Irak: Islamist Muktadar el-Sadr Wahlsieger

Irak: Islamist Muktadar el-Sadr Wahlsieger

Nach den ersten vorläufigen Wahlergebnissen sieht es so aus, also ob der schiitische Islamist Muktadar El-Sadr stärkste Kraft bei den irakischen Wahlen geworden ist, wenngleich bei einer Wahlbeteiligung von nur 41% .

„Vorläufige Ergebnisse : Schiitischer Geistlicher Al-Sadr wohl Wahlsieger im Irak

Aktualisiert am 12.10.2021-08:18

Muktada al-Sadr steht vor einem klaren Wahlsieg. Früher bekämpfte seine Miliz US-Truppen, heute gibt er sich als Reformer. Das nehmen ihm viele Iraker aber nicht ab.

Die Strömung des schiitischen Geistlichen Muktada al-Sadr steht bei der Parlamentswahl im Irak vor einem deutlichen Sieg. Nach vorläufigen Ergebnissen der Wahlkommission erreichte sie bei der Abstimmung am Sonntag mehr als 60 von 329 Sitzen im Abgeordnetenhaus. Al-Sadr beanspruchte den Sieg am Montagabend für sich. In Bagdad feierten Anhänger des Predigers auf den Straßen.

In einer Fernsehansprache warnte Al-Sadr andere Staaten, sich in die Regierungsbildung einzumischen. Zugleich sagte er der Korruption den Kampf an. Alle Korrupten würden zur Verantwortung gezogen.

Al-Sadrs Strömung wurde bereits bei der Parlamentswahl 2018 stärkste Kraft. Deutliche Einbußen muss nach den vorläufigen Ergebnissen die damals zweitplatzierte Fatah-Koalition hinnehmen. Sie ist mit den schiitischen Milizen verbunden und wird von Iran unterstützt. Fatah könnte mehr als die Hälfte ihrer Sitze verlieren.

Al-Sadrs Bewegung warb für Reformen

Ministerpräsident Mustafa al-Kasimi hatte die Abstimmung nach Massenprotesten gegen die politische Führung des Landes um mehrere Monate vorgezogen. Die im Oktober 2019 ausgebrochenen Demonstrationen richteten sich unter anderem gegen die grassierende Korruption, die schwache Wirtschaftslage und die schlechte Infrastruktur. Auch Zellen der IS-Terrormiliz sind in dem Land weiter aktiv. Die Extremisten hatten 2014 große Gebiete im Norden und Westen des Landes überrannt.

Al-Sadrs Bewegung warb im Wahlkampf für Reformen. Sie ist jedoch Teil der politischen Elite, die viele Iraker für die Missstände im Land verantwortlich machen. Das Misstrauen in die Politik zeigte sich auch bei der Wahlbeteiligung, die bei der Abstimmung auf ein Rekordtief von rund 41 Prozent sank. Beobachter sahen darin ein deutliches Zeichen für den Frust vieler Iraker über die politischen Zustände.

Anhänger der Protestbewegung hatten zum Boykott der Wahl aufgerufen. Sie erwarten innerhalb des bestehenden politischen Systems keine Änderung der Machtverhältnisse. Das heutige System war nach dem Sturz von Langzeitherrscher Saddam Hussein 2003 errichtet worden.

Seine Anhänger leben in den ärmeren Vierteln Bagdads

Al-Sadr, der selbst nicht kandidierte, hatte vor der Wahl Anspruch auf das Amt des Regierungschefs für ein Mitglied seiner Bewegung erhoben. Ob er das durchsetzen kann, ist unklar. Für eine Mehrheit im Parlament braucht er Bündnispartner. Auch die USA und Iran haben Einfluss auf die Regierungsbildung. Regierungschef Al-Kasimi werden als Kompromisskandidat Chancen auf eine weitere Amtsperiode eingeräumt. Er genießt im Westen hohes Ansehen, trat bei der Wahl aber selbst nicht an und verfügt deswegen über (…)

https://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/schiitischer-geistlicher-al-sadr-wahlsieger-im-irak-17580983.html

Die Wahlbeteiligung ist die niedrigste seit dem Sturz Saddam Husseins, viele Menschen haben die Hoffnung in die politischen Parteien verloren und Teile der Opposition zum Wahlboykott aufgerufen. Zudem sind die Wahlen vor dem Hintergrund der Proteste im Irak im Jahr 2019 zu sehen, die dann infolge der Coronakrise und erhöhter Repression seitens der Regierung vorerst versandeten und die Thomas von der Osten-Sacken in seinem Beitrag derfolgt beschrieb und analysierte:

„Bagdads Tahrir-Platz

Die Situation im Irak ähnelt in vielem dem Arabischen Frühling

Im vergangenen Herbst entstand im Irak eine bis dahin ungekannte Protestbewegung. Sie richtet sich nicht nur gegen die unfähige eigene Regierung, sondern auch gegen die iranische Einflussnahme. Wer sind die Protagonist*innen dieser Bewegung? Was sind ihre politischen Anliegen, und wie sind ihre Erfolgsaussichten einzuschätzen?

