Der Kosovokrieg und Trumps Balkandeal

Der Kosovokrieg und Trumps Balkandeal

Bei der damaligen Gründung von Kosovoalbanien ist  die Motivlage der USA nicht ganz klar. War ein Zusammenleben von Serben und Kosovaren unmöglich geworden und wollte man nicht ein weiteres dysfunktionales Konföderationsgebilde wie Bosnien-Herzegowina, das ja eher eine Mischung zwischen failing und failed state darstellt? Wollte man mit dem Kosovo einen geopolitischen Brückenkopf im Balkan mit der US-Militärbasis Camp Bondsteele als Rückgrat des Ganzen? Wollte man einem albanischen Nationalismus zuvorkommen, der mit Grossalbanienforderungen den ganzen Balkan destabilisiert hätte? Oder alles zusammen? Jedenfalls scheinen die USA da unter der Berufung auf das Selbstbestimmungsrecht der Völker die völkerrechtlichen Gegenstände territoriale Integrität und Souveränität hintenangestellt zu haben, zumal Jugoslawien in Auflösung begriffen war und diese ja fragwürdig wurden in ihrer realen Substanz .

Jedenfalls hat Russland wie China und etliche andere Staaten den Kosovo noch nicht als Staat anerkannt, während die meisten westlichen Regierungen doch. In Russland wird der Kosovo als Präzedenzfall für den Bruch des Völkerrechts seitens der USA und des Westens gesehen, welchen es auch als Legitimation nimmt, selbst Völkerrecht zu brechen. Zumindestens sollte man nicht vergessen, dass Russland selbst schon unter Jelzin Truppen in den Kosovo entsandte und es fast zu einer Konfrontation mit der NATO gekommen wäre, da der US-Kommandant Wesley Clark NATO-Truppen gegen russische Truppen einsetzen wollte und es möglicherweise zu einem Showdown gekommen wäre, hätte ein britischer 3-Sternegeneral nicht deeskalierend gewirkt mit den Worten „Ich will keinen 3. Weltrkieg!“..

Ein deutscher Diplomat, der lange bei der NATO, in Moskau und auf dem Balkan gedient hatte, kommentierte die Motivlage derfolgt:

„Der Kosovo-Krieg der NATO 1999 war ein Einschnitt. Bis heute bin ich mir – wie Sie – über die Motivlage der USA nicht im Klaren, obwohl ich mich damals intensiv mit dem Balkan befassen musste.

Heute glaube ich, dass die Entscheidung maßgeblich von Holbrook und Wes Clark beeinflusst wurde. Beide hatten Milosevic in Dayton erlebt und trauten ihm und seiner Entourage nicht über den Weg, wie ich meine: zu Recht! Milosevic war meiner Einschätzung nach wohl ein Psychopath. 

Entscheidend aber dürfte die US-amerikanische und britische Absicht gewesen sein, die NATO von einem Defensiv- zu einem Interventionsbündnis weiterzuentwickeln. Die damalige Losung im NATO-Hauptquartier lautete „Out of area or out of business“ bzw. „Out of treaty or out of business“. 

Mit der Sicherheitsratsresolution 1244 wurde der internationale Disput mit einem Formelkompromiss beigelegt, der deklaratorisch die territoriale Integrität Rest-Jugoslawiens bestätigte.

Mit der Unabhängigkeitserklärung des kosovarischen Parlaments und der Anerkennung des Kosovos durch die USA und 2/3 der Staatengemeinschaft wurde dieser Kompromiss aufgekündigt.

Die russische Haltung in der Süd-Ossetienfrage wurde hiervon maßgeblich bestimmt.

Das Thema verdient vertiefte Betrachtung.“

Putin- und Gazpromberater Prof. Alexander Rahr sieht die Motive derfolgt:

„- US wollten serbisches Grossreich, das dazu noch kommunistisch und nationalistisch wäre, verhindern
– US wollten einen Brückenkopf in die islamische Welt
– man wollte Selbstbestimmungsrecht, dass schon bei der Auflösung der SU zur Anwendung kam, zum Oberprinzip des Völkerrechts etablieren. (RU sagte dafür Danke und nahm sich Abchasien, Südossetien, Krim nach diesem Prinzip)
– US wollten NATO im Ernstfall mit Verbündeten testen“

Das Motiv der Existenzlegitimation deckt sich mit dem, was der enttarnte Stasi-Spion Rainer Rupp alias Topas behauptete, der ja damals in der NATO-Zentrale sass: Die NATO habe, um noch eine Existenzberechtigung zu haben, diesen Krieg als Vorwand genommen. Also:  Out of Area oder Out of Business.

