Die wundersame Vermehrung des Geldes und wie schnell es auch wieder verschwinden kann

Die wundersame Vermehrung des Geldes und wie schnell es auch wieder verschwinden kann

Autor: Dr. Wolfgang Sachsenröder

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Geld macht glücklich, wenn man genug davon hat, besonders wenn es sich fast von allein vermehrt. Die amerikanische Diskussion zur Finanzpsychologie hat inzwischen wissenschaftlich befunden, dass Geld erst ab einer Schwelle von 500.000 Dollar Jahreseinkommen das persönliche Glücksgefühl nicht mehr steigert. Geld macht aber auch nicht unbedingt unglücklich, wenn man nicht viel davon hat. Mit Sicherheit macht es aber unglücklich, wenn es plötzlich weg ist, etwa bei einer Pleite. In einem eigenen Unternehmen kann man den Bankrott meistens kommen sehen, verschließt aber gern die Augen, bis es zu spät ist. Früher war dann oft ein Selbstmord die Folge, das kommt inzwischen kaum noch vor. Etwas häufiger geworden ist dafür die Eröffnung eines neuen Unternehmens nach dem Offenbarungseid. Serienpleitiers mogeln sich an neue Geldquellen heran und finden immer wieder neue Opfer. Während Privatpleiten oft noch überschaubaren Schaden anrichten, geht es bei Bankpleiten schnell in lichte Milliardenhöhen.

