Putin im Valdai Klub

Putin im Valdai Klub

Wir reposten hier einen Artikel von Dr. „Sascha“ Alexander Rahr, der angeblich als einziger ausländischer Vertreter bei dem Valdai Club-Treffen war und auch höhere Weihen und Botschaften von Putin von ihm direkt bekommen haben soll. Zuerst der Beitrag, der auch auch auf Russland Kontrovers verteilt wurde, also öffentlich zugänglich ist und dann unsere Einschätzung.

Putin im Valdai Klub

0 26. Oktober 2020 2:23

[von Alexander Rahr] Den Valdai Club gibt es seit siebzehn Jahren. Dort treffen sich internationale und russische Politologen, um über die Weltlage zu diskutieren. Vladimir Putin hat allen diesen Treffen beigewohnt und den interessierten Teilnehmern stets Rede und Antwort gestanden. Über die Ergebnisse der Valdai Club Treffen wird normalerweise intensiv berichtet, nur die deutschen Medien schweigen sie tot – sie verhindern, dass der Valdai Klub in der Öffentlichkeit wahrgenommen wird. Und das, obwohl auch zahlreiche renommierte deutsche Experten sich an der Arbeit des Klubs beteiligen. In diesem Jahr fand der Valdai Klub unter strengen Hygienemassnahmen in Moskau statt. Der Autor konnte als einziger ausländischer Teilnehmer mit einer Sondergenehmigung von Berlin nach Russland kommen. Drei Tage lang wurde intensiv diskutiert, Themen waren Klima- und Umweltschutz, die globale Wirtschaftskrise, Fragen der künftigen Weltordnung, Aspekte der asiatischen Sicherheitsarchitektur und die Industrialisierung 4.0.; hochinteressant waren die Vorträge zweier führender russischer Virologen zu den angewandten Impfstoffen in Russland. Es war schon verwunderlich anzuhören, wie westliche Politik und Medien sich anstrengen, den Erfolg der Impfkampagne in Russland bloßzustellen. Russland selbst möchte die Vaccine weltweit verkaufen, wird aber als unliebsamer Konkurrent verunglimpft. Premierminister Michail Mischustin sprach am zweiten Konferenztag über die Digitalisierung. Russland werde bald nicht mehrmals reiner Rohstoffexporteur in Erscheinung treten, sondern seine Wirtschaft mit Hilfe der neuen Informationstechnologien modernisieren. Erfolge seien schon mit bloßem Auge sichtbar. Mischustin versicherte den Westen, dass Russland nach wirtschaftlicher Kooperation strebe. Am Ende der Valdai Veranstaltung diskutierte Putin drei Stunden lang mit den Gästen. Seine wesentlichen Aussagen waren: (1) Russland ist Teil Europas, aber nicht Teil des Westens. Russland verwahrt sich gegen westliche Versuche, Russland von außen zu verändern. (2) Russland sei nicht abgeneigt, mit China ein Militärbündnis einzugehen. Moskau habe auch nichts gegen eine weitere atomare Aufrüstung Chinas. Abrüsten sollte der Westen. (3) Im Fall des vergifteten Alexei Nawalny habe sich Berlin unfreundlich gegenüber Moskau verhalten. Russland sei zu Ermittlungen bereit, fordere aber Einsicht in die Giftproben, die bei Nawalny gefunden wurden. (4) Auf dem Öl- und Gasmarkt sei es nicht zum Preissturz gekommen, der russische Energieexport funktioniere gut. Außerdem sei Russland heute der weltgrößte Getreideexporteur. Westliche Sanktionen machten dem Land nichts mehr aus. (5) Putin erinnerte an seine Rede auf der Münchner Sicherheitskonferenz 2007, auf der er den Westen vor einer NATO Erweiterung warnte. Seine Minister hätten seine Aussagen damals als zu konfrontativ erachtet. Putin widersprach westlichen Analysen, er wolle einen Keil in die transatlantischen Beziehungen treiben, kritisierte aber Europas Hörigkeit von den USA, vor allem im Falle Nord Stream II. Deutschland, so Putin, sei kein Anwalt russischer Interessen im Westen. Gerade Russland habe ich 1990 mehr als der Westen für eine deutsche Wiedervereinigung stark gemacht. Deutschland hätte deshalb das Volksbegehren der Krim-Bevölkerung für einen Beitritt zu Russland positiv beurteilen sollen. Der Autor konnte zahlreiche Gespräche in Moskau führen. Fest steht für ihn, dass eine Rückkehr zur Normalität in den bilateralen Beziehungen heute nicht möglich ist. Der Westen und Russland haben sich durch die vielen Konflikte entzweit. Russland will sich auch nach dem Ende der Corona- Pandemie dem Westen gegenüber nicht wirklich öffnen. Zunächst muss der Westen Russland mit größerem Respekt behandeln. Die meisten Politologen in Russland schlossen eine weitere dramatische Verschlechterung der Beziehungen zum Westen nicht aus. Westliche Demokratie habe im heutigen Russland wenig Chancen, die Alternative zu Putin liege eher im Nationalismus. Der Autor war überrascht, wie sehr die temporär abgerissenen Kontakte und Verbindungen in der Corona-Krise den bilateralen Beziehungen geschadet haben. Sie können nicht von heute auf morgen repariert werden. Den Hauptschuldigen für den Bruch der Beziehungen sehen die äußern in den USA. Diese würden die Deutschen, die eigentlich keinen Streit mit Moskau vom Zaun brechen wollten, an der kurzen Leine führen.

