Technokraten- Ingenieursmeritokratie als Retter der Nation und der Welt?

Technokraten- Ingenieursmeritokratie als Retter der Nation und der Welt?

Zur Diskussion ein Artikel von Hans Hofmann-Reinecke:

Dr. Hans Hofmann-Reinecke studierte Physik in München und arbeitete danach 15 Jahre in kernphysikalischer Forschung. In den 1980er Jahren war er für die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) in Wien als Safeguards Inspektor tätig. Er lebt heute in Kapstadt.

„Wir wollen Daniel Düsentrieb zurück!

Wird es eine Renaissance von Technik und naturwissenschaftlichem Denken geben, und mit ihr die Rückkehr zu einer Politik, die von Logik und Vernunft geleitet wird? Wird uns der Ingenieur mit seiner Kompetenz, Kreativität und Disziplin aus der Sackgasse holen? Oder werden es die Ingenieurinnen tun?

„Dem Ingeniör ist nichts zu schwör“, dichtete einst die legendäre Donald-Duck-Übersetzerin Erika Fuchs. Die Export-Weltmeisterschaft hatte Deutschland seinen Ingenieuren zu verdanken, unter denen begabte Unternehmer waren, die in einer sozialen Marktwirtschaft effizient und flexibel agieren konnten. Eine exzellente Infrastruktur hinsichtlich Ausbildung, Verkehr, Energie, und Banken machte es möglich, erstklassige Produkte zu entwickeln und zu produzieren. Die wurden weltweit gerne gekauft, sogar zu einen etwas höheren Preis, weil „made in Germany“. Von diesem wirtschaftlichen Boom hat ganz Deutschland profitiert, nicht nur die Ingenieure und Unternehmer.

Was macht ein Ingenieur? Vielleicht denken Sie aus Ihrer Donald-Duck-Zeit an Daniel Düsentrieb, den weltfremden Spinner, der sich damit beschäftigt, komplizierte Dinge zu basteln, die niemand brauchen kann. Der echte Ingenieur ist das Gegenteil. Er identifiziert Aufgaben, die gelöst werden müssen, sucht nach der besten Alternative hinsichtlich Qualität, Kosten und Zeit und sorgt dann dafür, dass die Sache realisiert wird. Das erfordert Intelligenz, Kreativität und Disziplin.

Der Ingenieur bedient sich naturwissenschaftlicher Erkenntnisse, die meist aus der Physik stammen. Aufgabe der Physikers ist es, neues Wissen zu schaffen, egal ob nützlich oder nicht. Der Ingenieur macht daraus etwas Nützliches. So werden die vom Physiker Wilhelm Röntgen entdeckten Stahlen zur medizinischen Diagnose genutzt, mit schwarzen Löchern kann man bisher allerdings nichts anfangen.

Ende der Sechziger Jahre begann die Verfemung jeglicher Technik

Man ehrte Ingenieure für ihre Leistungen in Museen, etwa im Deutschen Museum München und im Technik Museum Berlin. Sie wurden als Helden gefeiert und von Monarchen geadelt. Und das zu Recht. Würde man aus unserem Dasein die von ihnen seit 1800 erbrachten Leistungen entfernen, vielen Dank! Dann fehlten uns nicht nur Smartphone und Kühlschrank, sondern auch Kanalisation und Röntgengeräte. Was aber würde uns fehlen, wenn wir die seit 1800 von der Soziologie erarbeiteten Produkte einbüßen müssten? Diese offensichtliche Diskrepanz machte den Betroffenen zu schaffen.

Unter Geisteswissenschaftlern begann dann in den späten Sechziger Jahren die Verfemung jeglicher Technik, unter dem Vorwand, dass sie uns nur Atombomben und Luftverschmutzung gebracht hätte. Der wahre Grund aber ist, dass Ingenieurs- und Naturwissenschaften die kognitiven Fähigkeiten vieler Soziologen, Politologen und Historiker überfordern würden. Angetrieben von Ressentiment und Neid auf den hohen Stellenwert von Technik und Naturwissenschaften im modernen Leben wurden diese ganz allgemein verteufelt, insbesondere aber die Kernenergie.

Der Marsch durch die Institutionen – in den Geisteswissenschaften entstanden, von den Linken vorangetrieben, von den Grünen vollendet – hat heute, neben anderen wichtigen kulturellen Errungenschaften des Abendlandes, auch die Expertise in Naturwissenschaft und Technik vernichtet. Die erwähnten Museen verfallen oder werden geschändet – aus dem Deutschen Museum in München wurde die Apparatur, an der Otto Hahn und Kollegen die Kernspaltung entdeckten, entfernt und beim Technik Museum Berlin spielt die „Inklusion“ eine wichtigere Rolle als die Stromerzeugung.