Die aktuelle Bankenkrise

Der Zusammenbruch der Silikon Valley Bank (SVB) in Kalifornien schien zunächst so weit weg von Deutschland, dass er Schlagzeilen auslöste aber keine große Besorgnis. Und wen kümmert bei uns schon die Verschuldung der Vereinigten Staaten? Schließlich bleibt der Dollar doch die sicherste Anlagemöglichkeit weltweit, oder jetzt doch nicht mehr? Ausgelöst wurde der SVB-Zusammenbruch durch einen ihrer Investoren, der wegen einer schlecht geplantenKapitalerhöhung der Bank das Vertrauen verlor und sein Kapital abzog. Die Folge war ein rasend schneller „bank run“, die Anleger zogen in Scharen ihre Einlagen zurück. Im Deutschen wird bank run meist als Bankansturm oder Schaltersturm bezeichnet. Das klingt etwas unbeholfen und zeigt, dass so etwas bei uns eher selten vorkommt. Die Weltwirtschaftskrise von 1929 und die Inflation sind ja so lange her, und die Folgen der Finanzkrise von 2008 sind staatlicherseits geschickt und fast geräuschlos entschärft worden. Commerzbank, WestLB, HSH Nordbank, Hypo Real Estate und andere gelten wieder als sicher, auch wenn ihre Aktienkurse schon fallen. Die Idee, faule Kredite an sogenannte Bad Banks auszulagern war einfach genial, hat den deutschen Steuerzahler allerdings schon bis 2015 insgesamt 236 Milliarden Euro gekostet. Kritische Ökonomen sind da offener und sprechen gerade auch im europäischen Kontext von wohlklingenden Statistiklügen. Nun ist es in der Tat eine Aufgabe der Politik und der Finanzinstitutionen, das Vertrauen in die Währung zu bewahren, das ist praktische Finanzpsycholgie. Während Bankaktien bereits sinken,wiegelt auch Finanzminister Lindner in diesen Tagen ab und erklärt die deutschen Banken für sehr viel besser aufgestellt als 2008. Die Einschläge kommen allerdings näher, gerade in diesen Tagen mit dem Zusammenbruch der Schweizer Großbank Credit Swiss. Ihre Übernahme durch die „Union Bank of Switzerland“ (UBS), die ohnehin schon die größtePrivatbank der Welt ist, kann nicht alle Probleme lösen. Denn die Fusion wird viele Filialen der bisher konkurrierenden Banken bedrohen und Arbeitsplätze kosten. Die UBS gehört zu den rund dreißig Großbanken, die als systemisch gelten und nicht zusammenbrechen dürfen, weil sie das gesamte Bankensystem gefährden würden. Sollte das trotzdem passieren, wäre selbst die reiche Schweiz nicht in der Lage, den Koloss zu retten.
Der amerikanische Ökonom Prof. Nouriel Roubini, an der Wall Street „Dr. Doom“ genannt, hat lange vor der SVB-Pleite einen größeren Bankenkrach für dieses Jahr vorausgesagt. Pessimisten wie er sind natürlich die schlimmsten Feinde der Notenbankchefs und der Finanzpolitiker, die abwiegeln und Zuversicht verbreiten müssen, weil das ihre Aufgabe ist. Aber vielleicht ist in solchen Krisen die flapsige Definition des Unterschieds zwischen Optimisten und Pessimisten nicht mehr so lustig. Sie meint nämlich, dass die Pessimisten meistens besser informiert seien als die Optimisten. Deshalb gibt es auch viele Wirtschaftswissenschaftler, die Finanz– und Bankenkrisen für unvermeidlich halten.
Die nationalen Instrumente zur Krisenbewältigung, Notenbanken und Finanzpolitik, wie auch die weltweiten Mechanismen, Weltbank und Internationaler Währungsfonds, tragen zur Stabilisierung der Finanzsysteme bei und können ausgewachsene Staatspleiten deutlich entschärfen. Das hat das allgemeine Vertrauen in der Bevölkerung oft bis zur Sorglosigkeit gestärkt. Bei den Vermögenden sieht das allerdings anders aus. Wer viel zu verlieren hat, sieht zu, wie er sein Geld am besten schützen kann, was gerade in den letzten Jahrzehnten zur Entwicklung der professionellen Vermögensverwaltungen geführt hat. Zu den Schattenseiten dieser Spezialinstitute gehört, dass sie die Grenze der Steuervermeidung deutlich in Richtung Steuerhinterziehung verschoben und die Ausbreitung von Steueroasen begünstigt haben. Auf vielen sonnigen Inseln in der Karibik mit auffallend vielen Anwaltskanzleien verstecken sich riesige Geldvermögen hinter Briefkastenfirmen ohne Büro, ohne Mitarbeiter und ohne lästige Steuern.
Die Finanzindustrie und ihre Investmentbanken haben die Entstehung von Riesenvermögen begünstigt, die kaum oder keine Verbindung zur Realwirtschaft mehr brauchen. Kritiker haben das als Kasinokapitalismus gebrandmarkt und die Verbindung zum Glücksspiel liegt ja auch nahe. Wagniskapital kann hohe Renditen generieren oder zum Totalverlust führen. Die Risikobereitschaft eines Investors hängt von vielen Faktoren ab, CNN Business reduziert sie unverblümt auf einer Achse von 1 bis 100 zum „Greed and Fear Index“, also zwischen Geldgier und Angst. Damit kann man das aktuelle Investitionsklima ganz gut definieren, in den USA schwankt es in diesen Tagen zwischen Angst und extremer Angst. Fallende Bankaktien könnten den gesamten Aktienmarkt anstecken. Psychologisch sind die Mechanismen auch in den Extremen zumindest ähnlich, Emotionen und Selbstdisziplin sind entscheidend. Roulette-Spieler wetten auf ihre Glückssträhne und verdrängen frühere Verluste nur allzu gern. Wenn Finanzjongleure in ganz großem Stil wetten, wie George Soros oder Warren Buffet, werden sie zu heldenhaften Idolen, große Verlierer halten sich meist nicht lange in den Schlagzeilen. Einer davon ist Sam Bankman-Fried, deramerikanische Jungunternehmer aus dem Jahrgang 1992, der mit seiner Start-up-Firma FTX in den Handel mit Krypowährungen einstieg und innerhalb weniger Jahre ein Vermögen von 26 Milliarden Dollar anhäufte. Als FTX im November 2022 pleiteging, war von dem Geld kaum noch etwas übrig. Sein Fall ist wegen Betrugsverdacht gerichtsanhängig, aber Freunde der Familie garantieren für ihn eine Kaution von 250 Millionen. Hoch bezahlte Mitarbeiter von Finanzdienstleistern kommen oft nicht so gut weg. Zwei Manager von Goldman-Sachs, darunter ein Deutscher, sind kürzlich verurteilt worden, weil sie diskret mitgeholfen hatten, Milliarden aus dem malaysischen Staatsfonds 1MDB abzuzweigen.
In dem undurchsichtigen Gemisch von Geldgier, Risikobereitschaft, Vorsicht, Spieltrieb, Lebensstil und Rationalität scheint der menschliche Faktor ziemlich evident zu sein. Wenn der Kasinokapitalismus der letzten Jahrzehnte und Lebensstil-Fantasien aus der Filmindustrie die Risikobereitschaft auch mit angeheizt haben, neu sind solche Phänomene absolut nicht. Hier ein historisches Beispiel mit bemerkenswerten Parallelen:

