Krieg im Kaukasus: Iran, Aserbeidschan und die Aseris

Krieg im Kaukasus: Iran, Aserbeidschan und die Aseris

Die meisten Aserbeidschaner sind zu 89% formell schiitisch.Real sind die meisten säkular und nur 6% üben ihre Religion aktiv aus.Aserbeidschan ist auch keine Islamische Republik, ein islamoautoritäres Regime, sondern ein säkular-autorititäres Regime mit den üblichen postsowjetischen Despoten, zuerst Vater Alijew, nun der Sohn, also fast dynastisch. Es handelt sich also nicht um religiöse Fundamentalistishe wie im schiitischen Iran. Atheistisch erzogen eben noch aus Sowjetzeiten und säkular, autoritär und nicht demokratisch. Interessanter ist aber dass 15,3 Millionen Iraner aserbeidschanischen Migrationshintergrund haben , die Aseris,ja selbst der Oberste Geistige Führer Khameini einer ist.

Etliche dieser Aseris fordern nun,dass der Iran seitens Aserbeidschans eingreift,während die iranische Regierung diese Kräfte unterdrückt und für einen Waffenstillstand eintritt,wie sich auch als Vermittler anbietet. Auch in der Hoffnung mit Russland und der Türkei eine Art Asthana-Lösung wie in Nordsyrien herbeizubekomnen. Wobei die Iraner Angst haben,dass die USA Aserbeidschan und die Aseris in Iran unterstützen könnten, um ein West-und Ostaserbeidschan von Iran abzuspalten. Fragt sich,inwieweit solch ein Grossaserbeidschan Unterstützung seitens der USA bekommen würde oder eben die Aseris im Iran, zumal Trump ja neben China vor allem Iran als Feind auserkoren hat .Genauso gibt es ja balutschische Kräfte in Pakistan und Iran ,die ein Grossbalutistan aus beiden Staaten herauslösen wollen oder eben Kurden im Iran,die auch für ein übergreifendes Grosskurdistan eintreten. Aber eben viele Balutschen,Kurden und Aseris auch nicht,sondern lieber mehr demokratische Rechte innerhalb eines Irans hätten.

Von daher ist überraschend,dass die USA im Kaukasus für einen Waffenstillstand einsetzen und sich nicht klar hinter Aserbeidschan stellen, zumal auch das Völkerrecht im Falle Berg-Karabach auf der Seite Aserbeidschans steht. Oder lässt man die Erdogan-Türkei stellvertretend agieren,wogegen aber die Tatsache spricht,dass die Minsker Gruppe aus USA,Russland und Frankreich für einen Waffenstillstand plädiert,während Erdogan laut mit den Aserbeidschanern fordern,diese 3 Mächte sollten sich heraushalten.Möglicherweise halten sich die USA zurück, weil Trump dieser Konflikt egal ist,vielleicht auch eine Konfrontation mit Russland wegen Armeniens fürchtet und die Armenier zumal in den USA und Frankreich eine einflussreiche Lobby haben. Zumal vielleicht auch keiner verantwortlich für einen neuen Armeniergenozid gemacht werden will.

Ebenso ist die Frage,inwieweit die iranischen Aseris im Iran integriert sind,inwieweit sie religiös,säkular,nationalistisch,seperatistisch sind und überhaupt als ein homogener Block von 15,3 Millionen potentiellen Umstürzlern gegen den Iran auftreten würden. Sicherlich könnte eine Option der USA sein in der Auseinandersetzung mit der Islamischen Republik einen Teil der 15,3 Millionen Aseris mit Balutschen,Kurden und anderen Minderheiten und Ethnien unterstützen,,um die Islamische Republik zu destabilisieren.Dennoch müssen sie dabei den Nationalismus der iranischen Demokraten und Oppositionellen einberechnen,die einen säkularen und demokratischen oder säkular-autoritären Iran als territorial souveräne Einheit erhalten wollen.Mit denen will man es sich auch nicht verscherzen und etliche Iraner mit Migrationshintergrund begreifen sich wahrscheinlich auch mehr als als Iraner als Aseris, Balutschen oder Kurden. Bei den Betrachtungen von innen- und außenpolitischen Loyalitäten, sollte man nicht grobschnitzartig nur in Religion und EThnie einteilen, sondern eher tendenziell bei Identitätsfragen nach David Prechts Buch „Wer bin ich und wieviele?“ analysieren.

Zum Verhältnis Iran zu dem Krieg im Kaukasus und den Aserbeidschanern schreibt die Deutsche Welle:

„Im Konflikt zwischen Armenien und Aserbaidschan hat sich der Iran als Vermittler angeboten. Allerdings ist Teheran keineswegs ein unbeteiligter Dritter, insbesondere was Aserbaidschan betrifft.

Der iranische Innenminister Rahmani Fasli gab sich entschlossen. Sollten die Kämpfe zwischen Armenien und Aserbaidschan auch auf das Territorium seines Landes übergreifen, werde sein Land reagieren. Fasli bezog sich auf den Abschuss einer Rakete aus dem Kampfgebiet, die vergangene Woche in einem Dorf in der Grenzregion im Nordwesten des Irans niedergegangen war. Man habe den Regierungen Aserbeidschans und Armeniens mitgeteilt, dass sie das Kampfgeschehen besser kontrollieren müssten. Verbessere sich die Lage nicht, „werden wir, wenn nötig, entsprechende Maßnahmen ergreifen“, so Fasli.

