Kapitalismus pur: Jörg K. löscht seine Familie aus

Kapitalismus pur: Jörg K. löscht seine Familie aus

Nachdruck aus der Studentenzeitung Streitblatt Nr. 3/1999

Da erzählt einem das frühstückliche Börsenfernsehen in diesem unserem Land vor jedem Wüstenrot, daß es gelte eine zweite Säule der Alters- und Familienvorsorge zu bauen. Da sich Vater Staat aus eben diesem Bereich zurückzuziehen gedenke, heiße Zukunft nach der Bausparvertragsära in Zukunft vor allem: AKTIE! Da wird der Börsengang der Hirne alltäglich in Großschlagzeilen verkündet – natürlich mit dem dazugehörigen Kleingedruckten, d.h. dem Hinweis, daß Aktie aber ebenso Risiko bedeute und eine seriösere Art des Glücksspiels darstelle. Hier und manchmal warnt auch noch ein DGB/SPD Schösser und Riester, daß auch Aktiengesellschaften, inklusive Versicherungen pleite gehen könnten, bzw. bei Geschäftsschwierigkeiten dies zuerst auf Arbeiter und dann auf Kleinaktionäre abwälzten, wobei die Schutzvereinigung der Kleinaktionäre da eifrig zustimmt. Nun haben wir nicht das vielbeschworene Katastrophenszenario 1929 und riet auch die deutsche Sozialdemokratie zum zweiten Standbein durch Aktienbesitz (Produktivvermögen) – also noch alles palleti.

Wohl vieles des Großgedruckten hatte sich Jörg K. sowohl als Chance in der Not, wie auch als Hoffnung und Verpflichtung zugleich aufgemacht. Wahrscheinlich wollte er nicht in einer jener Talkshows enden, wo ihn ein aufgehetzter Pogrommob ala Hans Maiser gleichlautend mit Edmund Stoiber und Renate Schmidt als „Sozialschmarotzer“ und Parasiten (wg. Arbeitslosen- oder Sozialhilfeempfängnis) öffentlich als Paradeschwein durch die multimedialen Gassen treiben. Da sich Vater Staat zurückzieht, fühlte sich der Familienvater Jörg K. gleich mehrfach verpflichtet, unter Druck, Streß und Verantwortung gestellt. Als Herr über den Staate im Staate, der Urzelle des Staates, seiner Familie fühlte er sich herausgefordert und suchte einen Ausweg.

Dabei hatte Jörg K. allen Anscheins alle Bürgertugenden gnadenlos verinnerlicht

1) Grundgesetzkonformität, wonach die Familie besonderen Schutz genießt

2) Patrialismus: Vater = Brotbringer für Familie & Gesamtkapitalist des Urstaates, ergo: wenn nicht er, dann keine Familie, bzw. wenn kein Vater, dann kein Mann

3) Subsidarität: Dieses Prinzip versucht in Form der Familie als Zelle des Staates

a) ihren Zellorganismus als unterste Aktionsebene aufrechtzuerhalten, um ja nicht den Übervater Staat zu belasten, sondern lieber zuerst sich und seinen Anhang

b)Moral/Eigenverantwortlichkeit: Die Schuld immer zuerst bei sich selbst zu suchen, keinem anderen zur Last zu fallen und schon gar nicht dem Kapitalismus mit Lohnforderungen, o.ä

4) Unpolitisch sein, denn Politik ist ein schmutziges Geschäft, für Obere bestimmt. Ökonomische Selbstinitiative von unten sei daher gefragt – insofern sauber ehrlich, anständig und seriös (wobei nach Volkserkenntnis bei Erfolg Parteibücher und Verbandsmitgliedschaften als nächste Förderstufe halt förderlich wirken können, Amigos – da muß dann Punkt 3 und 4 selbst wieder relativiert werden, weswegen zur Entspannung dieses selbstgewählten Widerspruchs Kabarettisten, Musikprinzen (Schwein sein mußt!) und Harald Schmidte ihr willfähriges Quotenpublikum einfahren können und man ihm dient, solange man nicht gewisse Grenzen überschreitet.

