FPRI: Regimewechselträume: „Was kommt nach der Kommunistischen Partei in China?“ Vielleicht ein nationalistischeres China

FPRI: Regimewechselträume: „Was kommt nach der Kommunistischen Partei in China?“ Vielleicht ein nationalistischeres China

Es ist interessant zu sehen, dass während die meisten US-Denkfabriken nicht mehr daran denken, die KPCh zu stürzen, das Foreign Policy Research Institute am 3. Dezember 2020 jedoch eine Veranstaltung zum Thema „Was kommt nach der Kommunistischen Partei in China?“ abhielt. Die Redner waren Stephen Kotkin und Robert Kaplan, der auch Artikel im Atlantik wie „Wie bekämpfen wir China?“ schrieb und vorschlug, den Kampf über den Pazifik hinaus auch im Indischen Ozean zu führen, bevor Michael Auslin als Vordenker das Konzept des „ Indopazifik “ wurde , der der neue Begriff in der Nationalen Sicherheitsstrategie der Trump-Administration wurde. Die Veranstaltung ist jetzt auch auf YouTube verfügbar.

Die Hauptthese im Video ist jedoch, dass die naive Idee der Demokratisierung Chinas in Frage gestellt werden muss. Der alte Optimismus der Engagement-Philosophen der US-Außenpolitik scheint seinen Wendepunkt erreicht zu haben, und Kotnik und Kaplan befürchten, dass die Demokratisierung Chinas dazu führen könnte, dass ein kommunistisches Regime durch ein noch nationalistischeres oder ultrachauvinistischeres autoritäres Regime ersetzt wird, dann vielleicht sogar eher eine Herausforderung oder Bedrohung für die USA würde und einen heißen Krieg produzieren könnte oder wie Kotkin sagt: Das Gute an einem Kalten Krieg ist, dass es kein heißer Krieg ist. Kotkin und Kaplan sehen Taiwan und seine Verteidigung jedoch als das dringlichste Problem für die kommende US-Regierung. Kotkin wegen der demokratischen Stadt auf dem Hügel/Shining City on the Hill und des demokratischen chinesischen Vorbilds und Leuchtturms, das den Funken nach China verbreiten könnte, Kaplan eher aus geopolitischen Gründen, dass die Nichtverteidigung Taiwans den Verlust des Indopazifiks für die USA bedeuten würde, wenn die USA es nicht tun. Hongkong möchte man nicht aufgeben, aber, die Hebelwirkung ist begrenzt und die USA müssten sich auf Taiwan konzentrieren. Oder wie Kotkin sagt: China nicht provozieren, sondern sicherstellen, dass die USA Taiwan verteidigen und am Status Quo festhalten.

Die Diskussion blieb recht abstrakt und einige sehr wichtige Punkte fehlten aus Zeitgründen. Erstens die innere Struktur Chinas und der USA. Kotkin behauptet, dass die KPCh und China nicht einfach ein weiteres autoritäres Regime, sondern eine kommunistische Herrschaft wäre. Während die KPCh ihre Wirtschaft liberalisierte, bliebe sie eine leninistische Partei, die nicht reformiert werden könnte. Jede Liberalisierung der politischen Sphäre würde das gesamte politische System auflösen, wie es im Ostblock und in der Sowjetunion der Fall war. Die KPCh würde dies wissen und keine politischen Reformen zulassen. Im wirtschaftlichen Bereich sehen Sie eine zyklische Bewegung zwischen Liberalisierung und staatlicher Zentralisierung, aber der private Wirtschaftssektor wird immer noch als Bedrohung wahrgenommen, auch wenn es sich um eine Wachstumsmaschine und damit einhergehender Legitimation handelt.

Während ehemalige Kommunisten versuchten, das Kapital zu enteignen und das Privateigentum abzuschaffen, würde die KPCh es nutzen, besitzen und kontrollieren und verwalten. Während Kotkin über die leninistische Struktur der KPCh spricht, muss man bedenken, dass wir uns einem Wechsel von einer leninistischen kollektiven Führung – Einparteien-Diktatur zu einer stalinistischen / maoistischen Ein-Mann-Diktatur und einem Neototalitarismus gegenübersehen, der sich mit einem sozialen Kreditsystem verbindet und den Kai Strittmatter in seinem Buch „Die Neuerfindung der Diktatur“ als Mischung zwischen Aldous Huxleys Brave New World und George Orwells 1984 darstellt. Es ist nicht nur eine leninistische Parteiherrschaftt, es ist eine neue totalitäre Ein-Mann-Diktatur auf Lebenszeit mit den Xi Jinpinggedanken in der Verfassung.