Da fällt vielerlei auf;

  1. Russland will mit China ein Militärbündnis eingehen. Möglich, nicht auszuschliessen, nachdem Putin den USA angeboten hat START , also die Begrenzung der Interkontinentalraketen um ein Jahr zu verlängern, was die USA zurückwiesen mit der Forderung, man möge doch China einbeziehen, Ein möglich dummer Schritt der USA. Nun erklärt Putin wiederum er häte nichts gegen die Aufrüstung Chinas, wahrscheinlich, weil diese sich vor allem gegen die USA richten würde, aber bisher sind dies nur Drohungen. Zumal China sich bei der Frage, wieviel Interkontinantalraketen und Rüstung es haben will und wird, sicherlich nicht von der Zustimung Russlands abhängig machen wird, weswegen Putin sich da selbstherrlich Sachen anmasst, die er gar nicht einhalten kann und mit deren er aus eigener Hilflosigkeit drohen möchte. Fraglich, wie die USA darauf reagieren werden und ob Russland auch bereit ist, für Chinas Abenteuer im Südchineischen oder Ostchineischen Meer oder Taiwan ode gegenüber Indien da eine militärische Verteidigungsverpflichtung eingehen zu wollen.Und worin soll dieses Militärbündnis bestehen und was ist dann der konkrete Verteidigungsfall? Oder will China Taiwan erobern und erwartet, dass Russland dann eine Offensive gegen Europa beginnt, um die USA mittels brüchigem NATO-Fallzu zwingen Europa zu verteidigen und ihm so Kräfte in Fernost genommen werden? Jedenfalls keine leicht zu nehmende Drogung.
  2. Sputnik 5 werde nicht ernst genommen. Warum auch? Es hat nach russischen Angaben nicht einmal die erste Phase aller obligatorischen Testphasen durchlaufen, eine Massenimpfung wurde angeblich vorgenommen, während die Neuinfektionszahlen überall in Russland explodieren. Die Tochter von Putin und der Verteidigungsminister wurden massenmedial geimpft, aber Putin liess sich nicht einmal offiziell damit impfen. Und das soll man glauben, wie Trumps Versprechungen, dass ein Serum zu seiner Widerwahl komme. Völliger Bldösinn und Putin erwartet für diesen ganzen Fake noch Respekt und Glauben.
  3. Nawalny wollen wir hier nicht diskutieren. Wahrscheinlcih hat Putin ihn vergiftet, um die Rebellion in Ostrussland und Belarus nicht zum Ural kommen zu lassen. Nowitschok war es möglicherwesie nicht, aber vergiftet wurde er.
  4. Digitalisierung. Jedesmal wenn man fragt, inwieweit Putin-Russland denn moderne Technologien fördert und vorantreibt, erhält man keine konkreten Antworten. Weder gibt es es einen aus den Öl-und Gaseinnahmen gespeisten Zukunftsfonds, noch können einem russische Repräsentanten wesentliche Hi-Techfimren, Technologieparks mit realer Perfomance, russischen Hitechmarken- und firmen nennen. Mit Ausnahme des Technologie-Vorzeigeparks in Skolokow , das ein „russisches Silicon Valley“ werden soll, ist da nicht viel in den Medien. Zumal es kein Risikokapital in Russland gibt, nur begrenzte staatliche Förderung und dass die Russen bei Handys besser drauf sind als die Deutschen und Yandex ein autionomes Taxi entwickelt hat, widerlegt das eben nicht. Glaubt man westlichen Berichten, so sind die wesentlichen erfolgreichen Firmen jene für Überwachungstechnologien und Gesichtserkennung, die Absatz in autoritären Ländern finden. Aber die westlichen Berichte über das Technologiezentrum in Skolokow schätzen übereinstimmend ein, dass es noch an vielem fehlt, um ein Silicon Valley zu sein. Zwar ist der Technologiepark Skolokow kein Potemkinsches Dorf, aber wo die Grenzen und der Unterschied zum Silicon Valley liegen, macht folgendes Interview ganz gut klar: „Benjamin Wilkening ist ein echter Russland-Pionier. Der gebürtige Hesse kam in den wilden 1990ern als Unternehmensberater nach Moskau und half Wirtschaftstycoons beim Geschäftsaufbau. Heute ist er für das Moskauer Innovations- und Technologiezentrum Skolkowo tätig und unterstützt russische Start-ups beim Markteintritt in Deutschland. Im Impuls-Gespräch erklärt Wilkening, was Skolkowo vom Silicon Valley unterscheidet und warum russische Start-ups ins Ausland expandieren sollten.

