Die putinistische Linke

Die putinistische Linke

Als Lesetip auch noch ein Beitrag der Jungle World vom 17.03.2022, der die universalistischen Menschenrechte und das liberale Wertesystem verteidigt, zumal diese obgleich oft als taktische Berufungstitel missbraucht dennoch zu verteidigende Werte seien. Der „putinitsischen Linken“ wird vorgeworfen, Menschenrechte nur als Fassade imperialistischer Interessen von Grossmächte im Duktus Mearsheimers, Egon Bahrs, Schröders und Helmut Schmidts und nicht als verteidigendswerte und progressive Rechte samt der damit einhergehenden liberalen Demokratie und westlicher Wertegemeinschaft zu sehen. Damit sei dies reaktionär, rückwärtsgewandt und nicht einmal theoretsch links.

Linke Äquidistanz zwischen West und Ost: Theoretisch links

Linke Putin-Apologeten erliegen dem Fehlschluss, dass ein gemeinsamer Feind gleich einen Freund ausmache. Universalistische Werte wie Pressefreiheit und Gewaltenteilung sind jedoch weder »hohl« noch eine »postkoloniale Anmaßung«, selbst wenn sie von westlichen Politikern als Worthülsen missbraucht werden.

Sie war schon beeindruckend, die argumentative Vehemenz, mit der große Teile der deutschen Linken den Monate währenden Aufmarsch von Wladimir Putins Invasionsarmee an der Grenze zur Ukraine als bloßes Gesprächsan­gebot verteidigten. Die Vernünftigeren, wie Susanne Hennig-Wellsow, Vor­sitzende der Linkspartei, zeigen sich inzwischen zerknirscht ob ihrer »Illusionen, die zu verheerenden Fehleinschätzungen auch linker Politik führten«. Andere aber haben ihre Lieblingserzählung einer Nato-Aggression längst wiederaufgenommen, empören sich nun über den »Wirtschaftskrieg« gegen Russland oder versuchen, die Verantwortung für die Kriegstoten den Ukrainern zuzuschieben. Diese müssten sich doch nur von Putin ins russische Reich heimholen lassen und alles wäre wieder gut. Anzeige

Jörn Schulz nennt diese Unbelehrbaren »putinistische Linke« – eine paradoxe wie ungeheuerliche Bezeichnung. Kann es tatsächlich Linke geben, deren Weltbild auf Kadavergehorsam gegenüber einem völkisch-imperialistischen Autokraten basiert? Für die Putins archaischer Chauvinismus inklusive Unterdrückung von Homo- und Transsexuellen sowie Morden an Journalisten und Oppositionellen nur einen Nebenwiderspruch darstellt? Die seine Unterstützung rechtsextremer Parteien und Bewegungen in den USA und Europa für eine clevere Strategie halten, um den Kapitalismus zu Fall zu bringen? Gäbe es derlei »putinistische Linke«, so wäre es interessant zu erfahren, ob der Geheimplan zur Errichtung des Weltkommunismus, den sie hinter all dem zu erkennen glauben, ohne Querverweise auf Echsenmenschen, kinderblutsaufende US-Politiker und Zweifel an der Erdkrümmung auskommt. (…)

https://jungle.world/artikel/2022/11/theoretisch-links

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