Scholz: Mögliche Kooperation mit Russland nach Ukrainekrieg und statt neuem Eisernen Vorhang Europäische Sicherheitsarchitektur mit Russland?

Scholz: Mögliche Kooperation mit Russland nach Ukrainekrieg und statt neuem Eisernen Vorhang Europäische Sicherheitsarchitektur mit Russland?

Es ist schon auffällig ,dass Scholzens Bemerkung, dass man nach Beendigung des Ukrainekriegs wieder wirtschaftliche Beziehungen zu Russland aufnehmen werde, so kommentarlos seitens der USA, GB, der Osteuropäer und den Ukrainern quittiert wurde.  Die von Teilen beabsichtigte Europäische Friedensordnung ohne Russland scheint sich noch nicht so durchgesetzt zu haben und normalerweise könnte man ja Kritik hören, dass die SPD wieder zu einer Ostpolitik 2.0 zurück will oder Melnyk in Schnappatmung erwarten.

„Scholz: Nach dem Krieg wieder Kooperation mit Russland möglich

Der Bundeskanzler hat Russland für den Fall einer Beendigung des Ukraine-Kriegs die Rückkehr zu einer wirtschaftlichen Zusammenarbeit in Aussicht gestellt. Es sei wichtig, dafür Vorbereitungen zu treffen, erklärte Scholz.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat die deutsche Wirtschaft auf weitere Sanktionen gegen Russland eingeschworen, aber dem Land auch eine Kooperation nach dem Ende des Krieges gegen die Ukraine in Aussicht gestellt. Es sei wichtig, dass die Wirtschaft schon bei der russischen Annexion der ukrainischen Halbinsel Krim 2014 die Sanktionen mitgetragen habe, sagte Scholz am Abend in Berlin vor dem Ostausschuss der deutschen Wirtschaft.

„Gegenwärtig werden die Beziehungen, die wir haben, zurückgefahren, zurückgefahren, zurückgefahren. Jetzt verschärfen wir die Sanktionen. Das muss jeder wissen“, betonte Scholz, der sich bereits mehrfach gegen einen russischen Diktatfrieden für die Ukraine ausgesprochen und den sofortigen Abzug der russischen Truppen gefordert hatte.

Scholz will Vorbereitungen für die Zeit nach dem Krieg

„Aber ein Russland, das den Krieg beendet (…) braucht auch die Chance, dass in anderen Zeiten wieder möglich ist, ökonomische Kooperation zu beginnen: Nur ist das nicht jetzt“, sagte Scholz. Nach dem Krieg werde Russland aber das größte Land auf dem europäischen Kontinent bleiben. „Deshalb ist ganz zentral, dass wir für diese Zeit Vorbereitung treffen.“

Russlands Präsident Wladimir Putin habe nicht nur viele Orten in der Ukraine und sehr viele Menschenleben für seine imperialen Träume zerstört. „Eigentlich zerstört er auch die Zukunft Russlands“, sagte Scholz. „Und das ist das, was er gegenüber seinem eigenen Land und seinem eigenen Volk rechtfertigen muss.“

Wiederaufbau der Ukraine als „Menschheitsaufgabe“

In einer G7-Schalte mit den Staats- und Regierungschefs der wichtigsten westlichen Industriestaaten war zuvor über die weitere Hilfe für die Ukraine gesprochen worden. Man sei sich einig gewesen, dass man der Ukraine weiter helfe, solange dies im Kampf gegen Russland nötig sei, betonte Scholz. Der Wiederaufbau des von Russland immer weiter bombardierten Landes sei eine „Menschheitsaufgabe“.

Ihre finanzielle Unterstützung für die Ukraine wollen die G7-Staaten künftig bündeln. „Die G7 hat sich heute auf zentrale Momente für eine Plattform verständigt, die die finanzielle Unterstützung aller Geber koordinieren soll“, sagte Scholz im Anschluss an die Videokonferenz der Gruppe. „Das Ziel ist es, diese Plattform nun rasch aufzubauen, unter Beteiligung der Ukraine, internationaler Finanzinstitutionen und weiterer Partner.“

https://www.br.de/nachrichten/deutschland-welt/scholz-nach-dem-krieg-wieder-kooperation-mit-russland-moeglich,TPpVzPJ