Skolkowo wird oft als russisches Silicon Valley beschrieben. Sind Sie damit einverstanden?

Der entscheidende Unterschied ist: Im Silicon Valley gibt es Abermilliarden von privaten Geldern, die Venture-Capital-Industrie ist sehr stark ausgestattet. Die Start-ups im Silicon Valley sind nicht angewiesen auf staatliche Hilfe und erhalten ihr Geld von privaten Investoren. Hier in Russland dagegen gibt es so gut wie keine Venture-Capital-Industrie, es geht um lächerlich niedrige Ziffern und es ist sehr schwierig für Start-ups, überhaupt loszulegen. Deshalb ist Skolkowo eine herausragende Idee, weil der Staat in einem frühen Stadium eingreift. Wenn ein junges Team eine gute Idee hat und ein Labor braucht, erhalten die Start-ups Unterstützung von Skolkowo.

Welche Vorteile bringt Skolkowo für die Unternehmen?

Skolkowo ist vergleichbar mit einer Sonderwirtschaftszone, spezialisiert sich aber auf Start-ups sowie Forschung und Entwicklung. Die Programmteilnehmer erhalten zehn Jahre Steuerprivilegien, zahlen keine Umsatzsteuer, keine Mehrwertsteuer und auch keine Importzölle auf Maschinen oder Komponenten. Die Lohnnebenkosten sind von 30 auf 14 Prozent reduziert. Das ist ein riesiger Vorteil, weil viele Start-ups trotz hoher Ausgaben für Forschung und Entwicklung über mehrere Jahre hinweg keine Umsätze haben. Darüber hinaus können Start-ups einen Grant beantragen. Das sind keine Kredite, sondern Fördergelder, die nicht zurückgezahlt werden müssen. Die Start-ups profitieren vom Skolkowo-Ökosystem. Es gibt eine Vielzahl an Labors und Werkstätten sowie Skoltech, die erste russische Universität für angewandte Wissenschaften nach dem Vorbild von MIT und Fraunhofer. Hier wird Auftragsentwicklung für die Wirtschaft gemacht. Bosch arbeitet in Skoltech aktuell an zwei Projekten.

Mit seinen vielen Baustellen wirkt Skolkowo noch rau und unfertig. Was ist das langfristige Ziel des Technologiezentrums am Moskauer Stadtrand?

Es gibt drei Standbeine: Das erste ist die Förderung von Start-ups, das zweite ist Skoltech und das dritte ist die Ansiedlung von Forschung und Entwicklung für russische und internationale große Unternehmen. Neben Sberbank und Tatneft betreiben auch Boeing, Philips und Panasonic Forschungszentren in Skolkowo. Ausländische Firmen erhalten übrigens die gleichen Privilegien wie russische. Wer hier ein eigenes Entwicklungszentrum bauen möchte, bekommt sogar das Bauland auf dem Skolkowo-Gelände für einen symbolischen Preis. Das Angebot nutzen sogar deutsche Mittelständler, so baut etwa derzeit das AHK-Mitgliedsunternehmen Phoenix Contact in Skolkowo sein eigenes Forschungs- und Entwicklungszentrum auf. Das Ziel von Skolkowo ist die Vertiefung der Wertschöpfung in Russland. Dafür bietet das Land mit seinen gut ausgebildeten Programmierern und Ingenieuren die besten Voraussetzungen.“

Wenn man in Deutschland über Start-ups spricht, denkt man zunächst an USA, Israel und Skandinavien, eher weniger an Russland. Zu Unrecht?

