Sexuelle Revolution in China- zwischen Kin Pingmei, Konfuzianismus, Maoismus Gaokao und Internet

Sexuelle Revolution in China- zwischen Kin Pingmei, Konfuzianismus, Maoismus Gaokao und Internet

Eine Frage, die sich bei mir als Sinologiestudent schon recht frühzeitig, auch aufgrund persönlicher Erfahrungen mit Chinesen und Chinessinen in den 80er und 90er Jahren herauskristalklierte war: Wie treiben es eigentlich die Chinesen? Eine deutsche Freundin hatte mir als Lockangebot eine Ausgabe des indischen Kamasturas und des chinesischen  Kinpingmei geschenkt, da dort recht akrobatische und verfeinerte Sextechniken abgebildet und beschrieben waren, die heute in asexueller Form nur noch von dem chinesischen Staatszirkus performt werden, der staatlichen Prüfung und Gaokao aller chinesischen Akrobatik.. Im ersten Moment hätte man meinen können, dass diese alten Hochkulturen und Hochchinesen ja reinste Sexmaschinen und Liebeskünstler sein müssten, bis ich dann auf eine etwas desillusionierendere Erfahrung der Gegenwart stiess. Zum einen fiel mir auf, dass die Chinesen mit denen ich redete und diskutierten nie das Thema Sex oder Liebe ansprachen, bei Nachfragen abblockten und das Gespräch umlenkten. Und da man ohnehin nicht über Sexualität sprechen konnte, versuchte man es über Liebe, aber da kamen auch keine romantischen Kennenlerngeschichten und Liebe- auf den ersten Blick.- Geschichten oder irgendwas in dieser Richtung, sondern wurde man von einem chinesischen Lehrer auch belehrt, dass es in China keine eigentlichen Liebesheiraten, sondern vor allem Zweckheiraten  gebe und das nicht so wie im Westen sei, wenngleich dies im Westen ja auch nicht ganz so ist. In China schien also weder Liebe noch Sex eine Rolle zu spielen. Irgendwie erschien es ihnen peinlich und als Tabu, das ausgeklammert wurde, um die eigene Existenz nicht infrage zu stellen, sondern nur als strebsames Kollektiv mit allen zu funktionieren, kein Individuum oder gar eine richtige Liebespaarbeziehung zu kennen, noch überhaupt solche ablenkenden und störenden Fragen zu stellen, sondern am besten zu vermeiden und zu verbieten. Blaue Arbeits- und Lernameisen eines Ameisen- und Insektenstaats, wo nur die Königin Sex hat, aber auch nicht aus Lust und Spaß, sondern um den Ameisenhaufen mit neuen Kriegern und Arbeitsameisen zu versorgen.  Als ich ein Gespräch mit einer hübschen und intelligenten Chinesin hatte, erzählte sie mir, dass sie sich bei deutschen Männern sicher fühle, da die mehr asexuell seien, anders als diese Italiener, die unablässig von Amore sprachen und anbaggerten. Entweder hatte sie schlechte Erfahrungen mit Latinolover-Machos gemacht, aber ich hatte eher den Eindruck, dass sie Sexualität jenseits der Großen Staatsprüfung und der Ehe nicht interessiert und man über sowas auch nicht reden sollte. Scheinbar schien sie uns deutschen Männer als disziplinierte, asexuielle, puritanische Arbeitsroboter zu halten, die da platonische Seelenverwandte in dieser Beziehung waren und ich bestärkte sie in diesem Eindruck dann auch noch.Wir brachen das Gespräch ab und lernten zusammen auf die Gaokao und damit war der Lebensinn wiederhergestellt. Workoholics und keine Sexoholics.

Dieser Eindruck verfestigte sich, als uns unser chinesischer Professor im Chinesischunterricht einen Text zu übersetzen gab, der dem Proletkult der KP China geschuldet war und von einem Vorbildarbeiter ala Stachanow und Vorbildvolksbefreiungsarmisten Lei Feng handelte, der ein eifriger Schweisser war und seine langweilige, monotone Arbeit, die er aufgrund ihrer Geistesleere desto eifriger machte und auch das Plansoll übererfüllte. In guter KP-Manier sollten wir dann einen Besinnungsaufsatz schreiben, den Held der Arbeit loben und ihn uns als Vorbild nehmen, doch dieser Text bewirkte bei mir hedonistischen Widerstand. In meinem Umerziehungsaufsatz schrieb ich, dass dieser Arbeiter wohl ein armes Schwein sei, der nur noch seine Arbeit im Kopf hätte, weil er sonst wohl kein erfülltes Leben hätte. Zumal hätte der Vorzeigeprolet denn überhaupt mal gescheiten Sex , eine Frau,  Freunde, Hobbys, sonstige Interessen  oder tobte er seinen Phallus in seinem Lötstab aus? Hier stiessen zwei Welten aufeinander. Der chinesische Professor war sichtlich irritiert, begriff nicht oder gerade sehr wohl, was ich geschrieben hatte, aber führte dies auf Übersetzungs- und Verständisfehler beider Seiten zurück, damit wir beide unser Gesicht behalten konnten.

Interessant fand ich auch Lernstunden mit Chinesen vom Goethe-Institut. Bei den ursprünglichen Chinesen hatte man den Eindruck, dass sie auf die Staatsprüfung lernen wollten, keine Gespräche, sondern eben nur Lernen und Besserwerden, während hingegen ein chinesischer Uigure vom Goethe-Institut da eine völlig andere Einstellung zum Leben und zum Lernen hatte. Schon nach 1 Lernstunde  meinte er, wir Deutschen seien doch nur Arbeitsroboter wie die Chinesen und wir sollten die Lernstunde doch statt in einem Zimmer zu sitzen in einen der gemütlichen bayerischen Biergärten gehen und das Ganze in eine angenehmere, weniger stressige Atmosphäre verlegen, das Ganze mal entspannter angehen,  was wir dann auch machten und auch noch ein wenig lernten. Aber er schien da das zu haben, was moderne Arbeitsforscher. Lebensphilosophen und Soziologen  neudeutsch auch als work-life-balance bezeichnen.