Von Thomas von der Osten-Sacken

Das Durchschnittsalter im Irak beträgt 21 Jahre, 57 Prozent der Bewohner*innen sind jünger als 25. Damit hat das Land eine der jüngsten Bevölkerungen im Nahen Osten. Wenn hunderttausende Irakis auf die Straße gehen, handelt es sich also automatisch um eine Jugendrevolte. Und genau das ist die Protestbewegung, die dort seit Oktober 2019 gegen Korruption und allgemeine Perspektivlosigkeit aufbegehrt. Es geht bei diesen Massendemonstrationen um Vieles, vor allem aber um die Zukunft einer Generation, die größtenteils keine Erinnerungen mehr hat an die Zeiten unter Saddam Hussein und die keinen Platz für sich in den bestehenden Strukturen sieht.

Fast jede/r dritte Jugendliche im Irak ist arbeitslos, während gleichzeitig die Zahl der Armen steigt. Allein in der erdölreichen Stadt Basra im Südirak lebt fast die Hälfte der Bevölkerung unter der Armutsgrenze. Die Menschen im Irak sind aber nicht nur jung, sondern auch überdurchschnittlich gut gebildet. Seit Jahren wächst die Zahl der Student*innen an Universitäten und anderen Hochschulen. Nur fehlt ihnen in der Regel jedwede Chance, später auch einen entsprechenden bezahlten Job zu finden.

Altlasten des Bürgerkrieges

Aufgewachsen sind diese Protestierenden in einem destabilisierenden Bürgerkrieg, der das Land nach 2005 spaltete und auch den Aufstieg des Islamischen Staates ermöglichte. Schon ihre Eltern kannten wenig außer Krieg, Sanktionen und eine traumatisierende Dauerkrise. Auch sie mussten erleben, wie Parteien und politische Klasse sich als notorisch unfähig und unwillig erwiesen, auch nur eines der unzähligen drängenden Probleme anzugehen. So fehlt es bis heute im Süden des Landes selbst an einer stabilen Strom- und Wasserversorgung. Gelder versickern in den Kassen einer chronisch korrupten Verwaltung, in der Gruppenzugehörigkeit eine wichtigere Rolle spielt als Kompetenz: Politik organisierte sich im Irak, ähnlich wie im Libanon, streng entlang konfessioneller oder ethnischer Zugehörigkeiten. Deutlich zeigte sich dies etwa nach dem Sturz Saddam Husseins, dessen herrschende Baath-Partei sich auf die arabisch-sunnitische Minderheit stützte und neben den Kurd*innen im Norden auch die schiitische Mehrheit des Landes diskriminierte und unterdrückte.

Nach 2003 sahen schiitische Parteien ihre Stunde gekommen: Mit Hilfe des Iran gelang es ihnen, die Sunnit*innen weitgehend zu marginalisieren und sich des Staats- und Sicherheitsapparates zu bemächtigen. Denn wer diesen kontrolliert, verfügt über auch die Einnahmen aus dem Öl- und Gasverkauf, die bis heute knapp 95 Prozent der irakischen Wirtschaftsleistung ausmachen. Dieses Rentiersystem stützt sich auf Klientelismus und einen künstlich aufgeblähten staatlichen Sektor, in dem bis zu drei Viertel der arbeitenden Bevölkerung irgendwie ihr Auskommen findet. Fällt der Ölpreis, wie dies nach 2014 geschah, gerät das gesamte System in eine tiefe Krise.

Folgerichtig wächst seit Jahren vor allem im Süden des Landes und in der Hauptstadt Bagdad der Unmut. Bereits 2018 kam es immer wieder zu Demonstrationen und Protestkundgebungen, die damals vor allem von Muqtada al Sadr vereinnahmt und gesteuert wurden. Sadr, Sohn des hochrangingen Ayatollahs Muhammad Muhammad Sadiq as-Sadr, den Saddam Hussein 1999 ermorden ließ, durchlief seit 2003 unzählige politische Wandlungen. Erst wurde er mit seiner Mahdi-Miliz bekannt, die den US-Amerikanern und ihren „irakischen Kollaborateuren“ einen blutigen Krieg lieferte, in enger Kooperation mit dem Iran. Später erklärte er sich zum irakischen Nationalisten und suchte Distanz zu Teheran.

Bei den letzten Wahlen ging Sadrs Bewegung sogar ein Bündnis mit der traditionsreichen Irakischen Kommunistischen Partei ein und gewann mit einem Programm, dessen Forderungen die der späteren Protestbewegung in vielen Punkten vorwegnahmen. Bei der folgenden langwierigen Regierungsbildung gab das Bündnis allerdings iranischem Druck nach und stimmte einer Koalition mit proiranischen Parteien zu. Seitdem steht Sadr zwischen Regierung und Protestbewegung. Es ist unklar, für welche Seite er sich letztlich entscheidet. Unterstützte er anfangs noch wortreich die Demonstrierenden, distanzierte er sich im Januar  deutlich von ihnen.