Aufstieg und Fall des Law-Systems

Papiergeld gab es in China seit dem 7. Jahrhundert, Europa benutzte bis ins 18. Jahrhundert Gold- und Silbermünzen, deren Qualität allerdings gern manipuliert wurde. Die ersten Aktien führten die Niederländer ein, um die Vereinigte Ostindien-Compagnie (VOC) zu Beginn des 17. Jahrhunderts zu finanzieren, die erste moderne Aktiengesellschaft, die mit dem beginnenden Welthandel ungeheuer profitabel wurde. England folgte sehr schnell mit der East India Company (EIC), die maßgeblich das britische Weltreich mit aufbaute. Frankreich und Schweden mischten ebenfalls mit, Deutschland blieb im beginnenden Fernhandel zurück und erlebte das traurige Ende der einst stolzen Hanse. Praktisch alle Aktionäre dieser Zeit erzielten satte Gewinne, auch wenn mal eins der Schiffe unterging. Die erste große Spekulationsblase der Wirtschaftsgeschichte Europas war die Tulpenkrise oder Tulpenmanie in den Niederlanden 1636/37, bei der fast jeder, der ein wenig Geld hatte, eingestiegen war und viele ruiniert wurden.
Die größte Finanz- und Aktienkrise ereignete sich zu Beginn des 18.Jahrhunderts aber in Frankreich. Am Ende der glorreichen Regierungszeit des Sonnenkönigs Ludwig XIVstand Frankreich praktisch vor dem Staatsbankrott. Ein verschwenderischer Hofstaat und die militärischen Abenteuer hatten das Land in Schulden gestürzt, die weit über die Wirtschaftskraft hinausgingen. Das Gold und Silber für das Standard-Zahlungsmittel Münzen war knapp geworden, die Wirtschaft stagnierte oder schrumpfte. Rechnungen wurden nicht mehr bezahlt, die notleidende Bevölkerung wurde unruhig. Da erscheint der vermeintliche Retter aus der Not, ein schottischer Abenteurer namens John Law. Er hat das Erbe seines Vaters durchgebracht und hält sich in London mit Glücksspielen über Wasser. Der ständige Geldmangel inspiriert den mathematisch begabten jungen Lebemann zu finanzpolitischen Überlegungen, die er zu einer Theorie ausbaut, da auch England in finanziellen Nöten ist. Ein wichtiger Bestandteil seiner Theorien ist die Ausgabe von Papiergeld, mit dem Landbesitzer Hypotheken bis zum zwanzigfachen ihrer jährlichen Einkünfte aufnehmen können. Diese Papiere seien sicherer und stabiler als die schnell an Wert verlierende Münzwährung. Nach einem verbotenen Duell zum Tode verurteilt und später begnadigt, kann er aus dem Gefängnis ausbrechen und auf den Kontinent entkommen. Wie sein jüngerer Zeitgenosse Casanova zieht er, oft genug erfolgreich bei Glücksspielen und den Damen, von Residenz zu Residenz, kann aber keinen Fürsten von seiner Geldtheorie überzeugen. In Venedig gewinnt er sich an den Spieltischen reich und kauft wertbeständige Gemälde. 1715 ist er in Paris und schlägt dem Herzog von Orleans, der für den minderjährigen Ludwig XV die Regierung führt, sein Finanzsystem vor. Der Regent lässt sich im Angesicht des drohenden Staatsbankrotts überzeugen und gestattet Law die Einrichtung einer Art von privater Zentralbank nach niederländischem Vorbild, der Banque Générale Privée, die 1718 zur Banque Royale wird. Sie tauscht das Gold- und Silbergeld der Franzosen gegen staatlich gedecktes Papiergeld ein, was den Zahlungsverkehr zunächst erleichtert. Aber Laws Ehrgeiz geht weiter. Im gleichen Jahr 1718 gründet er die „Compagnie des Indes“, auch Mississippi Kompagnie genannt und verkauft Aktien im Wert von 50 Livres, heute ungefähr 150 Euro, die schnell auf den zehnfachen Wert steigen. Da nun auch der Regent und der Adel einsteigen, entsteht ein Sturm auf seine Bank, der Kurs klettert zeitweise von den ursprünglichen 50 auf 2000 Livres. Law sorgt auch mit Hilfe der verfügbaren Medien für den Erfolg der Aktien. Von ihm angestellte Journalisten beschreiben das wirtschaftliche Potenzial der riesigen französischen Kolonie Louisiana, die erst 1803 für 15 Millionen Dollar von den jungen Vereinigten Staaten aufgekauft wird. Aber der Kursrausch erzeugt auch Misstrauen, etwa bei dem Philosophen Voltaire, der selbst reich ist. Er wird bis heute mit der hellsichtigen Bemerkung zitiert, dass Papiergeld am Ende auf seinen tatsächlichen Wert zurückfallen muss, nämlich auf null. Ob auch er seine Aktien rechtzeitig diskret eingetauscht hat, ist umstritten. Aber die spektakuläre Rücktauschaktion des Prinzen Louis de Conti, der im Oktober 1719 Aktien im Wert von 25 Millionen Livres umtauschen lässt und für den Abtransport der Münzen drei Fuhrwerke benötigt zerstört das Vertrauen. Am 17. Juli 1720 ist Law zahlungsunfähig. Im Gedränge vor der Banque Royale sterben acht Menschen, unzählige Kleinanleger und alle, die ihre Aktien auf Kredit gekauft hatten, sind ruiniert. Gewonnen haben einige Aristokraten und vorsichtige bürgerliche Finanzakrobaten sowie die Banken, die die Aktienkäufe auf Kredit finanziert hatten. Auch das Vertrauen in die Regierung ist dahin, was mittelbar die Revolution von 1789 mit vorbereitet. Law flieht über Brüssel nach Venedig, wo er mehr schlecht als recht an den Spieltischen überlebt und 1729 an einer Lungenentzündung stirbt.
Laws Vermächtnis wird von Wirtschaftshistorikern unterschiedlich bewertet. Sein System war damals hoch innovativ und durchaus von einem Kaliber, das die Wirtschaft Frankreichs des 18. Jahrhunderts hätte voranbringen können.Aber Spekulationsblasen gefährden unsere Geld- und Zahlungssysteme immer wieder. Renditeversprechungen locken auch dann, wenn sie eigentlich als unrealistischerkennbar sein müssten. Alan Greenspan, der ehemalige Chef der amerikanischen Federal Reserve, unvergessen als die Sphinx der Finanzmärkte, nannte das Phänomen „irrational exuberance“, einen irrationalen Überschwang. Das hatte beim Pariser Börsenkrach von 1720 schon der rationale Voltaire im Visier. Beim Geld, meinte er, haben alle die gleiche Religion.Man kann nur hoffen, dass sich die aktuelle Banken- und Finanzkrise nach den SVB– und Credit Suisse–Pleiten einigermaßen einfangen lässt. Die Überschuldung fast aller Länder ist schon gefährlich genug.“