 In Peking 1990 dann am Fremdspracheninstitut, waren wir Ausländer von den Chinesen in eigene Studentenwohnheime isoliert. Bei den Italienerinnen wurde ein steile Party organisiert, aber Männer und Frauen waren getrennt und als wir uns Zugang zu dem Frauenwohnheim verschafften, mussten wir eine alte Pförtnerin passieren, die ein rechter Drachen war und nur mittels einigen Geschenken und der Verkündung höchster moralischer und guter Absichten  Einlass gab—zudem wollten wir ja offiziell nur Nachhilfe in Chinesisch geben. Wir bereiteten uns also auf die Gaokao vor und damit öffnen sich in China eben alle Tore, gerade bei solchen alten Drachen, die das löblich finden. Als ich mit einem Palästinenser und 2 US-Amerikanerinnen im Studentenwohnheim eine private Zimmerparty veranstaltete, verginge auch keine 10 Minuten, als schon ohne Anzuklopfen sich Direktor Gu Einlass ins Zimmer verschaffte, um zu sehen, ob es auch moralisch zugehe. Seitdem nannten wir ihn an Orwells 1984 angelehnt „Mr. Gu is watching you!“. Als wir jedoch sagten, dass wir gemeinsam lernen würden, eine chinesische Konversationsstunde hätten  und uns auf die Prüfung vorbereiten würden, ging er freudevoll wieder. Gaokao oder der Verweis darauf ist halt der Schlüssel in China. Desweiteren sah ich mich in mehreren chinesischen Städten nach pornographischer Literatur um, da ich mal wissen wollte, was sich die Chinesen so anschauen. In den offiziellen Buchhandlungen war nichts zu finden, chinesische Bekannte winkten ab, bei den Straßenhändlern gab es nur maximal leicht angezogene Bikinimädchen und ansonsten schwarze Zensurbalken, die alles abdeckten und bei der Nachfrage, ob sie nicht mal einen ganz normalen Playboy oder gar Porno oder gar Nacktbilder überhaupt hätten, abwinkten und meinten, das sei zu gefährlich und vertreibe man nicht an fremde, sondern innerhalb einer eingeweihten, subversiven Gemeinschaft. Da nutzten auch keine in Aussicht höher gestellten Geldsummen etwas – einfach zu gefährlich. Eine kleine Ausnahme war da im chinesischen Fernsehen die TV Soap Xiaoya, Kleines Entchen. Eine kleine Chinesin, die wohl in so etwas wie in eine chinesische Pubertät kommt und auch mal die eine oder andere kritische Frage an ihre Eltern stellt. Der Höhepunkt war dann auch, als Xiaoya einen kleinen  Freund hat. Aber Teenieknutschen, Sex, Liebe, vorehelicher Geschlechtsverkehr, Frühschwangerschaft und sowas waren da natürlich nie Thema, nicht einmal Andeutungen selbigens (wobei das wahrscheinlich bei deutschen Serien auch nicht die Regel wäre), sondern der junge Mann wurde seitens der Eltern am gemeinsamen Esstisch auf seinen Familienhintergrund und seine Karriereaussichten und die Staatsprüfung Gaokao befragt. Mal als Mädchen  mit einem oder dem Freund ins eigene Zimmer gehen und ungestört sein, wie dies westliche Teenager tun, gab es nicht.  Aber für chinesische Verhältnisse wohl schon eine kleine Revolution, dass das kleine Entchen einen kleinen Erpel hat.

In China besuchte ich Mitte der 90er mal eines der staatlichen Kulturzentren und einen Bildungsvortrag für verheiratete Paare gegen Aids. Der Vortrag war ein Propagandafilm, in dem Aids als moralische Dekadenzerscheinung des laizessfairen Westens portraitiert wurde, das aufgrund der höherstehenden chinesischen (Sexual-) Moral keine Verbreitung in China finden werde, insofern man die eheliche Treue einhalte. Desweiteren wurden Filmausschnitte von Rock Hudson und Doris Day gezeigt und dann Hudson als homosexueller Aidstoter herausgestellt. Westliche Traumpaare sind da eben nur Schein und nicht Sein. In einer anderen Stadt wurde ich von einem jungen Lehrerehepärchen zu einem Kinoabend eingeladen. Es lief ein westlicher Lowbudgetfilm der primitivsten Sorte. Tatort: Hollywood. Der Story plot: Junge Frauen, die Schauspielerinnen werden wollen werden von korrupten US-amerikanischen Polizisten willkürlich verhaftet und ins eine Art Sexgefängnis gesteckt, wo sie von den Polizisten und Gefängsniswärtern sadomasochistisch sexuell misshandelt wurden, wenngleich es doch noch ein Happy End gab. Da dies ein westlicher Film war schien man den Eindruck zu erhalten, dass sich die Chinesen so den Westen vorstellen. Aber über das Feindbild des korrupten und moralisch verkommenen Westens, fragte ich mich auch, ob solche Filme solche Nachfrage in China finden, weil sie sexuell unterdrückten Phantasien von autoritären, tendenziell sadomachistischen Machtspielen zugeneigten Menschen entspringen. Jedenfalls wurde mir klar, dass China noch keine sexuelle Revolution wie im Westen der 60er Jahre hinter sich hatte und nicht bei Jinpingmei, sondern mehr bei Konfuzius, Maoismus und Gaokao hängengeblieben war. Seitdem sind nun weitere 3 Jahrzehnte vergangen und nun wird seit dem letzten Jahrzehnt über eine sexuelle Revolution in China berichtet, die die ganze Gesellschaft erfasse. Von einer sexuellen Volksrevolution in der Volksrepublik China wird auch gesprochen.

Chinas High-speed sexuelle Revolution?

Ein Beispiel dafür ist der Artikel von Sarah Buckley“ China’s high-speed sexual revolution“, in der vor allem Chinas erste Sexlogin Li Yinhe als Massstab genommen wird und auch folgende Indikatoren von vorehehlichem Sex, Prostitution, Pornographiue, Swingerpatyund Sexparties un ddieLiberalisierung der Strafgesetzgebung, bzw, das zurückhaltende Verhalten der Behörden diesbezüglich  herangezogen werden:

„In den letzten 20 Jahren hat die Einstellung Chinas zum Sex eine Revolution erfahren – ein Prozess, der von der ersten Sexologin des Landes, Li Yinhe, sorgfältig beobachtet und manchmal gefördert wurde.
„In der Umfrage, die ich 1989 durchgeführt habe, hatten 15,5% der Menschen vor der Heirat Sex“, sagt Li Yinhe. „Aber in der Umfrage, die ich vor zwei Jahren durchgeführt habe, ist die Zahl auf 71% gestiegen.“
Es ist eine von vielen schnellen Veränderungen, die sie in ihrer Karriere aufgezeichnet hat. Sie benutzt das Wort „Revolution“ selbst und es ist leicht zu verstehen, warum. Bis 1997 war Sex vor der Ehe tatsächlich illegal und konnte als „Rowdytum“ verfolgt werden.
Ähnlich verhält es sich mit Pornografie, Prostitution und Swingerpartys.
1996 wurde der Besitzer eines Badehauses wegen Organisation der Prostitution zum Tode verurteilt, sagte Li in einem Vortrag vor der Brookings Institution im vergangenen Jahr, aber jetzt ist es weit verbreitet. Die härteste Strafe heutzutage wäre laut Li die Schließung des Geschäfts.
Verleger von Pornografie könnten ebenso wie diejenigen, die Sexpartys organisierten, erst in den 1980er Jahren zum Tode verurteilt werden. Jetzt ist die Bestrafung für Pornografie weniger drakonisch und Swingerpartys sind zwar immer noch illegal, aber üblich. „Niemand meldet sie, so dass sie nicht bemerkt werden“, sagt Li

https://www.bbc.com/news/magazine-35525566

Ebenso wird Bezug genommen auf die Ein-Kind-Politik. Wenn Sex als Reproduktionsform nur für 1 Kind da sei, sei dieser eben auch auf eine Transaktion begrenzt und suche er sich danach auch neue Formen und Ventile, die mehr der Lust dienten:

„„Einer der Hauptimpulse für die Änderung der Einstellung zum Sex war laut Li die Ein-Kind-Politik der Kommunistischen Partei, die von 1979 bis 2015 durchgesetzt wurde.
„Die Ein-Kind-Richtlinie erlaubt es Menschen, nur ein oder zwei Kinder zu haben. Wenn Sie also den Sex danach nicht aufgeben, ändern Sie Ihren Zweck, Sex zu haben. Sex zum Vergnügen zu haben, ist ebenfalls gerechtfertigt“, sagt sie.