Weder Kotkin noch Kaplan machen eine Theorie über die innere Zentralisierung der Macht und die externe Expansion in Übersee und was dies bedeuten könnte, dass nur eine Person dafür verantwortlich ist und kein Kollektiv. Während Kotkin der Ansicht ist, dass es Spaltungen zwischen der KPCh oder Xi Jinping und der PLA geben könnte, da erstere am Interesse der Partei interessiert wären, während letztere im Interesse der Nation seien, werden andere Quellen des internen Streits nicht erwähnt und sei es innerparteiliche Opposition. Beide lassen jedoch eine Analyse der chinesischen Opposition oder der potentiellen Opposition vermissen. Hier wäre die Exil- Opposition, die 89 Veteranen, die Falungong, Guo Wengui und dann die junge Generation in Hongkong, die ein Milchtee-Bündnis mit der taiwanesischen und thailändischen demokratischen Opposition eingehen und sogar Anhänger in Indien und Japan und dem Rest des demokraitsichen Asiens finden zu nennen. Welche Gruppen in China könnten eine potentielle Opposition sein? Wie kann die Kontrolle der KPCh über die sozialen Medien und Medien durch Hackergruppen oder die Unterstützung ausländischer Geheimdienste, um das Informationsmonopol zu brechen, als Voraussetzung für den Sturz der KPCh orgnaisiert werden? Es gibt keine weiteren Fragen oder Gedanken dazu, sondern nur Hongkong und Taiwan als Vorbild und leuchtende Stadt auf dem Hügel, die den Funken nach China bringen könnte.

Kaplan behauptet, dass die Mittelschicht in China wachsen wird und eine anspruchsvolle politische Kraft sein würde. Aber ist das nicht die alte US-amerikanische Neocon- und Mittelklasse-Ideologie? Dass Taiwan die leuchtende Stadt auf dem Hügel sein würde, wie der Irak als Leuchtturm der Demokratie im Nahen Osten sein und die Demokratie überall verbreiten sollte. Man schaue jetzt den arabischen Frühling an, der zu einem islamistischen heißen Sommer geworden ist. Neocon-Philosophie. Oder dass die Mittelschicht an sich liberal, kosmopolitisch, fordernd, friedlich, nicht nationalistisch und so weiter wäre. Dies ignoriert jedoch, dass die Mittelschichten im Deutschen Reich vor dem Ersten Weltkrieg ebenfalls sehr nationalistisch und an sich nicht liberal waren, und Lipset und Marxisten sprachen auch von der Radikalisierung der Mittelschicht als Hauptquelle für den Faschismus.

Daher erkennen weder Kotkin noch Kaplan, wie sehr sie Opfer ihrer eigenen US-amerikanischen Neocon- oder Mittelklasse-Ideologie sind. Die Mittelschicht als treibende Kraft der Weltgeschichte, die Weltdemokratie und Weltfrieden bringen wird, ist dem historischen Materialismus des Kommunismus sehr ähnlich, der die Arbeiterklasse als Motor der Weltgeschichte, der Weltrevolution und des Weltfriedens wahrnahm. Daher sind beide Aussagen reiner Idealismus und sogar ideologischer Natur und geben keine angemessene Analyse der chinesischen Opposition. Auch andere Klassen wie die Arbieter, die Wanderarbeiter, die Studenten, die Bauern werden gar nicht erwähnt.

Kaplan behauptet jedoch, dass China heute ein Thema des US-Volkes und kein Elite-Thema mehr ist. Er sieht nicht nur die Gefahr, dass unvorhersehbare Oppositionskräfte in China das Land in eine chauvinistische Richtung treiben könnten, sondern auch, dass es in den USA eine solche Entwicklung geben könnte, vor der Kissinger in seinem Buch „On China“ warnt, dass ein neues Crowe-Memorandum das Ergebnis sein könnte. Die Veranstaltung scheint eher eine Diskussion darüber zu sein, wie China eingedämmt und in friedlichem Zusammenleben mit ihm gelebt und ein heißer Krieg verhindert werden kann, als über Visionen des Regimewechsels, die eher skeptisch gesehen werden, da dies noch mehr nationalistische Kräfte hervorbringen könnte. Derzeit ist jedoch keine Analyse der potentiellen Regimewechselkräfte möglich. Weijingsheng und Hu Ping möchten nach einer Massenbewegung eine demokratische Oppositionspartei neben einer reformierten KPCh haben, die Falungong möchte die KPCh stürzen und ihren fundamentalistischen religiösen Führer und Diktator Li Hongzhi anstelle von Xi Jinping installieren und Guo Wengui der erste chinesische Oligarchen-Trump und China First-Präsident sein. Aber sie sind im Exil und nicht in China. Was sich innerhalb Chinas als Opposition entwickeln könnte, ist nie Gegenstand der Veranstaltung geworden, aber es bedeutet nicht, dass es nicht eintreten könnte.