Citizenship versus Konfessionalismus

Zwar waren schon die Proteste 2018 dem Namen nach gesamtirakisch, und bewusst hatten Teilnehmenden darauf verzichtet, Symbole und Fahnen schiitischer Parteien zu zeigen. Aber sie beschränkten sich fast ausschließlich auf den Süden des Landes und schiitische Stadtviertel in Bagdad. Erst mit der massiven Ausweitung der Bewegung im Herbst 2019 zeigte sich, dass die neue Generation die festgefahrenen konfessionellen und ethnischen Trennungen überwinden will. Wie zeitgleich im Libanon und in anderen arabischen Ländern, in denen es in der vergangenen Dekade zu Massenprotesten kam, wurde die eigene Nationalfahne zum revolutionären Symbol. Hier gehen, so die Botschaft, nicht mehr Angehörige ethnischer Gruppierungen oder Konfessionen auf die Straße, sondern irakische Bürger*innen, die ihr Recht auf Partizipation und eine gemeinsame bessere Zukunft einfordern. 

Schon im sogenannten Arabischen Frühling 2011 spielte ein für die ganze Region neues Verständnis von Citizenship eine zentrale Rolle, ein Momentum, das in Europa übrigens nicht als solches wahrgenommen wurde. Mit Ausnahme von Tunesien gibt es in keinem Land der gesamten MENA-Region eine Idee von der Gleichheit der Bewohner*innen als freie und gleiche Staatsbürger*innen vor dem Gesetz, sondern Geschlecht und Konfession bestimmen in zivil- und eherechtlichen Fragen. Auch in Tunesien musste nach dem Sturz Ben Alis lange und heftig diskutiert werden, bis die letzten Überbleibsel der Scharia-Gesetze aus der vergleichsweise progressiven Verfassung des Landes gestrichen wurden. Seitdem haben die Menschen volle bürgerliche Freiheiten, so können alle Tunesier*innen nun beispielsweise ohne Einschränkung durch die Religion heiraten.

Auch im Irak begehren immer  mehr Bürger*innen gegen den allumfassenden Einfluss von Religion beziehungsweise des Klerus auf Politik und Staat auf. Wie überall in der arabischen Welt schwinden Akzeptanz und Ansehen islamischer Parteien besonders unter Jugendlichen. „Die Trennung von Religion und Staat ist wichtiger als die von Frau und Mann“, forderte ein junger Demonstrant auf dem Tahrir-Platz in Bagdad und brachte damit die Botschaft der Protestbewegung gut auf den Punkt. Sie fordert, wie in der gesamten arabischen Welt, im Kern ein „grundlegend neues Verhältnis zwischen Bürger und Staat“[i].

Die Demonstrierenden auf Iraks Straßen wollen nicht weniger als eine Revolution, sie verlangen nicht nur politische Reformen, sondern grundlegende gesellschaftliche Veränderungen. War Protest bisher weitgehend Männersache, beteiligen sich inzwischen auffällig viele junge Frauen und trotzen den blutigen Repressionen, die bislang zu über 400 Toten und zehntausend Verletzten geführt haben. Auf dem Tahrir-Platz in Bagdad herrsche schon jetzt eine Gleichberechtigung, die man für die ganze Gesellschaft wolle, heißt es immer wieder in Gesprächen mit Demonstrantinnen. Dabei gebe es keinen Ausschluss, die meisten Protestschilder auf dem Tahrir-Platz in Bagdad sind zweisprachig in Arabisch und Kurdisch geschrieben. Und immer wieder berichten mitdemonstrierende Yesidi*innen und Christ*innen, wie willkommen sie geheißen werden. Der Platz sei, schreibt Balsam Mustafa, das Beispiel für einen Irak im Kleinen geworden, „where people are creating a collective community, healing their wounds, re-claiming their national identities, and re-writing their current history beyond sectarianism, chaos, divisions and fears“.[ii]

Aufstand gegen iranische Einflussnahme

Trotz dieser proklamierten nationalen Einheit stammt die überwältigende Mehrheit der  Protestierenden aus mehrheitlich von Schiit*innen bewohnten Regionen des Irak. Weder in den irakisch-kurdischen Autonomiegebieten noch im sunnitisch dominierten Zentralirak kam es bislang zu ähnlichen Demonstrationen. In der Sprache konfessionalisierter Politik könnte man deshalb durchaus sagen, es handelt sich um eine schiitische Revolte gegen ein schiitisch dominiertes und vom Iran weitgehend kontrolliertes Establishment im Irak. So jedenfalls dürfte die Lesart der Ereignisse in Teheran lauten. Geriet der Iran bislang in den Fokus arabischer Protestbewegungen, konnte er nämlich die konfessionelle Karte ausspielen: Ob im Irak selbst oder im benachbarten Syrien, Proteste gegen die Regierungen wurden bisher umgehend als sunnitisch dominierte Bewegungen denunziert, die sich auch und vor allem gegen schiitische Bevölkerungsteile richteten. Da überall in der Region Schiit*innen auf eine lange Tradition blutiger Verfolgung zurückblicken, stieß diese Darstellung meist auf fruchtbaren Boden.