Chinas Sex von der Agrargesellschaft über die Qingdynastie zu Mao

Grundsätzlich muss man mal sagen, dass sich fast alle Gesellschaften aus feudalistischen und  agraischen Gesellchafte entwicklet haben und die vorherrschende Form der Agrargesellschaft die patriachalische Monogamie war, die Sex in den bäuerlichen Schichten , ja selbst bis in die Oberschicht nicht als Vergnügen, sondern als reine Reproduktion von Staats- und Kriegervolk sah,wobei die Bauern und auch Kaiser Söhne haben wollten, um dynastisch einen Nachfolger und Erben für die Bewirtschaftung ihres Grund- der Staatsbesitzes zu haben. Kinpingmei ist auch keine Schrift, die den Massen chinesischer Bauern zugänglich gewesen wäre, sondern eine Sexualschrift, die dem kaiserlichen Hofe, der Oberschicht und den Gebildeten vorbehalten war, zumal es auch keinen Buchdruck ala Luther gab. Ähnlich das Kamasutra in Indien. Dies war keine Sexualaufklärungsschrift für die Massen, sondern von einem indischen König in Auftrag gegeben, der sich angesichts der sinkenden Geburtenzahlen der Oberschicht und deren Dekadenz, diese zu sexuellen Genüssen anleiten wollte, die die Reproduktionsrate der Oberschicht mal erhöhen könnte. Von daher verbreiteten sich weder Kamasutra noch King Pingmei bei den bäuerlichen Massen dieser feudalistischen Agrarstaaten

.Inweiweit der Konfuzianismus sexuelle Fragen behandelte und wie er zum King Pingmei stand wäre da mal eine Frage. Der Konfuzianismus sah alles unter der Frage der gesellschaftliche und kosmologischen Harmonie, der klargeordneten Hierarchien, der Unterordnung des Untertans unter den Herrscher, der Frau unter den Mann, des Sohns unter den Vater, befürwortete also das feudalistische System und wahrscheinlich auch seine Reproduktionslogik. Jedenfalls konnte man im Sinologiestudium nie darüber lesen, wie Konfuzius oder andere chinesische Philosophen über Fragen der Sexualität und ähnlichem dachten. Vielleicht war ihnen das auch zu körperlich und ungeistig, als dass sie sich mit solchen Fragen beschäftigen wollten. Die Sexualmoral des kaiserlichen Hofes samt Konkubinentum war eine andere als für die Masse der ländlichen Bauern.

Richard Burger, Autor des Buches „Behind the Red Door-Sex in China“ schreibt dazu:

„Sie können die Entwicklung der sexuellen Einstellungen verfolgen, aber es gibt keinen einzigen klaren Weg von offen nach geschlossen und jetzt wieder zurück zu einer Art offen. Innerhalb verschiedener Dynastien wurde China unter dem Einfluss von Neo-Konfuzianern sehr konservativ, insbesondere während der Qing-Dynastie – der letzten Dynastie – als Prostitution und Homosexualität verboten wurden. Ein ganz neues Bewusstsein kam nach China, als es den Westen zum Beispiel durch die Opiumkriege und westliche Ideale traf. Die Vorstellung, Homosexualität sei eine Sünde oder außereheliche Angelegenheiten seien eine Sünde, setzte sich durch.
Das Land war vom Nationalismus besessen. Sexuelle Offenheit und Frauenrechte wurden zu einer niedrigen Priorität.
Chinas Übergang zum Konservatismus erreichte während der Qing-Dynastie wirklich seinen Höhepunkt, bevor er hin und her ging. Einige Mitglieder waren sehr liberal, andere reaktionär. Sie ließen sogar einige von Chinas großen Werken erotischer Literatur zerstören. Was als nächstes geschah, waren die Nationalisten und dann übernahm Mao. Für eine kurze Zeit, ungefähr zur Zeit der Bewegung am 4. Mai 1912, sah es so aus, als würde China liberalisieren, aber es passierte nie wirklich. Das Land war vom Nationalismus besessen. Sexuelle Offenheit und Frauenrechte wurden zu einer niedrigen Priorität.
Die Tragödie war wirklich unter Mao. Während es in China in Bezug auf Homosexualität dunkel geworden war, wurde es unter Mao absolut schwarz. Er betrachtete jede Diskussion über Sex außerhalb des Hauses als eine Form westlicher spiritueller Verschmutzung und bestand auf völliger Treue und Monogamie. Alle Bordelle wurden methodisch geschlossen, und die Prostituierten wurden bei anderen Arbeiten wieder in die Gesellschaft integriert. Dies war eine sehr, sehr dramatische Veränderung. Die Leute fingen an, diese geschlechtsneutrale maoistische Kleidung zu tragen. Dies gipfelte wirklich während der Kulturrevolution, als der geringste Hinweis auf Sex als spirituelle Verschmutzung angesehen wurde, als Zeichen dafür, dass Sie ein Klassenfeind waren. [Sexualität] war extrem kontrolliert und Mädchen trugen kurze Haare, sie wurden androgyn und der Unterschied zwischen den Geschlechtern verschmolz. Es war eine sehr seltsame Zeit, die sich während der Regierungszeit von Mao Zedong und bis in die späten 1970er Jahre fortsetzte.“

https://www.businessinsider.com/the-incredible-story-of-chinas-sexual-revolution-2012-8?r=DE&IR=T