Sehr zu Unrecht. Auch in Deutschland und den USA ist das Interesse an Deep Tech, an tiefen technologischen Innovationen, sehr spät in der Venture-Capital-Szene erwacht. Ursprünglich war man immer nur an Consumer-Lösungen interessiert, an möglichst vielen Klicks und Nutzerzahlen. Es hat eine Weile gedauert, bis man auch im Westen erkannt hat, dass man mit innovativen B2B-Lösungen, die durch Patente geschützt sind, Milliarden verdienen kann. In Russland gibt es viele agile Start-ups, die eine realistische Chance haben, eine Position für sich in den Weltmärkten zu erobern.

Wie sieht es eigentlich mit der Innovationskraft in Deutschland aus?

Es besteht die Gefahr, dass Amerika die europäischen und deutschen Player langfristig hinter sich lässt. Wenn die deutsche Wirtschaft nicht aufwacht und nicht schneller agile Technologien integriert, dann besteht ein großes Risiko. Noch ist Deutschland Marktführer in vielen Industriebereichen, vor allem im Maschinenbau. Aber die digitale Konkurrenz kommt von überall.

Was sind für russische Start-ups die größten Hürden bei der internationalen Expansion?

Geld. In Russland gibt es kaum institutionelle Investoren, deshalb ist es für Start-ups schwer, Kernfinanzierung für die internationale Expansion zu erhalten. Es ist das typische Henne-Ei-Problem. Ein innovatives russisches Start-up will in den deutschen Markt, benötigt aber allein für ein Büro, Vertrieb und Marketing im ersten Jahr rund eine halbe bis eine Million Euro. Woher soll dieses Geld kommen? Im Silicon Valley stellt sich diese Frage nicht.

Woher kommt der Mentalitätsunterschied zwischen der Start-up-Kultur in Russland und im Westen?

Ich glaube, in Russland gilt das für alle Privatinvestitionen. Der Markt ist nicht groß, und der Appetit für Risiken ist beschränkt. Im Westen läuft es so, dass man zunächst viel Geld verbrennt, um erfolgreich zu wachsen. Diese Mentalität ist hier noch nicht angekommen. Die Frage ist eher: Wie schnell erreichen wir die Gewinnschwelle? Wann haben wir eine Million Dollar Umsatz, um unsere Entwickler zu füttern? In der westlichen Venture-Industrie fragt man dagegen: Wie schnell können wir wachsen und was kostet es?

Am Skolkowo-Förderprogramm nehmen 2000 Start-ups teil. Wie viele von ihnen haben das Potenzial, zum Unicorn aufzusteigen, sprich eine Bewertung von über einer Milliarde Dollar zu erreichen?

Ich schätze, ein Prozent, etwa 20 Start-ups. Skolkowo gibt nur eine Anstoßfinanzierung und Steuervorteile, deshalb kommen viele Firmen oftmals nicht zu dem Punkt, an dem sie erwachsen werden und unabhängig vom Programm überleben können. Das Programm ist auf zehn Jahre angelegt. Bei den ersten Firmen laufen die ersten zehn Jahre bald ab und es gibt bei Weitem nicht genug Anschlussfinanzierung, um die nächste Ebene zu erreichen

https://russland.ahk.de/infothek/news/detail/fuer-russische-start-ups-liegt-die-chance-im-ausland

Hinzu kommen auch noch die Sanktionen infolge der militärischen Annektion der Krim. Chodorkowki, der in der russischen IT-Industrie seine Karriere begann, fordert in seinem Buch in dem Kapitel „Die Zukunft Rußlands“ auch Wirtschaftsreformen und ein freieres geistiges und innovatives Klima in Russland, um die neuen IT-Technologien zu fördern Ja, er ist auch dafür, dass Russlands Wirtschaft weniger traditionelle Industrien ausbaut und auf Öl- und Gasexporte setzt, sondern einen technologischen Sprung in die digitalisierte Wissensgesellschaft wagt-„leapfrog“. Damit ist er nicht allein.

