Willkürherrschaft, Sozialkundeidealismus und Strukturpazifismus

Willkürherrschaft, Sozialkundeidealismus und Strukturpazifismus

Zwei Meldungen, die im ersten Moment keinen Zusammenhang haben. Zum einen:

„Untersuchung des SPD-Skandals: Kein bisschen schlauer

(…)

Ehemaliger SPD-Generalsekretär Tasdelen tritt zurück – Form der Aufarbeitung fragwürdig

Der gesamte Vorgang irritiert. Es ist unglaublich wichtig, dass Belästigung oder Missbrauch in der Kirche, aber auch in Kultur, beim Film oder in der Politik aufgearbeitet werden. Aber dazu braucht es mutige Klägerinnen, die Missstände klar bezeugen. Das muss nicht immer in der Öffentlichkeit sein, aber im vorliegenden Fall wäre zumindest die Aufarbeitungskommission das richtige Forum gewesen. So bleibt die Frage: Wo kommt eine Gesellschaft hin, wenn irgendjemand aus dem Schutz der Anonymität heraus unspezifische Vorwürfe gegen jemanden erheben kann und damit Karrieren vernichtet?

https://www.merkur.de/politik/bayern-spd-vorwuerfe-arif-tasdelen-generalsekretaer-aufgearbeitet-vorgang-irritiert-92063424.html

Zum anderen:

Kommentar zu „Hart aber fair“

Mit öko-sozialistischen Parolen in der ARD stellt Aktivistin Klima-Bewegung bloß

Es ist das Mega-Thema unserer Zeit: die Klimakrise. Um dieser Herausforderung zu begegnen, braucht es möglichst viele. Um so wichtiger ist es, die Menschen im Kampf für eine weiter lebenswerte Erde mitzunehmen. Das gelingt allerdings nur mit Faktentreue und einem ordentlichen Rechtsempfinden. Umso erstaunlicher ist es, wenn eine Sprecherin der „Letzten Generation“ vor einem Millionenpublikum live im Fernsehen ihr antidemokratisches Rechtsverständnis zur Schau stellt und durch Unwissenheit negativ auffällt.

Am Montagabend war Aimée van Baalen zu Gast in der ARD-Talkshow „Hart aber fair“ mit Moderator Louis Klamroth. Es ging ums Klima. Die 23-Jährige ist nicht nur Sprecherin der „Letzten Generation“, sondern auch Mitglied bei „Fridays for Future“ und „Extinction Rebellion“, also Aktivistin von Beruf – Gehalt inklusive.

Wenn sich zum Beispiel in München am Stachus junge und auch etwas ältere Menschen auf der Straße festkleben, dann steht sie daneben und erklärt eloquent, dass die Regierung bewusst und wissentlich gegen das Grundgesetz verstoße und verweist dabei auf Artikel 20a. Vor knapp 30 Jahren wurde der Umwelt- bzw. Klimaschutz als Staatsziel in die Verfassung aufgenommen. Ein direkter Rechtsanspruch lässt sich daraus nicht ableiten. Insofern ist es schon ein etwas gewagtes juristisches Manöver, der Ampel hier Verfassungsbruch vorzuwerfen.

Viel dramatischer als solche Wissenslücken ist das Rechtsverständnis, das die Sprecherin einer ganzen „Letzten Generation“ bei Louis Klamroth an den Tag legte. Sie schwadronierte von „anderen demokratischen Mitteln“ und einem zu installierenden „Gesellschaftsrat“. In diesem würden Leute ausgelost, die in „Krisensitzungen“ entscheiden, „welche Maßnahmen dann tatsächlich umgesetzt werden“.

„Letzte Generation“ offenbart antidemokratische Haltung

Wie bitte? Willkürlich per Los bestimmte Bürgerinnen und Bürger sollen künftig einer ganzen Gesellschaft sagen, wo es lang geht? Offener kann man nicht zeigen, dass man eben nicht mit beiden Händen am Grundgesetz klebt, auf das sich die „Letzte Generation“ doch sonst so übereifrig beruft, sondern die Verfassung mit Füßen tritt – am liebsten offenbar in die Tonne. Hier wird nicht weniger als die Abschaffung der parlamentarischen Demokratie gefordert.

Der stellvertretende Fraktionschef der FDP im Bundestag, der 33-jährige Jurist Konstantin Kuhle, brachte es bei „Hart aber fair“ sogleich auf den Punkt: „Das öffnet dem Willkürstaat Tür und Tor“. Man kann nur hoffen, dass van Baalen und ihre Mitstreiter Kuhles Nachhilfe in Sachen Demokratie am Ende der Sendung aufmerksam zugehört haben.

„Die Entscheidungen in Deutschland trifft der Deutsche Bundestag, weil er demokratisch durch Wahlen legitimiert ist, und zwar von der ganzen Bevölkerung“, so Kuhle. „Sie können nicht Leute auslosen und die mit der Macht ausstatten, über das Wohl und Weh des ganzen Landes zu entscheiden. Das ist undemokratisch.“

https://m.focus.de/politik/deutschland/kommentar-aktivistin-stellt-bei-hart-aber-fair-mit-parolen-klima-bewegung-bloss_id_184547744.html