Scholz gibt alle Schuld Putin, nicht der russischen Elite, den Silowiki, dem neoimperialen Verständnis Russlands, nein, nur Putin soll es gewesen sein und mit dem restlichen Nicht- Putin- Russland kann man wieder Beiziehungen aufnehmen. Vielleicht auch mit Putin dann auch, wenn man ihn nicht stürzen kann oder durch moderatere ersetzen kann oder damit verhindert, dass Radikalere wie der Koch, der ja nun auch überlegt eine Partei als des Volkes Stimme zu gründen, die die Besteuerung von Oligarchen und Fronteinsatz ihrer Söhne fordert, damit das Volk sieht, dass alle Opfer leisten,  oder Kadyrow und russische Nationalisten und Eurasier drankommen. Jedenfalls vorerst ist mit Putin und einem imperialistischen Russland Kooperation für Scholz vorerst noch nicht denkbar, wie er auch die Beibehaltung der NATO- Russland- Grundakte fordert:

„Partnerschaft mit Putins imperialistischem Russland auf absehbare Zeit unvorstellbar“

Veröffentlicht am 22.06.2022 | Lesedauer: 4 Minuten

Russland führe einen „erbarmungslosen Krieg gegen das ukrainische Volk, gegen unschuldige Frauen, Männer und Kinder“, sagte Scholz. „Dies sei „ein barbarisches Verbrechen“. Das sagte der Kanzler in seiner Regierungserklärung zu den bevorstehenden Gipfeln von EU, G 7 und Nato im Bundestag.

Quelle: WELT

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In seiner Regierungserklärung verurteilte Bundeskanzler Olaf Scholz den russischen Angriffskrieg und sagte der Ukraine weitere deutsche Unterstützung zu. Deutschland werde „jeden Quadratmeter“ der Nato verteidigen, sagte der Kanzler mit Blick auf den aktuellen Streit zwischen Litauen und Russland.

Kanzler Olaf Scholz erwartet vom Nato-Gipfel in Madrid angesichts des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine ein Signal des Zusammenhalts und der Entschlossenheit. „Eine Partnerschaft mit Russland, wie sie noch das Strategische Konzept von 2010 als Ziel ausgegeben hat, ist mit Putins aggressivem, imperialistischen Russland auf absehbare Zeit unvorstellbar“, sagte der SPD-Politiker am Mittwoch in einer Regierungserklärung zu den anstehenden Gipfeltreffen der Europäischen Union, der G-7-Gruppe wirtschaftsstarker Demokratien und der Nato im Bundestag in Berlin.

Zugleich warnte der Bundeskanzler, daraus falsche Schlüsse zu ziehen. „Es wäre unklug, unsererseits die Nato-Russland-Grundakte aufzukündigen“, sagte er. Das würde dem russischen Präsidenten Wladimir Putin und dessen Propaganda nur in die Hände spielen.

Die Grundakte bekräftige genau die Prinzipien, gegen die Putin so eklatant verstoße: Den Verzicht auf Gewalt, die Achtung von Grenzen, die Souveränität unabhängiger Staaten. Daran solle Putin immer wieder erinnert werden.In der Nato-Russland-Grundakte von 1997 hatte sich die Nato auch verpflichtet, auf die dauerhafte Stationierung „substanzieller Kampftruppen“ im östlichen Bündnisgebiet zu verzichten.

Die geplante langfristige Verstärkung der Nato-Präsenz an der Ostflanke könnte die Spannungen mit Russland weiter verstärken. Beim Nato-Gipfel vom 28. bis 30. Juni in Madrid wollen die Bündnispartner unter anderem über ein neues strategisches Konzept beraten.

Scholz bekräftigte zudem eine harte Haltung gegenüber Russland. „Umso entscheidender ist es, dass wir standhaft Kurs halten: mit unseren Sanktionen, mit den international abgestimmten Waffenlieferungen, mit unserer finanziellen Unterstützung für die Ukraine“, mahnte er.

„Solange bis Putin seine kolossale Fehleinschätzung endlich erkennt.“ Er bestätigte, dass die deutschen Panzerhaubitzen 2000 sich mittlerweile in der Ukraine befänden. Die Ukraine werde die Waffen bekommen, die es bei der Verteidigung gegen Russland brauche.

Scholz: Unterstützen die Ukraine, solange wie es nötig ist

Scholz sagte der Ukraine zudem anhaltende deutsche und europäische Unterstützung zu – auch mit Waffen. „Die Ukraine bekommt die Waffen, die sie in der jetzigen Phase des Krieges besonders braucht.“ Deutschland liefere die Waffen – „heute und in Zukunft“, betonte Scholz.

