Kampf um Eurasien-Bloody Part II: Palmwedeln in der Mitte und Kampf an den Flanken: Schröders Afrikakorps in Ägypten und Rußlands Krieg in Tschetschenien

Kampf um Eurasien-Bloody Part II: Palmwedeln in der Mitte und Kampf an den Flanken: Schröders Afrikakorps in Ägypten und Rußlands Krieg in Tschetschenien

Vorwort

In den Kriegsausgaben des Streitblatts stellten wir den Krieg im Kosovo als geopolitische Implikation der Entstehung von Großwirtschaftsräumen infolge kapitalistischer Konzentrationsprozesse (EU, APEC, NAFTA,GUS,u.ä.), dem wachsenden Energiebedarf Asiens und als Kampf um den Krisengürtel von Marrokko bis zum Indischen Ozean (General Naumann) dar, der zudem mit dem Energiegürtel des 21. Jahrhunderts im wesentlichen zusammenfällt, wie auch die Transportrouten vom Indischen Ozean/Golf- Suezkanal- Mittelmeer umfaßt (vgl. Weißbuch des Bundesverteidigungsministerium 1994). Dabei wiesen wir auch auf Konkurrenz innerhalb der NATO-Staaten hin. Unsere Voraussage war, daß dieser Krieg , wie auch die Bombardierungen des Iraks, Afghanistans und des Sudans nur die erste Runde bei diesem Kampf um die Neue Weltordnung sind. Wir stellten weiterhin fest, daß der scheinbare Paradigmenwechsel Völkerrecht/Souveränität contra Menschenrecht kein absoluter, sondern im wesentlichen ein taktischer Eingriffstitel ist. Die Ereignisse bisher bestätigen unsere Voraussagen.

Postkosovo-NATO in der Diskussion

Der NATO-Sieg im Kosovo hinterläßt auch bei den NATOstaaten eine Katerstimmung. Viele Schwächen und Differenzen wurden sichtbar, die bei zukünftigen Waffengängen des Bündnisses fatale Folgen haben könnten.

NATO-Oberbefehlshaber Wesley Clark äußerte in einem Interview: Hätte Milosevic noch ein paar Wochen durchgehalten, die NATOfront wäre gebröckelt. Nicht nur die Glaubwürdigkeit der NATO wurde hiermit relativiert. Auch der Preis der Glaubwürdigkeit der NATO hinterließ bei Betrachtung der Erfolgsbilanz viele negative Bilanzposten. Sei es die Ziel-Mittel-Relation, wie auch die Funktionsfähigkeit. Neben dieser Sorte technisch-organisatorischer Kritik (Mangelnde Interoperabilität, mangelnde europäische Säule, etc.) stand aber auch handfeste politische Kritik im Zentrum der Repliken:

1) Totalität contra mangelnder Entschlossenheit: Wer A sagt, muß auch Bodentruppen sagen.

Wenn man in einen Krieg gehe, dann müsse man auch zum totalen Krieg bereit sein, zumindestens geschlossen nach außen damit drohen. Alles andere sei Schwäche, die den Feind erst ermutige. Ebenso müsse man auch alle Optionen und Eventualfälle ZUVOR bedenken, wie auch deren Implikationen. Während General Naumann in einem FAZ-Kommentar vor allem die militärische Seite analysiert, kritisiert Kissinger dies mehr von der politischen Seite: Wenn schon, denn schon – aber ist es das wert angesichts der politischen Kollateralschäden: Verärgertes China und Rußland, zumal diese ja langfristig Partner sein sollen.

2) Interessensdifferenzen innerhalb der NATO/ EU contra USA: Unentschlossene Deutsche, französische Sonderwege, Großbritannien als Mittler zwischen EU und USA

