Amerika, du hast es auch nicht besser!

Amerika, du hast es auch nicht besser!

Autor: Dr. Wolfgang Sachsenröder

„Amerika, du hast es besser als unser Kontinent, der alte,
hast keine verfallenen Schlösser und keine Basalte.
Dich stört nicht im Innern zu lebendiger Zeit
unnützes Erinnern und vergeblicher Streit.“

So reimte vor fast zweihundert Jahren unser Dichterfürst Goethe. Das ist lange her und Amerika hat es auch nicht mehr besser als der alte Kontinent. Beim Thema Migration hat die aktuelle innenpolitische Diskussion der USA erheblich mehr mit den deutschen und europäischen Debatten gemeinsam, als es unsere Medien widerspiegeln, selbst die weltoffeneren. Bei uns verläuft die Frontlinie zwischen den Befürwortern einer sogenannten Willkommenskultur und den Warnern vor deren Folgen. Erstere sind vorwiegend in links-grünen Milieus zu Hause und sehen in den Warnern nur Rechtsextreme oder sogar Nazis, auf keinen Fall aber Partner, mit denen man über politische Alternativen oder Lösungsmöglichkeiten diskutieren kann. Wie immer bei solchen Debatten: Je weiter man selbst links steht desto mehr Rechte sieht man und umgekehrt.
In den USA sind die Fronten ähnlich verhärtet und ideologisch unvereinbar, nämlich weitgehend zwischen Republikanern und Demokraten und ihren jeweiligen Anhängern. Der große historische Unterschied, dass die Vereinigten Staaten  immer ein Einwanderungsland waren und Deutschland erst in den letzten Jahrzehnten, scheint inzwischen irrelevant. Diskriminiert wurden Immigranten in den USA schon immer, besonders eklatant die Iren, Juden und Chinesen sowie in und nach den beiden Weltkriegen auch Deutsche. In den letzten Jahren rächt sich so manche Politik der USA in ihrem „backyard“ Mittel- und Südamerika durch ansteigende Migrationszahlen aus dieser Region. Politische und militärische Interventionen in den „Bananenrepubliken“ und das Ignorieren ihrer wirtschaftlichen Probleme haben zu einer Armutsmigration geführt, die in den letzten Jahren immer weiter angeschwollen ist. Von den rund 330 Millionen Amerikanern gelten 62 Millionen als „Hispanics“ und damit als am schnellsten wachsende Minderheit gegenüber nur noch 190 Millionen als Gruppe stagnierende „Weiße“. Seit Jahrzehnten haben die Hispanics schlecht bezahlte Jobs in der Landwirtschaft und im Service übernommen, haben Englisch gelernt und ihre Kinder in die Schule geschickt. Da viele relativ hellhäutig sind und zudem katholisch gelang ihnen die Integration oft leichter und schneller als anderen Minderheiten. Aber Parallelgesellschaften hat es in den USA praktisch immer gegeben, von den Chinatowns bis  zu schwarzen Ghettos, aber auch deutsche oder polnische und weitere ethnische Siedlungsgebiete.

