Husserl, Bruce Lee, Hariri und die Corona-Impfungen

Husserl, Bruce Lee, Hariri und die Corona-Impfungen

Die alte Frage, die Edmund Husserl in seiner Phänomenologie stellte: „Ist das Bierglas halb voll oder halbleer?“, wird nun auch in der Coronadebatte sehr aktuell. Wenn sich Politiker öffentlich als erste impfen lassen wollen, sehen die einen da das Vorbild und die anderen reden von Bevorzugung und Privilegien. Lassen sie sich später impfen, reden die einen von Drückebergern und die anderen von Diszipliniertheit und egalitärer Volksnähe. Ähnlich ist es bei Impfungen älterer Menschen als priorisierter Risikogruppe. Während die einen da Versuchskanninchen und Euthanisie wittern, reden die anderen von humanistischen Schutz der Schwächeren. Trump, AfD und andere Querdenker behaupten jedenfalls grundsätzlich das Bierglas immer als leer und versprechen es randvoll und überschäumend zu füllen oder einen gleich einen Bierkasten daraus zu machen.Das sind Sie der Anarchischen Pogopartei Deutschlands (der APPD) sehr ähnlich. (Googeln: You Tube Wolfgang Wendland über die Politik der APPD).

Themenverwandt und in der Metapher bleibend meinte ein guter Bekannter, der lange Zeit in Japan weilte und der Kampfkunst nachging, dass Bruce Lee der Ansicht gewesen wäre, dass das Glas leer sein müsse, um es zu füllen und Neues zu schaffen. Meinte Bruce Lee nun, dass es den Menschen erst richtg schlecht und elend gehen müsse, bis es zu einem Umdenken und Neuem kommen könne, also die klassische Katharsislehre/leere oder dass man die alte Festplatte mit dem alten Betriebssystem löschen müsse, um Neues installieren zu können?

Wie mir mitgeteilt wurde, letzteres. Bruce Lee sagte, dass Glas müsse leer sein, um es mit Neuem zu füllen, meinte man müsse völlig offen sein, um Neues zu lernen. Vielleicht wäre es einmal interessant gewesen, wenn Edmund Husserl und Bruce Lee aufeinandergetroffen wären und ob der philiosophische Diskurs dann mittels verbalen Argumenten oder Handkanten ausgefochten worden wäre und Bruce Lee mit ein paar beherzten Schlägen auf den Hinterkopf den Husserl das Glas geleert und das Denlvermögen erhöht hätte. Zumal Bruce Lees Denken doch sehr absolut ausfällt, denn oft ergibt sich Fortschritt nicht durch den totalen Bruch mit dem Alten, sondern auch durch die Selektion und das Bewahren positiver alter Elemente und Kombination mit neuen Elemeneten, insofern sie sich als kompatibel erweisen. Die maoistische Kulturrevolution in China hatte auch als Slogan: Das Alte zerstören, das Neue erschaffen.Ergebnis war jedoch Chaos, Bürgerkrieg und eine neue totalitäre Barbarei.

Das Silicon Valley da als Gegenentwurf, wobei abzuwarten bleibt, welche Ideologien des 21. Jahrhunderts die Neue Welt im Sinne eines kybernetischen Kapitalismus nach Yuval Hariris Homo Deus oder Ray Kurzweil dominieren und erschaffen werden und ob dies dann auch ein Fortschritt ist. Hariri sieht die Menschheitsgeschichte in 3 Zeitaltern: Dem mittelalterlichen Feudalismus, als Götter und nichtmenschliche Wesen Legitimation und Entscheidungskriterium waren, dann in den liberalen kapitalistischen Demokratien der Mensch, genauer gesagt die menschlichen Gefühle und nicht die Ratio bestimmend seien-von Kaufentscheidungen bis hin zur Wahl und nun Darwin und Quanteninformatik im kybernetischen Kapitalismus zusammenwachse und der wissenschaftliche Computeralgorithsmus und die reine mathematisch-wissenschaftliche Ratio gesellschaftsbestimmend würden, die die Schaffung des unsterblichen, bzw lange lebenden, ewig gesunden und selbstoptimierten Menschen und einer ebensolchen Gesellschaft mit sich bringe. Bei solchen Aussichten werde ich mir heute abend jedenfalls mal ein gut gefülltes Glas Weißbier gönnen und es leeren. Keine halben Sachen oder gar Gläser.

Kommentare sind geschlossen.