Dieser normativen Kritik eines Sollen in Form NATO-kategorischer Imperative widersprechen faktische Ereignisse, die aufgrund ihrer Schwere Folgen für die weiteren Diskussionen innerhalb der NATO haben dürften:

a) Während des Krieges wurde lanciert, daß Serbien vorab von Bombenzielen informiert worden sei. Wer war das Leck? Die bezeichnende Reaktion der USA: Frankreich wurde kurzfristig aus der Informationskette ausgeschlossen, nachdem schon einmal Monate zuvor ein französischer NATOmilitär der „Leakage“ für die Gegenseite angeklagt wurde, worauf sich Jospin distanzierte. Ebenso wie Frankreich Großbritannien als trojanisches Pferd der USA in der EU betrachten, so sehen umgekehrt die USA Frankreich als trojanisches Pferd für französisch-eurasische Sonderwege ( Frankreich- Serbien- Rußland- China- Iran- mit Hoffnung auf Deutschland als zu gewinnender Partner). Die Österreichische Militärzeitschrift kommt denn auch zu dem Schluß, daß Frankreich seinen Gaullismus lediglich modernisiert hätte wegen Isolationsgefahr und eben nicht mehr außerhalb, sondern innerhalb der NATO dafür werbe.

b) Rußland besetzte ohne Vorwarnung den Flughafen von Pristina. Deutschland und Frankreich zuckten zusammen. Schon während des Krieges waren sich Schröder, Fischer, Scharping, Stoiber, Schäuble einig gegen den Einsatz von Bodentruppen und versuchten das zunehmend verärgerte Rußland samt China wieder ins Boot zu holen. Mit der Besetzung des Flughafen von Pristina drohte nun eine direkte Eskalation zwischen NATO und Rußland. Der amerikanische NATO-Oberbefehlshaber Wesley Clark wollte NATOtruppen gegen die Russen einsetzen. Zuständig hierfür wären britische Einheiten gewesen. Während Großbritannien gegen Serbien noch die aggressivste Variante von Bodentruppen befürwortete, so verweigerte London gegen Rußland den amerikanischen Oberbefehl. Der operativ zuständige britische Befehlshaber verkündete nach Rücksprache mit der Downing Street: „Wegen der USA riskiere ich keinen 3. Weltkrieg mit Rußland“. Diesen Vorfall bezeichnete auch General Naumann in seinem FAZkommentar als schwerwiegenden Vorgang- auch mit Hinblick auf die NATO-Osterweiterung.

Die vorzeitige Absetzung Wesley Clarks, die Ernennung des Briten Robertson zum neuen NATO-Generalsekretär sollen da die Punkte 1) und 2) kitten ( Volle Entschlossenheit der NATO /Großbritannien für Bodentruppen gegen Serbien bei gleichzeitiger Wahrung europäischer Interessen/ britische Befehlsverweigerung bei Konfrontation gegen Rußland). Bezeichnend ist, daß NATO-Generalsekretär a. D. Solana zum Mr. GASP der EU avancierte. Damit ist er zwar lange noch kein Außen- oder Verteidigungsminister Europas, aber wichtiges Bindeglied und Schnittstelle zur Abstimmung von NATO- und EUerweiterung, wie auch für den Ausbau einer europäischen Säule innerhalb der NATO.

Als Spanier soll er Differenzen zwischen Deutschland, Frankreich, Großbritannien und USA vermitteln.

c) Ob die Bombardierung der chinesischen Botschaft nun Zufall war oder nicht, wird sich erst in einigen Jahrzehnten herausstellen. Zumindestens fühlen sich Rußland und China sukzessive von der NATO, aber im speziellen von den USA gedemütigt. Der Bruch des 2+4-Vertrages, die Vorgehensweise bei der NATO-Osterweiterung, die Bombardierung des Iraks infolge des Butlerberichts , das Übergehen der UNO, der Beginn der Bombardierung Jugoslawiens, gerade als der rußische Außenminister in die USA flog, die Bombardierung der chinesischen Botschaft, der Befehl Wesley Clarks gegen rußische Truppen vorzugehen-da machten Frankreich und die BRD und im letzten Fall Großbritannien nicht mehr mit. Zumal sich so ermuntert sezessionistische Konflikte wie etwa Pakistan/Indien um Kaschmir oder zwischen Taiwan/VR China anschlossen, wie auch die Indonesienkrise forciert wurde. Die Ablehnung des ABMvertrages durch den US-Kongreß, die Fortsetzung des Starwarsprogramms im taktischen Bereich, die Ankündigung einer zweiten NATOerweiterungsrunde werden von Rußland und China als Hegemonialstreben der USA perzipiert. Zumal auch der aussichtsreichste republikanische Kandidat für die kommenden US-Präsidentschaftswahlen, George Bush jr. offen äußerte, daß man China nicht als strategischen Partner, sondern vor allem als kommenden Konkurrenten der USA betrachten solle. Die strategische Allianz zwischen den USA und der VR China ist vorerst lädiert, Rußland und China näherten sich weiter an, wie auch die Europäer enger mit Rußland und China zusammenrücken. Im speziellen Fall des Iran setzen sich zudem Deutschland, Frankreich und Italien für eine Annäherung an. Der Schröderbesuch in China, die Öl- und Gasverträge zwischen Gazprom, BASF und Ruhrgas, das Bestreben der Deutschen die Russen und Chinesen wieder ins Boot zu holen, folgen nun die Besuche von Jiang Zemin in Italien, Frankreich, Großbritannien , Portugal, der Schweiz (parallel zu den Besuchen des Iran Chatamis in Frankreich) und Schröders Asienreise.