Ausgrenzung und Abschottung
Präsident Trumps Pläne, die Grenze zu Mexiko mit einem gigantischen Zaun gegen illegale Migranten abzudichten, gingen in Deutschland eher als Kuriosum und Trump-Fantasien durch die Medien. Aber inzwischen werden ähnliche Projekte in Polen, im Baltikum oder an der türkischen Grenze längst real und werden als Wunderwaffe auch an Europas Südgrenzen ernsthaft diskutiert. Präsident Biden, der „menschlicher“ vorgehen wollte und einige Verschärfungen der Trump-Ära zurückgenommen hatte, sah sich mit erheblichen Klagen gegen seine als zu lasch empfundene Migrationspolitik konfrontiert. Einen Einblick in die praktischen Probleme gab im April eine ungewöhnlich offene Pressekonferenz des New Yorker Bürgermeisters  Eric Adams mit konkreten Zahlen. Im Vorjahr, so Adams, seien 57.000 Asylbewerber nach New York gekommen und 2023 seien es weitere 200 pro Tag. Um sie unterzubringen hätte die Stadt 103 Hotels als Notunterkunft anmieten müssen. Zudem mussten 14.000 Migrantenkinder in den öffentlichen Schulen aufgenommen werden. Die Gesamtkosten von 4,2 Milliarden Dollar in den letzten zwei Jahren hätten den Finanzhaushalt so belastet, dass in vielen anderen Bereichen erheblich eingespart werden muss. Der Demokrat Adams, eigentlich ein Unterstützter Bidens, griff den Präsidenten und die Bundesregierung scharf für das Versagen in der Migrationspolitik an, ein eher ungewöhnlicher Akt in der bitteren Auseinandersetzung zwischen Demokraten und Republikanern. Seit Biden am 11. Mai die als „Title 42“ bekannte und von Trump eingeführte Grenzschutzregelung zur Ausweisung illegaler Einwanderer beendet hatte, sind die Zahlen angeschwollen wie nie zuvor. Und der Widerstand geht deutlich über die Parteigrenzen hinaus. Unter „Title 42“ hatte die Grenzpolizei mehr als zwei Millionen Migranten zurück nach Mexiko geschickt, trotzdem gelangten mehr als eine Million mit vorläufigen Aufenthaltstiteln und langfristigen Terminen bei den Einwanderungsgerichten ins Land. Bürgermeister und Gouverneure riefen den Notstand aus und schickten Migranten in Bussen nach New York oder in demokratisch regierte Bundesstaaten. Das Elend auf der mexikanischen Seite war entsprechend dramatisch mit zehntausenden von Migranten in überfüllten Lagern oder im Freien kampierend und von Mafiabanden ausgeraubt. Während die ersten großen Wellen aus Kuba, Haiti, Nicaragua und Venezuela kamen, wächst inzwischen auch die Zahl der Schutz und bessere Lebenschancen Suchenden aus Brasilien, Kolumbien, Ekuador und Peru exponentiell.
Wie in Europa wird auch in den USA das geltende Asylrecht als Problem angesehen. Knapp fünfzig Jahre alt, war es als Schleuse konzipiert, um in Einzelfallverfahren die Fluchtgründe der Antragsteller zu überprüfen und herauszufinden, ob sie ausreichend nachweisen können, dass sie bedroht oder verfolgt werden. Mitte 2023 sind noch mindestens 800.000 Fälle anhängig und die Immigrationsgerichte damit erheblich überfordert. Auf der Webseite des Justizministeriums ist eine Liste der mehr als 60 Gerichte und mehr als 600 Richter einzusehen. Es handelt sich um Zivilgerichte, die nach dem 14. Amendment der Verfassung allen Personen auf amerikanischem Boden, auch Migranten, das Recht auf Anhörung und ein ordentliches Verfahren garantieren. Interessant ist, dass die Anhörung auch per E-Mail oder Telefon ermöglicht wird. Im Durchschnitt dauern die Verfahren vier Jahre, die Ergebnisse sind allerdings nicht ermutigend. 2022 wurde in 22,311 Fällen Asyl gewährt, in 26,000 abgelehnt. Die Zahl der tatsächlich ins Land strömenden Migranten ist so viel grösser, dass dieses geordnete Asylverfahren eigentlich unwirksam ist.
Den aktuell in Deutschland diskutierten Lösungsansätzen verblüffend ähnlich sind die Maßnahmen der Biden-Regierung, um die illegale und unkontrollierbare Migration zu erschweren. Seit der Abschaffung des „Title 42“ im Mai setzt die Regierung auf ein System, legale Wege zur Einwanderung schon an den Außengrenzen zu öffnen. In diesem neuen Programm können Asylbewerber per Telefon-App einen Termin an einem autorisierten Grenzübergang beantragen, illegale Grenzgänger werden weiterhin abgeschoben. Dazu wurde auch der Grenzschutz an der mexikanischen Grenze gerade um 1500 Mann aufgestockt. Applaus für den Präsidenten hat es dafür nicht gegeben. Für die Migrationsgegner tut er zu wenig und öffnet die Grenzen angeblich für Kriminelle, Rauschgifthändler und chinesische Spione, für die Befürworter hat er fundamentale Rechte und moralische Werte verraten  und tut in dieser Hinsicht zu wenig.