„Viele Menschen in Europa fragen sich in diesen Tagen: Gibt es überhaupt eine Opposition im russischen Parlament? Der Abgeordnete Ilja Ponomarjow beantwortete die Frage vor ein paar Monaten im Interview mit der „Zeit“ selbst: „Wie sie gesehen haben, gibt es eine, aber sie ist sehr klein.“ Ponomarjow meint damit sich selbst. Vor gut einem Jahr stimmte er als einziger der 450 Duma-Abgeordneten gegen die Annexion der Krim. Dafür soll der 39-Jährige nun büßen. Die russische Justiz fordert die Aufhebung seiner Immunität. Nur die Duma muss dem Antrag der Staatsanwaltschaft noch zustimmen, um den Weg frei zu machen, den unliebsamen Parlamentarier loszuwerden.

Hintergrund ist ein dubioses Gerichtsverfahren wegen Korruption. Ponomarjow war während der Präsidentschaft von Dmitri Medwedew vor einigen Jahren an Innovationsprojekten der russischen Regierung beteiligt. Im Moskauer Vorort Skolkowo soll ein Industriegebiet nach dem Vorbild des Silicon Valley entstehen. Ponomarjow war als Berater der Stiftung tätig, hielt Vorlesungen und erhielt dafür mehr als 700.000 Dollar. Nach der Wiederwahl von Wladimir Putin 2012 klagte die Stiftung, Ponomarjow habe überhöhte Honorare erhalten. Das Gericht fordert deshalb nun die teilweise Rückerstattung der Gelder. „So etwas dient oft als Warnung, selbst wenn die Vorwürfe dann nicht weiter verfolgt werden“, erklärt Russland-Experte Jens Siegert von der Böll-Stiftung. „Dabei ist es individuell unterschiedlich, ob das heißt: ’sei ruhig‘ oder ‚hau ab‘.“

Tatsächlich hat der Prozess politische Gründe. Auf Plakaten im Zentrum Moskaus prangt Ponomarjows Gesicht seit Monaten gleich neben dem anderer Oppositionspolitiker wie dem mittlerweile ermordeten Boris Nemzow und dem inhaftierten Alexei Nawalny. „Die fünfte Kolonne“ steht darunter. Ponomarjow hat es innerhalb eines Jahres in die Riege der hochrangigsten Kreml-Feinde geschafft. Zum „Vaterlandsverräter“ wurde der IT-Unternehmer, der in Moskau geboren wurde und 2012 an Anti-Putin-Protesten teilgenommen hatte, im März 2014.“

https://www.n-tv.de/politik/Wie-Moskau-einen-Vaterlandsverraeter-loswird-article14833696.html

Ponomarjow mahnte wie Chodorkowki wirtschaftliche und politische Reformen an und sprach sich auch gegen die militärische Annexion der Krim aus, zumal die Sanktionen auch den Technologietransfer und Kooperation unterbrachen, wobei er aber der EU vorwarf, mit ihrem Assozierungsabkommen mit der Ukraine solch eine Entwicklung mitverschuldet zu haben. Nun galt er Ptutin als „Vaterandsverräter“ und „Unterstützer der Faschisten“ und floh in die USA. Russlands Opposition gegen Putin erklärt sich zum Teil auch aus wirtschaftlichen Interessen und der Forderung nach einer Modernisierung der russischen Wirtschaft, die diese Kräfte durch Putin behindert, wenn nicht gar unmöglich gemacht sehen.

5) Resource Empire:Was Putin über die Öl-und Preisentwicklung sagt,ist wohl wishful thinking,wenn man diesen Artikel glaubt:

Auf Zehnjahrestief: Heizöl- und Gaspreise bleiben weiterhin niedrig

  • Heizöl und Gas sind zum Oktoberbeginn weiterhin günstig.
  • Marktbeobachter glauben, dass die Preise auch nicht allzu schnell steigen werden.
  • Die Corona-Infektion von US-Präsident Donald Trump hat die Energiepreise weiter gedrückt.

Die Nachricht von der Corona-Infektion von US-Präsident Donald Trump hat die bereits niedrigen Energiepreise weiter gedrückt. Die Auswirkungen spüren auch die Verbraucher in Deutschland. Infoportale wie Esyoil und Heizoel24 gaben den Preis am Samstagvormittag mit deutlich weniger als 40 Euro für 100 Liter an.