Stimmt das so?

Zum einen erweiterte sich die NATO ja vorerst auch  ohne weitere Auslandseinsätze weiter nach Osten, war also bei weitem nicht out of business und während noch Teltschik als damaliger Chef der Münchner Sicherheitskonferenz sogar darüber fabulierte, dass man Russland als NATO-Mitglied gewinnen solle, sahen dies wohl die USA wie auch die Osteuropäer anders. Ich glaube, es gab damals auch schon zu Jelzins Zeiten einen unausgesprochenen Konsens mindestens seitens letzterer Kräfte, die Einflusssphären Russlands zurückzudrängen, also auch Serbien und schon allemal ein Großreich Serbien, das ein russischer Vorpfosten in Europa gewesen wäre.

Die einzigen NATOeinsätze, die nach dem Kosovokrieg noch kamen waren Afghanistan und Libyen, aber ersteres nach 9-11 und erst recht spät nach dem eigentlichen US-Krieg zum Sturz der Taliban, zweiteres auch mehr als punktueller Einsatz, aus dem man sich dann schnell wieder zuückzog. Zudem auch die NATO nicht im Irak oder andernortens eingesetzt wurde. Trotzdem blieb sie im business.Von daher wage ich diese These mal stark zu hinterfragen.

Brückenkopf in der islamischen Welt. Nun Muslime gibt es eigentlich in Europa nur in Bosnien-Herzegowina, Kosovo und Albanien, obgleich diese eher säkular sind, ähnlich den formell sunnitischen Kurden. Brückenkopf zu was? Es war wohl eher symbolisch, als strategisch. Wenngleich die Türkei, Saudiarabien, selbst der Iran versuchten in Bosnien als Schutzmacht mitzukämpfen und Hilfstruppen entsandten, so glaube ich nicht, dass das ein wesentliches Motiv war.

Auch glaube ich nicht, dass die NATO das Selbsbestimmungsrecht der Völker als zukünftige Regel, die das Völkerrecht bricht, generell einführen wollte. Kosovo war da eher die Ausnahme von der Regel und es ist auch kein Fall bekannt, in dem die NATO andersweitig Seperatisten unterstützte oder wegen dieser Kriege führte. Da lasse ich mir noch eher den Testfall der NATO einleuchten.

Zudem ist der Psychopath Milosevic eher eine moralisierende Erklärung. Milosevic war einfach ein Nationalist wie sein kroatischer Widerpart HDZ-Tudjmann, der ja vor allem von Deutschland und den USA gehypt und unterstützt wurde. Man erinnere sich an das Treffen zwischen Milosevic und Tujdmann, in dem sie die Aufteilung Bosnien-Herzegowinas beschliessen wollten und man sollte auch nicht die ethnischen Säuberungen seitens der Kroaten in der Krajinaoffensive an der serbischen Zivilbevökerung vergessen. Insofern man Nationalismus als psychopathisch auffasst, würde es wieder stimmen, aber eben nicht nur auf Milosevic begrenzt sein. .

Die Erklärung des Rückdrängens eines serbisch-russischen Brückenkopfes in Europa und auf dem Balkan zu, wie auch der Schaffung eines US-Militärstützpunktes wie Camp Bondsteele könnte der kleinste Nenner sein, auf den man sich verständigt.

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Der Balkan bleibt weiter umkämpftes geopolitisches Gebiet, wobei sich die EU neben den Einflussnahmeversuchen Russlands, Chinas und der Türkei von russischen Putschversuchen in Montenegro bis Chinas 16 plus 1-Gruppe, Investitionen für die Neue Seidenstrasse und Eisenbahnlinien von Budapest nach Belgrad nun auch neuer eigenwilliger und scheinbar nicht abgesprochener Avancen der Trump-USA ausgesetzt sieht, zumal Merkels EU-Erweiterungseuphorie bezüglich des Balkans nun durch Macron- Frankreich ausgebremst wird, dass die EU-Mitgliedschaft Mazedoneins und somit auch anderer Balkanländer offen infrage stellte-trotz Mazedoniens Staatsnamensänderung auf Druck Griechenlands, wovon es sich nun eine zügige NATO- und EU-Mitgliedschaft erwartete. Interessant ist, wie Trump nun höchstpersönlich auf dem Balkan eingegriffen hat, um neben seinen Nordkorea- und VAE-Deal nun weitere schnelle außenpolitische Erfolge für den Wahlkampf als Friedensmacher vorweisen zu können und die höchsten Vertreter Serbiens und des Kosovos gemeinsam ins Weiße Haus beorderte. Deutschland und die EU wollten sich da das Heft des Handelns nicht aus der Hand schlagen lassen und haben in Den Haag einen Kriegsverbrecherprozess gegen UCK-Führer Thaci angestrebt, um einen Deal ohne EU zu US-Konditionen zu verhindern, was aber nicht gelang.