Dieser Sieg passt gut zum männerfeindlichen Zeitgeist, denn der typische Ingenieur ist ja weiß und männlich. Und hier greift nun die grün-linke „Logik“ ein. Trotz der Ablehnung von Naturwissenschaften und Technik wird alles getan, um Frauen zu derartiger Ausbildung zu überreden. Die Technische Universität München etwa hat nicht nur eine Hochschul-Frauenbeauftragte, sondern jede einzelne Fachrichtung hat ihre eigene Fakultätsfrauenbeauftragte. Quote ist wichtiger als Technik. Und auch wenn es noch nicht so weit ist, dass frau auch auf diesem Gebiet Dominanz erzielt hat, so wird es doch in Aussicht gestellt.

Wird man sich bald nach dem deutschen Ingenieur sehnen?

Für die Illustration dieses Textes habe ich im Internet nach Bildern unter dem Stichwort „Ingenieur“ gesucht. So gut wie alle Abbildungen zeigten Ingenieurinnen oder „Engineers of Colour (EOC)“. Artig folgen Unsplash, iStock & Co dem Zeitgeist. Ein Blick auf ein vermutlich authentisches und aktuelles Team von Ingenieuren gibt ein anderes Bild: so sieht es bei SpaceX aus.

https://twitter.com/SpaceX/status/207961150774706176/photo/1

Der Verlust  an Ingenieurskompetenz ist mehr als ein akademisches Thema, er ist ein Problem existenzieller Tragweite. Schon werden im Alltag dramatische Folgen sichtbar. Brücken verfallen, die Eisenbahn fährt unstet, Flughäfen funktionieren nicht und, ja, es drohen Blackouts. Das wird nicht lustig werden.

Wird man sich also bald nach dem guten alten deutschen Ingenieur sehnen? … der manchmal vielleicht humorlos und pedantisch ist, der aber seinen Job versteht und praktische Lösungen für essenzielle Probleme bietet. Vielleicht erkennt man ja irgendwann, dass man Entscheidungen über eine so unendlich komplizierte Sache wie den Umbau des Stromnetzes, sozusagen eine Operation am offenen Herzen unserer Zivilisation, nicht ein paar Laien überlassen kann, die bereit sind, für kurzfristige politische Erfolge langfristiges Leid für das von ihnen regierte Volk in Kauf zu nehmen.

Wird es also eine Renaissance von Technik und naturwissenschaftlichem Denken geben und mit ihr die Rückkehr zu einer Politik, die von Logik und Vernunft geleitet wird? Wird uns der Ingenieur mit seiner Kompetenz, Kreativität und Disziplin aus der Sackgasse holen? Oder werden es die mit viel Aufwand herangezogenen Ingenieurinnen sein? Das ist wohl eine Frage, die auch Nostradamus überfordert.“

https://www.achgut.com/artikel/wir_wollen_daniel_duesentrieb_zurueck

Ja, die Bedeutung der Naturwissenschaften wurde doch infolge der 68er Revolte zugunsten der Geisteswissenschaften arg zurückgedrängt. Dies war aber auch eine Folge des geradezu naiven Futurismus der 50er und 60er Jahre, der die negativen und gesellschaftlichen Seiten technischen Fortschritts ignorierte , Technologiefolgenabschätzung bestenfalls noch in Hermann Kahns Futorologiethinktank der Rand Corporation zuliess. Dies gipfelte darin, dass das Pentagon 1967 seinen Computer Ada mit allerlei Big Data über den Vietnamkrieg fütterte und die Frage stellte: „Wann haben wir den Krieg gewonnen?“ und Ada berechnete: „1964“. Desweiteren ist der Artikel aber mit seinem indirektem Plädoyer für Atomkraft und deutsche Ingenieurs-Männer ( Deutscher Maschinenbau: 100 Männer, eine Frau ) auch ein wenig aus der Zeit gefallen, wenn man an Mailab denkt, jene vietnamesisch-stämmige MINT-Sex-Göttin, die wissenschaftlich omnipräsent- und potent die Youtube- Kanäle mit ihren Sciencevideos flutet und auch einen Liebesbrief an die Wissenschaft schreibt:

Aber sie ist wiederum asiatisch-stämmige MINTfrau, zumal etliche ostasiatische Staaten und auch Indien noch sehr viel Wert auf Naturwissenschaften legen.

Auch ist die Fokusierung auf Ingenieure und Physik und dann eben Atomkraft etwas ideologisch verengt. Naturwissenschaften umfassen ja mehr, eben auch Chemie und Biologie. Mathe und Kybernetik sind ebenso wichtig und es gibt auch MINTler,die auch als Nebenfach Philosophie oder eine Geisteswissenschaft oder aber BWL/VWL oder Informatik studieren, was auch nichts schaden kann, da es das logische, praktische und gesellschaftliche Anwendungsdenken schult, wie auch interdisziplinäres und ganzheitliches Denken.