Marktbeobachter betonten aber, dass Trumps Erkrankung eher ein Grund unter vielen für die Niedrigpreise sei. Vielmehr war Heizöl schon vorher günstig.

Trumps Corona-Infektion ist nur ein Einflussfaktor

“Aufgrund der Corona-Pandemie und der damit einhergehenden schwachen Weltkonjunktur sind die Energiepreise 2020 deutlich gesunken, dazu kommt seit Juli der niedrigere Mehrwertsteuersatz”, sagte Lasse Schmid, Geschäftsführer Energie beim Vergleichsportal Check24. Trumps Erkrankung kam nun zusätzlich hinzu. Nach Einschätzung von Analysten belastet dies den Preis, weil der Präsident ein großer Unterstützer der US-Ölindustrie ist.

Doch andere US-Nachrichten wirken sich noch stärker aus. “Die Einigung über ein Konjunkturpaket in den USA rückte in weite Ferne, und die Zahl der aktiven Bohranlagen in den USA stieg deutlich an”, heißt es in einem Marktkommentar von Esyoil. Hinzu kommt, dass Ölförderländer wie Saudi-Arabien, Russland und Libyen zuletzt ihre Exporte gesteigert haben – trotz fehlender Nachfrage.

https://www.rnd.de/wirtschaft/heizol-und-gaspreise-bleiben-weiterhin-niedrig-LYBMFMZR4CWCSVBRFMNNJQMGRU.html

Das nur zum kurz- und mittelfristigen Ausblick und die längere Prognose liest sich auch nicht besser:

Energiemarkt Coronakrise beeinflusst Öl- und Gaspreise langfristig

Eine neue Studie der Internationalen Energieagentur (IEA) hat berechnet, dass die Coronakrise den Öl-und Gasmarkt noch länger stark beeinflussen wird. Rohöl ist aktuell ein Drittel weniger wert als im Vorjahr und wird laut IEA weiter sinken. Die Nachfrage nach Erdgas soll durchschnittlich um vier Prozent sinken.

In Europa sind die Gaspreise im Großhandel besonders niedrig, da bereits vor der Coronakrise ein Überangebot bestand. Der Öl- und Gasmarkt hat sich auch im zweiten Quartal kaum von den Auswirkungen der Krise erholt. So sank der Bruttogewinn der Öl- und Gasindustrie um fast 40 Prozent. Insgesamt schätzt die IEA einen Rückgang der Gas- und Ölinvestitionen um ein Drittel. Auch wenn der Wintereinbruch die Gaspreise vorübergehend wieder etwas ankurbeln wird, werden sie trotzdem im Vergleich zu den Vorjahren auf einem niedrigen Niveau bleiben. Im Schnitt werden die Energiepreise in den nächsten Monaten keinen großen Sprung nach oben machen.
Aufgrund der Entwicklungen durch die Pandemie gehen die Energieexperten davon aus, dass der Höhepunkt der Ölnachfrage früher als 2040 erreicht sein wird. So würden Öl- und Gasunternehmen nun aufgrund der geschwächten Marktsituation vermehrt in erneuerbare Energien investieren. Diesen Trend zur sauberen Energie beobachtet die Energieagentur vor allem in europäischen Öl- und Gasunternehmen und hält deshalb allgemeine strukturelle Veränderungen in der Öl- und Gasbranche für wahrscheinlich.

https://m.check24.de/gas/news/energiemarkt-coronakrise-beeinflusst-oel-und-gaspreise-langfristig-67433/?

Von dieser Position der Schwäche und des scheinbaren Scheitern des Resource Empires und wenig Fotschritten bei einer modernen IT-Industrie, die ein Chodorkowski im Exil für Russland als leapfrog so anmahnt, fordert Putin ernsthaft wegen seines Sputnik 5 Fakes und der Drohung das abstürzende Russland, dass er sich da doch fest an China in einem Militärbündnis binden könne: Respekt . Geht es ihm um realpolitische Ziele oder um nationalen Stolz als Suggorat bröckelnder Macht oder soll Respekt bedeuten, dass der Westen jetzt wegen seiner Drohung ein Militärbündnis mit China fest einzugehen auf seine außenpolitischen Ziele rasch eingeht, wobei man von diesen ungeklärten außenpolitischen Zielen mehr ahnen und spekulieren kann , was sie denn sein sollen oder ob er meint, man solle mittels einseitiger Zugeständnisse und Vorleitsungen ihm in allem entgegenkommen.