Wie Putin- und Gazpromberater Prof. Rahr behauptet, dass der Kosovo-Krieg teilweise einen US-Brückenkopf und eine Drehscheibe für die muslimische Welt schaffen würde, vertreten andere Kommentatoren angesichts von Trumps neuestem Balkandeal  ähnliche Ansichten und drücken aus, dass Trumps Balkan-Deal mehr zu tun hat, um eine Anti-Iran- Front zu schaffen, Israel zu stärken in einer Linie mit den neuen Abkommen zwischen Israel und den Vereinigten Arabischen Emiraten und Bahrain und dass das Balkan-Abkommen mehr mit Trumps Iran-Politik zu tun hat als mit Europa oder dem Balkan selbst: Die früheren Motive für den Kosovo-Krieg und für Trumps Deal sind möglicherweise nicht identisch.

„Trumps Abkommen zwischen Serbien und dem Kosovo macht den Balkan nahöstlich

Das Kosovo hat einen Preis für das vom US-Präsidenten vermittelte Abkommen gezahlt, in dem es als „muslimischer Staat“ eingestuft wurde.

Das kürzlich von dem serbischen Präsidenten Aleksandar Vucic und dem kosovarischen Premierminister Avdullah Hoti unter der Aufsicht von Donald Trump unterzeichnete „Abkommen“, das auf getrennten Papieren und nicht mit identischem Inhalt unterzeichnet wurde, stärkt die Rolle sowohl der USA als auch, vielleicht zum ersten Mal, Israels auf dem Balkan.

Mit dem Schreiben dieser beiden getrennten „Abkommen“ stimmte Serbien zu, seine Botschaft nach Jerusalem zu verlegen, und war damit das erste europäische Land, das dies tat.

Das Kosovo hat seinerseits internationale Anerkennung von Israel erhalten, was nach einer Welle von 15 Nichtanerkennungen seiner Unabhängigkeit in den letzten Jahren ein bedeutender diplomatischer Sieg ist.

Aber seine Botschaft wird jetzt auch in Jerusalem sein. Präsident Trump und seine Mitarbeiter haben es als das erste mehrheitlich muslimische Land vorgestellt, das in Jerusalem vertreten ist. Trump musste Serbien als Europäer und das Kosovo als muslimisches Land präsentieren, um darauf hinzuweisen, dass das in den letzten Monaten seiner Amtszeit unterzeichnete Abkommen „historisch“ ist.

Es gibt jedoch möglicherweise wichtige Auswirkungen einer solchen Kennzeichnung, insbesondere für das Kosovo.

Wie Albanien und Bosnien-Herzegowina hat das Kosovo bisher vermieden, als „muslimischer Staat“ bezeichnet zu werden.

Die einzigen drei europäischen Länder mit muslimischer Mehrheit wissen, dass in einem Europa, das hauptsächlich von konservativen Parteien geführt wird und dessen Ideologien „christliche Werte“ als Kern der europäischen Identität betrachten, ein solches Etikett Probleme verursachen kann.

Die öffentliche Meinung in den EU-Mitgliedstaaten wird zunehmend von rechtsgerichteten, anti-muslimischer Rhetorik beeinflusst und steht einer weiteren Erweiterung der EU zunehmend skeptisch gegenüber.

1993, mitten im Bosnienkrieg 1992, änderten bosnische Muslime den Namen ihrer Nation in Bosniaken, gerade um ihr internationales Image zu verbessern und Stigmatisierung zu vermeiden.

Albaner aus dem Kosovo verbündeten sich 1998, als sich der Konflikt im Kosovo mit Serbien verschärfte, vollständig mit dem Westen und insbesondere mit den USA. Seitdem sind sie auch entschlossen, als westliche, proamerikanische und europäische Nation anerkannt zu werden, nicht als muslimischer Staat. Weder in Albanien noch im Kosovo stützen Albaner ihre Identität auf Religion. Durch die Wiedereinführung des „muslimischen Labels“ in den politischen Diskurs und die Einbeziehung Israels und der Hisbollah in die Gleichung bringt Präsident Trump den Balkan in die Mitte des Ostens.