Nun war Jörg K. weder Millionär, noch Punk, noch ein Faulsack, sondern ein hartarbeitender, frühaufstehender Bäckersmann, der arbeitslos wurde als Resultat kapitalistischer Rationalisierung. Da nützte alles Hartarbeiten und Frühaufstehen nix! Doch wer arbeitslos wird, muß ja die Schuld bei sich suchen, denn wer arbeiten will, findet ja auch immer was. „Was“ schien da aber eben nicht zur Deckung laufender Kosten ausgereicht zu haben. Aufgrund sozialer Konditionierung und Verinnerlichung der Bürgertugenden 1)-4) wollte er als liebender „Vorzeige-Vater“ (tz) mit keinem über seine Geldprobleme sprechen, weder mit der eigenen Familie, noch den Nachbarn, gar nicht wollte er jemanden zur Last fallen, schon gar nicht Vater Staat – weder durch Unterhaltszahlungen noch durch kriminelle Abwege. Vielleicht verdrängte Jörg K. seine Geldprobleme auch für eine kleine Zeit, damit die Umgebung nichts merke – nach dem Motto: Man darf ja wohl noch mal lachen, wenn einem sonst nichts bleibt und Bierernst sei ja wohl auch nichts Gutes. Weder zog er zockend oder saufend durch Kneipen, Bordelle. Glücksspiel? Nein danke! All dies geziemte sich nicht für einen „Vorzeige-Vater“ (tz)

Schon logischer muß es Jörg K. erschienen sein da die seriöse Variante des Glücksspiels einzugehen: AKTIEN

Zumal die von Staats wegen, wie auch von allen staatstragenden Parteien und Medien alltäglich als zweite Säule der Altersvorsorge- und Familiensicherung propagiert werden in jeder guten Frühstücksbörse mit ganz netten, seriösen und schon quasi-familiären Moderatoren, die ein jeder kennt. Ehrlich, gefahr- und risikolos scheinbar.

Vielleicht hatte er auch eine der Diskussionen mitbekommen, daß Börse und Shareholdervalue blüht, wenn das Management kräftig entläßt, konkurrierende (Klein-)Betriebe in die Pleite drängt, daß die DAXe und DOW JONESe kräftig anziehen, wenn Hungersnöte und Kriege florieren, daß die Kurse steigen, wenn Menschen fallen. Als Entlassener oder Pleitier eines Bäckerbetriebes hatte er dies ja schon an der eigenen Haut erfahren. Warum also Entlassener sein, wenn man Entlassender sein kann? Warum Looser sein, ist doch der Griff zum Winner, zum Shareholder, zum Aktienbesitzer so nah? Warum arbeiten, wenn man da als Couponschneider und Rentier auch so ein Stück von der Torte des Produktivvermögens so einfach abhaben kann? Und alles zumal seriös und legal. Ergo: AKTIEN kaufen – that’s it! Geldprobleme ade – denn die steigen ja im Durchschnitt mehr als die Zinsen. Do you speak English? Yes, Wallstreet English! Nicht einmal dessen bedurfte es.

Jörg K. hätte wohl echt gleichgültig oder aber auch aggressiv reagiert, hätte man ihm etwas von Kapitalismus, Marx, Ausbeutung, Gewerkschaften, Klassenkämpfen, Solidarität, Streik, Organisierung oder ähnlichem erzählt. Wahrscheinlich hat er auch nur vom Hörensagen davon gehört und sich schon gar nicht dafür interessiert, denn in seiner Alltagserfahrung und in seinem Allgemeinwissen dürften folgende Gegenargumente gegen eine weitere Beschäftigung mit sowas gesprochen haben:

1) siehe Ostblock, Gulag, usw.

2) nette Idee, romantisches Gerechtigkeitsideal, aber in der Realität sieht es dann halt anders aus = lebensfern

3) Ich muß erst mal selbst über die Runden kommen und meine Familie – keine Zeit, kein Interesse

4) die Aktie ist die schnellstmögliche, konkreteste und greifbarste Problemlösung = lebensnah und praktisch

Zumal, wenn man als Bäcker in gewerkschaftlich schlecht organisierten Kleinbetrieben als Arbeiter arbeitet, kann man keine Solidarität erfahren, sondern ist auf sich selbst gestellt, abhängig von seinem Meister und Chef, oder falls Jörg K. selbständiger Kleinkapitalist war, dann war er schon gar nicht interessiert an so Kommunistenkrampf, weil der gegen seine eigenen Interessen als sein eigener Chef ist. Zumal auch ein gnadenloser Konkurrenzkampf zwischen den Kleinbäckern tobt, wie auch zwischen ihnen und den Großbäckereien.