Aber die Universalgenies sind rar gesät und aufgrund der zunehmenden Spezialisierung werden auch mehr Fachidioten herangezüchtet. Interessant, dass die KP China am ehesten dem Ideal des Autors von einer Technokraten- Ingenieursmeritokratie entspricht, da deren Leitungspersonal sich aus sehr vielen studierten MINTlern und Ingenieurswissenschaftlern zusammensetzt. Umgekehrt kennt man aber auch das Phänomen, wenn sich Maschinenbauer wie der türkische Islamist Erbakan oder eben naturwissenschaftlich studierte KPler zur Gesellschaftspolitik äußern, da zumeist reaktionäres, autoritäres Gedankengut herauskommt, da sie im Individuum nur ein Rädchen in einer Maschine, aber keine Menschen sehen oder falls es um Kybernetik und IT geht ihnen eben vor allem solche Orwellschen Sozialbonusüberwachungssysteme einfallen. Das ist aber auch ähnlich, wenn sich Künstler zu Politik oder technologischen oder naturwissenschaftlichen Themen äußern, dass da viel Blödsinn und Halb- oder gar naives und ignorantes Unwissen verbreitet wird, das an der Grenze der Ideologie und des Utopischen vorbeischrammt, was aber gerne als Phantastievölligkeit und Kreativität dargestellt wird, die den Künstler auszeichne und eben gerade die herrausstechende Qualität des Kulturschaffenden und sein Alleinstellungsmerkmal sei. Aber die Globalsierungsphase mit dem Fukuyamaschen Ende der Geschichte, das Freihändlertum und der Neoliberalismus seit den 80er Jahren war weniger durch eine Vergeisteswissenschaftlichung, sondern vor allem durch eine Ökonomisierung der Gesellschaft gekennzeichnet, der Ideologie des Marktradikalismus, der keine Industriepolitik vorsah, da der Markt alles richten würde und die Austeritätspolitik bezüglich Bildung, Forschung und Infrastruktur sind auch genauso kennzeichnend für dies Epoche, das, was man heute als „Kaputtsparen“ bezeichnet und damals slim state und schlanker state genannt wurde, den man wie die Ich AGs für den Weltmarkt „fit“ machen müsse. Auch bleibt die alte Frage, ob es wirklich zu wenig Ingenieure und MINTler gibt, wie auch Erfindungen oder es nicht infolge mangelnden Venture Capitals und Militärisch- Industriellem Komplex ala USA nicht genug Vermarktung, praktische Anwendungen der Grundlagenforschung und eben start ups gibt.

Das wäre noch um militärisches und geopolitisches, bzw. sicherheitspolitisches Wissen zu ergänzen, das in Zeiten des Nachkriegspazifismus und infolge der 68er auch grob vernachlässigt wurde, wie man es jetzt in den Talkshow-Militär-Crashkursen deutlich sehen kann. Zudem der Autor mit der Achse des Guten ja auch aus einer von Öl-, Gas- und Atomindustrie gesponserten Ecke kommt, die den wissenschaftlichen Konsens des menschengemachte Klimawandels und seiner möglichen katastrophalen Folgen infrage stellt, einen grünen König Charles III fürchtet, Kernfusion ala ITER, Wind- und Solarkraft nicht als Technologien sehen will und damit auch ideologisch daherkommt, ähnlich wie Lyndon La Rouches politische Futurismussekte, die an die futuristische Bewegung der 1920er Jahre in den USA anknüpfte.

Dennoch sollte man der Kritik Raum geben. Als konkretes Beispiel die ARD- Dokumentation „Das Energiedilemma“ über die Energiewende, die zeigt wie wenig durchdacht, geplant, technologisch- finanziell das gesamte Projekt konzipiert ist. Da fehlt es an konkreter Finanz- und technologischer, sowie infrastrukturellen Planung, zumal ja auch noch eine Verkehrswende damit einhergehend vollzogen werden soll. Irgendwie soll es der „Tesal- Midset“ und der Markt richten. Interessant, dass die Ikone der deutschen Energiewende Dr. Claudia Kempfert als inkompetente, abstrakt- ideologische Matrone der erneuerbaren Energien und der Transformation überführt wird, die auf konkrete Fragen, wieviel Gigawatt und Infrastruktur und Finanzen man bräuchte immer nur ausweichende, leere Versprechungen macht, dass „alles noch und nöcher vorhanden“sei. Eine Dokumenation,die alle Stimmen, auch Habeck hört, aber eben einmal die Basics darstellt, konkrete Fragen der Planung stellt und hoffentlich dazu beiträgt, dass auch die Expertise von naturwissenschaftlich gebildeten und auch Ingenieuren einbezogen wird. Denn ansonsten bleibt es so futuritisch- heils- und erlösungsversprechend- ideologisch wie dies die naturwissenschaftlichgebildeten Futuristen der nichterneuerbaren Energien der 50er und 60er Jahre waren.

https://www.ardmediathek.de/video/dokus-im-ersten/das-energie-dilemma/das-erste/Y3JpZDovL2Rhc2Vyc3RlLmRlL3JlcG9ydGFnZSBfIGRva3VtZW50YXRpb24gaW0gZXJzdGVuLzI4NjQ3YmM0LTVjYjEtNDQ5My1hMjExLTExOGU2ODE2MzZiYQ

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