Die Ukraine habe jedes Recht, sich gegen Russland zur Wehr zu setzen, sagte Scholz. „Und es ist unsere Pflicht als europäische Nachbarn, als Verteidiger von Recht und Freiheit, als Freunde und Partner der Ukraine, sie dabei bestmöglich zu unterstützen.“

Europa stehe geschlossen an der Seite des ukrainischen Volkes, versicherte der Bundeskanzler vor dem Gipfelmarathon von EU, G-7-Gruppe und Nato. „Wir werden die Ukraine auch weiterhin massiv unterstützen – finanziell, wirtschaftlich, humanitär, politisch und nicht zuletzt mit der Lieferung von Waffen“, sagte er und ergänzte: „Und zwar so lange, wie die Ukraine unsere Unterstützung braucht.“

https://www.welt.de/politik/deutschland/article239511879/Bundeskanzler-Scholz-Partnerschaft-mit-Putins-imperialistischem-Russland-auf-absehbare-Zeit-unvorstellbar.html

Wichtig in diesem Zusammenhang und der Frage, ob man eine neue Europäische Sichrheitsarchitektur in Europa ohne Russland, aber mit einem neuen Eisernen Vorhang diesmal entlang der russischen Grenze mit permanenten, substantiellen US- und NATO- Militärbasen, Stützpunkte, Waffendepots, Raketen und Vorwärtsverteidigung haben will,  ist die 1997 unterzeichnete NATO- Russand- Grundakte, die jedoch kein Vertrag ist. Aber Die NATO-Russland-Grundakte wurde bisher auch noch nicht gekündigt und Scholz ist dagegen. Hingegen durften doch die Polen und Balten kein Interesse mehr daran haben und permanente US- und NATO- präsenz in ihren Länder befürworten. Auch Biden hält bisher an der Grundakte fest. Sie beinhaltet umgekehrt aber auch das Bekenntnis, Militärbündnisse frei wählen zu können, was ja der NATO in die Hände spielt. Schon früher war die Kündigung der NATO- Russland- Akte ein heißer Debattenpunkt innerhalb der NATO:

„Russischer Angriff auf einen Mitgliedstaat? Die Nato hält das für möglich und rüstet sich für den Ernstfall

Die Allianz hat Russland als grösste Bedrohung für den Frieden definiert. Auch schliesst sie einen Angriff Moskaus auf einen Verbündeten nicht länger aus. Auf eine dauerhafte Militärpräsenz an der Ostflanke wird aber weiter verzichtet.

Daniel Steinvorth, Brüssel 17.08.2022, 05.30 Uhr

An einem Frühlingstag im Jahr 1997 schüttelte der amerikanische Präsident Bill Clinton die bärige Hand seines Amtskollegen Boris Jelzin. Die Staats- und Regierungschefs der Nato, der Präsident der Russischen Föderation und der Generalsekretär der westlichen Militärallianz hatten gerade die sogenannte Nato-Russland-Grundakte unterzeichnet. Die Stimmung im Pariser Élysée-Palast war ausgelassen. «Die Welt, von der meine Vorgänger fünfzig Jahre lang geträumt und für die sie gearbeitet haben, ist endlich zum Greifen nah», schwärmte Clinton. «Dieses Dokument», sagte Jelzin, «wird die Stabilität in ganz Europa und sogar über die Grenzen dieses Kontinents hinaus unterstützen.»

Die Grundakte – eine Absichtserklärung, kein völkerrechtlich bindender Vertrag – sollte einen «dauerhaften und umfassenden Frieden» in Europa zum Ziel haben. Sie war das Ergebnis jahrelanger, zäher Verhandlungen zwischen Ost und West. Die ehemaligen Kontrahenten des Kalten Krieges versprechen darin, «auf die Androhung oder Anwendung von Gewalt gegeneinander oder gegen irgendeinen anderen Staat, seine Souveränität, territoriale Unversehrtheit oder politische Unabhängigkeit» zu verzichten. Der entscheidende Satz liess auf Gutes hoffen: «Die Nato und Russland betrachten einander nicht als Gegner.»