Für die meisten Amerikaner ist der Balkan eine alte Geschichte, von der sie so gut wie nichts wissen. Der Nahe Osten ist etwas anderes. Es beeinflusst die Wahlergebnisse.

Die Vernahöstlichung des Balkans im neuen amerikanischen politischen Diskurs hilft den Muslimen auf dem Balkan nicht. Noch potenziell schädlicher für ihre Interessen ist, dass Trump einen Weg für die Neuinterpretation der neunziger Jahre auf dem Balkan eröffnet hat.

In der Präsidentschaftskampagne wird Trump seinen demokratischen Rivalen Joe Biden wahrscheinlich an dessen Unterstützung für den Krieg von Präsident Bill Clinton gegen Serbien um das Kosovo erinnern. In dem neuen Rahmen, den er geschaffen hat, indem er das Kosovo als muslimisches Land bezeichnet und das Problem im Nahen Osten zentralisiert hat, sollte man sich nicht wundern, wenn er der Clinton-Regierung vorwirft, auf der Seite der Muslime zu stehen, in der Hoffnung, dass dieser Vorwurf ihm Stimmen bringt.

Trump brauchte diese Vereinbarung aus einem weiteren Grund: um sich als Friedensstifter zu präsentieren. In seinen vier Amtsjahren hat er keinen Krieg begonnen. Aber er kann jetzt das Kosovo-Abkommen nutzen, um die Demokraten zu beschuldigen, in der Vergangenheit Kriege begonnen zu haben, 1999 im Kosovo und vielleicht auch 1994-5 in Bosnien und in beiden Fällen zugunsten muslimischer Nationen.

Er sagte bereits, dass das Wirtschaftsabkommen zwischen dem Kosovo und Serbien eine (zumindest teilweise) Lösung für ein Problem darstellt, das vor 21 Jahren aufgetreten ist. Das Kosovo will das nicht hören. Für die Kosovo-Albaner war 1999 eine Lösung des Problems, kein Problem, das weiter gelöst werden muss.

Die neue Trump-Rhetorik könnte Serbiens Position auf dem Balkan auf andere Weise stärken. Es bietet Serbien die Möglichkeit, sein eigenes Image zu entstigmatisieren. Für Serbien ist es wichtig, nicht nur als „Stabilitätsfaktor“ auf dem Balkan behandelt zu werden, sondern auch die alte Erzählung der neunziger Jahre in Frage zu stellen, in der Serben als Hauptschurken bezeichnet wurden.

Nicht weniger wichtig ist die Erwartung, dass das Abkommen der serbischen Sache in Bosnien und Herzegowina helfen könnte. Belgrad verbindet die Frage des Status des Kosovo zunehmend mit dem Status der hauptsächlich serbischen Einheit in Bosnien, der Republika Srpska. Der bosnisch-serbische Führer Milorad Dodik erinnerte daran in seiner Erklärung kurz vor der Reise von Präsident Vučić nach Washington.

Bisher war Washington der Hauptsponsor und Freund der Bosniaken, genau wie der Kosovo-Albaner. Serbien und insbesondere die bosnischen Serben hoffen, dass sich dies ändern wird. Um das Wasser zu testen, hat Dodik vorgeschlagen, dass Bosnien Serbien folgt, wenn es seine Botschaft nach Jerusalem verlegt. Es ist unwahrscheinlich, dass die Bosniaken zustimmen.

Die Frage wird dann eine Antwort sein – sowohl von den USA als auch von Israel. Mit dem Umzug seiner Botschaft nach Jerusalem bis Juli 2021 hat Serbien nicht nur den USA, sondern auch Israel, das bereits enge Beziehungen zu Serbien, aber auch zur Republika Srpska aufgebaut hat, einen großen Gefallen getan.

Selbst wenn Trump die Wahlen im November verliert, wird Benjamin Netanjahu wahrscheinlich als israelischer Führer bleiben, und Biden wird wahrscheinlich ein für Israel so günstiges Abkommen nicht ignorieren.

Trump mag gehen, aber Israel soll bleiben. Dies ist der Schlüssel zum Verständnis der serbischen Unterstützung für die Einbeziehung Israels in ein Abkommen, das anscheinend nicht viel mit dem Nahen Osten zu tun hatte.