Wie kann es mit den „Festungen“ Europa und USA weitergehen?
Im Internationalen oder Völkerrecht ist bereits die Definition eines Flüchtlingsstatus, ausgehend von der Flüchtlingskonvention von 1951, nicht einheitlich, abgesehen von einem fehlenden Konsens zur Einheit der Teilgebiete Flüchtlingsrechte, allgemeine Menschenrechte und Kriegsvölkerrecht. Insofern ist es kein Wunder, dass die meisten Länder Migration und temporäre Aufnahme von Flüchtlingen höchst unterschiedlich bewerten und administrativ organisieren. Aber auch Länder mit hochentwickelten Rechtssystemen wie die USA und die meisten europäischen Staaten finden keine politisch akzeptable oder konsensfähige Lösung für dieses zentrale Problem unserer Zeit. Nach den neuesten Angaben der Vereinten Nationen zum Weltflüchtlingstag am 20. Juni sind weltweit 108,4 Millionen Menschen auf der Flucht vor Krieg und Armut oder auf der Suche nach besseren Lebenschancen. Das sind Dimensionen, die weit über die spätantike Völkerwanderung hinausgehen, als Germanen, Alanen und Hunnen immer mehr die militärischen Schutzwälle wie den Limes in Deutschland überwanden und in das eigentlich multi-ethnische römische Reich eindrangen. Für Rom waren sie alle „Barbaren“, eine Bezeichnung, die von uns deutschen Barbaren-Abkömmlingen heute fast schon sinngemäß mit dem Begriff „Ausländer“ ersetzt wird. Immerhin wird noch zwischen guten (weißen) Ausländern und dem unerwünschten Rest unterschieden, nur minimal unterlaufen vom internationalen Wettbewerb um qualifizierte Arbeitskräfte. Letztere finden sich natürlich selten unter denen, die mit ein paar Habseligkeiten auf der Flucht sind, sondern dezimieren eher die Eliten der schwierigen Länder, die sie verlassen. Bei über 100 Millionen Migranten wird sich das Festungs- und Abschottungsprinzip nicht ewig durchhalten lassen, zumal der Bevölkerungsdruck in den ärmeren Ländern einer alternden und schrumpfenden Bevölkerung in den reichen Ländern gegenübersteht. Humanitär orientierte Kritiker weisen auch auf die psychologischen Folgen der Abschottungspolitik für die einheimischen „Bio-Einwohner“ hin. Sie erzeugt oder fördert ein Gruppendenken mit Einschätzung der „anderen“ als minderwertig und gefährlich, was im deutschen Alltag leider zu oft bestätigt wird, von kriminellen Clans und Rauschgifthändlern über Massenschlägereien bis zu sexuellen Übergriffen. Vermutlich prägt die Ablehnung durch die Mehrheitsgesellschaft auch die Einstellungen der Migranten und fördert ihre Abgrenzung in Parallelgesellschaften. Regelrechter Hass auf die anderen entsteht sowohl zwischen Migranten und Alteingesessenen als auch unter verschiedenen Migrantengruppen sowie unter den Befürwortern der Migration und denen, die sie ablehnen und bekämpfen. Die üblichen politischen Lösungsvorschläge wie „Bekämpfung der Fluchtursachen“, „Asylverfahren außerhalb unserer Grenzen“ oder gar der britische Versuch, die Migranten nach Ruanda zu schicken und erst dort eine Asylprüfung durchzuführen, sind eher Zeichen der politischen Hilflosigkeit. Den Strom der Millionen aufhalten können alle nicht; die Vorschläge zielen eher auf eine Beruhigung der eigenen Wähler. Die Realitäten im Alltag und die Probleme der überforderten Kommunen widersprechen allen Beruhigungsversuchen der Politik, und solange die Steuerquellen sprudeln können nicht einmal die steigenden Unterbringungskosten die allgegenwärtige Improvisation als Durchwursteln entlarven. So klare Zahlenangaben wie in der oben erwähnten Pressekonferenz des New Yorker Bürgermeisters, 4,3 Milliarden Dollar in den letzten zwei Jahren, sind in Deutschland schwer zu finden. Das beruhigt die Migrationsgegner aber wenig und bietet nur noch mehr Spielraum für Spekulationen und schwindendes Vertrauen in die Politik. Die Zersplitterung der Parteiensysteme in Europa hat die Regierungs- und Koalitionsbildung erheblich erschwert und damit auch die Erwartungen an praktikable Problemlösungen durch die Politik. Die Zeitbombe Migration braucht aber dringend wenigstens eine Aussicht auf Lösungen, in den USA wie in Europa.  