d) In der Postkosovozeit kommt es auch zu Gerangel innerhalb der EU: Deutschland wurde mittels Bodo Hombach und KFOR-Bundeswehrgeneral Reinhardt die politische und militärische Führungsrolle von EU und NATO auf dem Balkan zugeordnet, aber Großbritannien und Frankreich scheinen sich dafür Vorteile bei der Reform der EU-Kommission unter Prodi erzielt zu haben, wie die FAZ heftigst kritisiert. Zumal sich Großbritannien momentan als Schnittstelle Asien/Europa/USA präsentiert- als neotrilateraler Vermittler sozusagen. Die deutsch-französische Antwort: Fusion von Daimler mit Aerospitale/ Matra, zugleich aber auch Beteiligung deutscher Truppen beim multilateralen Manöver Bright Star in Ägypten.

Die EUgroßmächtetriade Deutschland-Frankreich-England bleibt da in dynamischer Wechselkonkurrenz untereinander erhalten.

Die nächste Rundes beim Kampfes um Eurasien

Die letzten Monate stiegen die Fusionwellen in immer höherem und schnellerem Maße an. Die Konkurrenz steigert sich beschleunigt. Immer riesigere Bankengruppen, Ölkonzerne, Rüstungs-, Auto- und Raumfahrtgruppen, u.ä. entstehen. Nach dem Vorschlag Schremps der Errichtung einer Transatlantischen Freidhandelszone folgte nun am Rande der ASEAMkonferenz von Singapur der Vorschlag, eine euroasiatische Freihandelszone zu errichten.

Schröders Vorstoß, China bei der WTO, wie aber auch in der G 8 Einlaß zu verschaffen, zeigt den Kampf um die Ausrichtung der Großwirtschaftsräume. NATO- und EU-Erweiterungsrunden stehen an. Die Kontrolle des Krisengürtels von Marroko bis zum Indischen Ozean (und darüber hinaus) entbrennt immer weiter.

Die nächste Runde des Kampfes um Eurasien wird nun scheinbar in dem Streifen von Nordafrika bis zum Kaukasus ausgetragen. Ägypten, Äthiopien, Israel, Türkei, Aserbeidschan und Georgien gelten da als wichtigste Player der USA. Iran wird umworben. Irak, Lybien, Eritrea, Sudan, Syrien, Libanon, Armenien gelten als potentielle nächste Schlachtfelder. US-Verteidigunsminister Cohens Nahostreise fällt zeitlich zusammen mit der Fusion von Total/Elf, welche mit der VRChina und Rußland milliardenschwere Investitionen im Irak und im Iran hat. Jiang Zemins und Chatamis Frankreichbesuche stehen in diesem Zusammenhang. wie auch von Daimler und Aerospitale, dem sich die spanische Casa anschließen möchte- ein deutsch-französischer Megakonzern.

Zum einen ist Cohens Nahostreise eine Rüstungspromotiontour, wie sich auch bei der Nachfrage der Türkei nach deutschen Leopardpanzern zeigt. Aber vor allem wird hier die nächste Eurasienrunde eingeleitet:

Die NATO überlegt eine zweite Erweiterungsrunde vorzunehmen, wie auch regionale Anbindungen vornehmen.

Dies bezieht sich zum einen Richtung Osten, aber ebenso auf Mittleren Osten und Kaukasus.

