Neue nachhaltige Globalisierung zwischen Decoupeln und Regierbarkeit

Neue nachhaltige Globalisierung zwischen Decoupeln und Regierbarkeit

Im Focus ein programmatischer Artikel, der der KP China Völkermord im US-amerikanischen Sinne vorwirft und sich für das völlige Decoupeln ausspricht- ein Mensch von Carnegie, der sich ironisch „Chinaversteher“ nennt:  

China mordet Völker, Putin führt Krieg: Diktatoren stellen uns vor Entscheidung – FOCUS Online

https://m.focus.de/politik/der-china-versteher/raus-aus-der-abhaengigkeit-deutschland-muss-china-so-behandeln-wie-russland_id_107942327.html

Einige scheinen es mit dem Decoupeln ernst zu meinen. Laut der in diesem Artikel zitierten Bertelsmannstiftungsstudie beträgt der Handel desWestens mit Nicht-Demokratien nur 15%.Stimmt diese Zahl? Jedenfalls wird der Eindruck erweckt, dass man locker auf den Handel mit Nicht- Demokratien verzichten könne. Scheinbar scheint man darauf verzichten zu wollen. Singapur wird in dem Artikel auch wegen seiner Mehrheit von Han-Chinesen zum Lager Pekings gezählt.

Dr. Sachsenröder vom Institute for South East Asia Studies in Singapur meinte dazu:

“Mal wieder so ein Experte, der sein Material so interpretiert, dass China als Bedrohung aller aufrechten Demokraten der Welt  dasteht. Der Artikel überzeugt mich nicht besonders. Der Ausreisser Singapur ist doch nur logisch, 75 % Chinesen und immer mehr aus der Volksrepublik. 
Nebenbei: Immer mehr Länder scheinen kaum noch regierbar, die USA ganz vorn dabei. „

Chinaexperte und Sinologieprofessor van Ess meinte dazu:

„Die Sache mit der Unregierbarkeit ist richtig beobachtet. Die chinesischen Wissenschaftler, mit denen ich gerade gesprochen habe, die haben durch die Bank weg Angst davor, dass die Demokraten die nächsten Wahlen in den USA verlieren werden. Vor den Republikanern haben sie echte (!) Angst. Über die USA sagt man allerdings in China, es grassiere dort jetzt die westliche Version der Kulturrevolution – political correctness, Gender-Gaga & co. Dafür allerdings sind die Demokraten zuständig. Vor denen hat man nicht ganz so viel Angst, man hält sie aber nur für auf andere Art durchgeknallt als die Republikaner.“

Der „Gendergaga“ meint ja Diversität, ist bei Biden nicht einmal so der sexuellen Orientierung, sondern dem melting pot gewidmet, der durch Partizipation in Ausgleich gebracht werden soll. Für die KP China sind dies aber nur Nebenwidersprüche jenseits ihrer streng traditionalen ökonmomistischen Marxlehre, die nicht thematsiert gehören, wobei eben ihre Politbüros fast keine Frau oder einen Tibeter, oder Uiguren hat, was ja eigentlich das Anliegen Bidens ist. Und der Gendergaga ist Xi JInping auch egal, insofern man nicht eine Dragqueen ins Politbüro haben will oder er seitens dem Gendergaga als Xi JInping*innen angeredet wird. Vorerst überwiegen da die Ängste, dass Trump oder Pompeo das Ein- China- Prinzip aufkündigt. Da sieht man den Demokraten ihren Gendergaga locker nach, zumal die Kritik daran ja auch zeigt, dass die KP China in wertekonservativen Fragen des Kulturkampfs eher bei den Republikanern und Trumpisten ist.

Aber jenseits diesen Nebenkriegsschauplätzen zwei Kritikpunkte: Diese Zahl nur 15% Handel des Westens mit Nicht-Demokratien ist etwas merkwürdig, wenn es umgekehrt immer heißt, dass China der oder einer der wichtigsten Handelspartner ,z.B. Deutschlands ist. Stimmen die Zahlen der Bertelsmann-Stiftung überhaupt ? Selbst wenn das der Fall wäre, könnte dies doch eine Milchmädchenrechnung sein. Denn Deutschland und Europa sind sehr rohstoffarm und müssen da strategische Rohstoffe, zumeist aus Nicht-Demokratien importieren, auch wenn deren Handelswert vielleicht nicht so umfangreich ist. Aber der Handel mit Nicht- Demokratien dürfte wohl höher liegen und der Verdacht liegt nahe, dass dies eine ideologische Auftragsarbeit ist, um ein Decoupeln hoffähig und akzeptabel zu machen.