Eine Illusion weniger

Ein Vierteljahrhundert später wirkt das Papier wie aus der Zeit gefallen. Es herrscht wieder Krieg auf dem Kontinent. Mit dem Überfall der russischen Armee auf die Ukraine hat der Westen endgültig seine Illusion verloren, sich mit dem Kreml über eine europäische Friedensordnung verständigen zu können. Auf ihrem Gipfel in Madrid Ende Juni bezeichnet die Nato Russland als «bedeutendste und unmittelbarste Bedrohung für den Frieden und die Sicherheit ihrer Mitglieder». Man will nicht ausschliessen, dass der russische Präsident Wladimir Putin auch den Befehl zu einem Angriff auf einen Verbündeten geben könnte. Und man plant entsprechend, die Abschreckungsfähigkeit an der östlichen Flanke des Bündnisgebietes zu verstärken.

Aber ist die Akte wirklich tot, oder spielt sie bei den Überlegungen der Alliierten noch eine Rolle? Es gebe kaum einen völkerrechtlichen Grundsatz, gegen den Russland nicht verstossen habe, heisst es in Nato-Kreisen. Zugleich scheinen Militärplaner die Fassade des Abkommens weiter aufrechterhalten zu wollen. So sagte die für internationale Sicherheit zuständige Assistenzsekretärin im amerikanischen Verteidigungsministerium, Celeste Wallander, in einem Gespräch mit Journalisten im Juni, dass die Entscheidung Washingtons, in Polen ein ständiges Hauptquartier für das Fünfte Armeekorps der Vereinigten Staaten einzurichten, mit «unserem Verständnis der Nato-Russland-Grundakte» vereinbar sei. Das bedeutet wohl: Es gibt sie noch, die Akte.

Laut der Vereinbarung erkennt Moskau das Recht souveräner Staaten an, «die Mittel zur Gewährleistung ihrer eigenen Sicherheit» selber zu wählen. Dafür hatte sich die Nato im Gegenzug verpflichtet, weder nukleare Waffen noch «substanzielle Kampftruppen dauerhaft» im «Hoheitsgebiet neuer Mitglieder» zu stationieren. Den Staaten des früheren Warschauer Paktes (die von sich aus unter den Schutzschirm der Nato drängten) wurde es so ermöglicht, der Allianz beizutreten, ohne dass sie jedoch auf eine grössere Truppenpräsenz hoffen durften.

Schon mit dem Georgien-Krieg 2008, spätestens aber mit der Annektierung der Krim und dem von Moskau angezettelten Konflikt in der Ostukraine 2014 verstiess Putin gegen das in der Akte garantierte Recht auf territoriale Unversehrtheit. Dennoch hielt sich die Nato weiter an ihr Versprechen. Sie entsandte ab 2017 vier sogenannte Battlegroups nach Polen und ins Baltikum, wo russische Provokationen am ehesten zu befürchten waren. Diese Kampfgruppen, zusammengesetzt aus jeweils rund 1000 Soldatinnen und Soldaten aus mehreren Nato-Staaten, sollten die lokalen Streitkräfte verstärken. Sie wurden aber nicht dauerhaft stationiert, sondern sollten alle sechs Monate rotieren. Sie waren zudem kaum gross genug, um einen russischen Angriff abzuwehren, konnten deswegen auch nicht als «substanziell» gelten.

Stärkung der Nato-Ostflanke

Russischer Angriff auf einen Mitgliedstaat? Die Nato hält das für möglich und rüstet sich für den Ernstfall

Die Allianz hat Russland als grösste Bedrohung für den Frieden definiert. Auch schliesst sie einen Angriff Moskaus auf einen Verbündeten nicht länger aus. Auf eine dauerhafte Militärpräsenz an der Ostflanke wird aber weiter verzichtet.

Daniel Steinvorth, Brüssel 17.08.2022, 05.30

An einem Frühlingstag im Jahr 1997 schüttelte der amerikanische Präsident Bill Clinton die bärige Hand seines Amtskollegen Boris Jelzin. Die Staats- und Regierungschefs der Nato, der Präsident der Russischen Föderation und der Generalsekretär der westlichen Militärallianz hatten gerade die sogenannte Nato-Russland-Grundakte unterzeichnet. Die Stimmung im Pariser Élysée-Palast war ausgelassen. «Die Welt, von der meine Vorgänger fünfzig Jahre lang geträumt und für die sie gearbeitet haben, ist endlich zum Greifen nah», schwärmte Clinton. «Dieses Dokument», sagte Jelzin, «wird die Stabilität in ganz Europa und sogar über die Grenzen dieses Kontinents hinaus unterstützen.»