Auch wurden diese Schriften auch nach der Dekolonisierung seitens der neuen Herrscher, ob in Indien oder China nicht verwendet, um eine sexuelle Revolution zu bewirken oder gar eine Massenverbreitung zu bewirken oder eigene sexualaufklärerische Publikationen unter das Volk zu verbreiten.  Ghandi war Asket und Baghwan sein Gegenstück, da er die Befreiung der Inder von sexueller Repression, Askese, Sozialismus, Armutsphilosophie, Opfer- und Verzichtsideologie forderte, Kapitalismus und Reichwerden, Leben im Hier und Jetzt, sexuelle Befreiung, das Individuum und Abschaffung des Kastensystems forderte, was ihm viele Feinde in Indien brachte, aber desto mehr westliche Anhänger seiner Gesellschafts- und  Lebensphilosophie. Indien ist auch heute noch wie China ein zutiefst puritanischer und sexualfeindlicher Staat, mit arrangierten Ehen und die Bollywoodfilme vermitteln da ein falsches Bild. Der Maoismus sah Sexualität als bürgerlich, konterrevolutionär, dekadent, kapitalistisch, die nur von der Arbeit und der Revolution abhalte.Teils war dies auch darauf zurückzuführen, dass Sexulaität über die Reproduktion hinaus als feudalistisches Relikt der Kaiser und deren Oberschichten gehalten wurde, die Kuomindang, ja selbst Tschiang Kaitschek zwar eine patriachalisches und doppelmoraliges Sexualitätsverständnis hatten, aber eben auch mit den Triaden, vor allem in Shanghai und der gesamten Prostitution, organisierten Kriminalität und den Rotlichtvierteln und Bordellen liiert waren. Mao schickte die ganzen Prostituierten denn auch in Fabriken, um sie umzuerziehen und rottete die Triaden und Prostiitution in China aus. Aber nicht nur die extremen und illegalen Erscheinungsformen von Sexualität, sondern Mao sah diese bei seinen Untertanen auch als konterrevolutionär und dekadent an und deswegen wurden auch jegliche Diskussionen darüber oder offene Erscheinungsformen seitens des Volkes verboten. Die kommunistische Weltrevolution und der Wiederaufstieg Chinas kennt keine Sexualität oder vergnüglichen Ausschweifungen oder was als solches betrachtet wurde, all das wurde als konterevolutionär angesehen  und verfolgt, wenngleich da nicht viel zu unterdrücken war, da die bäuerlichen Massen ja auch nicht nach einer sexuellen Befreiung schrien, sondern ihnen eine Landreform, Alphabetisierung, medizinische Versorgung und das einfache Überleben ohne Hunger und Krieg da erst einmal die wichtigsten  Bedürfnisse in der Bedürfnispyramide chinesischer Bauern waren, die  nicht fortgeschrittenen luxuriösen westlichen modernen kapitalistischen  Wohlstandsgesellschaft entsprangen. Zumal Mao auch zwar am partiachalischen Weltbild der chinesischen Gesellschaft nichts gross veränderte, aber Frauen von eingebundenen Füssen, den brutalsten Formen patriachalischer Frauenunterdrückung befreite und zumal Frauen auch in Fabriken und in die Produktion nahm mit eigenem Lohn und auch das Heiratsrecht zivilisierte.

Laut „Chinas sexuelle Revolution“ von Miro Cernetig und Josh Freed heiratete Vorsitzender Mao Sexualität mit Kapitalismus (als Formen von Korruption und Dekadenz). Aber jetzt umarmen chinesische Jugendliche beide mit Leidenschaft. Tatsächlich mit Warp-Geschwindigkeit. Wahrscheinlich stehen gerade Leute vor seiner Statue, und das ist nur für den Anfang.
Folgendes ist passiert: Vor sechzig Jahren verwandelte Mao „Paare in Kameraden und nicht in Liebhaber und verhüllte Männer und Frauen in die gleichen unisexuellen Anzüge“, so der Erzähler des Films. Make-up war verboten und Frisuren wurden von der Regierung diktiert (sie waren nicht das, was man als schmeichelhaft bezeichnen würde). Männer und Frauen sollten sich nur wie Brüder und Schwestern fühlen und Sex lediglich als reproduktive Arbeit betrachten. Stattdessen sollten sie mit wichtigerer Arbeit weitermachen. Ähm, wie billige Plastikspielzeuge für den Rest der Welt herzustellen (70 Prozent davon kommen jetzt aus China).
Warum? Die kommunistische Partei betrachtete Sex als einen veralteten feudalen Brauch. Und wie Dr. Pan Sue Ming, ein im Dokument vorgestellter Gelehrter, sagt, hielten sie es für gefährlich, da die Revolution „einen Mann brauchte, der gegen jemanden kämpfen wollte, aber Sex macht dich liebevoll und glücklich“. Die Partei wählte sogar die Ehepartner der Menschen. Und es gab Propagandafilme, in denen Menschen dargestellt wurden, die an „Romantik“ als dumm und eine Quelle der Schande für ihre Familien glaubten.

 In der Mao-Biographie von Jung Chang wird das Sexleben Maos als recht ausschweifend geschildert. Er predigte Wasser und trank Wein. Demnach bestand seine Vorliebe in jungen, jungfräulichen Frauen, da er der Ansicht war, dies würde ihn verjüngen und quasi unsterblich machen wie dies Kaiser Qin Shihuang auch schon mit Quecksilbertränken glaubte ewiges Leben zu erlangen, die ihn jedoch sterben liessen. Mao sah in den jungen Frauen da eine Art Anti-Agingmittel, Ausdruck seiner Mannes- und Lebenskraft, die gesund zu halten werden sei und feierte demnach ein Leben wie ein Rockstar mit seinen willigen oder auch nicht willigen Groupies und Anbeterinnen backstage. Wie immer war bei der Maobiographie nicht ganz klar, was Jung Chand nun kritisierte. Denn es gibt ja auch in Hongkong und in Taiwan und chinesischen Oppositionskreisen inflatorische Literatur über die realen oder vermeintlichen sexuellen und teils perversen Ausschweifungen führender KP-Mitglieder, die eine willige und geradezu sexgierige und sensationsgeile Leserschaft finden. Bei den Konsumenten kann man nicht sicher sein, ob sie nun fordern, dass nicht nur die Parteikader sexuellen Genüssen fröhnen dürfen, sondern auch das Volk, es also eine Forderung in Richtung allgemeiner sexueller Liberalisierung ist oder ob hier sexuell unterdrückte Kreaturen sich die Schmuddeliteratur und Sex-and Crimestorys reinziehen, weil sie innerlich selbst gerne so leben würden, sexy und mächtig, House of Cards und Sex and the City in einem, aber nach außen hin moralischen Puritanismus  auch von Oberen einfordern, es also um eine Forderung mehr in Richtung allgemeine sexuelle Repression für alle, auch die Parteikader geht. Auch scheint sich Mao etwas wie ein chinesischer Harvey Weinstein gebärdet zu haben und es deren viele Zehnmillionene auch in China angesichts ihrer Machtfülle zu geben. Es ist auch interessant, während die KP-Zensur Aktivitäten der LGBT-Gemeinde in Chinas sozialen Medien eine Zeit lang freien Lauf liess, erstickte sie alle Ansätze von Me Too-Kampagnen schon im Keim, da dies wohl bedrohlich für die KP China und ihre Kader angesehen wurde..

Ein interessanter Betrachtung zu diesem Thema auch während der Kulturrevolution ist der Beitrag von Emily Honig in Modern China „Socialist Sex: The Cultural Revolution Revisited“ Vol. 29, No. 2 (Apr., 2003), pp. 143-175 (33 pages)

https://www.jstor.org/stable/3181306?seq=1[RO1]