Zweitens: Das mit der Unregierbarkeit ist zwar ein wichtiger Punkt, spätestens seit Capitol Hill, aber umgekehrt muss man auch sehen, dass die „Regierbarkeit“ ala  Putin oder Erdogan zu einem Krieg nach dem anderen führt, vielleicht auch demnächst seitens Chinas. Und ist „Regierbarkeit „ala chinesischen Lockdowns so wünschbar und Zeichen der Regierbarkeit? Alles etwas holzschnitzartig. Good governance oder gute Verwaltung ala Singapur wird auch noch als Ausweg gesehen zwischen West und Ost gesehen..

Seitens der chinesischen Opposition scheint da auch keine Alternative. Die damaligen  Veteranen wie Hu  Ping ,Wei Jingsheng ,Han Dongfang,etc. hatten da noch klare liberal-demokratische Vorstellungen von einem geeinten demokratischen China,das sich mit Taiwan friedlich als Demokratien vereinigt und den Uiguren und Tibeter Minderheitenrechte und meaningful autonomy zugesteht Die jetzigen Oppostionstypen ala solch Oligarchen wie GuoWengui als chinesischer Trump, der zumal die chinesischen Demokraten mit Mafiamethoden bedroht und mit Steve Bannon in einem Boot sitzt oder die klerikalfaschistische Falungong sind die bestimmenden Kräfte. Nichts was man unterstützen sollte .Und der in Deutschland so gehypte Liao Yiwu erklärt auch,dass es kein einheitlich demokratisches China mehr bräuchte ,sondern China aus Warlords, demokratischen und kommunistischen Landesteilen bestehen sollte ,wo jeder die freie Wahl haben solle, wofür er sich entscheidet. Zudem mit einem besoffenenen Gouverneur für Sichuan, der Heimatprovinz von Deng Xiaoping. Wenn man unbedingt betrunkene Gouverneure in einem neuen pluralistischen China der Streitenden Reiche will, solte man besser in die nächste Maotai- oder Whiskeybar gehen und Gedichte schreiben, statt solch einen politischen Nonsense von sich zu geben. Nun gut, vielleicht auch mehr poetisch gemeint und manchmal sollten Künstler einfach zu politischen Zukunftsvisionen die Klappe halten, statt ein neue Streitende Reiche herbeizuphantasieren. Soweit zur zukünftigen chinesischen Regierbarkeit. Aus China und seiner Exilopposition kommt nur Mist. Ein Neototalitarismus ala Xi oder ein chinesischer Trump ala Guo Wengui oder eine klerikalfaschistische Diktatur ala Falungong oder ein Bürgerkrieg der Streitenden Reiche. Insofern wird es noch Nachfolgegenerationen in Russland, der Türkei oder China brauchen, vielleicht auch eine Katharsis, um überhaupt eine neue Generation hervorzubringen, die nicht mehr nationalistisch verseucht ist und Weltmachtsexpansionsvorstellungen nachhängt. Das bedeutet, dass die inzwischen aufwachenden Teile des liberal-demokratische Westen zuerst einmal seine inneren Feinde eingrenzen muss und zum zweiten all den negativen Einfluss seitens autoritärer Staaten, die Einfluss auf das westliche System nehmen wollen und es bedrohen .Ob man alles decoupeln kann und sich so in Frontstellung trotz anderer weltpolitischer Aufgaben wie Klimaschutz stellen kann, ist da noch die Frage und ob das wirklich realpolitisch ist. Der deutsche Bundeskanzler Scholz plädiert ja auch für eine „neue nachhaltige Globalisierung“. Jedenfalls wird diese nicht ohne Elemente der Eindämmung auskommen.

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