Putins Resource Empire und global supplier of international security hat wie eine eigenständige Wirtschaftsmodernisierung ihre definitiven Grenzen erreicht. Und wirtschaftlich sieht es auch nicht rosig aus. Grob gesagt lässt sich die Ära Putin in vier Etappen einteilen: In den 2000er Jahren wuchs das Vertrauen in Putin und gleichzeitig wuchsen Wirtschaft und Realeinkommen. Ab etwa 2008 begann das Vertrauen zu sinken, aber die Einkommen wuchsen (vorerst) weiter. 2014 drehte Putin das Blatt. Mit der Annexion der Krim wuchs die Zustimmung zu ihm in ungeahnte Höhen, aber die Wirtschaft schrumpfte und die Einkommen begannen zu fallen. Seit 2018 scheint dieser sogenannten Krim-Effekt aufgebraucht und erstmals unter Putin nehmen gleichzeitig die Einkommen und das Vertrauen in den Präsidenten ab. Hinzu kommt noch die Coronakrise und fallende Öl- und Gaspreise. Es bleiben nur noch Drohungen mit China fest  zusammenzugehen. Dennoch bleibt es an Putin seine Ziele gegenüber dem Westen, sei es die Nichtpaktgenundenheit der Ukraine und Belarus oder irgendetwas Konkretes anzubieten und klar zu erklären und auch Kompromisse einzugehen. Respekt zu fordern ist so der Kotau, den auch die Chinesen vom Westen fordern. Es ist so dieser archaische Ehrbegriff, den Aggressoren einforden wie Erdogan, um ihren nicht einknickenden Opfern einen Ehrenmord anzudrohen. Nein, kein Respekt, Ehre und so ein Quatsch keine eitlen Symbolgesten, sondern einfach klare erreichbare Ziele sind gefragt. Ansonsten erübrigt solch eine Diskussion.Ansonsten trfft man sich um 6 Uhr mit seinem jeweiligen russisch-chinesisch-türkischen Sekundanten bei der Eiche oder dann eben auf dem Schlachtfeld. Der Westen hat wenn nicht Ehre und Respektforderungen, so doch Prinzipien, und realpolitische Ziele auf die man sich einigen könnte.

Es ist Zeit mit diesem Respektgeschwafel aufzuhören und realpolitische und konkretere Ziele und Angebote zu offerieren. So wie Putin dieses Respektgeschwafel zu lieben scheint, irgendwelche Scheinerfolge und nicht vohandenen Stärken vorgaukelt, die recht durchsichtig zu durchschauen sind, so fällt doch umgekehrt auf, dass westliche Transatlantiker zu keiner Selbstkritik eigener Fehler imstande sind und von Maximalpositionen verhandeln wollen.

Putins Angebot, das ablaufende Rüstungskontrollabkommen START für Interkontinentalraketen um 1 Jahr zu verlängern, ist da als konstruktiver und konkreter Vorschlag zu nennen, der das Problem zwar nicht umgehend lösen würde, aber Verschnaufzeit gibt, um über den US-Wahltermin hinaus die Lage etwas zu stabilisieren und Zeit zu schaffen, um weiter im Gespräch zu bleiben. Die Ablehnung seitens der USA mit der Begründung, man wolle auch China einbeziehen, ist da sehr unklug. Denn China will momentan nicht einbezogen werden und eine Verlängerung von START hätte ja keine Ewigkeitsdauer, sondern würde erst einmal ein weiteres Wettrüsten zwischen den USA und Russland verhindern. So aber droht nun Putin mit einem Militärbündnis mit China, wie er auch dessen Hochrüstung mit Interkontinentalwadden nicht mehr widerspricht, um überhaupt noch wahrgenommen zu werden.

Ein ehemaliger Diplomat, der lange Zeit in der deutschen Botschaft in Moskau tätig war, schätzt Putins Rede und die Rolle des Valdai Clubs derfolgt ein:

„Sicherlich ist Sascha Rahrs Bericht vom Waldai Club ein Weizenkorn, dass Verarbeitung verdient, und Sie haben das aus meiner Sicht bereits zutreffend getan. Deshalb nur einige Anmerkungen:

1. Das erträumte Innovationszentrum bei Moskau Skolokow konnte ich 2016 besichtigen und war ziemlich enttäuscht. Jedenfalls hat das Projekt mit Silicon Valley nichts zu tun, sondern erinnerte mich eher an den Forschungscampus der RWTH Aachen oder der Max-Planck-Institute in Geltow bei Berlin oder den HU Campus Berlin-Adlershorst. Nicht schlecht, aber bestimmt nicht weltbewegend.