Als im Herbst Milizen, die formal der irakischen Regierung unterstellt sind, de facto aber ihre Befehle aus dem Iran erhalten, auf Demonstrant*innen schossen, entlud sich die angestaute Wut gegen die eigene Regierung auch gegen die des östlichen Nachbarlandes: In Najaf zündeten Protestierende mehrmals das iranische Konsulat an, überall gingen Bilder von Ayatollah Khomenei und Ali Khamenei in Flammen auf und immer wieder wurden die Büros irantreuer Parteien und Milizen zerstört. Iranische Waren werden seitdem mittels der gezielten Kampagne „Lasst sie verfaulen“ boykottiert.

Diese offene Ablehnung überraschte die Machthaber im Iran, die den Irak bislang weitgehend unter ihrer Kontrolle geglaubt hatten. Als sich auch der einflussreiche irakische Klerus in Karbala und Najaf hinter die Demonstrierenden stellte und den Abzug aller fremden Truppen, also auch der iranischen, aus dem Land forderte und den Rücktritt von Premier Adel Abdel Mahdi erzwang, wurde die Lage für Teheran bedrohlich. Denn auch die libanesischen konfessionsübergreifenden Proteste finden breite Unterstützung im mehrheitlich schiitisch bevölkerten Süden des Irak. Sie richten sich ebenfalls gegen enge Verbündete des Iran, namentlich Hisbollah und Amal-Miliz. Zusammen mit Syrien, wo iranische Truppen seit 2011 im Einsatz sind und die Opposition blutig zerschlagen, bilden Irak und Syrien das Rückgrat des als „Achse des Widerstandes“ gefeierten informellen iranischen Imperiums. Sollte Teheran die Kontrolle über diese Länder verlieren, wäre dies ein schwerer, vermutlich unüberwindlicher Schlag für die Islamische Republik. 

Klerus auf Seiten der Protestierenden

Der schiitische Klerus im Irak wird für die Machthaber im Iran seit Jahren zu einer wachsenden Bedrohung. Traditionell vertreten irakische Ayatollahs eine theologische Sicht, die im Gegensatz zur Lehre Khomeneis von der Statthalterschaft der Rechtsgelehrten (Welāyat-e Faqih) steht. Laut irakischer Shia sollen Kleriker lediglich beratende und moralische Vorbilder sein, nicht aber selber regieren. Deshalb unterstützt die Mehrheit der Kleriker im Irak seit 2003 die demokratische Verfassung des Landes, und selbst religiösen Parteien käme es nie in den Sinn, Kleriker in die Regierung zu entsenden.


Indem die Ayatollahs im Irak, deren höchster Vertreter Ali al-Sistani auch im Iran hochgeachtet ist, offen die iranische Einmischung im Irak und die Gewalt gegen die Protestbewegung kritisierten, legitimierten sie die Protestbewegung im Irak als keineswegs „gottlos“ oder vom Westen gesteuert, wie die proiranische Propaganda gerne verbreitet.  Konnte sich die Islamische Republik Iran bisher immer als Sprachrohr der Schiit*innen in der arabischen Welt inszenieren, hat sie nun mit Demonstrationen zu tun, die sich ganz dezidiert gegen ihren Einfluss richten. Umso größer war daher auch die Solidarität auf irakischen Straßen mit den jüngsten Protesten im Iran, die mit bislang unbekannter Radikalität das Teheraner Regime kritisierten und ein Ende seiner theokratischen Verfassung forderten.

Je blutiger Sicherheitskräfte im Irak gegen die Protestierenden vorgehen, je entschlossener scheinen diese, ihre besetzten Plätze zu verteidigen. Sie trotzten brutalster Gewalt, ob nun scharf auf sie geschossen wird oder mit den berüchtigten Tränengasgranaten, sie geprügelt oder verhaftet werden. Ihr Wille, sich unter enormen Opfern dem Sicherheitsapparat entgegenzustellen, speist sich dabei weniger aus Hoffnung als aus schierer Verzweiflung: Sie hätten nichts mehr zu verlieren, heißt es inzwischen immer wieder. Ein Demonstrant fasste die Stimmung vor Monaten schon so zusammen: “We are peaceful and unarmed. Why did they attack us with live ammunition? We will not forgive the politicians for this and if we fail this time, we will be back. We will protest again. We have nothing to lose other than our lives.“[iii]

Kompromisse mit der Regierung scheinen deshalb immer unwahrscheinlicher. Hass und Wut nehmen seit Wochen zu, während sich die politischen Parteien in Bagdad bislang nicht in der Lage zeigten, einen Ausweg aus der Krise zu finden. Monatelang stritten sie um einen Nachfolger des zurückgetretenen Premiers. Selbst wenn nun eine Regierungsbildung gelingt, wird diese mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht nur von der Straße abgelehnt, sondern sich als unfähig erweisen, die geforderten Reformen umzusetzen. Denn würde eine neue Regierung auch nur partiell den Forderungen der Straße nachkommen, müsste sie in der Lage sein, sich vor allem souverän gegenüber dem Iran zu zeigen.