Aus dieser Diskussion können wir jedoch ersehen, dass die USA mehr darüber reden, wie man China mittels Congagement zügelt oder mittels Containment eindämmt und einen heißen Krieg verhindert, als tatsächlich über Regimewechsel-Träume nachzudenken. Es wird eher eine Diskussion darüber sein, was Congagement bedeutet, ob es mehr Eindämmung ist oder weniger Engagement. Die Vorstellung, dass die Geschäftseliten „mit China gebrochen“ haben, ist jedoch übertrieben. Larry Fink (Blackrock) und Goldmann Sachs hatten ein Treffen, um sich weiter in China zu engagieren und investieren, Kissinger und seine Harvard-Eliten und Teile des Council on Foreign Relations denken sogar darüber nach, sich an der New Silkroad und der Asian Infrastructure Investment Bank (AIIB) zu beteiligen. Nachdem die Engagementpolitik mit China der Trumpvorgängerregierungen nun heftig in der Kritik steht und nun über Congagement und Containment diskutiuert wird, versucht die Chinalobby um Henry Kissinger nun das Engagement in Form des neuen Konzepts des „Coopetition“ zu retten. Kissinger selbst musste eingestehen, dass sich die sinoamerikanischen Beziehungen nun am Rande eines „2. Kalten Krieg“ befinden, dass Engagement, Chimerica und die Globalisierung vor allem China und nicht den USA genutzt hat, aber er und seine Unterstützer aus Big Business oder dem Silicon Valley wie Google- Chef Eric Smith versuchen nun ein Congagement, das mehr Betonung auf Containment statt auf Engagement legt durch ein Coopetition, also einer Politik, die mehr Kooperation und Engagement als Containment und Competition betont zu retten.Eigentlich altes Engagement in neuen Schläuchen.

Bei einem vom Kissinger Center for Global Affairs an der Johns Hopkins University veranstalteten Forum zur Weltordnung nach Covid-19 warnte eine klare Mehrheit der Redner vor den Gefahren eines neuen kalten Krieges. Eric Schmidt, der ehemalige Vorstand von Google, plädierte stattdessen für ein auf «Rivalität und Partnerschaft» gegründetes Modell kooperativen Wettbewerbs («coop-etition»), in dem die beiden Nationen gleichzeitig im Wettbewerb stehen und zusammenarbeiten – so, wie das Samsung und Apple jahrelang praktiziert haben.

Graham Allison von Harvard, Autor des Bestsellers «Destined for War: Can America and China Escape Thucydides’s Trap?», stimmte ihm zu; als weiteres Beispiel führte er die «freundschaftliche Feindschaft» zwischen dem Song-Kaiser Chinas und dem Königreich Liao an Chinas Nordgrenze an. Die Pandemie, meinte Allison, habe «die Unmöglichkeit ans Licht gebracht, China eindeutig als Feind oder als Freund zu identifizieren. Rivalität und Partnerschaft hört sich vielleicht kompliziert an, aber das Leben ist nun einmal kompliziert.» . Aber die KPCh weiß von Lenin: „Die Kapitalisten werden uns noch den Strick verkaufen, an dem wir sie aufhängen“.

Den wichtigsten Punkt macht aber Stephen Kotkin zu Ende auf: Entscheidend ist in der sinoamerikanischen Konfrontation, dass sich die USA wieder ihrer eigenen politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Stärke und, Vorteile bewusst wird, diese auch herausstellt, hard und soft power zugleich betont, dass die USA viele Freunde und Verbündete in der Welt hat, mit denen man die globalen Herausforderungen gemeinsam aufnehmen kann. Wenngleich die Frage ist, inwieweit die USA da nicht selbst innenpolitisch Probleme haben, da die Trumpwähler nicht verschwinden werden, die Teapartybewegung weiter existiert, Biden bis 2024 nicht viel Zeit hat und die USA auch in einem Zyklus sind, dass die Demokraten immer den außenpolitischen Mist, den die Republikaner hinterlassen, sei es nun Bush jr. oder Trump samt Finanzkrise und Coviodkrise reparieren müssen und gar nicht dazu kommen, die USA mal stärker aufzustellen, da erhebliche Teile diser Leute schon den nächsten Machtwechsel und eine vielleicht noch nationalistischere und desaströse Politk wollen.

Kotkin und Kaplan gestehen zwar Trump zu, dass er China als Hauptkonkurrenten so explizit konfrontiert hat, aber seinem unilateralistischen America First wollen sie doch den mehr transatlantischen Multilateralismus gegenüberstellen. Möglicherweise entscheidet sich die sinoamerikanische Auseinandersetzung mehr daüber, ob die USA innenpolitisch geeint werden und nicht Trump 2024 wiederantritt oder Mike Pompeo als Ersatzkandidat und America First 2.0 gewählt wird und sich dann mehr auf Russland denn auf China stürzt, nachdem Putin-Trump Peking-Biden kritisiert und bei dem letzten Cyberangriff China dahinter sah, während Pompeo Russland verantwortlich macht.

Kommentare sind geschlossen.