Deutscher Mathematikstandort, Pippi Langstrumpf und Chinas KI-Pflichtkurse an Schulen

Deutscher Mathematikstandort, Pippi Langstrumpf und Chinas KI-Pflichtkurse an Schulen

Ein Mathematikprofessor aus NRW kritisierte unlängst die deutschen Mathelehrpläne und kam zu dem Schluss, dass deutsche Matheschüler oder auch ihre Lehrer nicht einmal die Mathetests vergleichbarer indischer Jahrgänge bestehen würden und dass es um den MINT- Standort Deutschland ganz schlecht bestellt sei. Die Ruhrbarone berichteten:

NRW: Matheprofessor zerlegt den Kernlehrplan Mathematik für die Sekundarstufe II

4. März 2023 | Stefan Laurin

Bernhard Krötz Foto: Screenshot

Bernhard Krötz ist Mathematikprofessor an der Uni Paderborn. Ab und an veröffentlicht er Videos zum Thema Bildung und Mathematik. In einem dieser Ende Februar veröffentlichten Videos zeigt er, welches mathematisches Wissen von indischen Abiturienten beim Joint Entrance Examination (JEE) erwartet wird. Das JEE  ist die Aufnahmeprüfung für die verschiedenen Ingenieurshochschulen das Landes. Krötz ist sich sicher, dass so gut wie kein Abiturient in Deutschland eine Chance hätte, diese Prüfung zu verstehen. Für ihn verbietet schon der  Anstand den Vergleich mit  deutschen Abiturienten.  Und dass sich dies  auch in Zukunft nicht ändern wird, belegt Krötz indem er sich den neuen Kernlehrplan Mathematik für die Sekundarstufe II in Nordrhein Westfalen anschaut. Dort geht es auch um Mathematik, aber auch einem deutlich niedrigeren Niveau als in Indien. Aber die Schüler sollen in NRW im Mathematikunterricht ja auch nicht nur Mathe lernen:


Am Ende des Videos präsentiert der Professor noch die Aufgaben einer Matheprüfung, der sich 1971 Realschüler in Baden-Württemberg unterziehen mussten. Er ist sich sicher: An ihr würden heute Mathematiklehrer der Sekundarstufe I scheitern.

Was man Krötz vorwerfen kann, ist, dass er Äpfel mit Birnen vergleicht: Indien ist eine jahrtausendealte Hochkultur. Deutschland ein Waldgebiet, das zuletzt ein paar gute Jahrhunderte hatte. Und die gehen gerade vorbei.

https://www.ruhrbarone.de/nrw-matheprofessor-zerlegt-den-kernlehrplan-mathematik-fuer-die-sekundarstufe-ii/217993/

Beim vergeigten Bildungsgipfel war dies scheinbar kein Thema, weswegen dies nun die Frankfurter Rundschau aufgegriffen und das Bildungsministerium um eine Stellungnahme gebeten hat .Diese fällt recht kurz , bündig und knapp aus. Schule ist Schule und Uni ist Uni. Nicht vergleichbar. Und in Indien herrscht Demokratie- Nachholbedarf. Scheinbar haben wir dann lauter Demokraten,die nicht mehr rechnen können.

„Dafür wird man in Indien belächelt“: Mathe-Professor nimmt deutsches Abi auseinander

Mathematik-Professor Bernhard Krötz vergleicht die schulischen Anforderungen in Indien mit NRW – und zieht ein vernichtendes Fazit. Was sagt das verantwortliche Schulministerium dazu?

Köln – Es muss etwas passieren im deutschen Bildungssystem. Darin sind sich eigentlich alle einig – Politiker, Lehrer, Eltern und Schüler. Doch es passiert: nichts. Auf den verpatzten Bildungsgipfel von Ministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP), an dem fast kein Bildungsminister teilnahm, folgte nun die Kultusministerkonferenz. Es geht darum, das Abitur anzugleichen.

Doch ist die Frage, wie man das Abitur in Bremen und Sachsen-Anhalt vereinheitlicht, wirklich das Problem an deutschen Schulen? Nicht für Bernhard Krötz. Am 21. Februar lädt der Mathematik-Professor ein Video auf YouTube hoch. Üblicherweise liegen seine Klicks im vierstelligen Bereich. Dieses Video sticht mit über 160.000 Aufrufen heraus. Anscheinend trifft er einen Nerv. Krötz sitzt vor einer Bücherwand. Er spricht ruhig, sachlich und unaufgeregt. Dabei ist seine Aufregung groß.