Wenn Bosnien- Herzegowina aufgrund der Bosniaken nicht folgt, besteht die Gefahr, dass die amerikanische Unterstützung verloren geht.

Aus all diesen Gründen werden die amerikanischen Präsidentschaftswahlen von allen Seiten auf dem Balkan genau verfolgt.

Serbien unterstützt Trump. Bosnien und Kroatien – dessen Führung sich jetzt ausschließlich an der EU orientiert, nicht an Israel oder den USA – hoffen, dass er verliert. In jedem Fall könnte sich das in Washington unterzeichnete Abkommen für den Balkan als wichtiger erweisen, als es vielen auf den ersten Blick erscheint.“

Dejan Jovic ist Professor für Internationale Beziehungen an der Universität Zagreb. Er war der Chief Political Analyst im Büro des Präsidenten von Kroatien (2010-2014) https://balkaninsight.com/2020/09/10/trumps-serbia-kosovo-deal-middle-easternizes-the-balkans/

Man sollte aber auch die Rolle des Balkans im Zusammenhang mit der Energiepolitik sehen und den Entwicklungen um die Erdgasvorkommen im Mittelmeer, in deren Folge auch das neue US-griechische Abkommen über die gegenseitige Verteidigung unterzeichnet wurde. Das unbefristete Abkommen sieht eine Erweiterung der Marinebasis der Sechsten US-Flotte auf Kreta, die Schaffung von Drohnenstützpunkten in Zentralgriechenland und einer Militärbasis sowie einer Erdgasanlage in Alexandropoulis vor. Diese letztere Basis würde es ermöglichen, US-Erdgas nach Griechenland zu transportieren. Damit könnte auf dem gesamten Balkan über noch zu bauende Gaspipelines das russische Gasmonopol in der Region gebrochen werden.

Militärisch bedroht die Basis Alexandropoulis sowohl Russland und den Balkan als auch den Iran und den Nahen Osten. Sie würde es Washington ermöglichen, Streitkräfte auf den Balkan zu schicken, ohne durch türkische und dann durch russisch kontrollierte Gewässer ins Schwarze Meer zu reisen. Wie der griechische Verteidigungsanalytiker Efthymios Tsiliopoulos zu Al Jazeera sagte, könnte Washington mit diesem Stützpunkt in Alexandropoulis „Operationen auf dem Balkan viel schneller als über andere Häfen unterstützen“. Er fügte hinzu, dass die US-Truppen auf den griechischen Stützpunkten auch im Nahen Osten „leicht einsetzbar“ seien.

„Freie Märkte“ sollten „anstelle der russischen Gazprom“ über die Energieversorgung entscheiden, so Pompeo. Dies ist als Anspielung auf die vom Kreml nach geopolitischen Gesichtspunkten geplanten Pipelineprojekte zu verstehen: die auch in Deutschland umstrittene Nord-Stream-Pipeline, die Russland über die Ostsee mit Deutschland verbinden soll und die TurkStream-Pipeline, die seit Anfang des Jahres russisches Gas über das Schwarze Meer in die Türkei und von dort nach Bulgarien transportiert.

In einer gemeinsamen Erklärung begrüßten Pompeo und Mitsotakis die eine Woche zuvor erfolgte Gründung des East Mediterranean Gas Forum (EMGF) und bekräftigten ihre Unterstützung für Kooperationen im Rahmen des „3+1-Formats“ zwischen Griechenland, Zypern, Israel und den USA.

Zudem wurde über das geplante schwimmende LNG-Terminal gesprochen, das mit amerikanischer Unterstützung bei Alexandroupolis, nahe der griechisch-türkischen Landgrenze in Thrakien, gebaut werden soll. Ab 2023 soll dort per Schiff verflüssigtes Erdgas (LNG) aus den USA angeliefert, regasifiziert und über Pipelines zu Verbrauchern in Europa geliefert werden.

Während sich also eine strategische Energieachse USA-GB-Griechenland- Cypern-Ägypten ( vielleicht Libanon nach dem Grenzabkommen, falls die Irangesteuerte Hisbollah zustimmen sollte) versus Russland-Türkei-Iran herausschält, stärken die USA die griechische Position, vorerst mehr symbolisch und signalisieren Erdogan, dass sie seine Expansionen nur insoweit dulden, solange sie sich gegen Russland richten und nicht gegen US-Interessen. Auch in diesem Rahmen ist Trumps Balkanpolitik zu verstehen.

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