Die Grundakte – eine Absichtserklärung, kein völkerrechtlich bindender Vertrag – sollte einen «dauerhaften und umfassenden Frieden» in Europa zum Ziel haben. Sie war das Ergebnis jahrelanger, zäher Verhandlungen zwischen Ost und West. Die ehemaligen Kontrahenten des Kalten Krieges versprechen darin, «auf die Androhung oder Anwendung von Gewalt gegeneinander oder gegen irgendeinen anderen Staat, seine Souveränität, territoriale Unversehrtheit oder politische Unabhängigkeit» zu verzichten. Der entscheidende Satz liess auf Gutes hoffen: «Die Nato und Russland betrachten einander nicht als Gegner.»

Eine Illusion weniger

Ein Vierteljahrhundert später wirkt das Papier wie aus der Zeit gefallen. Es herrscht wieder Krieg auf dem Kontinent. Mit dem Überfall der russischen Armee auf die Ukraine hat der Westen endgültig seine Illusion verloren, sich mit dem Kreml über eine europäische Friedensordnung verständigen zu können. Auf ihrem Gipfel in Madrid Ende Juni bezeichnet die Nato Russland als «bedeutendste und unmittelbarste Bedrohung für den Frieden und die Sicherheit ihrer Mitglieder». Man will nicht ausschliessen, dass der russische Präsident Wladimir Putin auch den Befehl zu einem Angriff auf einen Verbündeten geben könnte. Und man plant entsprechend, die Abschreckungsfähigkeit an der östlichen Flanke des Bündnisgebietes zu verstärken.

Aber ist die Akte wirklich tot, oder spielt sie bei den Überlegungen der Alliierten noch eine Rolle? Es gebe kaum einen völkerrechtlichen Grundsatz, gegen den Russland nicht verstossen habe, heisst es in Nato-Kreisen. Zugleich scheinen Militärplaner die Fassade des Abkommens weiter aufrechterhalten zu wollen. So sagte die für internationale Sicherheit zuständige Assistenzsekretärin im amerikanischen Verteidigungsministerium, Celeste Wallander, in einem Gespräch mit Journalisten im Juni, dass die Entscheidung Washingtons, in Polen ein ständiges Hauptquartier für das Fünfte Armeekorps der Vereinigten Staaten einzurichten, mit «unserem Verständnis der Nato-Russland-Grundakte» vereinbar sei. Das bedeutet wohl: Es gibt sie noch, die Akte.

Ein Bild aus friedlicheren Zeiten: Nach der Unterzeichnung des Nato-Russland-Pakts posieren im Mai 1997 Staats- und Regierungschefs vor der Kamera. Vorne von links die Präsidenten Bill Clinton (USA), Boris Jelzin (Russland), Jacques Chirac (Frankreich) und NATO-Generalsekretär Javier Solana. Hintere Reihe: die Ministerpräsidenten Jose-Maria Aznar (Spanien), Jean-Claude Juncker (Luxemburg) und Wim Kok (Niederlande).
Ein Bild aus friedlicheren Zeiten: Nach der Unterzeichnung des Nato-Russland-Pakts posieren im Mai 1997 Staats- und Regierungschefs vor der Kamera. Vorne von links die Präsidenten Bill Clinton (USA), Boris Jelzin (Russland), Jacques Chirac (Frankreich) und NATO-Generalsekretär Javier Solana. Hintere Reihe: die Ministerpräsidenten Jose-Maria Aznar (Spanien), Jean-Claude Juncker (Luxemburg) und Wim Kok (Niederlande).François Mori / AP

Laut der Vereinbarung erkennt Moskau das Recht souveräner Staaten an, «die Mittel zur Gewährleistung ihrer eigenen Sicherheit» selber zu wählen. Dafür hatte sich die Nato im Gegenzug verpflichtet, weder nukleare Waffen noch «substanzielle Kampftruppen dauerhaft» im «Hoheitsgebiet neuer Mitglieder» zu stationieren. Den Staaten des früheren Warschauer Paktes (die von sich aus unter den Schutzschirm der Nato drängten) wurde es so ermöglicht, der Allianz beizutreten, ohne dass sie jedoch auf eine grössere Truppenpräsenz hoffen durften.

