Die Minderheitenpolitk der KP China, die Xinjiang Police Files und der „erste digitale Völkermord“

Die Minderheitenpolitk der KP China, die Xinjiang Police Files und der „erste digitale Völkermord“

Die zu Bidens Asientour gut getimten und geleakten Xinjiang Police Files haben jetzt in den USA, GB und Deutschland heftige Reaktionen hervorgerufen. Deutschlands Bundeskanzler Scholz zitierte sie auch auf dem World Economic Forum in Davos. In der Flut der Reaktionen wollen wir einen Artikel von Sascha Lobo im Spiegel besprechen:

„Xinjiang Police Files Das monströse Menschensieb

Die wirtschaftliche Abhängigkeit von China ist ein Problem der westlichen Demokratien: Wie bigott sind wir, wenn wir die Menschenrechte der Uiguren mit einer Verminderung unseres Wohlstands aufwiegen? „

https://www.spiegel.de/netzwelt/netzpolitik/xinjiang-police-files-das-monstroese-menschensieb-kolumne-a-77f8fbd1-dfd9-4c6a-b2ee-f029688ffe9a

Beim Lesen des Lobotextes , in dem er verkündet Chinas Uigurenpolitik sei der „erste digitale Völkermord“ bekommt man gemischte Gefühle . Interessant ist die Schilderung moderner digitaler Überwachungssysteme, auch die Unterscheidung zwischen Verhaltensdokumentation und Verhaltensvorhersage oder Prognose und dass es sich dabei nicht um unmittelbare Kausalitäten, sondern algorithmische Korrelationen handelt. Also weit über das Sozialbonussystem hinaus. Schwach finde ich aber, dass so getan wird, dass dies nur in China der Fall sein soll und diese Uberwachungssysteme exportiert wurden, während man doch seit Edward Snowden, NSA-„Skandalen“, US-Polizeisoftware zur Kriminalitätsprognose oder Filmen wie Minority Report  mit Tom Cruise oder Peter Thiels realem Palantier weiss ,dass das auch von den USA und im Westen vorangetrieben und gefördert wird. Dazu schreibt er nichts. Der angeblich „erste digitale Völkermord“ dient erst Mal dazu, sich als Digitalexperten wichtig zu machen. Dennoch ist Lobos Artikel recht aufklärerisch bezüglich der dystopischen Anwendungsmethoden.  Zum  „Völkermord“ der KP China und der Chinesen an den Uiguren: Dass die KP China hier grausame Folterungen und Umerziehungsmethoden anwendet, ist ja fast unbestreitbar und der Chef des WUC beschreibt das ja ganz gut, wie auch die anderen in der Bangkok Post aufgelisteten Berichte.

Graphic on selected reports on the human rights situation in China's Xinjiang region

Graphic on selected reports on the human rights situation in China’s Xinjiang region

Dennoch schränken ja auch die Kritiker der KP China ihren Genozid/Völkermordbegriff gleich wieder ein, dass kein Völkermord wie in Ruanda, dem Holocaust und Armenien vorliegt, der UN-Genozid schon wesentlich niedrigschwelliger greife , man dann abwechslungsreich wie der Dalai Lama wieder vom „kulturellen Genozid“ und auch Sascha Lobos Begriff des digitalen Völkermords wieder relativert wird, wenn er  von „ethnischer Säuberung“ spricht. Wobei dies möglicherweise ein (un)gewollter Begriff ist, der Deutsche an Milosevic, serbisch-völkische ethnische Säuberungen und Srebrenica denken lässt, Joschkas Fischer „Nie wieder Auschwitz“ samt NATO- Einsatz und seitens der Chinesen immer noch mit der Bombadierung ihrer Botschaft in Belgrad assoziiert wird, für die sie der NATO immer noch Rache schwören und alljährlich zum Gedenktag eine Trauer- und Gedächtnisdelegation nach Serbien schicken und auch in Putins Ukrainekrieg die Kriegsursache in der NATO sehen wollen. Aber soweit hat Lobo wahrscheinlich in seiner Aneinanderreihung willkürlicher, modischer und sensationeller Begriffe wohl nicht gedacht.

Jedenfalls hat noch kein Kritiker der KP China den Vorwurf erhoben, dass Tausende, Zehntausende oder gar Hunderttausende Uiguren von der KP China im Rahmen ihrer Version von brutalen hanchinesisch-völkischen Integrationskursen systematisch ermordet und systematisch umgebracht wurden, ja nicht einmal Srebrenica fiel in diesem Zusammenhang. Das soll die Sache auch nicht verharmlosen ,da die brutale Unterdrückung der Uiguren moralisch nicht hinnehmbar ist. Aber wie Sascha Lobo richtig sagt: Wegen Chinas Wirtschaftskraft sind wir so bigott, denn das wäre nochmals eine andere Dimension der Sanktionen gegen China, die wahrscheinlich nicht einmal die USA stemmen könnten oder werden, schon gar nicht die EU, sondern bestenfalls symbolisch-punktuell , vielleicht gegen VW und BASF und die Reaktionen mehr verbal ausfallen werden. Es ist auch interessant ,dass die erste Reaktion der USA und der EU und auch Deutschlands und auch Baerbocks nicht direkte Sanktionsforderungen sind, sondern, dass man eine Untersuchung der Vorwürfe und Transparenz der chinesischen Regierung fordert . Auch interessant in diesem Zusammenhang ,dass der Chef des World  Uigur Congress in München beklagt ,dass er weder von Merkel oder Scholz, aber eben auch nicht von Baerbock jemals empfangen wurde. Von daher gilt Habecks Paradigma „Versorgungssicherheit geht vor Klimaschutz“ bezüglich Energiesanktionen gegenüber Russland eben auch bei Baerbock und in dem Sinne“ Versorgungssicherheit geht über Menschenrechte“ gegenüber China. So bigott ist nun einmal die Welt und Menschenrechte eben doch verhandelbar. Und der Chef des Weltuigurenkongress ist da eben kein Superstar wie Selensky. Und Urumqi ist nicht Butscha, noch Srebrenica noch Auschwitz. Zumal auch die muslmische Umma die Uiguren nicht unterstützt, weder die neosmanischen Erdogans, die Golfstaaten, ja Pakistan und Saudiarabien unterstützen sogar bewusst die KP China und ihre Uigurenunterdrückung. Die meisten muslimischen Staaten wollen Teil von Chinas Neuer Seidenstrasse und seiner Wirtschaftskraft werden und der neue Vorsitzende des neugegründeten säkularen East Turkestan Awakening Movement(ETAM) , das als neue Kraft im World Uigur Congress und als Alternative zu dem islamistischen East Turkestan Islamic Movement (ETIM) , das die USA gerade von der Terrorliste genommen haben, erscheinen will, hat auch keine Hoffnungen in die muslimische Umma, sondern nur noch in den Westen. Aber dass jemals schwere Waffen nach Xinjiang seitens der NATO oder der USA geliefert werden, ist doch fast ausgeschlossen, es sei denn es kommt doch noch zu einem sinoamerikanischen Krieg.