Keine guten Perspektiven

Herrschte 2011 während des Arabischen Frühlings noch ein fast naiv anmutender Glaube, eine bessere Zukunft hinge nur vom Sturz der bestehenden Regimes ab, haben die Erfahrungen der vergangenen Dekade gelehrt, dass die miserable Situation sich damit nicht ändert, sondern sich kurzfristig oft sogar eher verschlechtert. Solche Illusionen gibt es heute nicht mehr: Die neue Generation, ob im Irak oder anderen Ländern der Region, ist aufgewachsen in dysfunktionalen Trümmerlandschaften. Die jungen Leute mussten miterleben, wie Syrien zerbombt wurde, der Jemen in Chaos versank und der Islamische Staat seine Terrorherrschaft ausübte. Diese 17- bis 25 Jährigen kennen nur wirtschaftliche Misere, Massenflucht und ein politisches Establishment, das sich hemmungslos selbst bereichert, aber ihnen nichts zu bieten hat. Abgesehen von der Brutalität, mit der die eigene Regierung gegen jede Dissidenz vorgeht, bleiben meist nur abgegriffene Parolen von ‚Widerstand und Kampf gegen Imperialismus und Zionismus‘.

Dieser „alte Nahe Osten“ liegt in  Agonie darnieder und reagiert reflexhaft mit Gewalt und Propaganda auf die sich verschärfenden Krisen. Die bestehenden Strukturen sind inzwischen so marode, dass sie vermutlich selbst mit gutem Willen, der innerhalb des Machtapparates nirgends zu erkennen ist, nicht reformierbar wären. Zudem fehlt es zwischen Demonstrierenden und System an vermittelnden Institutionen und Akteuren.

Vor einem ähnlichen Dilemma standen die Aktivist*innen des Arabischen Frühlings schon vor knapp zehn Jahren; seitdem hat die Situation sich keineswegs verbessert. Ganz im Gegenteil haben die meisten Staaten der Region weiter abgewirtschaftet und sind de facto bankrott. Die Gesellschaften sind tief gespalten in zwei sich zunehmend unversöhnlich gegenüber stehenden Lager: Die Gegner*innen der herrschenden (Un-)Ordnung und deren überall schrumpfende Anhängerschaft. Letztere verfügt zwar über Waffen, Geld und den erklärten Willen zum unbedingten Machterhalt, hat in den Augen großer Teile der Bevölkerung aber jedwede Legitimität verloren. Währenddessen fällt es den Apparaten zunehmend schwerer, ihr Klientel mit finanziellen und anderen Gratifikationen bei der Stange zu halten.

Trotz der Schwäche der alten Systeme gibt es aber keine guten Perspektiven für die Protestbewegung. Sie steht weitgehend isoliert da, mit nennenswerter Solidarität oder gar Unterstützung aus der sogenannten internationalen Gemeinschaft  kann sie nicht rechnen. Wer sich außerdem, ob gewollt oder nicht, mit dem Iran anlegt, hat es mit einem Gegner zu tun, der um Macht und Einfluss zu bewahren, zu allem bereit scheint. Auch wenn sich die Demonstrierenden im Irak den Sicherheitskräften und Milizen bisher eindrucksvoll entgegenstellten, wird ihr Widerstand nicht ewig währen. Einfach nur gewaltsam niederschlagen lässt diese Protestbewegung sich, wie die letzten Wochen gezeigt haben, aber auch nicht. Das wissen die Machthaber. Eine Rückkehr zum bisherigen Status quo scheint somit ebenfalls undenkbar. „

Schon bei den letzten Wahlen 2018 im Irak ergaben sich interessante neue Bündnisse neben der dominanten Dawa-Partei. Der islamistische Schiitenführer Muktadar al Sadr setzte durch, dass seine islamistische Partei der Aufrechten ein Bündnis mit der atheistischen Kommunistischen Partei Iraks einging. Die KPI war vor allem in den 50 er und 60er Jahren sehr stark, dass die Sowjetunion schon hoffte, dass der Irak kommunistisch würde, aber die panarabische Baathpartei Saddam Husseins zerschlug dann unter Mithilfe der US-amerikanischen CIA die KPI, weswegen sie zu einer marginalen Existenz verdammt wurde. Nach dem Zusammenbruch der kommunsitischen Sowjetunion sollte sich ihre Bedeutungslosigkeit noch beschleunigen.