Mit der Politik der Liberalisierung und Öffnung unter Deng Xiaoping und seinen 4 Modernisierungen forderte Wei Jingsheng und seine Demokratiemauerbewegung die fünfte Reform, die chinesische Demokratie. Die sechste Reform, die sexuelle Revolution forderte dazumal noch keiner. Eine Vorreiterin und Pionierin in dieser Beziehung war die Sexologin Li Yinhe., eine Art chinesische Oswald Kolle. Der Unterschied ist aber auch, dass sich Li nicht mit dem Vertrieb von Sexualaufklärungsfilmen wie Oswald Kolle in den 60er und 70er Jahren einen Namen gemacht hat, oder wie Beate Uhse einen Sexhandel vertrieb, sondern durch wisscnschaftliche Publikationen, das nicht für ein Massenpublikum bestimmt war. Als junge Soziologin verbrachte Li einen Großteil der 1980er Jahre in Pittsburgh in den USA. Als sie nach China zurückkehrte, fand sie ein Land, das immer noch in dem von Mao festgelegten puritanischen Klima lebte.
In den frühen Jahren der kommunistischen Herrschaft galt das Schreiben über die Liebe als bürgerlich. Es wurde gegen Ende der 1950er Jahre möglich, sagte Li, aber das Schreiben über Sex war bis in die 1980er Jahre verboten – und selbst dann konnten die Autoren nur so weit gehen.
Lis 1998 veröffentlichtes Buch The Subculture of Homosexuality konnte nur von Personen gekauft werden, die Einladungsschreiben von ihren Arbeitgebern hatten oder leitende Positionen innehatten.
Die offizielle Position zu ihrem Buch The Subculture of Sadomasochism, das zu dieser Zeit veröffentlicht wurde, war noch extremer.
„Ich wurde informiert, alle Kopien zu brennen … Aber bis dahin waren 60.000 Bände ausverkauft. Die Brennbenachrichtigung blieb also ungeklärt“, sagt sie.
Ihre Übersetzung eines Buches über Bisexualität wurde von chinesischen Verlegern abgelehnt, und sie musste über das chinesische Festland hinaus nach Hongkong schauen, um einen Verlag für ihre eigene Studie über Polysexualität zu finden. Aber die Kommunistische Partei hat Sexualität zunehmend als Privatsache angesehen, und Li wurde in ihrer akademischen Forschung und in ihrem Schreiben relative Freiheit eingeräumt.
„Sie positioniert sich als Avantgarde-Akademikerin, die die sogenannten internationalen Standards für Sexualität einführt … Und deshalb wird sie von ihren Kollegen, einem allgemeinen Publikum und dem Regime auch toleriert“, sagt Dr. Haiqing Yu, Mitautorin der Buch Sex in China.
Einer der Hauptimpulse für die Änderung der Einstellung zum Geschlecht war laut Li die Ein-Kind-Politik der Kommunistischen Partei, die von 1979 bis 2015 durchgesetzt wurde.
„Die Ein-Kind-Richtlinie erlaubt es Menschen, nur ein oder zwei Kinder zu haben. Wenn Sie also den Sex danach nicht aufgeben, ändern Sie Ihren Zweck, Sex zu haben. Sex zum Vergnügen zu haben, ist ebenfalls gerechtfertigt“, sagt sie.
„Die Menschen erleben eine revolutionäre Veränderung in ihrem Geist und Verhalten und meine Forschung steht an der Spitze des Kampfes.
„Als ich in Tianjin einen Vortrag hielt, nahmen über 1.000 Menschen daran teil … Ich denke, das in den Herzen der Menschen unterdrückte Verlangen ist aufgeflogen.“
Li wurde von einer Bloggerin beschuldigt, eine Lesbe im Schrank zu sein, und antwortete im Dezember 2014 mit einem Blogbeitrag, der enthüllte, dass ihr 18-jähriger Partner ein Transgender-Mann war. Zu ihrer Überraschung war die Resonanz überwiegend positiv und das Paar wurde für das Cover von People Weekly, einem beliebten Magazin, fotografiert.
„Ich denke, sie finden Transsexualität akzeptabler als Homosexualität“, sagt Li.
„Warum? Weil ein Trans als heterosexuell definiert ist … Heterosexuelle, die in den falschen Körper gehüllt sind.“
Sie fügt hinzu: „Das wahre Signal sozialer Toleranz ist die Haltung der Gesellschaft gegenüber Homosexualität.“
Homosexualität wurde erst 2001 von Chinas offizieller Liste der psychischen Erkrankungen gestrichen, und die Rechte von Homosexuellen sind immer noch begrenzt.
Homosexuelle Ehe ist nicht legal, es gibt keinen Antidiskriminierungsschutz für Homosexuelle am Arbeitsplatz, und in einem Undercover-Film aus dem letzten Jahr wurde festgestellt, dass chinesische Ärzte immer noch Elektroschocktherapien anbieten, um Homosexualität zu „heilen“ – obwohl ein Gericht in Peking kürzlich gegen die Praxis entschieden hatte .
Aber Li glaubt, dass sich auch die Rechte von Homosexuellen allmählich weiterentwickeln werden. Schwule Männer und Frauen waren in der chinesischen Gesellschaft früher unsichtbar, sind aber in den letzten Jahren an die Oberfläche gekommen.
Ein positiver Artikel in China Daily über den Shanghai Pride-Marsch 2011 war ein Wendepunkt. Andere offizielle Medien folgten dem Beispiel der Zeitung und begannen, die LGBT-Community zu erwähnen, sagt Li.
Dieses Jahr war Addiction, ein Drama über vier schwule Teenager, ein großer Erfolg für iQiyi, Chinas führende Online-Videoplattform, bis es vor einigen Tagen ohne Erklärung eingestellt wurde und Millionen empörter Beiträge im Weibo-Microblogging-Dienst generierte.
Li selbst hat dem chinesischen Parlament mehrere Vorschläge unterbreitet, in denen die Legalisierung der gleichgeschlechtlichen Ehe gefordert wird. Sie geht davon aus, dass dies eines Tages geschehen wird, sagt jedoch, es sei schwer vorherzusagen, wann.“

https://www.bbc.com/news/magazine-35525566

„“Sexuelle Revolution“ ist zu einem Schlagwort geworden, das von Wissenschaftlern innerhalb und außerhalb Chinas verwendet wird, um die Transformation der individuellen Wahlmöglichkeiten in Bezug auf Liebe, Dating und Sexualität in China heute zu erfassen.
Laut dem chinesischen Soziologen Pan Suiming hat sich die chinesische Gesellschaft von „Sex zur Fortpflanzung“ zu „Sex zum Vergnügen“ gewandelt, und in China hat eine sexuelle Revolution statt einer allmählichen Entwicklung des sexuellen Verhaltens und der sexuellen Beziehungen stattgefunden mehr oder weniger zu seinem erfolgreichen Abschluss gekommen.
Andere Wissenschaftler sind jedoch relativ zurückhaltend gegenüber der Behauptung von Pan. Zum Beispiel sagte der Soziologe Li Yinhe in einem Interview im Jahr 2008, dass China zwar eine sexuelle Revolution begonnen habe, diese jedoch erst am Anfang stehe. Ich behaupte, dass die sogenannte sexuelle Revolution in China ein unvollendetes Projekt ist, weil die Revolution im sexuellen Verhalten nicht dasselbe ist wie eine vollwertige sexuelle Revolution, die auf Menschenrechten, sexueller Autonomie und Gleichstellung der Geschlechter beruht.
Wenn Sex nicht mehr tief mit der Fortpflanzung verbunden ist, gedeihen sexuelle Verhaltensweisen und Praktiken, die früher als „abnormal“, „illegal“ und „unmoralisch“ galten
Wissenschaftler wie Anthony Giddens haben argumentiert, dass im Westen die Trennung von Sex von Reproduktion und die zunehmende Betonung von sexueller Liebe und sexuellem Vergnügen gewöhnlich als repräsentativ für eine sexuelle Revolution angesehen werden, um die Akzeptanz nicht reproduktiver sexueller Liebe zu ermöglichen und damit nicht heterosexuelle Beziehungen. In China ist das ungewöhnliche Phänomen jedoch, dass die Einführung der Ein-Kind-Politik (1978–2015) die traditionelle Verbindung zwischen Geschlecht und Fortpflanzung unterbrochen hat. Wenn ein Paar nur ein Kind haben darf, muss der meiste Sex im Laufe seines Lebens den Zweck der gegenseitigen Zuneigung und des sexuellen Vergnügens haben.
Mit der breiten Zugänglichkeit von Verhütungsmitteln und Abtreibung wird die Trennung von Geschlecht und Fortpflanzung weiter validiert. Wenn Sex nicht mehr tief mit der Fortpflanzung verbunden ist, gedeihen sexuelle Verhaltensweisen und Praktiken, die früher als „abnormal“, „illegal“ und „unmoralisch“ galten – vorehelicher Sex, Masturbation, Oralsex, Analsex, Mehrfachsex, eine Nacht Stände, außerehelicher Sex, Cybersex, kommerzieller Sex, Paartausch, homosexueller Sex – wie zahlreiche Studien zeigen.“!