Singapur, den 26. Juni 2023      

Kommentar von Global Review:

Der Vergleich USA-EU ist hervorragend, auch von den Gemeinsamkeiten. Jedoch ist es nicht nur so, dass nur von links jeder als rechts oder Nazi beschimpft wird, der nicht ins grüne Weltbild passt, das gilt umgekehrt auch, zumal auch vor allem die AfD alles andere außer sich als Landesverräter, links-versifft, sozialdemokratisiert, Systempartei, etc ebenso nach US-Rechtem Vorbild denunziert und vor einen Volksgerichtsjof oder in ein KZ wünscht. Zudem wird der Kulturkampf sowohl von rechts wie von links geführt.

Jetzt soll nicht der Vorwurf der Symptombekämpfung und mangelnden Fluchtursachenanalyse (Wirtschaftssystem/Kapitalismus/Imperialismus/ Klimawandel/ Bevökerungsexpolosion bis Irakkrieg 2003,etc) kommen ,da das eine viel tiefergehende Grundsatzdiskussion wäre, wir aber erst mal bei dem Thema „Festung Europa/USA“ bleiben wollen, die es so noch nicht einmal gibt. Inzwischen wird nicht zunehmend nur das Asylrecht als nicht mehr passend gesehen ,sondern die gesamte Demokratie, Menschenrechte ,der Rechtsstaat und das Grundgesetz ,die seitens zunehmender Teile der Bevölkerung als zu schwach und eben auch schon selbst als Quelle allen Übels gefühlt werden. Die Forderung nach einem starken Mann oder Frau und einem starken Staat werden lauter. Poppers und Soros und ihre Offene Gesellschaft samt Liberalismus scheinen tendenziell da Auslaufmodelle, inzwischen werden Verfassungsänderungen schon mal andiskutiert (für die man aber eine 2/3-Mehrheit für Änderungen außerhalb des Kernbestandes bräuchte) oder da diese mit den demokratische Parteien nicht kommen werden Verschiebungsphasen und weitere Radikaliserung der vielziterten Mitte ala Lipset druchlaufen wie Carl Schmitt anfangs Notverordnung, Präsidialdemokratie/Demokratur befürwortete und dann in fast reibungslosem Übergang zum Faschismus, speziell seiner deutschen Form des antisemitischen Nationalsozialismus überlief oder eben dann wie bei der AfD Autoritarismus oder wieder offener Faschismus bevorzugt. Es sind nicht nur Protestwähler, die die AfD wählen und dann mal wieder wechseln werden, sondern es verfestigt sich ein autoritärer oder faschistischer Kern, der sieht oder glaubt, dass sich die Demokratie überlebt hat, weswegen es vielen egal ist, dass die AfD rechtsradikal oder faschistisch oder Verdachtsfall des Verfassungsschutzes ist—es ist nicht so, dass die Leute nicht wissen, was Rechtsradikalismus, Faschismus bedeutet, sonst könnten sie sich ja auch für Wahlenthaltung entscheiden. Zumal es der AfD auch gut gelang, ehemalige Nichtwähler wieder für sich zu mobilisieren, zumal die demokratischen Parteien ja unisono verkündeten, dass Nichtwählen nur die extremen Parteien und Ränder stärke. Ich glaube inzwischen gibt es nicht nur die vielzitierte Politverdrossenheit ,sondern dass es inzwischen zunehmend Demokratieverdrossenheit ist, da Demokratie nicht mehr als Garant und Lösungsmodell, das Wohlstand und ein besseres Leben für die nächste Generation angesehen wird. interessant war auch die Diskussion bei Markus Lanz über die Migrationsfrage. Der grüne Stadtrat, der einen sogenannten Brandbrief mit anderen Grünen und anderen Stadträten verfasst hatte, plädierte nachdem  er Lanz sagte, er wolle jetzt nicht wegen des Worts „Zaun“ öffentlich niedergemacht werden und dieser ihm da grünes Licht gab, offen für Zäune an der EU-Außengrenze-ohne Protest. Ja, interessanterweise wurde das dann als diskussionswürdig gehalten und widersprach keiner, nur in dem Sinne, dass Zäune auch wieder neue, bis dahin aufgrund des Tabus nicht weitergeführt Fragen aufwerfen. Ein anderer Migrationsforscher meinte noch:“ Es gibt Lösungen, aber keine humanen Lösungen“. Und da die Probleme der polykrisenhaften kapitalisrische Welt der Nationalstaatenkonkurrenz und die Fluchtursachen in diesem Rahmen keiner abstellen will oder auch kann, schon gar nicht deren Verursacher, wird nun eben auch der Ruf nach Abschottung, Zäunen ,erhofftem staatlichen oder nationalstaatlichen Schutzraum als symptomhafte Krisenlösung laut. Und da der „historische“ EU-Asylkompromiss auch nicht die „Festung Europa“ bau, wird die Stimme nach einer „Festung Nationalstaat“, der die Kontrolle über die Grenzen hat, die Merkel 2015 nicht wollte ,sei es jetzt aus humanitären Motiven oder der Befürchtung brutaler Bilder, die weltweit um die Weltgehen und an das 3. Reich erinnern in Sachen Image Deutschlands in der Welt und Beliebtheit oder wegen ökonomischer Befürchtungen dass bei Grenzschliessung, falls diese überhaupt so möglich gewesen wäre, der Schengenraum und EU- Binnenmarkt und der Transport und das Wirtschaftswachstum beeinträchtigt wird und zudem die Idee Europa beschädigt wird. Interessant war aber, dass zwar über Orbans Zaun sich aufgeregt wurde, aber stillschweigend die meisten Deutschen dachten: Gut, dass er die Dreckarbeit übernimmt. Dieses Bewusstsein artikuliert sich nun zunehmend offen, auch eben mit inzwischen Zaundebatten bei Markus Lanz seitens Grüner. Es bleibt abzuwarten, dass auch die AfD-Forderung auf Flüchtlinge bei unerlaubten Grenzübertritt zu schießen immer mehr in die Mitte der Gesellschaft vordringt.

