Aufbruch: CDU bald ohne C?

Aufbruch: CDU bald ohne C?

Im Rahmen der Erneuerungs- und Aufbruchsdiskussion bei den Christunionisten , gibt es nun Stimmen, die meinen, man solle angesichts der Säkularisierungstendenzen in der Gesellschaft auf den Titel „christlich“ verzichten. In einem Gastkommentar in der FAZ vom 4.2. 2022 kritisiert diesThomas Rachel (CDU) Sprecher für Kirchen und Religionen der Unionsfraktion im Bundestag. Christlich sei inklusiv, vereinige als Mitte konservative, liberale und soziale Gruppen und grenze sich nach rechts ab. Ein Verzicht auf das C wäre politisch gesehen eine ideologisch-dogmatische Verengung:

„Schafft die CDU das C ab, schafft sie sich selbst ab

Das C macht CDU und CSU so attraktiv wie nie zuvor – gerade weil wir in Zeiten von Werteverfall und gesellschaftlicher Orientierungsnot leben. Ein Gastbeitrag des kirchenpolitischen Sprechers der Unionsfraktion.Das C im Parteinamen der Christlich-Demokratischen Union stand nach 1945 für die tiefe Sehnsucht nach einem politischen Neubeginn im Zeichen von Frieden, Menschenwürde und Humanität, inspiriert vom universalen Geist der biblischen Botschaft und ihres Zeugnisses von der Gottesebenbildlichkeit des Menschen. Aber wie steht es heutzutage um die Geltung des C?

Unsere Gesellschaft ist heterogener, das weltanschaulich-religiöse Spektrum breiter und pluraler und der Einfluss der beiden großen Kirchen stetig schwächer geworden. Einige wollen nun daraus ableiten, dass die Union auch das C im Parteinamen neu überdenken sollte. Zuletzt der Mainzer Historiker Andreas Rödder, selbst CDU-Mitglied. Er behauptet, dass das C „in einer zunehmend entchristlichten Gesellschaft“ immer mehr „als Barriere für Nichtchristen“ empfunden werde und darum eine „Flurbereinigung in der Namensfrage“ vorgenommen werden könne.

Einer solchen Idee ist jedoch grundlegend zu widersprechen. Wenn Andreas Rödder vom C als einer „Barriere für Nichtchristen“ spricht, unterliegt er einem grundlegenden Missverständnis: Das C ist aufgrund seiner universalen Botschaft weltanschaulich gerade nicht exklusiv, sondern plural anschlussfähig, inklusiv und integrativ. Es ist gerade in Zeiten von Werteverfall und gesellschaftlicher Orientierungsnot so attraktiv wie nie zuvor, nicht zuletzt auch für Konfessionslose und Andersgläubige.

Das C bildet den zentralen Markenkern und das Alleinstellungsmerkmal derUnionsparteien und nicht nur einen „Namenszusatz“. Erst die brückenbauende und pragmatisch-konsenssuchende Grundorientierung durch das C schafft den wahren Ausgleich der unterschiedlichsten Interessen und Positionen. Das C war und ist niemals Ausdruck einer politisch-ideologischen Doktrin, sondern einer lebendigen Werte- und Geisteshaltung, die aufgrund ihres verbindenden Menschenbildes und ihres verbindlichen Freiheitskonzeptes (Freiheit in Verantwortung) bleibend attraktiv ist. Dieses christliche Menschenbild, dem sich die Unionsparteien verpflichtet wissen, ist Selbstverpflichtung und „Stachel im Fleisch“ (Richard von Weizsäcker).

Das C inspiriert zu Maß und Mitte

Das C sorgt dafür, dass auch in der Politik die Endlichkeit, Vorläufigkeit und Fehlerhaftigkeit unserer menschlichen Natur nicht in Vergessenheit gerät. Das Grundsatzprogramm der CDU von 2007 beschreibt deshalb zu Recht: „Jeder Mensch ist Irrtum und Schuld ausgesetzt“. Darum inspiriert das wohlverstandene C auch heute noch zu einem Politikverständnis, das sich nicht an utopischen Idealen einer perfekten Welt mit moralisch perfekten Menschen orientiert, sondern in verantwortlicher Weise nach den jeweils bestmöglichen Lösungen sucht, realitäts- und menschennah sowie mit Maß und Mitte.

Auch die Soziale Marktwirtschaft ist Ausfluss des christlichen Menschenbildes, weil sie den Menschen weder marktliberal überhöht noch kollektivistisch-sozialistisch erniedrigt. Mit ihr ist die Versöhnung von Kapital und Arbeit gelungen. Heute gilt es, das Versprechen „Wohlstand für alle“ mit der Bewahrung der Schöpfung und konsequentem Klimaschutz zu verknüpfen. Das C setzt klare Impulse auch in allen gesellschaftspolitischen, bioethischen und menschenrechtlichen Fragen: Wie schützen wir die Würde des Menschen am Anfang und am Ende des Lebens? Wie definieren wir eine Gesellschaft der Freiheit im 21. Jahrhundert, die aber auch um ihre Sozialbindung, Solidarität und Verantwortung für die Ausgegrenzten, Armen und Schwachen weiß?(…)“

https://www.faz.net/aktuell/politik/inland/cdu-und-csu-das-c-ist-identitaetskern-der-union-17776728/thomas-rachel-cdu-ist-17777475.html

Gute Frage:Sollte sich die CDU umbenennen und das christlich streichen angesichts der Säkularisierungstendenzen in der Gesellschaft und der Nähe zu den durch die sexuellen Missbrauchsskandale erodierenden und mitgliederverleirenden christlichen Kirchen? Fühlen sich Atheisten, Agnostiker, Nichtkonfessionelle, Esoteriker, Buddhisten ; Muslime, Neoheiden,ausgegrenzt durch das C? Mein Bauchgefühl sagt mir ,dass das der CDU und CSU nicht soviel nützen würde, da Kontinuität doch einen gewissen konservativen Kern ausmacht und alles andere als opportunistisches Anbietern an den Zeitgeist und nicht unbedingt als Modernisierung empfunden würde. Zumal die Unionisten ja nicht nur fürs C steht und es mehr als genug Nichtkonfessionelle gibt, die auch CDU und CSU wählen und sei es nur wegen ihrer Witrschaftspolitik. Auch wäre die Frage, welchen neuen Namen sie dann kreieren würde und ob der besser ankäme. Auch davon hängt viel ab, zumal die angestrebte Erneuerung ja auch noch offen ist und ob dann Name und Parteiprogramm zusammenpassen und was man ändern solle. Umgekehrt gab es nur 2 konservative Parteien weltweit,die sich christlich nennen. Die CDU/CSU und die Democracia Christiana in Italien,die aber schon Geschichte ist und von Parteineugründungen wie Berlusconis Forza Italia, Lega (Nord) und Fratelli Italia beerbt wurde, wenngleich mit teils anderen, zumal rechtspopulistischen und teils faschistischen Inhalten. Aber hätte eine Namensänderung den Niedergang der DC aufhalten können? Wohl nicht. .Scheinbar befürchtet man das auch für die Christenunion. Aber Thomas Rachel hat wohl recht, dass das Streichen des christlich aus dem Programm alleine auch noch nicht eine Erneuerung darstellen würde. Zumal man dann auch über die Notwendigkeit eines christlichen Menschenbildes diskutieren müsste, was zu einer endlosen Kulturkampfdebatte führen würde. Vielleicht wäre diese aber auch belebend.

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