Der Markt als treibende Kraft, Playboy und Metrosexuelle

„Dies ist eine Art sexuelle Revolution an der Basis“, sagte Annie Wang, Autorin von „The People’s Republic of Desire“, einem satirischen Roman über den verrückten Wettlauf um die Modernisierung.
Die Regierung kündigt regelmäßige Razzien gegen Pornografie an und zensiert häufig sexuelle Inhalte in Magazinen und im Internet. Aber seit ungefähr 2000 schauen die Zensoren weg. Politischer Aktivismus ist in Neu-China immer noch ein Nein-Nein. Unterhaltung ist eine andere Sache. Sogar die Website von Xinhua, der offiziellen Presseagentur, bietet Diashows der „10 heißesten Babes von 2006“ und „Selten gesehene Fotos von sexy Männern“.
Viele sagen, dass der Trend vom Markt und von Unternehmern angetrieben wird, die darauf aus sind, von den freieren Lebensstilen auf dem Festland zu profitieren.
„Der Markt ist die treibende Kraft Nr. 1 hinter dem Boom solcher Magazine“, sagte Pan Suiming, Professor für Soziologie an der Renmin-Universität in Peking. Westliche Luxusmarken, die auf den Festlandmarkt eintreten, möchten in beliebten Magazinen und auf Websites werben, die Verbraucher anziehen. Und auf dem Festland zeichnen gerade Bilder von Sexkätzchen.
Für ihn ist das Magazin eine der Erfolgsgeschichten dieses Genres mit einer Auflage von rund 480.000 Exemplaren. Es ist wahrscheinlich hilfreich, dass das Magazin von einer Regierungsbehörde, der National Tourism Administration, herausgegeben wird, ein Hinweis auf das offizielle Interesse an Investitionen in das Phänomen.
Jacky Jin, Chefredakteur des Magazins, sagte, er wolle den Lesern einen neuen Lebensstil bestätigen, den er die neuen Metrosexuellen auf dem Festland nennt, Männer, die Autos, Geräte und Mädchen lieben.“

Also eine Art chinesischer Playboy ala Hughes Heffner, wie ihn Rock Hudson in den Filmen mit Doris Day verkörperte, wobei am Ende immer geheiratet wurde. In China aber galt der Playboy und der Aids-Schwule Rock Hudson in der offiziellen Propaganda aber bisher eher für den verkommenen Westen. Aber vielleicht sind chinesische Playboys in modernerer KP Propaganda ja dann anders als westliche Playboys.

https://www.nytimes.com/2007/03/04/world/asia/04iht-shanghai.4787115.html

Das Internet als Treiber der sexuellen Revolution in China

Liu, Jindian & Cheng, Mingwang & Wei, Xinyu & Yu, Ning Neil,fassen ihre Studie von  2020. „The Internet-driven sexual revolution in China,“ Technological Forecasting and Social Change, Elsevier, vol. 153(C). fassen derfolgt zusammen:

„Basierend auf Daten aus den chinesischen allgemeinen sozialen Erhebungen aus den Jahren 2012, 2013 und 2015 untersucht dieses Papier empirisch die Auswirkungen des Internets auf die sexuellen Einstellungen unter Verwendung gewöhnlicher Regressionen der kleinsten Quadrate und ordinaler logistischer Regressionen, gefolgt von Regressionen, die die instrumentelle Variablenmethode und verwenden Propensity-Score-Matching-Methode für kausale Schlussfolgerungen. Unsere Ergebnisse legen nahe, dass die Häufigkeit der Internetnutzung einen signifikant positiven Einfluss auf sexuell zulässige Einstellungen hat, einschließlich Einstellungen zu vorehelichem Sex, außerehelichem Sex und homosexuellem Verhalten. Beispielsweise zeigt eine Regression, bei der Instrumentenvariablen verwendet werden, dass eine Zunahme einer Standardabweichung für die Häufigkeit der Internetnutzung mit einer Zunahme von 0,6154 Standardabweichungen für sexuell zulässige Einstellungen verbunden ist. Darüber hinaus untersucht diese Studie anhand des Mediationseffektmodells den Einfluss der Internetnutzung auf sexuell zulässige Einstellungen und zeigt, dass das soziale Netzwerk und das Bildungsniveau 2,37% bzw. 11,09% des Gesamteffekts ausmachen. Die Ergebnisse stützen die allgemeine Auffassung, dass das Internet eine entscheidende Rolle bei der sexuellen Revolution in China spielt.“

https://ideas.repec.org/a/eee/tefoso/v153y2020ics0040162519302124.html

„Heute, mit 1,28 Milliarden verwendeten Smartphones, verändert die Technologie das Spiel der Liebe auf eine Weise, die sich nur wenige vorgestellt haben.
Politisch sensible Nachrichten und Ressourcen sind viel zugänglicher geworden, aber die Massen scheinen mehr an westlicher Unterhaltung interessiert zu sein. Fernsehshows wie Girls und Masters of Sex sind online verfügbar und möglicherweise mehr als jeder andere Faktor für die Veränderung der Einstellung junger Chinesen verantwortlich.
Iris Bian, 28, ist Marktforscherin und lebt in Peking. Als Frau, die Sex and the City im Alter von 14 Jahren gesehen hat, weiß sie, dass ihre Einstellungen in China urban und progressiv sind. Aber sie sagt, dass sich solche Einstellungen auf die entferntesten Gebiete des Landes ausbreiten.
„Selbst wenn Sie in einer Stadt der dritten oder vierten Klasse leben“, sagt sie, „wissen Sie immer noch, wie man Momo benutzt, oder?“ Momo ist eine Handy-App, die in China weit verbreitet ist, um gelegentliche sexuelle Begegnungen zu ermöglichen.
Traditionell war die Datierung in China auf Ehe und Familie ausgerichtet. Es war üblich, dass Eltern und ihr sozialer Kreis vorschlugen, wer auf dem Laufenden war und in welchem ​​Restaurant man speisen sollte. Geschlecht und Ehe hatten das Gewicht, die Abstammungslinie der Vorfahren weiterzugeben.“

https://www.thestar.com/news/world/2015/10/19/chinas-sexual-revolution-traditions-die-as-love-goes-digital.html?rf