Schon mit dem Georgien-Krieg 2008, spätestens aber mit der Annektierung der Krim und dem von Moskau angezettelten Konflikt in der Ostukraine 2014 verstiess Putin gegen das in der Akte garantierte Recht auf territoriale Unversehrtheit. Dennoch hielt sich die Nato weiter an ihr Versprechen. Sie entsandte ab 2017 vier sogenannte Battlegroups nach Polen und ins Baltikum, wo russische Provokationen am ehesten zu befürchten waren. Diese Kampfgruppen, zusammengesetzt aus jeweils rund 1000 Soldatinnen und Soldaten aus mehreren Nato-Staaten, sollten die lokalen Streitkräfte verstärken. Sie wurden aber nicht dauerhaft stationiert, sondern sollten alle sechs Monate rotieren. Sie waren zudem kaum gross genug, um einen russischen Angriff abzuwehren, konnten deswegen auch nicht als «substanziell» gelten.

Stärkung der Nato-Ostflanke

Stärkung der Nato-Ostflanke

Quelle: Nato

«Grösste Neuaufstellung der kollektiven Sicherheit»

Weshalb soll sich die Nato nach dem Überfall auf die Ukraine noch immer an diese Selbstbeschränkung halten? In einer ersten Reaktion aktivierte das Bündnis nach dem 24. Februar ihre Verteidigungspläne und verlegte Teile der sogenannten Nato Response Force (NRF) an die Ostflanke. Diese Eingreiftruppe besteht aus Boden- und Luftstreitkräften, Marine- und Spezialeinheiten, die zur Abwehr akuter Bedrohungen besonders schnell abmarschbereit sein müssen. Seit 2014 wurde die NRF, die im Ernstfall vom Oberbefehlshaber der Nato für Europa angefordert werden kann, kontinuierlich von 13 000 auf 40 000 Soldatinnen und Soldaten aufgestockt.

Auf ihrem Gipfel in Madrid beschlossen die Verbündeten, noch einmal deutlich mehr Truppen in hoher Einsatzbereitschaft zu halten. Der Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg kündigte an, die Zahl auf über 300 000 Soldaten im kommenden Jahr zu erhöhen – wobei 100 000 von ihnen binnen 10 Tagen und der Rest in bis zu 30 Tagen einsatzbereit sein sollen. Es handle sich um «die grösste Neuaufstellung der kollektiven Verteidigung und Abschreckung seit dem Kalten Krieg», verkündete Stoltenberg.

Erhöhen soll sich darüber hinaus die Zahl der Truppen vor Ort: Bereits im März entsandte die Allianz vier weitere Battlegroups nach Ungarn, in die Slowakei, nach Bulgarien und Rumänien, womit die Nato schlagartig in allen ehemaligen Warschauer-Pakt-Staaten Präsenz markierte. Bis anhin besteht jede Battlegroup in der Regel aus ein bis zwei Bataillonen mit jeweils 800 bis 1000 Soldaten. Gemäss den neuen Plänen sollen die Verbände nun in allen acht Frontstaaten auf das Niveau einer Brigade mit drei bis sechs Bataillonen ausgebaut werden. Schweres Gerät, etwa Artillerie, soll dafür bereits an Ort und Stelle gelagert werden.

Am «Rotationsprinzip» der Soldaten hält das Bündnis jedoch weiter fest. Auch die Amerikaner, die bis anhin rund 100 000 Truppenangehörige in ganz Europa stationiert haben und damit bei der Verteidigung des Kontinents die Hauptlast tragen, wollen von einer dauerhaften substanziellen Militärpräsenz an der Ostflanke nichts wissen. Ihre Kräfte befinden sich zum allergrössten Teil in Westeuropa. Einzige Ausnahme: das geplante ständige Hauptquartier des Fünften Armeekorps im westpolnischen Posen. Bei den dort künftig stationierten Offizieren handle es sich jedoch nicht um Angehörige von Kampftruppen, beteuern amerikanische Offizielle.

Die Balten und Polen sind enttäuscht

Vor allem in Polen und in den baltischen Staaten ist die Enttäuschung darüber gross. Denn dort erachtet man das Risiko eines grenzübergreifenden Krieges als keineswegs gebannt und hält es für fatal, im Fall eines russischen Angriffs auf ihre Länder erst darauf warten zu müssen, dass militärische Unterstützung aus dem Westen von aussen eingeflogen wird. Viel menschliches Leid, so die Befürchtung, könnte bis dahin nämlich von den Invasionstruppen angerichtet werden.