2. Ganz klar: Russland hat ein Problem mit dem Verfall der Öl- und Gaspreise. Mit 40 USD pro barrel steht  Rosneft und Gazprom das Wasser bis zum Hals. Also vernehme ich Putins optimistische Aussage als Pfeifen im Walde,

3. Bemerkenswert der Bezug zur Münchner Rede 2007: Putin hält sie – wie auch ich – für die programmatische Darlegung seiner Politik, die weiterhin Gültigkeit besitzt. Aufgrund seines Geschichts- und Weltverständnisses nachvollziehbar.

4. Russland – China: Ob es ein Militärabkommen geben wird, ist aus meiner Sicht zweitrangig. Wichtiger sind m.E. Übereinstimmungen auf einzelnen Politikfeldern und das Machtverhältnis zwischen Peking und Moskau. Ad hoc Übereinstimmung zu Regional- und Querschnittsthemen wird es immer wieder geben. Evtl. auch Manöver mit kleinerer Beteiligung der anderen Seite und Austausch von Informationen als Barter-Trade. Aber eine Militärkonvention wie die russisch-französische von 1894 sehe ich nicht, auch weil sie den Status Moskaus als Juniorpartner in der einen oder anderen Weise erkennen lassen würde.

5. Start: Teile die Auffassung, dass das russ. Angebot einer einjährigen Verlängerung sinnvoll und im Interesse Moskaus ist.

6. Aktuelle geopolitische Lage: Auffallend ist für mich, worüber Putin nicht spricht, nämlich über die aktuelle geopolitische Lage Moskaus. Die ist nämlich ziemlich schlecht: Über den Verfall der Rohstoffpreise und die Innovationsschwäche des Landes schrieb ich schon.

Aber jetzt versetzen Sie sich mal in die Lage von geopolitischen Analysten in Moskau und schauen sich um: Wo ist Moskau nicht überall involviert? In Libyen, Syrien, im Kaukasus, auf der Krim, im Kaukasus, in der Ostukraine, in Belarus, In Kirgisistan, auch in Afghanistan. Das ist ein volles Konzert-Programm, das Sie mit finanziellen, militärischen, nachrichtendienstlichen und politischen Instrumenten spielen müssen. Hat Moskau dafür die Ressourcen, und für wie lange? Das alles klingt nicht gut, und deshalb hat der Dirigent Putin dieses Programm im Waldai Club auch nicht abgespielt!

7. Zur Person: Putin ist mein Jahrgang. Er wird alt, hat viel gesehen, erlebt und bewegt, ist Großvater und glaubt nun, sich nur noch auf die großen strategischen Themen konzentrieren zu müssen. Der Waldai Club! Klasse, das ist ja fast so schön wie die Treffen alter, weißer Männer auf Schweizer Bergen oder in den Rocky Mountains. Aber machen wir uns nichts vor, auf diesen Foren wird abgehoben diskutiert, die Wirklichkeit nicht mehr vollständig erfasst. Vor allem nicht die Bedürfnisse und Erwartungen der jungen Generation – und die geht auf die Straße, in Minsk und irgendwann auch in Moskau oder Nowosibirsk. 

Fazit: Putin im Herbst 2020 und des Lebens! Mit der Verfassungsänderung im Frühjahr hat er sich die Chance auf eine lebenslange Präsidentschaft eröffnet, während der er weiter vom orthodoxen Imperium träumen kann. 

Wie schrieb Shakespeare so schön:

„We are such stuff as dreams are made of

and our little life is rounded by a sleep.““

Durchaus wichtig ist, was Putin alles nicht gesagt hat-nämlich die gesamten geopolitischen Engagements,die er alle noch am Laufen hat und inweiweit das mittel- und langfristig durchzuhalten ist. Es ist auch zu vermuten, dass der momentane lybische Waffenstillstand auch auf erste Ermüdungen und Schwächeerscheinungen eines imperial overstretch sowohl Erdogans wie auch Putins zurückzuführen ist. Auch interessant, dass westlicherseits die Drohung eines MIlitärbündnisses mit China als nicht so bedrohlich wahrgenommen wird. Summa summarum: Ein Putin und sein Reich in seinem Lebenherbst.

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