Denn Krötz bekommt aus erster Hand mit, wie gut das Abitur auf ein Studium der Mathematik vorbereitet. Sein ernüchterndes Fazit: gar nicht. Studenten im ersten Semester seien „mathematische Anfänger“. Verantwortlich wäre dafür der viel zu seichte Unterricht in der Oberstufe. „Über die Anforderungen im naturwissenschaftlichen Bereich kann man in Asien nur lächeln“, sagt Krötz.

Mathematik-Professor: Deutsche Schüler wären in Indien komplett überfordert

Krötz wird in seinen Ausführungen konkret. Er vergleicht die Prüfungsaufgaben aus Indien mit den Anforderungen in NRW. Als Referenz wählt Krötz das „Joint Entrance Exam“ (JEE). Es ist der wichtigste Test in Indien. Wer ihn meistert, kann sich die Universität aussuchen. Aufgabe für Aufgabe geht Krötz die Prüfung durch und kommt zum Schluss, dass fast kein deutscher Schüler diesen Test bestehen würde. Dabei ist die Durchfallquote auch in Indien hoch. Von 400.000 Schülern haben lediglich 10.000 die Hälfte der Aufgaben richtig bearbeitet. Für Krötz aber viel wichtiger: Unter 15 Prozent fällt kein indischer Schüler. Das liege auch am sehr strengen Zeitlimit von drei Stunden. Mit mehr Zeit könnten viele Inder zumindest ein Drittel schaffen, ist der Mathematik-Professor überzeugt. Das traut er deutschen Schülern nicht zu.

Dabei braucht es auch hierzulande mehr gut ausgebildete Naturwissenschaftler. Noch wichtiger: gut ausgebildete Naturwissenschaftlerinnen. Rund ein Drittel der Studierenden sind Frauen, zwei Drittel Männer. Besonders in den Bereichen Softwareentwicklung und Informatik klagen Betriebe über viel zu wenig Nachwuchs. Nach Einschätzung des Unternehmerverbands NRW wird der Fachkräftemangel in den MINT-Bereichen (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik) schon „zu einer echten Gefahr für den Wirtschaftsstandort, unseren Wohlstand und auch für die Transformation.“

Mit den hiesigen Anforderungen kann man dieses Problem nicht in den Griff bekommen, sagt Krötz. Er nimmt den neuen, noch nicht veröffentlichen NRW-Kernlehrplanentwurf im Fach Mathematik auseinander. Woher er den Entwurf hat, bleibt offen. Krötz‘ Fazit: Die Aufgaben sind viel zu leicht.

Schulunterricht in Indien: Stärkerer Fokus auf Naturwissenschaft

Ein ganz anderer Wind, also Leistungsdruck, wehe in Indien. Dort sei die gesamte Schulbildung wesentlich anspruchsvoller und stärker auf die Naturwissenschaften konzentriert, sagt Krötz. Wenn ein indischer Schüler in den MINT-Fächern seinen Schwerpunkt setzt, habe er in der Woche je sechs Stunden Mathematik, Chemie und Physik in der Woche. Dazu weitere sechs Stunden Biologie oder Informatik.

Eine Kritik, die bei den Verantwortlichen abperlt. „In dem in Rede stehenden indischen Test JEE werden in vielen Bereichen Kenntnisse abgeprüft, die erst in einem Hochschulstudium vermittelt werden. Vor diesem Hintergrund erscheint ein Vergleich des JEE-Advanced mit dem Entwurf des neuen Kernlehrplanentwurfs Mathematik für die gymnasiale Oberstufe unangemessen“, heißt es aus dem NRW-Schulministerium. Außerdem werde in dem Video eine Fassung des Kernlehrplanentwurfs gezeigt, „die in weiten Teilen nicht der veröffentlichten Fassung entspricht.“

Im Klartext: Indische Schüler müssen mathematische Anforderungen erfüllen, die bei deutschen Schülern erst an der Universität abgefragt werden. Man könnte argumentieren, dass das deutsche Bildungssystem sich – angesichts des globalen Wettkampfs um die schlausten Köpfe – an den Besten orientiert und selbst die Anforderungen anzieht. Das NRW-Schulministerium kommt zu einem anderen Schluss: „Die Fächer der Schulen bilden nicht die wissenschaftlichen Disziplinen der Universitäten ab.“ Schule bleibt Schule, Uni bleibt Uni.