Doch der Markt, Smartphones, Apps und das Internet katalysieren und verbreitern solche sexuellen Bedürfnisse der längere Zeit sexuell Unterdrückten oder von Staat und der Partei regressiv Gehaltenen, die darin ihr Überdruckventil haben und es kommt zu Formen von sexueller Aktivität und Performance, die auch etwas verklemmt, verformt und gezwungen wirken, so dass Dr. Wang Xiying , Professorin an der Fakultät für Bildungswissenschaften der Beijing Normal University in China umd Gastwissenschaftlerin am Harvard-Yenching-Institut (bis Mai 2020).in Ihrer jüngsten Buchveröffentlichung „ Gender, Dating und Gewalt im urbanen China“ von „der unbeendeten sexuellen Revolution in China „spricht:

„The unfinished sexual revolution in China“

„Neben der Ein-Kind-Politik spielen auch andere staatliche Politiken eine große Rolle dabei, das Thema Sexualität ambivalenter zu machen, manchmal mit unvorhersehbaren Konsequenzen. Die institutionalisierte Kampagne „Erotik fegen und Illegale knacken“ (sao huang da fei) hat nie aufgehört und unternimmt weiterhin große Anstrengungen, um die „geistige Verschmutzung“ zu bekämpfen.
Zum Beispiel hat der Staat eine konsequente Linie in Bezug auf Pornografie und kommerziellen Sex beibehalten und beide bleiben offiziell illegal, auch wenn beide weit verbreitet sind und praktiziert werden – zumindest von Staatsbeamten und Geschäftsleuten, wie verschiedene Studien zeigen. Studien zeigen jedoch auch, dass chinesische Jugendliche genauso viel pornografisches Material konsumieren wie amerikanische Jugendliche, und dass die Prävalenz von kommerziellem Sex in China höher ist als in den meisten Ländern in Ost- und Südostasien.
Die Zensur von sexuellen Themen und LGBT-Themen ist allgegenwärtig, und die Regierung ist zurückhaltend, wenn es darum geht, sexuelle Themen offen anzusprechen. Die Grenze zwischen öffentlich und privat ist nie klar und unter dem Druck der staatlichen Zensur und der Kampagne von Sao Huang da Fei, obwohl die Menschen glauben könnten, Freiheit und Autonomie zu haben – zumindest in ihrem Privatleben -, sind sie sich dessen möglicherweise nicht ganz bewusst manchmal können sogar private Aktivitäten problematisch sein.
Die gegenwärtige „sexuelle Revolution“ stellt die traditionellen moralischen und geschlechtsspezifischen Normen nicht in Frage, was sie anfällig für das Eindringen staatlicher Macht macht, in Angelegenheiten, die den Körper des Einzelnen und seine Sexualität betreffen, zu disziplinieren und einzugreifen. Eine echte Revolution braucht normalerweise ein völlig neues Wertesystem und eine Kernführung, um einen raschen Wandel in der Gesellschaft herbeizuführen und die Dinge voranzutreiben.
Die sogenannte sexuelle Revolution in China ist jedoch eher eine Frage zahlreicher spontaner sexueller Verhaltensweisen, die sich aus dem gesellschaftlichen Wandel ergeben, ohne ein klares Wertesystem oder eine Kernführung. Die feministische Bewegung und die LGBT-Bewegung haben in den letzten zwei Jahrzehnten eine bedeutende Entwicklung erfahren, aber sexuelle Rechte und sexuelle Autonomie wurden nie in den Mittelpunkt der Bewegung gestellt.
Das Schlimmste an der gegenwärtigen „sexuellen Revolution“ in China ist, dass sie Männern und Frauen, Jung und Alt oder städtischen und ländlichen Bevölkerungsgruppen nicht gleichermaßen sexuelle Autonomie gewährt hat. Stattdessen wird die bestehende sexuelle Doppelmoral noch intensiver und das Patriarchat wird auf eine andere Art und Weise neu gestaltet.
Studien zeigen, dass gebildete Männer mehr sexuelle Praktiken und Aktivitäten ausüben und dass Männer mit Geld und Macht mehr Möglichkeiten haben, ernai (zweite Ehefrauen) und xiaosan (Geliebte) zu haben oder Sexarbeiterinnen zu besuchen. Solche Praktiken finden in patriarchalischen Gesellschaften mit einer sexuellen Doppelmoral den günstigsten Boden: Keuschheit und Treue werden von Frauen erwartet, während das Streben der Männer nach mehreren Sexualpartnern akzeptiert und toleriert wird.
Im Gegensatz dazu haben sehr viele arme Männer auf dem Land Schwierigkeiten, Frauen zu finden, und der Sexhandel in bestimmten abgelegenen Gebieten wird zu einem ernsthaften Problem. Und wenn junge gebildete Frauen beschließen, ihre sexuelle Autonomie zu verfolgen, werden sie möglicherweise viel mehr Kritik, Druck und Scham von Freunden, Familie und Gesellschaft ausgesetzt als ihre männlichen Kollegen.
Der Diskurs über „übrig gebliebene Frauen“ ist so tiefgreifend, dass Frauen in den späten Zwanzigern das Gefühl haben, dem Heiratsdruck nicht entkommen zu können, als wäre die Ehe der einzige „richtige“ Weg. Eine große Anzahl untergebildeter Mädchen wandert in die Städte aus, wo ihre Auswahl sehr begrenzt sein kann – sie wird Fabrikmädchen, arbeitet in der Dienstleistungsbranche, heiratet einen Stadtmenschen oder tritt in die kommerzielle Sexindustrie ein – und sexuelles Kapital wird zu ihrem wertvollsten Kapital Aktivposten für die Erreichung der Aufwärtsmobilität.
In der LGBT-Welt ist die Formalität der Ehe für Schwule und Lesben in gewisser Weise ein modernes Arrangement, das den Geist eines Vertrags hat, der verwendet wird, um dem traditionellen Druck zu begegnen, zu heiraten und Kinder zu haben. Im gegenwärtigen institutionellen Ehe-System in China können alleinstehende Frauen nicht die gleichen reproduktiven Rechte wie verheiratete Frauen genießen, da der Staat immer noch nur verheirateten Frauen Reproduktionsgenehmigungen erteilt.
Chinas sogenannte sexuelle Revolution bleibt unvollendet, weil sie die Gleichstellung der Geschlechter vernachlässigt, die sexuelle Doppelmoral stärkt und das Patriarchat neu formuliert. Wie die derzeitige „sexuelle Revolution“ vorangetrieben werden kann, um die Menschen glücklicher, freier, gleichberechtigter und autonomer bei der Erfüllung ihres menschlichen Potenzials zu machen, muss noch beantwortet werden.“

Doch sexuelles Wissen ist auch nicht sonderlich verbreitet, speziell bei den Landeiern, die in die Städte kommen, wie aber auch bei etlichen Städtern nicht. Hier wäre schon fundamentalster Sexualunterricht nötig.