Doch es geht nicht nur um Migration bei der Frage wie die bürgerlichen Parteien die AfD bekämpfen wollen, wenngleich die Migration bestehende Probleme natürlich zuspitzt und katalysiert. Wohnungsnot, zunehmende Polarisierung in Einkommens- und Besitzverhältnissen, Erodierung der Mittelschichten, FInanz- und Eurokrise und andere Folgen des Kapitalismus oder eben der Marktwirtschaft, spielten sich ja schon zur sogenannten flüchtlingsfreier Zeit vor 2015 ab, acu währned der ganzen SChrlder und Merkelära. Die Flüchtlinge sind nicht die Ursache, aber sie treten eben in Konkurrenz auf dem Wohnungsmarkt, prekäre Arbeitsverhältnisse als Lohndrücker, in den Sozial- und Gesundheitssystem und auch an Tafeln und verschärfen die sozialen Gegensätze noch und eben die Willkommenskultur und open border in an Open Society for all. Auf das Wirtschaftssystem und seine Gesetzmäßigkeiten hinzuweisen, ja Kapitalimuskritik von links unter das Volk zu bringen, ist da müssig, da dann kommt, ob man Planwirtschaft und wieder Kommunismus wolle- abgehakt- weswegen da erst mal zur Linderung des Schlimmsten gehofft wird, wenn man keine Flüchtlinge mehr reinlässt, selbst trotz Hinweisen auf demographische Entwicklung und Fachkräftemangel und da wird die Migration erst dann doch als Ursache allen Übels gesehen und hat eher noch Faschisten- Höckes „organische Marktwirtschaft“statt der sozialen Marktwirtschaft, die als immer unsozialer und assozialer empfunden wird willige „systemkritische“ Zuhörer.