Zugleich bietet sich die Regierung in Teheran als Mittlerin in dem Konflikt an. „Wir rufen beide Seiten auf, Zurückhaltung zu üben, den Konflikt umgehend zu beenden und die Verhandlungen wieder aufzunehmen“, hatte der iranische Außenamtssprecher Said Chatibsadeh erklärt.

Die Regierung in Teheran will vor allem verhindern, dass der Konflikt auf die iranische Gesellschaft überspringt. Denn im Iran lebt sowohl eine armenische als auch eine aserbaidschanische Minderheit. Dabei ist die armenische mit etwa 100.000 Personen deutlich kleiner als die der sogenannten „Aseri-Türken“, wie die iranischen Bürger mit aserbaidschanischen Wurzeln genannt werden. Deren Zahl beträgt rund 15 Millionen, von 82 Millionen Einwohnern Irans insgesamt. Damit ist ihre Zahl auch größer als die der aserbaidschanischen Staatsbürger. Dort leben insgesamt rund 10,3 Millionen Menschen.

Heute gehören die Aseris zu den einflussreichsten Ethnien im Iran. So kontrollieren sie große Teile des Teheraner Basars, des bedeutendsten Marktplatzes des Landes. Auch der geistliche Führer Ali Chamenei ist väterlicherseits aserbaidschanischer Abstammung. Vier seiner Vertreter veröffentlichten vor wenigen Tagen eine Stellungnahme, der zufolge es „keinen Zweifel“ gebe, dass die umkämpfte Region Berg-Karabach zu Aserbaidschan gehöre. Präsident Hassan Rohani ließ den armenischen Premier Nikol Pashinian wissen, Armenien müsse sich darum bemühen, den Konflikt zu beenden.

Stellungnahmen wie diese sind auch ein Spiegel der internen Kräfteverhältnisse im Iran. Anders als die Armenier, die wenig auffallen, stehen viele Aseris offen auf der Seite ihrer „muslimischen Brüder“ in Aserbaidschan. Vergangene Woche hatten sie mehrere große Kundgebungen in Städten Westirans organisiert. Dort war unter anderem auch die Parole „Tod Armenien“ zu hören. Iranischen Medien zufolge lösten Sicherheitskräfte diese Versammlungen auf.

Die Beziehungen beider Länder reichen weit zurück. Teile des heutigen Aserbaidschans gehörten bis ins 19. Jahrhundert zum persischen Reich. Im Jahr 1828 trat dieses die Region um Baku an Russland ab. 1991 wurde Aserbaidschan im Zuge der Auflösung der Sowjetunion unabhängig. Seitdem sorgt sich die Regierung in Teheran über den Einfluss Bakus auf die aserische Minderheit im Iran. Immer wieder wird die Befürchtung geäußert, Aserbaidschan wolle den Iran mit Unterstützung der USA zerschlagen, um die iranischen Provinzen West- und Ost-Aserbaidschan dann seinem eigenen Territorium einzuverleiben. Sorge bereitet der Regierung auch die enge Zusammenarbeit zwischen Aserbaidschan und den USA sowie Israel. Beiden Ländern gilt Aserbaidschan militärisch wie wirtschaftspolitisch als Schlüsselland im Südkaukasus.

Die indirekte Beteiligung Russlands und der Türkei an dem Krieg in seiner unmittelbaren Nachbarschaft bereitet Teheran ebenfalls Kopfzerbrechen. Während die Türkei Aserbaidschan unterstützt, steht Russland an der Seite Armeniens. Zu beiden Ländern unterhält der Iran ein ebenso komplexes wie fragiles Beziehungsnetz. So steht er in Syrien zusammen mit Russland an der Seite des Assad-Regimes. Die Türkei wiederum unterstützt die Assad-Gegner. Miteinander verbunden sind der Iran und die Türkei durch eine mehr oder minder starke Gegnerschaft zu Israel. Beide Staaten äußerten sich ablehnend zum jüngst unterzeichnete Normalisierungsabkommen des jüdischen Staates mit den Vereinigten Arabischen Emiraten und Bahrain. Außerdem stehen sie beide an der Seite des Emirats Katar, das sich einem von Saudi-Arabien angeführten Boykott gegenüber sieht.

Für die Beziehungen Teherans zur Türkei und Aserbaidschan spielen auch ökonomische Aspekte eine wichtige Rolle. Aserbeidschan hat insbesondere auf dem Rohstoffsektor enge Beziehungen zur Türkei. So ging im Jahr 2005 die über 1700 Kilometer lange Pipeline zwischen Baku und dem türkischen Mittelmeerhafen Ceyhan in Betrieb. Bereits vor der Verhängung von Sanktionen stellte diese Leitung eine starke Konkurrenz für die iranischen Erdöl-Exporte dar. Während diese zusammengeschrumpft sind, muss die Regierung in Teheran zusehen, wie sich über die Pipeline die türkisch-aserbaidschanischen Handelsbeziehungen festigen und in ihrer Folge auch die der beiden Länder zu Europa. Denn von der Türkei aus wird das aus Baku eintreffende Erdöl weiter in Richtung der europäischen Abnehmerstaaten verschifft. So hat sich auf diesem Sektor eine Dynamik entwickelt, an die der Iran, sollten die US-Sanktionen irgendwann aufgehoben werden, nur mit größter Mühe wieder Anschluss erhalten kann.

https://www.dw.com/de/iran-und-der-konflikt-um-berg-karabach/a-55244483

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