Ein lieber ungenannt bleibender Chinaexperte hatte dazu eine andere Einschätzung und kommentierte noch:

„Ich fürchte, genau um das Abkoppeln von China geht es. Und so gerne ich in die USA fahre, so sehr habe ich den Verdacht, dass die nicht nur in der Ukraine mitgemischt und die deutsche Politik eines Aussöhnungsversuchs zwischen Ukraine und Russland untergraben haben (Biden hat ja Victoria Fuck the EU Nuland postwendend nach Trump wieder in ihr Amt eingesetzt: https://www.freitag.de/autoren/konrad-ege/fuck-the-eu-victoria-nuland-ist-zurueck), sondern dass auch der Völkermordbegriff mit Bezug auf China dazu dient, Deutschland aus China herauszuholen. Der Druck dahin wird sich verschärfen, und eine Annalena als Außenministerin ist die ideale Kandidatin, um die Agenda mit umzusetzen, denn sie wird bald ein Glaubwürdigkeitsproblem haben, wenn sie das nicht tut. Loslösung von Russland und China wird dazu führen, dass der Lebensstandard in Deutschland wieder hinter den in den USA zurückfällt und wir uns dort wieder brav einreihen, wenn wir Geschäfte machen wollen. Darum geht es, nicht um Uiguren, Tibeter oder Ukrainer. Probleme zwischen den Mitgliedsländern der EU sind ein kleiner Kollateralschaden. Und die Lobos sind eben willfährige Erfüllungsgehilfen, die nicht so ganz richtig wissen, wovon sie eigentlich reden, wenn sie über Xinjiang schreiben, aber glauben, dies auf der Basis dieser Files ganz genau zu wissen. Tertiäres Wissen nennt man das in der Wissenschaft. Irgendwo angelesen, aber über die Quellen nicht nachgedacht.“

Interessant wird bleiben, wer  Recht behält. Decoupling-bis zu welchem Grade ist das denn real überhaupt möglich? Sowohl bei den USA, wie der EU und Deutschland? Was würde das für die Weltwirtschaft, die US- Wirtschaft und auch deutsche Wirtschaft bedeuten? „In die Reihe gehen“ wäre da wohl ein Euphemismus, eher ist schon ein ziemlicher Einbruch der Weltwirtschaft, bestenfalls in Handelsblöcke, zumal mit einer schweren Rezession und vielleicht auch Finanz- und Hungerskrise zu erwarten. Man wird also sehen, ob John Mearsheimers offensiver Realismus in dem Paradigma „Security trumps economy“ recht behält als Gegenposition zu den früheren Freihändlern und Globalisten ala Clinton „It´s the economy, stupid“. Eher anzunehmen ist, dass Baerbock verbal da auf die Pauke hauen wird, aber wie schon im Falle der No fly zone für die Ukraine so rational bleibt ,wie Habeck bei seinem „Versorgungssicherheit geht vor Klimaschutz“ und sich dann mit den islamistischen, die Muslimbrüder und Mordbrennermilizen in Lybien, Syrien und sonstwo unterstützenden und sich in einer Achse mit Neoosmanen Erdogan befindenden Kataris begibt und den Staatssender Al Jazerra als prowestlich und kritisch empfindet und nicht als islamistischen Propagandasender. Aber Baerbock ist auch bei Lawrow vor dem Ukrainekrieg sehr brav aufgetreten, wenn man dies mit den Ankündigungen der Schnatterliese zu Wahlkampfzeiten vergleicht. Vielleicht gibt es ja da in Sachen Uiguren wie bei Erdogan eine medial nutzbare symbolische Aktion der Freilassung eines Uigurenaktivisten nach dem Modell Denis Yücel und dann hat man einen diplomatischen „Sieg“ und hält dann still. Die Frage ist halt eher, ob das die Chinesen mitmachen würden und ob die USA sich damit zufrieden geben. Durchaus möglich, dass es da zu einer weiteren Polarisierung zwischen der Weltmacht USA und dem sich als ebenso kommende Weltmacht sehenden China kommt, auf die Baerbock reagieren muss, um nicht ihre Glaubwürdigkeit zu verlieren. Aber es gibt nicht nur Baerbock und Habeck und Lindner, sondern eben vor allem Scholz als Bundeskanzler und der entscheidet letztendlich oder zögert so, dass dies auch schon wieder eine Handlung ist.

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