Golfregion & Kaukasus – die östliche Flanke

Nachdem sich bei der Energiekonferenz in Dallas 1998 die Türkei als Ordnungsmacht für den Kaukasus präsentierte, und ihr Militär nun „modernisieren“ will, äußerte schon Aserbeidschan während des Kosovokrieges NATOmitgliedswünsche. Eine Pentagondelegation stattete daraufhin einen Besuch ab. Infolge des Tschetschenienkrieges zieht Georgien nach: Es wolle auch in die NATO. Rußland sieht hierin eine Herausforderung und hat seine Strategie geändert: Regional konventionell, aber zugleich droht es bei Überbeanspruchung seiner konventionellen Kräfte mit dem begrenzeten Einsatz von Nuklearwaffen, wie auch dem Einsatz von C3-Waffen, die die Kommunikationssysteme brachlegen sollen. Desweiteren werden BC-Aufrüstung forciert, wie auch NATOopponenten als verzweifeltes Gegengewicht aufgerüstet. Als Antwort auf den Kosovokrieg und NATOerweiterungspläne hat es nun den Tschetschenienkrieg entfacht, um sich im Kaukasus zu positionieren.

Der Tschetschenienkrieg scheint weniger das Resultat islamistischen Bombenterrors, zumal es keine klaren Bekenner gibt, ja sogar Distanzierungen. Ebenso besteht die Möglichkeit, daß die Bomben von rußisch interessierter Seite selbst gelegt wurden, um die innenpolitische Krise zu neutralisieren, wie auch einen Vorwand für die Eroberung Tschetschiens zu haben. Denn die Weigerung Rußlands nach dem 1. Krieg die Unabhängigkeit Tschetscheniens anzuerkennen und die Lösung dieser Frage bis 2001 zu vertagen, wie auch das jetzige, zügige Vorgehen erscheint mehr auf eine schon längst geplante Aktion hinzuweisen. Die Aufrüstung Armeniens zeigt zudem, daß hier der gesamte Kaukasus im Blickfeld ist, zudem Aserbeidschan und Georgien bei der NATO anklopfen, wie auch nun die Türkei aufgerüstet wird. Diese geht zum einen gegen den Nordirak vor, aber inzwischen bombardierte die Türkei auch iranisches Gebiet – wegen der PKK, die nach der Verhaftung Öcalans momentan geschwächt ist. Analog zum Plan der USamerikanischen Heritage Foundation haben die USA nun die Bombardierungen gegen den Irak wieder aufgenommen, 100 Mio $ und den Sender Freies Irak in Prag für die Opposition zur Verfügung gestellt, wie mit dem militärischen Training der irakischen Opposition begonnen. Die USA lagern zudem überall Waffenausrüstungen in den Golfstaaten ein.

Ägypten – die westliche Flanke

Neben Cohens Rüstungstour, hält Ägypten Ende Oktober 1999 zusammen mit den USA, Großbritannien die größten „Bright Star“-Manöver aller Zeiten ab. Novum: Truppen „erstmals auch aus Deutschland“ (SZ). Schröders Afrikakorps marschiert unbemerkt „NATO-out of area“ während in deutschen Landen heftige Diskussionen um Indonesientruppe wg. UN-Sicherheitsratsitz und Leolieferungen und Menschenrechte bezüglich der Türkei stattfinden.

„Es war deshalb alles andere als ein Zufall, dass William Cohen just zu dem Zeitpunkt in der ägyptischen Küstenstadt Alexandria erschien, als einhundert Kilometer weiter westlich bei El-Alamein das inzwischen größte Militärmanöver der Welt auf seinem Höhepunkt angelangt war. 70 000 Soldaten übten dort den Wüstenkrieg, darunter Truppen aus Ägypten, den USA, Großbritannien und erstmals auch aus Deutschland. Der Irak, sagte der Minister unumwunden, sollte sich genau anschauen, was während des Manövers „Heller Stern“ passiere. Die Militärdoktrin , die dem Manöver seine ideologische Basis gibt, könnte der neuen NATO- Strategie entlehnt sein. Danach ist es ein Ziel der Allianz, Risiken dadurch von Europa abzuwenden, „dass potenziellen Krisen in einem frühen Stadium begegnet wird“. Die Militärpräsenz von NATO-Staaten in der ägyptischen Wüste habe wenig mit dieser neuartigen Doktrin zu tun, hieß es offiziell. Doch es gab auch offenere Worte, etwa die des neuen britischen Verteidigungsministers Geoffrey Hoon. Er sprach von der Wichtigkeit der europäisch-ägyptischen Verteidigungsallianz für eine weltweite Krisenbewältigung.“ (SZ v. 27.Oktober 1999)