Kommentar Global Review:

Nette Schilderung der Phänomologie, der Psychologie und der Witrschaftsgeschichte der Finanzwirtschaft, aber jenseits dieser ÜBerbauschilderungen keine materialistische Analyse der Politökonomie, zumal eben auch mit der modischen These des Kasinokapitalismus und der Abgelöstheit der Finanzwirtschaft von der Realwirtschaft. Mir war jedenfalls bis dahin John Law und die Bancque Royale unbekannt, deren Pleite „mittelbar zur französischen Revolution“geführt habe. Na,ein bisschen mehr gehörte wahrscheinlich noch dazu. Ich frage mich auch,wie die Wahrnehmung und das kollektive Gedächtnis der Generationen da ist. Also, ich weiss noch, dass meinen Grosseltern und meinen Eltern die Hyperinflation und der Black Friday ins kollektive Gedächtnis geradezu eingebrannt war und sie immer mit einer Währungsreform infolge einer Inflation rechneten und vom Nachkriegsboom überrascht waren und es nicht recht glauben konnten.Bei den späteren Jahrgängen war das schon verblasst und mit Reagonomics,Thatcherismus, Hayek, Milton Friedman und dem Neoliberalismus, der nach dem Zerfall des Sowjetkommunismus seinen globalen Siegeszug feierte, dem Aufkommen der Yuppies und Wolves of Wall Street verblassten diese Erinnerungen. Der Börsencrash 1987 brachte seltsamerweise kein neues 1929, sondern blieb merkwürdigerweise und übescehnderwiese recht folgenlos und keiner fragte näher nach. Die Asienkrise 1997 betraf eher die Südostasiaten. Der NASDAQ-Crash der New Economy 2000 war auch nicht so folgenreich und verschwand im Windschatten von 9 11 völlig aus dem Gedächtnis. Aber Irakkrieg und  Finanzkrise 2008 blieben als historisch einschneidende Ereignisse. Welches kollektive Gedächtnis hat die jüngere Generation? Also in Europa vor allem 2008 und die sich daraus ergebende  Eurokrise. Die jüngere Generation ist ja mit Europa und dem Euro aufgewachsen, kannte die DM und deutsche Teilung samt Ost-Westteilung nicht mehr und man lebte eher in der sogenannten Spaßgesellschaft mit Loveparade und „One world, on Future“. Das näher zu untersuchen, wäre mal ganz interessant, inwieweit die Finanzkrise 2008 und die Eurokrise im kollektiven Bewusstsein der Jüngeren ist und wie sie von dieser auch verarbeitet und analysiert wurde-wobei man da auch noch zwischen Babyboomer, Millenials und Generation Z unterscheiden muss und auch  diese Generation kein homogener Block ist. Leider findet man zu diesem Thema nichts in den alljährlichen Shelljugendstudien. Meine Vermutung ist ja, dass da die Eurokrise recht glimpflich ausging, aber mit einer enormen Verschuldung einherging, dies mittels des Stichwort Generationengerechtigkeit vorerst abgespeichert und thematisiert wurde. Aber das war nicht das Ende. Mit Corona und Energiewende und nun wahrscheinlich auch neuen Rettungspaketen für bedrohte Banken und Einleger wird das nochmals akuter. Wobei auffällig ist, dass die meisten Jungen und Erstwähler vor allem FDP und Grüne wählen. Wobei die FDP theoretisch für neoliberale Austeritätspolitik, ,mehr produktive statt konsumtive Ausgaben, also weniger Sozialstaat, wenig Staatsintervention steht, während die Grünen ja wie die SPD den New Green Deal vor allem über keynesianistische Staatsausgaben, d.h. mehr Schulden eintreten, wobei das Friday for Future und die jungen Klimaschützer befürworten, da sie eine erneuerte Infrastruktur und Klimaschutz als Priorität sehen und als die eigentliche Generationengerechtigkeit und ihre Zukunft ansehen.