Diskussion um Menschenrechte: Ist Indien das richtige Vorbild?

Mathematiker Krötz wird das nicht gerne hören. Er beklagt in seinem Video, dass die Studienanfänger der Mathematik unzureichend vorbereitet seien. Das Abitur habe nichts mehr mit einer Hochschulreife zu tun. Und ihn stört noch etwas. Er kritisiert die Zielvorgaben, die im neuen Kernlehrplanentwurf genannt werden. Dazu zählen unter anderem Menschenrechts-, Werte- und Demokratieerziehung. Es müsse aber um Inhalte, Fähigkeiten und Wissen gehen.

Was Krötz unterschlägt: Die Zielvorgaben sind genau jene Parameter, bei denen Indien noch Aufholbedarf hat. In dem 24 Minuten langen Video geht er nicht auf die Frage ein, inwiefern das Land grundsätzlich Vorbild sein sollte. Immerhin landet Indien im „Demokratiematrix“ der Universität Würzburg auf dem 84. Rang. Deutschland steht auf dem fünften Platz.

https://www.fr.de/politik/kultusministerkonferenz-mathe-professor-schule-abitur-nrw-indien-naturwissenschaften-92151576.html

Nun ist es richtig, dass man auch anhand von Rechenbeispielen und -aufgaben politische Inhalte reinbringen kann in den Unterricht. Die CIA hat dies in den Flüchtlingsschulen in Pakistan zur Rekrutierung afghanischer Jungmudjaheddin getan mit Mathematikaufgaben, wonach zu berechnen war, mit wieviel US- gelieferten Kugeln man am besten gottlose sowjetische Kommunisten erschiessen könne und auch die Nazis hatten Schulbücher, in denen ausgerechnet wurde, wieviel behinderte Kinder und Menschen, sogenannt „unwertes Leben“ denn in Geld kosten würden und wieviel gesunde arische Familien und sogenannt „lebenswertes Leben“ damit unterhalten werden könnten. Quasi eine Mathematik der Euthanasie, die da ideologisch verankert und berechend wurde. Aber man kann natürlich Rechenaufgaben auch werteliberal, humanitär  und demokratisch gestalten. Dennoch sollte der Schwierigkeitsgrad und der Leistungsstandard davon nicht beeinflusst werden- und darum geht es im Kern bei dieser Kritik.

Ein LMU- Professor und Asienexperte meinte noch dazu:

„Ja: „Immerhin landet Indien im „Demokratiematrix“ der Universität Würzburg auf dem 84. Rang. Deutschland steht auf dem fünften Platz.“

Ich habe vor gar nicht so langer Zeit mal an einer Studiengangsakkreditierung in NRW mitgemacht. Wichtiger Bestandteil, der mit ECTS-Punkten belohnt wird, ist das „zivilgesellschaftliche Engagement“. So sichern wir unseren Spitzenplatz in der Demokratiematrix.“

Scheinbar geht es der Bildungsministerin auch mehr bei Bildung um die Demokratiematrix und geopolitische Symbole als um Rechen- oder MINTkünste, denn ihr nächster Bildungsausflug geht nach Tawain:

„Bildungsministerin Stark-Watzinger reist nach Taiwan – China ist verärgert

Es soll der erste Besuch einer Bundesministerin in Taiwan nach fast drei Jahrzehnten werden: Bildungsministerin Stark-Watzinger reist am Montag nach Taipeh. Der chinesische Botschafter ist nicht begeistert.

Die chinesische Botschaft in Berlin hat verärgert auf den geplanten Besuch von Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) in Taiwan regiert. »Die chinesische Seite hat bereits bei den zuständigen deutschen Behörden demarchiert und großes Missfallen zum Ausdruck gebracht«, teilte die Auslandsvertretung dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) am Freitag auf Anfrage mit. Eine Demarche ist im diplomatischen Umfeld ein oft mündlich vorgetragener Einspruch. »An dieser Stelle fordern wir die deutsche Seite abermals auf, sich ohne Abstriche an das Ein-China-Prinzip zu halten«, hieß es laut RND aus der Botschaft.

Jede Form offizieller Kontakte »mit den nach Unabhängigkeit strebenden, separatistischen Kräften Taiwans und Einmischungen in die inneren Angelegenheiten Chinas« müssten unverzüglich eingestellt werden, so die chinesische Botschaft weiter. »Niemand darf die Entschlossenheit Chinas unterschätzen, die nationale Souveränität und territoriale Integrität sowie Chinas Kerninteresse zu verteidigen.