Um noch etwas Aufmerksamkeit zu erhaschen, schwenkte die KPI als erstes ihre Fahne, als US-Truppen fernsehgerecht in Baghdad einmarschierten und die Statue Saddam Husseins stürzten. Bevor die US-Truppen die US-Fahne über die Statue hängten, prangte als erstes die rote Fahne der Kommunisten.Infolge der sich verschärfenden Wirtschaftskrise, der konfessionellen Spannungen, der zunehmenden Korruption, des Aufkommens des IS und dem zunehmenden Einfluß des Irans auf die irakische Politik erstarkte die KPI wieder etwas, wenngleich sie immer noch eine recht kleine Parteiu bleibt.Jedoch hat sie einen guten Ruf unter den armen Schichten des Iraks als soziale, nationale und nicht korrupte Kraft, die sich zudem gegen ausländische Beeinflußung, sei es durch die USA oder Iran ausspricht.

Genau dieses Image will sich der islamistische al Sadr und seine Partei der Aufrechten nun zunutze machen, indem der schiitische Islamist nun ein Bündnis mit der atheistisch-säkularen KPI eingehen will.Während die KPI säkular, für Frauengleichberechtigung, Trennung von Religion und Staat eintritt, steht Muktadar al Sadr für das exakte Gegenteil, bis hin zum Verbot von Alkohol und Zigaretten. Al Sadrs soziale Basis deckt sich zum Teil mit dem der KPI: Die armen Slums in Ost-Baghdad (Sadr City), Hilla, Amara and Basra nebst anderen Städten. Aber er hat auch eine breite ländliche Basis, über die die mehr urbane KPI nicht verfügt.KPI und die Partei der Aufrechten haben die soziale Basis gemeinsam, wie sie auch national und antikorrupt sind.Muktadar el Sadr möchte gerne einen islamistischen Schiitenstaat unter seiner Kontrolle, der aber von den proiranischen Kräften und dem Iran unabhängig ist, weswegen er auch wie die Dawapartei neuestens von Saudiarabien umgarnt und unterstützt wird.

Dem Iran wiederum passt dies überhaupt nicht.Ali Akbar Vilayeti, ein Berater von  Irans Obersten Geistigen Führer Ali Khamenei kündigte bei seinem Besuch in Baghdad im Februar an, dass der Iran niemals wieder ein Erstarken von Säkularen, Liberalen und Kommunisten im Irak zulassen würde.Al Sadrs neues Bündnis mit der KPI setzt nun dazu einen antisektiererischen, antiiranischen Kontrapunkt.

Was sich die KPI ausmalt, ist fraglich. Das Bündnis dürfte mehr al Sadr nützen als der KPI–sie dient ihm nur als Lockköder. So neu sind solche Bündnisse auch nicht. Die kommunistische Tudehpartei im Iran hatte sich 1979 auch mit Ajatollah Khomeini verbündet, da sie in ihm wie auch die Sojwetunion eine antiamerikanische und antiimperialistische Kraft sah, um den Schah zu stürzen. Khomeini einmal an der Macht, zerschlug dann die Tudehpartei, errichtete seinen Gottesstaat und ließ die Kommunisten, Säkularen und Liberalen in die Folterkeller verbringen und sie massenhaft erschießen.Die KPI ist für den schiitischen Islamisten Al Sadr ein nützlicher Idiot und Steigbügelhalter, der auch säkulare Kräfte für seine Liste mobilisieren will, in der trügerischen Hoffnung al-Sadr würde sie nach einer Machtergreifung tolerieren.Vorerst ist er aber dazu nicht stark genug, weswegen sich diese Frage akut auch nicht stellt.

Auch eine interessante Entwicklung im Irak kurz nach frm Bündnis mit der KPI: Muktadar El-Sadrs überkonfesionelles Sarunbündnis hatte schon im Juni 2016 eine Koalition mit der proiranisch-schiitischen Fatahfront aufgemacht und die schiitisch-prowestlich-säkulare dritte Partei , die aus Abedis Dawa hervorging verschmäht.Vielleicht auch Resultat der Kündigung des Irandeals und der Jerusalementscheidung der USA . Auf die Regierungserklärung und die Positionierung der neuen Regierungskoalition darf man gespannt sein. Wird Muktadar el-Sadr jetzt antiamerikanisch/antiisraelisch, obwohl ja gerade Saudiarabien ihn und die Dawa und ihre Nachfolgerorganisationen als Hoffnungsträger gegen Iran gesehen haben und stabilisert er dadurch den Irak oder destablisiert er ihn? Wird er so proiranisch wie sein neuer Bündnispartner? Wie reagieren die USA, SA, Israel und die Golfstaaten auf el Sadrs neue Koalition, die zum einen Kommunisten, Kurden, überkonfessionelle und säkulare Kräfte beinhaltet, zum anderen aber eben auch die proiranisch-stramm schiitische Fatah? Wie geht das zusammen? Oder muss er da als charismatischer Integrierer, der auf einen irakischen Nationalismus besteht sich etablieren? Oder will er im Windschatten des Irans sich seiner säkularen und sunnitischen und kurdischen Verbündeten entledigen und seine eigene islamistische Herrschaft aufmachen? Oder wird er eher als Zentrist zwischen den verschiedenen Fraktionen vermitteln und sich als Vermittler und unentbehrbarer Einiger positionieren und versuchen eine nationalistische Neutralität des Iraks zwischen Iran und USA zu verfolgen?Oder erhoffte er sich wie Kim und Putin auch noch ein Treffen mit Trump auf Augenhöhe, was ja lächerlich sein dürfte  Auch unklar, wie die Bidenregierung nun darauf reagieren wird.. Jedenfalls durchaus möglich, dass der Irak zum neuen Schlachtfeld der US-amerikanisch-iranischen Auseinandersetzung wird, insofern sich die neue Koalition nicht genug nach den Wünschen der USA oder des Irans positioniert, da es ja nicht einfach ist eine Neutralitätsposition durchzuhalten, die sich aus dem Konflikt zwischen beiden heraushalten können.Zudem angesichts der depseraten witrhscfaftlichen und politischen Lage dahingestellt, ob el-Sadr und sein neues Regierungsbündnis Verbesserungen bewirken können oder es nicht wieder zu Massenprotesten kommt und inwieweit er mehr einen schiitischen Islamismus oder irakischen Nationalismus ideologisch vertritt.