Interessant ist, dass man eine Finanzkrise schon vor 5 Jahren befürchtete, vor allem wegen immer noch unzulänglicher Regulierung der Banken, der sogenannten Schattenbanken, Derivate. Andere sehen in den Bitcoin eine Gefahr ,obwohl das wegen ihres geringen Umfangs auf den Finanzmärkten doch eher unwahrscheinlich war. Andere sahen ein Revival von 2008 aufgrund der exorbitanten Ausdehnung von Konsumer- und Autokaufkrediten, was aber auch nicht eintrat.

Den jetzigen SVB und Credit Suisse. Crash erklären sich viele mit der inzwischen erreichten Höhe der Verschuldung und dem Umschwenken auf höhere Zinsen. Interessant in diesem Zusammenhang, dass China das schon frühzeitig thematisierte, sogar ein Treffen mit Yellen organisierte und selbst eine neue Superfinanzregulierungsbehörde geschaffen hat, um einer chinesischen Finanzkrise aufgrund Immobilienblase, Verschuldung der Staatsbetriebe, schwarzen Banken, Lokalregierungen und Kreditausfällen der debt trap der Neuen Seidenstrasse zuvorzukommen. Ebenso wichtig ist die neoliberale Teilderegulierung und der Rollback des Dodd-Frank Acts unter Trump ,der die Grösse von zu regulierenden Banken von 50 Mrd.$ auf 250 Mrd.$ lockerte. Wohlgemerkt nahm dies Biden aber nicht auch  zurück. Trump schimpft jetzt auf Bidens Steuererhöhungen, die er nun als Ursache nennt. Professor Sinn weist weiterhin auf das amerikanische Bilanzwesen hin ,das den Marktwert und nicht den Realwert als Grundlage hat, auch bei der Berechnung der Eigenkapitalhöhe. Letztendlich fragt sich aber auch inwieweit SVP und die Finanzmärkte wirklich so von der Realwirtschaft abgekoppelt sind. Denn die Weltwirtschaft ist rezessiv und es kam auch zu etlichen Entlassungswellen in der Hitechbranche.

Ist 2008 die Finanzblase auf die Realwirtschaft „übergesprungen“ oder umgekehrt? Was ist von der Redewendung vom von der Realwirtschaft abgelösten oder abgekoppelten eigenen Finanzwirtschaft zu halten? Wurden denn Realwirtschaft und Finazkapital wirklich jemals so getrennt und entkoppelt? Sind die Finanzblasen nicht der Überbau der von Kreditversorgung abhängenden Realwirtschaft und der von dem Profitmachen der Realwirtschaft abhängigen Fianzwirtschaft?

Dazu noch ein lesenswerter Artikel zu Guenther Sandleben: Finanzmarktkrise – Mythos und Wirklichkeit. Wie die ganz reale Wirtschaft die Krise kriegt. Books on Demand: 2011.

