst in Foprm eines Rüstungskontrollpakt zwischen den USA, Russland und China vorgeschlagen hat.

Wie dem auch sei. Durch die Modernisierung und Aufrüstung Russlands, auch mit Mittelstreckenraketen besteht die Gefahr einer Sicherheitslücke ähnlich wie bei der Vorrüstung der Sowjetunion mit den SS-20.Es wäre also falsch hierauf nicht zu reagieren, auch wenn Russlands Teilmotiv die Mittelstreckenraketenrüstung in Asien sein mag. Zumal man berücksichtigen muss, dass Moskau recht gute Beziehungen zu Indien und China unterhält und ein militärischer Konflikt zwischen diesen Länder eher eine sehr unwahrscheinliche Sache ist, als dass man sie als Bedrohung wahrnehmen könnte.

oWas sollte die NATO tun? Zum einen keine Vorleistungen und Aufhebung der Sanktionen,slange das Minsker Abkommen nicht eingehalten und die russische Aufrüstung weiter erfolgt. Gegenaufrüstung, bis Moskau einzulenken bereit ist. Aber wichtig hierbei ist es Moskau auch ein strategisches Verhandlungsangebot zu offerieren, das Anreiz bieten kann, auf eine weitere Eskalation zu verzichten und an den Verhandlkungstisch zurückzukehren. Dies eben im Sinmne einer Neuen Ostpolitik, die auch überlegt, die Ukraine und Weißrußland als neutrale Brückenstaaten zwischen EU und Eurasischer Union ohne NATO-Mitgliedschaft zu definieren.

Horst Teltschik, ehemaliger Kohlberater und Ex_Chef der Müncher Sicherheitskonferenz hat in seinem neuen Buch „Russisches Roulette“ vorgeschlagen, dass der NATO-Rußland-Rat wieder einberufen wird, nicht auf Botschafter- sondern mindestens auf Minister- oder Staatzschefbene. Zumal solle Deutschland den USA klarmachen, dass es das 2%-Ziel für die NATO nicht mehr teile und auf eine Abrüstungsinitiative drängen.Doch auch Teltschiks Vorschläge führen nicht weiter, wenn man Rußland nicht ein konkretes Verhandlungsziel- oder angebot mittels einer Neuen Ostpolitik offeriert. Das abstrakte Beschwören von Verhandlungs- und Dialogbereitschaft führt zu nichts, wenn man nicht einamal ein konkreteres Verhandlungsangebot anbietet.

Letztendlich wird aber wichtig sein, ob es zu einem Trump-Putin-Deal oder einer Abmachung zwischen den USA und Rußland kommen wird, da wie Außenminister Lawrow einmal auf der Münchner Sicherheitskonferenz betonte, die Konflikte in Syrien oder der Ukraine erst gelöst werden könnten, wenn eine neue internationale Friedensordnung entsteht, in der Rußland im Rahmen einer multipolarlen oder polyzentrischen Welt als ein wichtiger Pol und nicht nur Regionalmacht wahrgenommen wird.

Im Kern geht es aber auch darum, welche Position der Westen und China Russland innerhalb einer zukünftigen Weltordnung zugesteht. Soll, Russland ein Resourcenempire mit starkem Militär bleiben, das sich nicht wesentlich modernisiert. Oder sollen die strategischen Rohstoffe in Russland mithilfe westlicher Unternehmen , deren Mehrbeitsbeteiligungen und Joint Ventures wie dies Nawalni oder Chodorkowsky vorschwebt (wobei Chodeorkowky ja die russische Writschaft „leapfrogen“ lassen will)ausgebeutet und vermarktet werden oder wäre der Westen bereit die strategische Kontrolle ala Putin zu tolerieren? Inwieweit hat Russland werteorientiert eine liberale Demokratie westlichen Vorbilds zu werden oder hofft man auf eine Zeit nach Putin und den Putinismus? Auch hierrüber bestehen im Westen Differenzen. Trump würde am liebsten eine Deal mit Putin, egal ob es eine Demokratie in Rußland gibt oder nicht, während Großteile der Demokraten und Republikaner noch auf diesem Ziel bestehen.

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