Eine der Kräfte und Parteien, die die Wahl boykottierten, war jedoch die Irakische Kommunistische Partei. Die Partei behauptet auch eine noch geringere Wahlbeteiligung als die gemeldeten 41%. Ihren Angaben zufolge waren die vorgezogenen Parlamentswahlen im Irak am 10. Oktober 2021 durch eine sehr niedrige Wahlbeteiligung von etwa 20 % gekennzeichnet, was die Tatsache bestätigt, dass die irakischen Wähler kein Vertrauen in ein Wahlsystem haben, das darauf ausgelegt ist, das korrupte ethno-sektiererische Machtteilungssystem, das nach dem US-Krieg und der Besetzung des Landes im Jahr 2003 installiert wurde zu erhalten. Die Irakische Kommunistische Partei, die den Volksaufstand im Oktober 2019 aktiv unterstützte, hatte betont, dass vorgezogene Wahlen eine der Hauptforderungen des Aufstands seien, die darauf abzielen, einen radikalen Wandel herbeizuführen, das Land von der ethnisch-sektiererischen Machtteilung und politischen Sektierertum zu befreien und Perspektiven für die Errichtung eines bürgerlich-demokratischen Staates und sozialer Gerechtigkeit zu eröffnen .

Es gab jedoch wachsende tiefe Besorgnis über verschiedene Aspekte des Wahlprozesses, einschließlich eines fehlerhaften Wahlgesetzes. Es wurde vom Parlament geändert und sollte den Interessen der Herrscher und herrschenden Blöcke dienen. Der Wahltermin wurde auf Antrag der sogenannten „unabhängigen“ Wahlkommission vom 6. Juni auf den 10. Oktober 2021 verschoben. Der Stimmenkauf begann früh, korrupte Politiker und ihre Parteien gaben mangels echter Kontrollen verschwenderisch Geld aus . Das Parteiengesetz, das solche Praktiken verhindern und politischen Parteien mit bewaffneten Formationen die Teilnahme an Wahlen verbieten soll, wurde nicht umgesetzt. Es wurden keine wirksamen Maßnahmen ergriffen, um eine Wiederholung der beschämenden Manipulation und Manipulation des Abstimmungsprozesses zu verhindern, die frühere Wahlen beeinträchtigt hat. Die tatsächliche Wahlbeteiligung bei den letzten Parlamentswahlen im Jahr 2018 lag bei etwa 20 %, während sie offiziell 44,5 % betrug.

Eine sehr wichtige Forderung der Protestbewegung und auch der irakischen Kommunisten war, dass die Täter der Tötungen von mehr als 700 friedlichen jungen Demonstranten während des Oktoberaufstands vor Gericht gestellt werden müssen. Doch die im Juni 2020 nach dem Sturz seines Vorgängers Adel Abdul-Mahdi durch die Protestbewegung eingesetzte Übergangsregierung von Mustafa al-Kadhemi hat ihre Versprechen nicht gehalten. Angesichts dieser Situation hat die irakische Kommunistische Partei nach Durchführung eines internen Referendums aller ihrer Parteimitglieder und Organisationen im Juli 2021 ihre Entscheidung zum Boykott der Wahlen erklärt. Sie warnte auch davor, dass die Blockierung des Weges zu einem friedlichen demokratischen Wandel durch freie Wahlen die politische Krise nur verschärfen und die Tür für schwerwiegende Folgen öffnen würde, die den Bürgerfrieden gefährden würden. Die Machthaber werden dann die volle Verantwortung dafür tragen, das Land in den Abgrund zu treiben. Allerdings scheint die KPI zu denken, dass jede neue Regierung an den alten Strukturen scheitern wird und da die KPI dann nicht für die Fortsetzung der desaströsen Strukturkrise verantwortlich gemacht wird, die Massen dann zur KPI strömen, vielleichr Revolution möglich wird , die die alten Strukturen zerschmettert und eine neue Gesellschaft und einen neuen Irak hervorbringt. Aber in diesem Fall ist es wahrscheinlich, dass die alten Mächte und die irakischen und pro-iranischen Islamisten, einschließlich Mukatadar el-Sadr, die KPI in einem nachhaltigen Blutbad unterdrücken und zerschlagen werden, ähnlich wie Saddam Hussein oder wie General Suharto damals drittgrößte kommunistische Partei der Welt, die Kommunistische Partei Indonesiens im Jahr 1965.