Jedenfalls meint der Autor Florian Beck , dass all diese Verhältnisse, die näher zu untersuchen wären, eigentlich völlig egal seien. Auch die Krise, die eben Kapitalismus ist. Dass das zu kritisierende der Kapitalismus ist, egal ob als Krisenphänomen oder in vollem Boom, Arbeitsplätze, Jobs, ja auch sogenannte „gute Positionen“ seien selbst zu kritisieren- weswegen wird nicht klar: Weil das Proletatriat nicht die Betriebe und die Volkswirtschaft selbst unter Kontrolle hat, weil mn die fremdbestimmte Arbeit durch Chef und kapitalistisches System weghaben will, „frei“ ist und selbstbestimmen kann im Sinne von Marxens Spruch der Assoziation freier Produzenten? Oder weil selbst dann nur konkurrenzmäßige , wenngleich arbeiterbestimmte Betriebe gegeneinander wirtschaften würden, wie in Tito- Jugoslawien? Oder aber will man doch die Diktatur des Proletariats oder seine Emanzipation hin zu einer klasssenlosen Gesellschaft und Aufhebung der Existenz als Lohnarbeiter oder Angestellter? Und oder aber wie? Mit maoistischen Massenlinien und ständigen Massenkampagnen? Der völligen Roboterisierung und Digitalsierung ohne arbeiten zu müssen oder eben nur gesellsellshaftlich notwendige Arbeit zu machen samt „Recht auf Faulheit“-wobei eben die Frage dann ist, wer bestimmt, was gesellschaftlich notwendige Arbeit ist und für was? Oder mittels Big Data wie dies die Akkzelerationisten, Allende und Rudi Dutschke schon mal andachten , aber sich bisher sich nun im neototalitären China scheinbar erfüllt? Liquid- Arbeiterdemocracy  ala Piraten, denen es nicht ma um die Arbeiterkalsse geht oder aber will man ja selbst die Existenz der Lohnarbeiter aufheben-ja wer organisiert dann noch die gesellschaftliche Produktion, in welchen Strukturen und zu welchen Zielsetzungen, die wiederum von wem bestimmt werden wollen? Will man nur die Lohnarbeit und den Lohnarbeiter weg oder die gesamten Arbeiter oder nicht auch nicht mehr den Arbeiter als Klassenkategorie, sondern die Auflösung in eine „klassenlose Gesellschaft“?  Also hier bleiben unsere immer nachfragendern Kritiker der real existierenden boomenden Arbeitsplätze doch weitere Erläuterungen schuldig. Der Gegenstandpunkt und ähnliche abstrakte Emanzipationsepigonien verbuchen solche Nachfragen wieder als tendenziell reformistisch oder gleich konterrevolutionär. Eine Antwort, wie es denn lauter glückliche Leute in welcher Sorte von Organisation geben sollte und sei es nur einmal von der Politökonomie her, die einen Keynesianismus und Sozialstaat „transzendiert“, bleibt offen, ja vielleicht auch gar nicht machbar, weswegen man zwar immer gerne solche scheinbar sehr kritischen Fragen stellt, sich aber um jegliche Beantwortung drückt, da man weiss, dass die meisten Kritiker des Kapitalismus nicht einmal zu dieser Ebene vorstossen. Da fragt sich auch, auf welcher Seite der Fetischcharakter liegt: bei den Leuten, die solche Fragen nicht stellen, weil sie ahnen, dass sie keine realistischen Antwort zu geben imstande sind oder den Verweis auf Altunbewährtes vermeiden wollen, sondern nur abstraktes Ideologiegefasel unter Emanzipations- und Transzendenzfloskeln, -schlagwörtern und – phrasen absondern, hinter denen sich bestenfalls ein neuer Totalitarismus den Schafspelz anzieht oder das eben nur Philosophen sind, die die Welt nicht weiter erklären, noch gar verändern wollen, sondern in ihrer MG- und anderer Blase sich vor solchen nachbohrenden Grundsatzfrage systematisch abschotten. Auch solche einfachen Fragen, ob sie nun das Geld abschaffen wollen, wie dies die Roten Khmer als einziger Kommunismus getan haben und wie dies auch die Maowitwe Jiang Qing in China mit ihrer Viererbande in Anlehnung an Pol Pot zu Ende in der Volkszeitung forderte, ein Mao oder Stalin ohne Geld, und  das Geld als Kern des ganzen Bösen sehen oder das Geld als Verrechnungseinheit beibehalten oder zur Naturalwirtschaft zurück wollen, bzw. eine andere Theorie von der Funktion des Geldes als Zirkulationsmittel oder Äquivalentsgrösse für Arbeit haben, ja selbst solch einfache Nachfragen werden bei dieser Sorte Oberflächenkritik gleich abgewürgt.

Doch wenn auch linke Gruppen wie der Gegenstandpunkt nicht solche sich logisch weitergehenden Fragen beantworten können oder wollen, oder eben zur alten leider nicht bewährten Planwirtschaft oder anarchistischen Genossenschaftsökonomiepantasien zurückwollen, so sei doch ihre Schrift „Das Finanzkapital“ zur Erklärung und Einstieg empfohlen:

Geschenkidee zu Weihnachten: Das Finanzkapital–jenseits politthrillermäßiger, prognosemäßiger, antisemitischer oder moralischer Deutungen