Ja, so klug, wird man da auch nicht, um was es bei den Untersuchungsausschuss in der SPD ging. Soweit man anfangs erfahren konnte, wurde ein Obergenosse von ein paar Juso- Genossinnen der sexuellen Belästigung bezichtigt. Scheinbar hat er nicht gegrapscht, vergewaltigt oder gestalkt, sondern sich nach der Telefonnummern von  Genossinnen erkundigt, was diese als übergriffig ansah, zumal Renate Schmidt die Vorwürfe als an den Haaren herbeikonstruiert bezeichnete.Nun könnte man noch sagen, dass Renate Scchmidt die Old School der alten SPD- Machos gewohnt ist und die jüngere Genossinnengeneration da andere Wahrnehmung von sogenannt „toxischer Männlichkeit“ hat und sich auch nicht soviel gefallen lässt wie die Generation Schwarzer. Aber darum geht es scheinbar auch nicht. Jedenfalls hat Mike Schier recht, wenn er in der mangelnden Transparenz der Vorwürfe und der Relativierung der Unschuldsvermutung bei  diesen Me Tookampagnen ein Element der Willkür sieht- das konnte man auch schon bei Alice Schwarzers Hexenjagd in ihrem BILD- Volksgerichtshof gegen Kachelmann gut sehen. Scheinbar scheinen  aber Teile der jüngeren Generation vermehrt auf solche Willkürelemente zu setzen. So forderte auch die bezahlte Polyaktivistin von FFF, Extinction Rebellion und  Last Generation Aimee van Baalen bei Hart aber Fair ( Plasberg- Nachfolger und Moderator Klamroth ist ja der Freund von FFF- Chefin Luise Neubauers) Bürgerräte mit Losverfahren, was richtigerweise als eine Art Willkürsherrschaft kritisiert wurde.  Und es ist Willkür nicht nur wegen des Losverfahrens.Rätemodelle gab es ja schon desöfteren. Sei es die Räterepublik in München, die ein rechtes Chaos und Fiasko wurde. Seien es die Räte der Bolschewiki, die schnell in der 70 jährigen Herrschaft einer totalitären Einheitsavantgardelitepatei endeten,seien es die Vorstellungen von liquid democray und Basisdemokratie bei den Piraten oder Schwarmintelligenz bei Der Basis mit Schwarmbeauftragten. Alter Wein in neuen Schläuchen. Dennoch ist es falsch, sofort Zensur und Diskussionsverbot in den ÖR für diese junge Aktivisten zu fordern oder da gleich Verfassunsgfeinde und eine Öko- RAF herbeizuschreiben wenn man schon den vielbeschworenen Dialog mit der Jugend führen will und diese bisher nicht einmal das Niveau der 70er Jahre erreicht hat,Damals war Rudi Dutschke auch oft genug in den ÖR.. Die 68er hatten auch viele Rätevorstellungen, von denen Cohn Behndit heute selbst sagt, dass dies die größte Narretei war. Doch die Frage ist eben auch, ob die representative Demokratie so represaentativ ist mit all jenen „Lobbyräten“, Consulting- Berater-„Räten“der Regierung und des Staates, deren guter Rat sehr teuer ist und zumal man ja durchaus über plebeszitäre Elemente ala Schweiz diskutieren dürfen soll. Zudem ist die Schweiz auch keine Rätedemokratie, noch plebiszitäre Demokratie, sondern eine representanive, parlamentarische Demokratie mit teas mehr plebiszitären Elementen als Deutschland. Zumindestens sollen die Parteien erst mal dafür sorgen, dass der Bundestag mal verkleinert wird und nicht noch weiter anwächst, bevor wir über anderes reden..

Einige sagen, dass die jungen Aktivisten da nicht im Sozialkundeunterricht aufgepasst haben und es zu wenig politische Bildung gibt. Ich glaube eher das Gegenteil und dass man im Sozialkundeunterricht recht naive, idealtypische und damit romantische Bilder von einer realexistierenden Demokratie und deren Aussenpolitik bekommt, die zu wertemoralisch und zu wenig realpolitisch und anhand der real existierenden Welt da einen sehr romantisierenden Idealismus in die Welt setzt, an den nur desinteressierte Karrieristen und  Opportunisten oder wirkliche realpolitische Checker und Praktiker nicht glauben und deswegen nicht enttäuscht werden. Die Jungaktivisten sind enttäuschte Sozialkundeidealisten ,die den Reeducationmoralismus aufgesogen haben wie etwa ein Heribert Prantl, der einem vorkommt wie der fingerschnippsende  und bebrillte Streber in der ersten Reihe beim Sozialkundeunterricht, der die Artikel des Grundgesetzes auch noch auf seine Klopapierrolle wie beim Untertan gedruckt hat und die ja da ständig bei ihren Idealen enttäuscht werden, und sich dann ausdifferenzieren in Leute, die diese Demokratie ablehnen, weil zu ineffizient oder aber eben noch mehr Demokratie fordern oder mehr Apo, die das in die Parlamente trägt oder eine basisdemokratische Räte oder NGO- dominierte Demokratie. Manch ein Otto Normal nimmt diese ganzen Ideale nicht zu face value und so ernst, ist auch durch seinen Alltag Härteres gewohnt und ist auch nicht so idealistisch oder gar romantisch wie Gymniasiasten und Alternativschüler. Und die einfacheste Sache, die man lernen sollte, ist, dass Demokratie eine bürgerliche Herrschaftsform, Gewalt- und Machtfrage ist und das so konsequent immer rauszuhalten mit der ebenso fast völkisch- homogenen Vorstellung einer Volksherrschaft eines einig Volkes, das zusammenwächst und vollintegriert ist führt da zu beiderseitiger Enttäuschung linker- und rechterseits. Von daher ist dieser übertrieben und werteüberdosierte Sozialkundeidealismus und bisherige Strukturpazifismus dann auch der Grund, wenn sich die Welt in eine polykrisenhafte Welt verwandelt, diese Idealisten militant werden können in beide Richtungen.

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