Den Übergang zum staatstragenden, rebellierenden Saubermann-Faschisten, der wegen Bankrott und Verzweiflung zur politischen Organisierung und zur Macht greift, hat Jörg K. glücklicherweise nicht vollzogen. Daher hat er nicht ganz Deutschland mit sich in den Abgrund gerissen, zu einem KZ verwandelt und Zwangsarbeit eingeführt, noch jüdisches oder freimaurerisches Parasitenkapital (anstatt Deutsche, Dresdner und andere Banken) für sein Los verantwortlich gemacht, sondern ist ohnmächtig, atomisiert geblieben, da er seine Hoffnung in der AKTIE sah! Daher hat er Aktien gekauft und als diese sich als Spekulationsblase erwiesen, ist er im Kleinen den Weg Adolf Hitlers, Eva Brauns & Goldis/Joe Goebbels & Family gegangen: Wenn alles in Scherben fällt, dann wird das führermäßige Patentum auch konsequent durchgezogen: verbrannte Erde, Zyanid und Benzin für den Patron und die Family. Jörg K. blieb aufgrund fehlender Organisierung gleicher Geister und mangels Finanzkraft der Weg gleich ganze Staatenbevölkerungen mit ins Unglück zu reißen, glücklicherweise versperrt. So tobte er sich an der kleinsten Zelle seines Staates – seinem letztverbliebenen Eigentum – aus, weswegen wir auch in der tz lesen können

„An der Börse verspekuliert: Da löschte er seine Familie aus“. Ein 1929 in Kleinformat.

Vielleicht hätte man ihn mit der Erkenntnis vertraut machen können, daß die Bill Gatese und Aktienprofiteure dieser Welt über mehr Finanzkraft, Wissen, politische und ökonomische Verbindungen verfügen als ein arbeitsloser „Vorzeige-Vater“, daß Arbeitslosigkeit eben was mit Kapitalismus und Börsengewinnen zu tun hat

Doch aller Wahrscheinlichkeit nach, hätte er vielleicht auch verbal zugestimmt, aber dennoch so gehandelt – zu verfestigt war seine Einstellung. WOHER er als arbeitsloser Vorzeigevater überhaupt das Kapital nahm, um in Aktien zu spekulieren, bleibt so spekulativ, wie die Aktien, in die er investierte. Scheinbar hatte er einen guten Ratgeber und Consultant in Sachen Lebenspraxis. Es bleibt unklar, WIE er sich ernsthaft ausmalen konnte, bei äußerst beschränktem Kapitaleinsatz Dividenden und Shareholdervalues rauszuholen, die ihm und seiner Familie ein bescherliches Auskommen für die Zukunft ermöglichen könnten. Wir wissen auch nicht, WIE er die Spekulation finanziert hat:

Kredit, Pfändung, Hypothek und/ oder Einsatz von Restersparnissen sind da die Finanzierungsoptionen Vielleicht wurde auch der Kapitaleinsatz und die Finanzierung angeregt durch eines jener netten Werbeblätter deutscher Banken, Versicherungen und anderer Allianzen, die Kontoauszügen beigelegt werden wie die Kreditkartenangebote bei Bahn (AG) Cards. Oder durch eines jener netten Gespräche, das Serviceberater von Versicherungen und Banken in Sachen Zukunftsvorsorge ihren Kunden anbieten. Wir wissen es nicht, denn die tz geht dem nicht näher auf den Grund. Statt diese kapitalistischen Finanzaktionen und deren Hintergründe näher zu analysieren, schiebt das Konservativenblatt aber auf eine ganz andere Variante ab

„Gerüchte kursieren, daß seine Frau, eine Halb-Iranerin, ihn verlassen wollte. Sie war erst vor ein paar Tagen von einem vierwöchigem Aufenthalt im Iran zurückgekehrt“ (tz v. 25. Juni 1999