Wen desweiteren interessiert, wie die sogenannte Realwirtschaft funktioniert und nicht alle drei Bände des Kapitals von Marx in Exegese als Langzeitstudent aufgrund von Lesefaulheit, Kosten- Nutzenkalkulaition oder Zeitmangel lesen kann oder will, hier eine Kurzzusammenfassung auf einer Seite, die das dem Kapitalismus zugrunde liegende Gesetz des tendenziellen Falls der Profitrate kurz und bündig erklärt, das sozusagen zu Wirtschaftskrisen und eben zu Finanzkrisen führt und „überspringt“,, bzw. eben mit der Realwirtschaft immer schon verbunden war:

Zum Gedenken an den 200. Geburtstag von Marx: Das Kapital und der tendenzielle Fall der Profitrate

Neben der ausgiebigen Analyse der Ware in Band 1, ist eines der weiteren wichtigsten Kernelement bei Marx die Arbeitswertlehre, die Krisentheorie und das Gesetz der tendenziell fallenden Profitrate. Diese erklären die Bewegung des Kapitals, die zyklischen Krisen und deren tendenzielle Verschärfung samt der sich zuspitzenden Konkurrenz zwischen den Kapitalien und damit einhergehender steigender Arbeitslosigkeit, Expansion auf Auslandsmärkte, Militarismus, Kolonialismus und imperialistischer Kriege. Marx Analyse erfolgte zur Zeit des „Kapitalismus der freien Konkurrenz“, untersucht also nicht oligopolistische oder monolpolistische Strukturen wie sie sich durch den von ihm beschriebenen Prozeß von Kapitalkonzentration- und Zentralisation im Zeitalter des Imperialismus herausbildeten (vgl. Lenin: Der Imperialismus als höchstes Stadium des Kapitalismus). Marx analysierte einen anarchischen Markt, , den es aber unter Lenin immer noch oligopolistisch gab, in dem jedes Kapital zwecks Profit drauflosproduziert, bis die beschränkte Konsumtionsfähigkeit der Massen zu einer Überproduktionskrise führt (im Gegensatz zum Feudalismus, dessen Kennzeichen Unterproduktionskrisen z.B. durch Naturkatastrophen waren). Diese Krisen verstärken sich jedoch aufgrund des Gesetzes der tendenziell fallenden Profitrate, Krisen und Handelskriege wachsen im Zeitverlauf über zu Kriegen (vgl. Marx: China).

In der bürgerlichen Ökonomie erfolgt eine Unterscheidung des Kapitals zwischen fixem Kapital und zirkulierendem Kapital. Letzteres schließt Arbeitslöhne und Investitionen in Rohmaterialien, Brennstoffe und Rohstoffe ein. Demgegenüber führte Marx: zusätzlich die Kategorien konstantes und variables Kapital ( = Arbeitslöhne ) ein, da menschliche Arbeit die einzige Quelle der kapitalistischen Gewinne sei.In dieser Arbeitswertlehre stimmt er auch noch mit klassischen Ökonomen wie Ricardo überein. Die darauffolgende bürgerliche Ökonomie sah jedoch Produktionsfaktoren wie Arbeit, Kapital, Boden, etc. gleichberechtigt als wertschaffend an, wodurch der wertschaffende Charakter der Arbeit verschleiert wird.

Marx sah eine doppelte Natur der Arbeit, d.h. zum einen als Arbeitskraft = Fähigkeit zu arbeiten, die der Arbeiter an Kapitalisten verkauft und die Arbeit (= Gebrauch von Arbeitskraft, d.h. die reale Ausschöpfung der Arbeitskraft des Arbeiters durch den Kapitalisten (=Ursprung des Gewinns). Ebenso sah er eine doppelte Natur des Kapitals, d.h. Konstantes Kapital = Investitionen in Produktionsmittel und Variables Kapital = Investitionen in Lohnzahlungen, wobei beide Größen Basis für die Bestimmung der Profitrate darstellen.

Arbeitswertlehre:

Nach Marx bestimmt die Summe der Arbeit, die in die Produktion eines Gutes eingeht bestimmt dessen Wert, d.h. Arbeit ist die Substanz und das immanente Maß der Werte. Der Wert eines Gutes entspricht der gesellschaftlich notwendigen Arbeitszeit zur Herstellung eines Gutes. Die gesellchaftlich notwendige Arbeitszeit bemißt sich zum einen durch die Arbeitszeit für die Produktion des Unterhalts für Arbeiter (evtl. & Familie), zum anderen an der vorherrschenden Technologie. Die an den Kapitalisten abgetretene Arbeitszeit ist größer als die gesellschaftlich notwendige Arbeitszeit.

Die Mehrarbeit, die Differenz, die „unbezahlte Arbeit“ entspricht dem Mehrwert (m), der geschaffen und vom kapitalisten abgeschöpft wird. Arbeit ist (neben Natur) die einzige Quelle der Wertschöpfung.