„Das Anschauen von Pornos ist jedoch ein schlechter Weg, um Informationen über die reproduktive Gesundheit zu erhalten, und China liegt in der Sexualerziehung weit hinter den westlichen Ländern zurück. Die Rate sexuell übertragbarer Krankheiten, die in den Jahren des Vorsitzenden Mao einmal selten waren, ist jetzt gestiegen. Sex ed Klassen wurden 2008 national durchgeführt, obwohl die China Daily berichtete, dass einige Schüler den Unterricht als unzureichend empfanden. Empfängnisverhütung zum Beispiel wurde oft nicht behandelt.
Heutzutage sind ungeplante Schwangerschaften weit verbreitet, mit einer wahrscheinlich niedrigen Schätzung von 13 Millionen Abtreibungen pro Jahr: eine Rate, die ungefähr dreimal so hoch ist wie in Kanada. Weitere 10 Millionen Pillen danach werden in China jährlich rezeptfrei verkauft.
„Ich bin alle für sexuelle Befreiung“, sagt Steinfeld, „aber gleichzeitig denke ich, dass man diese Freiheiten auch verstehen muss, wenn man neue Freiheiten hat.““

Befreiung für LGBT

Nachdem Homosexuaiität nicht mehr als geistige Krankheit gilt und sich die Homosexuellen nicht irgendwelchen Heilungs- und Umerziehungskursen aussetzen müssen, wächst auch hier die Szene und vernetzt sich über geeigente Apps:


„Bian hat eine Vielzahl von Dating-Apps für ihren Job recherchiert und nutzt diese dann natürlich persönlich. „Mehr Menschen bedeuten mehr Möglichkeiten im Leben“, schwärmt sie. „Es öffnet und diversifiziert Ihren Lebensstil, Ihre Lebensentscheidungen.“
Bian kommt zu dem Schluss, dass Menschen sich durch Datierung selbst herausfinden; Je besser sie sich selbst herausfinden, desto besser sind ihre Chancen, glückliche, gesunde und langfristige Beziehungen zu finden.
Momo war einst die Haupt-App für One-Night-Stands, obwohl Tantan sie kürzlich ersetzt hat. Dank GPS wurden Trysten schnell arrangiert. „Mit diesen Apps können Sie offener sein und der Zweck einer Person wird direkter“, sagt ein Mann, der seinen Namen nicht teilen möchte. „Es gibt viele Möglichkeiten, sich anzuschließen, wenn Leute das Gleiche suchen.“
Die LGBT-Bevölkerung ist möglicherweise die Gruppe, die am meisten von dieser digitalen Revolution unterstützt wird. Ji Faye, ein junger Profi in Peking, weist darauf hin, dass Sie nicht einfach jemanden bei einem Gruppenessen fragen können, ob er schwul ist, sondern dass Sie leicht überprüfen können, ob er in einer App wie Blued oder Aloha präsent ist.“

Ebenso besteht aufgrund der 1- Kindpolitik und der Tatsache, dass viele Chinesen aufgrund konfuzianisch-patriachalistischer und feudalistischer Tradition Mädchen abtrieben, um einen Sohn zu bekommen, China nun über einen Jungmännerüberschuss gegenübersteht, der verzweifelt eine bessere  weibliche Hälfte sucht, wobei sie sich dann in die Prostitution stürzen oder aber Frauen aus anderen asiatischen Staaten importieren oder gar rauben lassen, wie es aber auch umgekehrt nun selbsbewusstere junge Chinesinnen gibt, die sich nicht verheiraten wollen und als Sheng/ Übriggebliebene stigmatisiert werden.

Freud, Wilhelm Reich und Marxismus

Die Sexologie wurde nicht nur von der Soziologie beeinflusst, sondern in starken Teilen auch von der Psychoanalyse und Sigmund Freud. Freud erklärte den menschlichen Sexualtrieb zum eigentlichen Lebenstrieb und Antrieb allen menschlichen Handels. Seine Unterdrückung in der frühkindlichen Entwicklungsphase führe zu Neurosen, geistigen Krankheiten, Perversionen, Aggressionen, etc. C.G. Jung sah hier weniger den Sexualtrieb, sondern Archetypen im Menschen arbeiten, die ein kollektives Unterbewusstsein führten. Wilhelm Reich, der wiederum der Frankfurter Schule nahestand, versuchte Psychoanalyse und Marxismus zusammenzubringen. In seiner programmatischen Schrift „Die Massenpsychologie des Faschismus“ behauptet er, dass die sexuelle Repression durch die kleinbürgerliche Familie, eine Verhärtung der Psyche, einen autoritären und aggressiven Charakter schaffe, der eben der Prototyp des Faschisten sei. Zudem war Reich, der Ansicht, dass sich die Nationalsoziailsten mittels des Hakenkreuzes eines manipulativen Sexsymbols und sexuellen Archetypens bemächtigt hätten, die auf das angenommene  kollektive Unterbewusstsein der Deutschen wirkte. Da Wilhelm Reich dies später auch vom Stalinismus behauptete, wurde er als kleinbürgerlicher Sexprofessor und unmarxistisch exkommuniziert, so dass er dann in die USA zu gehen, um dort mit seinen Lehren aufgrund des dort sexualfeindlichen Puritanismus verfolgt zu werden. Wie bei Freud führt die Unterdrückung des Sexualtriebes zu Faschismus und Stalinismus und könne nur die sexuelle Befreiung des Menschen und der Gesellschaft eine freie Gesellschaft hervorbringen. Als marxistische Strömung im Marxismus schaffte es der Reichismus nicht in den traditionellen Marxismus, wurde vom Stalinismus bekämpft und ob Freunds oder seien Lehren es jemals  zu einer chinesischen Leserschaft geschafft haben, ist unbekannt. Der Reichismus dürfte vom Maoismus und genauso unterdrückt und bekämpft worden sein wie durch den Stalinismus. Freud hatte zudem einmal postuliert, dass die meisten Kulturleistungen und zivilisatorischen Fortschritte auch der Unterdrückung der lustbetonten Sexualität und dem Triebverzicht zu verdanken seien, da die Menschen ihre aufgestauten sexuellen Energien dann in Arbeit, Krieg, Kunst, Schreiben, Lernen und dergleichen austoben. Inwieweit diese Theorien einen wahren Kern haben,ist fraglich. Denn  umgekehrt wird ja auch ein sexuell ausgeglichenes und glückliches Sexualleben als Vorraussetzung für einen körperlich und seelisch zufriedenen, gesellschaftlich stabilen und ausgeglichenen Menschen und Mitglied der Gesellschaft gesehen, insofern dies nicht in ein hedonistisches exzessives Party- und Orgienleben ausschweift, dass von Lernen, sozialem Leben und Arbeit abhält. Genauso wie heute moderne Arbeitspsychologen von work-life-balance sprechen, könnte man auch von einer work-sex-life-Balance sprechen. Solche Theorien und Gedanken scheinen wohl momentan seitens KPseite nicht en vogue.


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