Für die Zurückhaltung der Verbündeten aber gibt es wohl mehrere Gründe: So dürften einige inzwischen eine zuversichtliche Sicht auf die russische Bedrohung haben. Russlands Militär erscheint ihnen geschwächt und nicht bereit für einen Schlagabtausch mit der Nato. Zweitens mangelt es vielen Nato-Staaten noch immer schlicht an Kapazitäten, um sich militärisch stärker im Osten zu engagieren. Drittens priorisieren einige Mitgliedstaaten ohnehin andere Regionen. Man dürfe, so die Kritik der Südeuropäer, über der russischen Gefahr nicht die Bedrohungen an der Südflanke des Bündnisses in Form von Terrorismus, Massenmigration und Klimawandel aus den Augen verlieren.

Obwohl die Nato-Russland-Grundakte im neuen strategischen Konzept nicht mehr erwähnt wird, gibt es in der Allianz keinen Konsens, sie offiziell zu kündigen. Auch das ist bezeichnend. Nicht völlig ausgeschlossen scheint für einige Mitgliedstaaten die Rückkehr zur Kooperation mit Russland zu sein.

https://www.nzz.ch/international/nato-russland-grundakte-allianz-ruestet-sich-fuer-den-ernstfall-ld.1697482

Ein deutscher Militär, der neben einer RCEP- TTIP- Freihandelszone, einer Etablierung einer taiwanesische Botschaft nun auch schon die Kündigung der Grundakte forderte, war General a. D. Domroese jr.

„Ex-Nato-General Hans-Lothar Domröse: „Man müsste die Nato-Russland-Grundakte kündigen“

16.3.2022, 18:30 Uhr

Angesichts des Angriffskriegs Russlands gegen die Ukraine wird in der Nato darüber diskutiert, ob man sich noch an die Vereinbarungen der Nato-Russland-Grundakte von 1997 halten sollte. Der Ex-Nato-General Hans-Lothar Domröse hält diese Diskussionen rechtlich für problematisch. Im SWR2 Tagesgespräch sagte er: „Die deutsche Auffassung ist, es ist keine Erlaubnis für mich, wenn der andere das Recht bricht. Es gibt keine Gleichheit im Unrecht.“

Aktuell gehe es unter anderem um die Frage, ob Nato-Truppen permanent in Osteuropa stationiert würden oder im Rotations-Prinzip wie bisher. Um mögliche Veränderungen in der Strategie gegenüber Russland auch juristisch verlässlich umsetzen zu können, schlägt Domröse eine Kündigung der Nato-Russland-Vereinbarungen vor: „Wenn es nach mir ginge, würde ich sagen, wir fühlen wir uns nicht mehr an das Abkommen gebunden. Wir steigen aus dem Vertrag aus, so wie man auch aus Rüstungskontrollverträgen aussteigen kann.“

Die Vorschläge aus Polen für die Lieferung von MiG-Kampfjets oder eine Nato-Friedenstruppe für die Ukraine sieht der ehemalige Nato-General kritisch: „Das war mal wieder typisch aus der Hüfte geschossen. (…) Eine Nato-Friedenstruppe im klassischen Sinne gibt es nicht. (…) Wenn, dann eine UN-Friedenstruppe nach einem Waffenstillstand.“

aus der Sendung vom

Mi., 16.3.2022 18:05 Uhr, SWR2 Aktuell, SWR2

https://www.swr.de/swr2/leben-und-gesellschaft/ex-nato-general-hans-lothar-domroese-man-muesste-die-nato-russland-grundakte-kuendigen-100.html

Doch bisher ist nichts in dieser Richtung geschehen, slbts die USA fordern nicht offen die Kündigung, vielleicht befürchtet man auch, dass das Putin als neue Eskalation und Aggression der NATO darstellen könnte, jedoch sind von anderer Seite unkommentierten Äusserungen von Scholz ein Indiz, dass man die Wiederaufnahme der Kooperation mit Russland nach dem Ukrainekrieg und somit eine Europäische Sicherheitsarchitektur mit Russland in der Zukunft nicht gänzlich ablehnt und vielleicht auch nicht auf einen Eisernen Vorhang mit hochgeriüteten Frontstaaten Baltikum, Polen, Ukraine vorerst setzt.

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