Nun folgt oft die Frage: Welche Rolle spielt das materielle Kapital? Rohmaterial, Vorräte, sowie Fabriken und Anlagen, die in Produktion verschlissen worden sind

Nach Marx ist der Wert aller Nicht-Arbeitsfaktoren im Gesamtwert des Endprodukts eingeschlossen; in diesem Sinne erhöhen sie den Wert. Maschinen schaffen keinen zusätzlichen Wert. Es werden zwar mehr Güter pro Arbeitseinheit, aber nicht mehr Wert pro Ausbringungseinheit geschaffen.

„Der Wert der Waren steht im umgekehrten Verhältnis zur Produktivkraft der Arbeit“.

Das Gesamtkapital setzt sich bei Marx zum einen aus physischem Kapital zusammen, d.h. Produktionsmittel und erscheint im Wert des Endprodukts als Kosten für Rohstoffmaterial, Brennstoffe, Vorräte und Abnutzung von Fabriken und Anlagen. Die Summe des physischen Kapitals = konstantes Kapital c = vergangene, aufgespeicherte tote Arbeit. Zum anderen aus variablem Kapital v = lebende Arbeit, lebendes Kapital, das allein den Wert schafft

Daraus ergibt sich : Das Gesamtkapital im Produktionszyklus: C = c+v

Der Gesamtwert im Produktionszyklus C´= c+v+m

Um nun das Gesetz der tendenziell fallenden Profitrate herzuleiten, bringt Marx 3 Verhältnisse zusammen

1) Organische Zusammensetzung des Kapitals c/v

2) Rate des Mehrwerts (=Rate der Ausbeutung) m´ = m/v

3) Profitrate p´ = m/(c+v)

Marx geht von zwei Annahmen aus

A) Konstante Rate des Mehrwerts m‘ B) Jährlicher Durchschnittsumschlag des Kapitals = 1

Es ergibt sich: p´ = m/(c+v) = (m+v)/(c/v+v/v) = (m/v)/((c/v)+1)

Nun versucht der Kapitalist, seinen Profit durch Rationalisierung zu steigern, bzw. zu halten d.h.:

C)Technologischer Fortschritt = Anstieg des Wertes des konstanten Kaptitals c gegenüber dem Variablen Kapital v, da Maschinen menschliche Arbeit verdrängen Wenn also A) + B)+ C), dann folgt:

p‘ = (m/v)/((c/v)+1)

Da die Mehrwertrate m`=m/v als konstant angenommen wird, aber  die organische Zusammensetzung des Kapitals c/v aufgrund steigendem konstanten Kapitals c infolge von Maschineneinsatz steigt, fällt die Profitrate p`.

Nun ist der Profit die Größe, weswegen ein kapitalistischer Betrieb überhaupt existiert ( nicht „Schaffung von Arbeitsplätzen“, o.ä.). Die Profitrate bestimmt mehr den Vorteil eines Kapitals gegenüber dem Durchschnitt aller Kapitalien, d.h. die Möglichkeit mehr zu akkumulieren und sich gegen die Konkurrenz durchzusetzen, um mittel- und längerfristig überhaupt noch Profit machen zu können.Doch gerade durch die Verdrängung des variablen Kapitals zugunsten des konstanten Kapitals fällt die Profitrate insgesamt, d.h. wird zur eigentlich bestimmenden Größe für die Überlebensfähigkeit von Kapitalien. Daher versuchen die Einzelkapitalien dem Fall der Profitrate entgegenzuwirken:

1) Erhöhung der Ausbeutungsrate (Anteil der unbezahlten Arbeit

a) Verlängerung des Arbeitstages ohne vollen Lohnausgleich

b) Intensivierung (z.B. Schnellerstellen des Fließbandes, Mehrschichtsystem, u.a.

2) „Herunterdrücken des Arbeitswertes unter seinen Wert“ (z.B. Kinderarbeit, Frauenarbeit, Lohnkürzung, Billiglohnarbeiter, u.ä.

3) Außenhandel bei ungleichen Tauschverhältnissen (Kolonien, 3. Welt, u.ä.

4) Auslandsinvestitionen, die Superprofite ermögliche.

5) „Verwohlfeinerung der Elemente des konstanten Kapitals“ ( z.B. Qualität des Rohmaterials, der Maschinen.

Doch all diese „entgegenwirkenden Einflüsse“, können den Fall der Profitrate nur zeitweise bremsen.

Da alle Einzelkapitalien zu diesen Mitteln greifen, relativiert und negiert sich ihr relativer Vorteil egenüber den anderen Kapitalien, die Massenkonsumtionskraft wird weiter beschränkt, die Konkurrenz steigert sich, die Krisen verschärfen sich.

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