Außer der Drohung gegen den Irak, stehen potentiell auch Lybien, Sudan, Eritrea auf der Abschußliste, zumal Eritrea nordkoreanische Militärberater beherbergt, die USA nun Militärberater nach Äthiopien entsandten. Ghaddafis Nachfolge steht die nächsten Jahre ins Haus, wie auch schon jetzt seine Herrschaft bröckelt.

Man vergesse nicht den FOCUSartikel einer angeblichen islamischen Internationale, die Irak, Sudan, Lybien, u.a. vereinige. Mittels Berichten über Giftgasfabriken und Mittelstreckenraketen kann sehr schnell mobilisiert werden – zumal wenn Israel gefährdet zu sein scheint. Da ist schnell der nächste Hitler auserkoren und reflexartig ein weiterer antifaschistischer Krieg angesagt. Der anstehende Lockerbieprozeß gegen Lybien, wie auch die Veröffentlichung bezüglich der Terroraktion gegen die OPECkonferenz in Wien in den 70er Jahren eignen sich als propagandistischer Auftakt gegen den Drahtzieher Lybien hervorragend.

Mittlerer Osten – Palmwedeln vorerst

Zeitgleich begannen Anfang November 99 in Oslo Gespräche zwischen Israel und der PLO, wie auch Gespräche zwischen Israel und Syrien um die Golanhöhen und den Libanon in Gang kommen. Die EU mischt zunehmend mit beim Friedensprozeß, wie dies schon Bundeswehrexperte Christian Hacke und Nahost-Experte Udo Steinbach in der FAZ programmatisch darstellten: Deutschland und die EU sollten nicht länger Juniorpartner der USA im Nahen und Mittleren Osten sein. Die Diskussion um Bundeswehrtruppen als UNOkontingent auf den Golanhöhen kam schon während des Deutschlandbesuches des israelischen Präsidenten Weizmann in Gang und der Besuch einer deutschen Bundeswehrdelegation in Israel (ZDF) zeigt, daß da hinter verschlossenen Türen so manches heikle Thema erörtert wird. Die Veranstaltung „Wann gibt es endlich Frieden?“des Centrums für Angewandte Politikforschung an der Münchner Ludwig-Maximillians-Universität zwischen Vertretern israelischer und palästinensischer Jugendorganisationen ist sichtbarer Ausdruck deutscher Vermittlungsversuche. Die momentane Situation: In Syrien tobt ein Machtkampf zwischen den Gebrüdern Assad, wie auch zwischen Gegnern und Befürwortern einer syrisch-israelischen Einigung. Möglich ist es, daß Syrien und die Palästinenser hingehalten werden sollen, damit an den beiden Flanken eine Flurbereinigung vorgenommen werden kann (z.B. gegen Lybien, Eritrea, Sudan, bzw. gegen Irak, Armenien). Die türkisch-israelische Militärachse dürfte Syrien da eher einschüchtern, zumal Israel allein mit Syrien fertig werden kann. Clinton meinte zumindest, man solle an die Friedensgespräche nicht zu hohe Erwartungen knüpfen. Das heißt: Es wird zumindest ein langwieriger Prozeß. Auch wenn Friedensverhandlungen in der Mitte des Krisenbogens von Marroko bis zum Indischen Ozean stattfinden, bedeutet dies noch lange nicht Frieden an den Flanken. Erinnert sei in diesem Zusammenhang, daß 1979 nach dem Seperatfrieden zwischen Ägypten und Israel (Camp David) der Startschuß für Afghanistaninvasion, ägyptische Drohgebärden gegen Lybien, wie auch den 1. Golfkrieg zwischen Iran und Irak gegeben war und 1982 Israel in den Libanon einmarschierte.