Im folgenden noch ein Ausschnitt und Vorabdruck aus einem Interview, dass Global Rveiew mit Thomas von der Osten-Sacken in voller Länge veröffentlichen wird nach seiner Irakreise.

Global Review: Wie beurteilen Sie die Wahlergebnisse im Irak, auch unter Hinsicht auf niedriger Wahlbeteiligung, Legitimität der Regierung und der Tatsache, dass der Islamist Muktadar El Sadr scheinbar Wahlsieger wurde?  Wie sind die Ergebnisse konkret ausgefallen und wer trat nicht an und boykottierte die Wahlen?Inwieweit werden die USA und Iran versuchen die Regierungsbildung zu beeinflussen und wer sind ihre präferierten Kandidaten? Ist eine neue Regierung unter el-Sadr eine Perspektive für etwaige Verbesserungen der irakischen Verhältnisse oder eher Teil des Problems?

Thomas von der Osten-Sacken: Das wichtigste Ergebnis der Wahlen dieser Wahlen scheint die extrem niedrige Wahlbeteiligung zu sein, die überwältigende Mehrheit, fast 60%, blieb den Urnen fern. Dies ist ein alarmierendes Zeichen angesichts sehr hoher Wahlbeteiligung nach dem Sturz Saddam Husseins. Viele aus der Protestbewegung haben zum Boykott aufgerufen, ehemalige Reformparteien, wie Goran in Kurdistan, die inzwischen Teil des Establishments sind, haben krachend verloren. Dies ist ein klares Zeichen, dass die Mehrheit der Irakis keine Hoffnungen mehr in die regierenden Parteien legt. Natürlich haben dadurch diejenigen gewonnen, die ihre Anhängerschaft mobilisieren konnten, also vor allem der Safr-Block und Nuri al-Maliki. Die ganz Iran treuen Parteien dagegen haben ebenfalls Verluste hinnehmen müssen. Sadr ist eine Art Hybrid-Figur, er hat anfangs zum Beispiel die Protestbewegung unterstützt und nutz eine sehr nationalistische Sprache, die sich nicht nur gegen die USA sondern oft genug auch den Iran richtet. Zugleich unterhält er gute Beziehungen mit Teheran, gilt aber als viel weniger korrupt als die anderen Parteiführer. Bei den letzten Wahlen vor drei Jahren trat er ja sogar in einem Bündnis mit den Kommunisten an. Sicher kann man ihn als Islamisten bezeichnen aber er ist eine sehr schillernde Figur, die viele Elemente in sich vereinigt und eben kein Befehlsempfänger des Iran.

Interessant ist, dass, wo sie antraten, unabhängige Kandidaten sehr gut abschnitten. Auch die Parteien, die stark im sunnitischen Dreieck sind, haben gute Ergebnisse erzielt, was zeigt, dass dort, wo nach 2003 das neue System vehement abgelehnt und bekämpft wurde, sich ein Sinneswandel vollzogen hat.

Die USA wollen nur noch raus aus dem Nahen Osten, eigentlich spielt für sie nur noch der Kampf gegen den IS eine Rolle. Der Iran wird wie üblich versuchen so viel Einfluss wie möglich zu nehmen, aber diese Wahl ist auch eine, die zeigt, dass so viele Irakis diese Einmischung ablehnen und deshalb die Wahlen boykottiert haben. Die geringe Wahlbeteiligung wurde in ersten Statements verschiedener Politiker als Warnung verstanden, auch wenn deshalb nicht viel passieren dürfte. Dafür ist das politische Establishment zu korrupt. Ich denke, es wir wieder zu einer Regierung nach monatelangen Koalitionsverhandlungen kommen, in der eine Vielzahl von Parteien vertreten sein wird. Insgesamt werden diese Wahlen aber sehr wenig an der desolaten wirtschaftlichen und sozialen Lage im Land verändern


[i][i] Dr. Roel Meijer (in consultation with Laila al-Zwaini): „Citizenship rights and the Arab Uprisings“.  The Hague 2015. S. 34.

[ii] Balsam Mustafa : „Women in Iraq are rising from the ashes of war to join protestors calling for political change“. The Independent 05.11.2019

[iii] Mustafa Habib: „Iraq’s Young Protestors ‘Have Nothing Left To Lose’“. Niqash, 06.10.2019

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