Stark-Watzinger reist am Montag nach Taiwan. Wie das Bundesbildungsministerium am Freitag in Berlin ankündigte, wird die FDP-Politikerin den demokratischen Inselstaat für zwei Tage besuchen und in der Hauptstadt Taipeh Vertreter der Regierung, aus Forschung, Bildung, Wissenschaft und Wirtschaft treffen. Vor dem Hintergrund der Spannungen zwischen Taiwan und China hat die Reise Symbolkraft. Es ist der erste Besuch eines Mitglieds einer Bundesregierung seit fast drei Jahrzehnten.

Der Inselstaat sieht sich als unabhängig an, China betrachtet Taiwan aber als Teil seines Territoriums und lehnt jede Form offizieller diplomatischer Kontakte zwischen Taiwan und anderen Ländern ab. Offizielle Beziehungen zur Volksrepublik können nicht unterhalten werden, wenn es diese auch mit Taiwan gibt. Weltweit gibt es nur wenige Länder, die Taiwan diplomatisch anerkennen. Deutschland gehört nicht dazu. Bereits im Herbst hatten zwei Bundestagsdelegationen die Inselrepublik besucht. Auch damals hatte Peking verärgert reagiert.

https://www.spiegel.de/politik/deutschland/bettina-stark-watzinger-reist-nach-taiwan-china-ist-veraergert-a-26c5c37f-176a-42b9-b992-6912379041ef

Ein LMU-Professor und Asienexperte fragte noch:

„Nur: Was will sie da eigentlich? Mikrochips? Es gibt ja durchaus ein paar anständige taiwanesische Unis, zu denen zurecht bereits gute Beziehungen bestehen, vor allem in den Rechtswissenschaften, z.T. auch in der Medizin, aber die Musik spielt in Asiens Wissenschaft seit einiger Zeit eigentlich an anderen Standorten.“

Nun scheinbar geht es eher um die Demokratiematrix sowohl innerschulisch wie auch aussenpolitisch- und da ist China wohl nicht die erste Adresse: Wenngleich eben wie Indien bei MINTfächern und Mathe. Aber während die Deutschen noch über die Qualität ihrer Mathelehrpläne diskutieren, stürmt China angesichts von ChatGPT und anderer Künstlicher Intelligenz bei der Ausbildung seiner Schüler nun mit KI/AI- Pflichtkursen an Schulen weltweit voran:

“School students in East China’s Zhejiang to study AI as compulsory course

By  Liu Caiyu

Published: Mar 17, 2023 08:04 PM

Photo: VCG

Photo: VCG


Students in primary and secondary schools of East China’s Zhejiang Province will study artificial intelligence (AI) as one of their compulsory courses, equivalent to math and English.

The AI content will also be integrated into traditional subjects of science and math, according to the announcement made at Zhejiang Digital Education Conference on Thursday.

The introduction of an AI course into schools is believed to lay a good foundation for them since information technology has already become one of the subjects tested during gaokao, the national college entrance exam, in Zhejiang Province.

„Adopting AI into compulsory courses is a matter of course following the fast development of the new technology. Not only students need to nurture the AI literacy, the entire school, including teachers, should embrace the digital reform,“ Xiong Bingqi, director of the 21st Century Education Research Institute, told the Global Times on Friday. Through the digital reform innovation of education, future talents will be largely boosted, Xiong noted.

Introducing an AI course into all schools across China will be an event to foresee in near future, Xiong believed.

Last year, Zhejiang Province started „AI+education“ pilot project in schools, aiming to integrate Ai into education.

Wenzhou is one of the cities that have implemented the project. Data showed the city plans to have 700 experimental schools for AI education and 60 demonstration schools for AI education by 2023.

By 2025, the number of experimental schools for AI education in Wenzhou is expected to increase to 1,000 and demonstration schools to 100, according to an implementation scheme to promote AI in schools released by the Wenzhou city government.

https://www.globaltimes.cn/page/202303/1287483.shtml

 Ja, da müssen die Deutschen und andere aufpassen, dass sie nicht auf Pippi- Langstrumpf- Mathematik zurückfallen, wie auch bei den ganzen neuen Lehrfächern, die es in Zukunft noch geben wird.

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