Realpolitik versus Menschenrechtsrealos

Nach der Wiedervereinigung stellten der Golfkrieg und die Balkankriege die wichtigsten Neuaufteilungsetappen dar: Der 2. Golfkrieg war der erste große Krieg der USA seit Vietnam, zumal der erste im Nahen Osten. Deutschland und Japan wurden als Scheckdiplomaten und impotente Weicheier abgewatscht. Mittels der Balkankriege, Deutschlands Vorstoß bei der Anerkennung Kroatiens und Sloweniens, wie auch Genschers WEU- und OSZEinitiative demonstrierte die BRD, daß an ihr vorbei nichts in Europa und in der NATO läuft. Die NATOosterweiterung geht auch im wesentlichen auf deutsche Initiative zurück. Nachdem die USA schon „special relations“ mit Großbritannien unterhielten, wurden diese nach Bushs Rede von 1992 und sukzessive von der Clinton-Administration nun auch Deutschland offeriert. Damit haben die USA und Deutschland die Kräfteverhältnisse in diesem Krisengürtel entscheidend zu ihren Gunsten verändert. Während damals die USA, Großbritannien und Frankreich zusammen marschierten, so haben sich die Konstellationen verändert: Frankreich gilt nun eher als Buhmann und versucht den USA die Vorherrschaft in der NATO abspenstig zu machen, wie auch der Versuch das Südkommando der NATO einem Europäer zu unterstellen. Zudem sympathisiert es mit Iran, Rußland, Serbien und China. Deutschland hängt in militärischen Fragen zwischen Frankreich und den USA, vertraut momentan aber mehr auf die USA, wenngleich es durch die Europäische Rüstungsinitiative und die deutsch-französische Achse in der EU dagegen zu steuern, wie auch Differenzen zwischen Großbritannien und Frankreich oder der USA bezüglich Rußland und Chinas für sich als Spielraum zu nutzen. Doch vorerst ist die WEU oder eine europäische Säule ohne NATO und US-unterstützung nicht denkbar. Daher versucht es , wo es geht sich zu positionieren. Zum einen mit Frankreich im Iran, aber eben mit den USA und Großbritannien in Ägypten. Im Artikel „Trouble with France“ in der Foreign Policy empfiehlt der französische Vordenker auch den Iran als Spielball gegen die USA zu nutzen. Deutschland unterstütze bezüglich des Iraks die USA, aber im Falle des Iran seien die deutsch-französischen Interessen wohl näher.

Um die kommenden Kriege zu verstehen ist es daher wichtig, sie in die kapitalistischen Konzentrationsprozesse (Fusionswellen) mit ihrer Entstehung von Großwirtschaftsräumen, deren Ausrichtung (transatlantisch/ eurasisch) und der daraus resultierenden Auskämpfung neuer Einflußsphären zu sehen. Das Scheitern des MAI-Abkommens (Internationaler Schutz von Investitionen) wegen innerkapitalistischer Differenzen wie auch die Kriege der letzten Jahre zeigt, daß Globalisierung noch lange nicht „One World“ oder ähnliches bedeutet.

Freilich: Friedensdividenden sind angesichts der vielen anstehenden Befriedungen ala Peacekeeping, Peace Implementation , Peace Enforcing u.ä. jede Menge in Sicht. Insofern waren die damaligen Versprechungen keineswegs eine Lüge. Zumindestens zeigt sich nun, daß die Menschenrechtsrhetorik von Fischer nun nicht mehr so gefragt ist und an seinem Ast gesägt wird, falls er dies als Prinzip verfolgen sollte und nicht als taktische Interventionslegitimierung. Der Indonesieneinsatz wurde von Großteilen der SPD und der CDU/CSU abgelehnt. Nationale Interessen, Realpolitik, Geoökonomie und Geopolitik werden nun verstärkt von dieser Seite eingefordert. Moralischer Menschenrechtsrigorismus hat zwar während des Kosovokrieges eine nützliche Funktion zur Mobilisierung rot-grüner Heerscharen gespielt, was vielleicht auch bei einem der nächsten Kriege als Instrument dient – dennoch wird hier mehr auch die nationale Rationalität von den Realos gefordert. Ansonsten sind sie schneller wieder Fundis als ihnen lieb sein wird. Aber die Grünen sind ja durchaus lernfähig. (ro)

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