„Gerüchte kursieren“. Die tz verbreitet gerne diese „Gerüchte“. Der Inhalt dieser Gerüchte bleibt scheinbar substanzlos, faktisch aber im Kontext assoziativ – diffamiernd. Zwar könnte man bestenfalls vermuten, daß die Frau ihn verlassen wollte. WARUM bleibt unklar. Vielleicht hatte sie den tödlichen Ausgang schon geahnt. So aber liest es sich: ER = Finanzprobleme, SIE = FRAU & AUSLÄNDERIN will ihn verlassen. Untreue Tomate auch, wo man doch von diesen Verschleierten nibelungendeutsche Treue bis in den Tod erwartet. Vielleicht ist die Auslöschung der Familie auch mit dem Fundamentalismus im Iran in Zusammenhang. Vier Wochen Iran, kommt zurück und eine ganze Familie wird ausgelöscht. Somit kann man nun die Ursache bei IHM, bei IHR, vielleicht auch als Ausdruck von Fundamentalismus deuten. Doch all dies lenkt gekonnt ab von den Fragen: Warum wurde Jörg K. arbeitslos, warum wollte er in Aktien seine Sicherheit suchen? Doch Desillusionierungnen und Analysen bezüglich Kapitalismus zu schreiben, dafür werden Lohnschreiberlinge nicht bezahlt. Von daher haben Jörg K. und Kapitalismus keinerlei Verbindung

NOTIZEN AUS DER WELTPROVINZ

Jörg K. auf asiatisch

JAPAN

HONGKONG

Hongkongs Finanzminister Donald Tsang hat aus einer Stützungsaktion für den Aktienmarkt einen Riesengewinn erzielt. Nun will er die Aktien wieder in den Markt bringen (…) Die Aktien sollen zu einem geringen Teil direkt verkauft, zum ganz überwiegenden Teil jedoch in einen Index-Fonds, der dem hang-Seng-Index folgen soll, eingebracht werden. Noch sind viele Fragen offen (…) Finanzielle Anreize … sollen die Fondsanteile des Exchange Fund Investment (EFI) attraktiver machen. Doch Fondsmanager und Aktienexperten in Hongkong sind skeptisch. „Die Wahrheit ist, daß so viele Aktien auf einmal nicht vom lokalen Markt verdaut werden können“, sagt einer von ihnen(…) Doch der EFI kann auf Schützenhilfe von unerwarteter Seite hoffen. Im kommenden Jahr will Hoingkong damit beginnen, die Altersversicherung der rund 6,5 Millionen Chinesen dort auf ein neues Fundament zu stellen. Mit der Einführung des Mandatory Provident Fund (MPF) soll Hongkongs Erwerbstätigenheer verpflichtet werden, beizeiten ausreichend für den Ruhestand zu sparen.

DER FALL DES NICK LEESON.: BÖRSENHELD UND BAUERNOPFER

Ähnlich wie Jörg K. hat Nick L. sich auch kräftig verspekuliert. Im Unterschied zu Jörg K. aber nicht mit seinem eigenen Geld, sondern mit dem der Anleger. Er hat also die Knete von Leuten wie Jörg K.verzockt. Freilich im Auftrage seiner Bank, in der üblichen und ja wohl ehrenwerten Absicht möglichst viel Profit auf eingesetztes Kapital herauszuschlagen. Der ausbleibende Erfolg trieb seine Bank in die Pleite. Wären es nur die Kleinaktionäre gewesen, hätte es keinerlei großes Aufheben gegeben. Denn wo es Winner gibt, da halt auch Looser. Und: Shit happens. Nach kurzer Verfolgungsjagd wurde er zum Bauernopfer auserkoren, der für alles verantwortlich sein soll, was den kapitalistischen Geschäftsgang so auszeichnet und attraktiv macht. Da in der kapitalistischen Moral aber auch Abzocker, Lottokönige, Paten, Postzugräuber und andere Finanzgenies Anerkennung für ihr schnell gemachtes Geld, ihre Coups, manchmal auch ihren Ehrencodex und Familiensinn finden, fand auch die Biographie des „gefallenen Börsenhelden“ profittrachtende Verleger und TV-Sender. Er avancierte zum „Medienstar der Finanzwelt“: „Einen triumphalen Empfang bereiteten die Medien in London Nick Leeson(…), das Symbol des Wildwest-Spiels an den Börsen “ (SZ v. 3./4. Juni 1999). Zumal er auch noch die nützliche Rolle des Bauernopfer für seine Arbeitgeber und Ablaß für den Kapitalismus spielt: „Die Spitzenmanager, die vor den Risiken ihrer Bank den Kopf in den Sand gesteckt hatten, sind glimpflicher davon gekommen. Sie stehen nicht mehr im Rampenlicht der Finanzszene, aber keiner von ihnen muß einsitzen, auch finanziell geht es ihnen besser, und Schuldgefühle plagen sie offenbar nicht gleichmäßig: Ron Baker etwa, leesons Vorgesetzter in London, versuchte (allerdings vergeblich) noch nach dem Knall eine Erfolgsprämie von zwei Millionen DM zu erstreiten“ (SZ v 3./4. Juni 1999). Diese Herren haben im Gegensatz zu Jörg K. kapiert, daß Moral für Volk und Untertanen zu gelten hat, nicht aber für Wirtschaftsführer, die davon profitieren. Daß Bauernopfer Nick L. bald an Darmkrebs sterben wird, mag da von manchem ehrlichem Untertan genügsam als ausgleichende Gerechtigkeit und letztendliche Strafe für begangenes Unrecht verbucht werden- nach dem Motto: „Im Tode sind wir alle gleich“, „Geld macht nicht glücklich“, „Davon kann er sich auch nichts mehr kaufen“, etc. So findet der geprellte Geldbeutel und die moralische Seele ihr vorerstes Happy-End. Verzeihen ist angesagt. Und aus Sicht seiner Auftraggeber entfällt ein potentieller Zeuge, der da über weitere Details auspacken könnte, entfällt durch absehbaren biologischen Exitus. Somit hat Nick L. seine systemaffirmative Funktion optimal erfüllt

Der Fall Bangemann: Altersvorsorge realo-liberal und ganz pragmatisch

Anders als Jörg K. weiß Martin B. als Vertreter der „Partei der Besserverdienenden“ bürgerliche Tugendphraseologie, die er dem Volke zu Wahlkampfzeiten und darüber hinaus verabreicht, eigenverantwortlich vom eigenen Handeln zu trennen. Anstatt sich über die Ungerechtigkeit der Welt, wonach „Der Ehrliche immer der Doofe“ ist, zu ereifern, darüber zu jammern und zu lamentieren, nutzte er seine Chance zur Altersvorsorge und pfiff auf den „Sozialneid“. Moralisch nicht einwandfrei, aber halt alles legal und EU-/ FDGO-konform. In kurzer Kosten-/ Nutzenabwägung errechnete der Wirtschaftsliberale, daß 2 Wochen moralische Entrüstung der Öffentlichkeit und entfallender Salär als EU-Kommisar niedriger zu taxieren ist, als üppiges Managementgehalt bei der Telefonica. Zumal, die da schreien ja selbst im Glashaus sitzen: Kaum einer seiner Politkollegen kritisiert auch die gängige Praxis, neben Parteiämtern auch noch Vorstands- und Aufsichtsratsposten als lukrativen Neben- /Hauptverdienst auszufüllen. Ein Schröder mit ganzjährigem VW-Sessel und Loge mit VW-Piech am Opernball gilt da eher als „Modernisierer“, „Neue Mitte“, ein proletaisches Waisen-, Weisen- und Wunderkind, das seinen Weg nach oben schaffte und nun dem Allgemeinwohl dient. Anders bei Bangemann: Hüpft da vom Politposten einfach NUR noch in den Managerposten. Ohne Rücksicht auf Verlsute. Moralische Verluste und Imageverluste der schon in Verruf gekommenen EU-Kommission wohlgemerkt. Aber auf die pfeift Martin B. angesichts de materiellen Gewinne. Vielleicht dient’s ja auch längerfristig dann auch wieder dem Allgemeinwohl. Den oft propagierten Pragmatismus kann man ihm keineswegs absprechen.

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