„Kritik an Friedrich Merz wegen Aussagen zum „Hauptgegner“ Grüne

Merz will nach dem AfD-Erfolg in Thüringen härter gegen die Grünen vorgehen. Deren Fraktionsvize sagt: Wer sich die Feindbilder der AfD aneigne, „wird nur verlieren“.

Der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz will nach der Wahl des bundesweit ersten AfD-Landrats in Thüringen die Auseinandersetzung mit den Grünen intensivieren – und erntet für diese Äußerungen jede Menge Kritik. Grünenfraktionsvize Konstantin von Notz schrieb am Montagabend auf Twitter, wer sich die Feindbilder der AfD aneigne, um sie zu stoppen, „hat nichts verstanden und wird nur verlieren“.

Martin Schirdewan, Vorsitzender der Linken, warf dem Unionspolitiker vor, den rechten Rand zu stärken. Die AfD betreibe einen „Kulturkampf“ von Rechtsaußen her, sagte er der Bild-Zeitung. Es sei fatal, auf diesen Zug aufzuspringen. „Wer wie CDU-Chef Merz in braunen Gewässern fischt, stärkt den rechten Rand.“

Auf Sacharbeit setzt Bundesfinanzminister und FDP-Chef Christian Lindner. „Real bestehende Probleme, die die Bürgerinnen und Bürger umtreiben, müssen sachlich angegangen und pragmatisch gelöst werden“, sagte er der Bild-Zeitung. Die Bundesregierung beweise, dass sie Probleme löse. „Diese zielgerichtete Arbeit werden wir fortsetzen und so dafür sorgen, dass der AfD der Nährboden entzogen wird.“ Und Innenministerin Nancy Faeser forderte eine klare Abgrenzung von der AfD und warnte davor, deren Positionen und Sprache zu übernehmen.

Grüne sind laut Merz „Hauptgegner“ in der Regierung

Merz hatte zuvor angekündigt, härter gegen die Grünen im Bund vorgehen zu wollen. Diese seien dafür verantwortlich, „dass diese Polarisierung um die Energiepolitik, um die Umweltpolitik in dieser Weise entstanden ist“, sagte der CDU-Chef. Deshalb seien die Grünen auf absehbare Zeit „die Hauptgegner“ in der Bundesregierung.

Im südthüringischen Kreis Sonneberg war am Sonntag erstmals in Deutschland ein AfD-Kandidat zum Landrat gewählt worden. Dies hatte die Debatte über den aktuellen Höhenflug der AfD auch in bundesweiten Umfragen weiter angefacht. Der Landesverfassungsschutz bewertet die Thüringer AfD als „gesichert rechtsextrem“, bundesweit stuft der Verfassungsschutz die Partei als Verdachtsfall ein.“

https://www.zeit.de/politik/deutschland/2023-06/friedrich-merz-cdu-gruene-hauptgegner-kritik-afd

„Hauptgegner“ ist ein starkes Wort, der ist dann nicht direkt die AFD, wobei Merz unausgesprochen durch Grünen- Bashing, das auch wo berechtigt ist, hofft, dass er diese so über die Bande und indirekt eindämmt als Hauptkonkurrent der Union auf dem rechten Spektrum und dies nicht wie die Merkelianer Wüst und Günther mit neuen schwarz- grünen Koalitionsangeboten auf eine wahlentscheidende Mitte orientieren und noch die letzten konservativen Nichtmerkelianer überlaufen zur AfD, auch wenn Lindner meint, dass man die AfD  nicht durch Kulturkämpfe und Schlagworte stoppen könne, sondern durch Taten, pragmatische, sachliche, sachbezogene ,kompetente Politik -wohl lauter Phraseologie, wenn man sich das aktuelle Regierungschaos ansieht. Auch die Frage, ob irgendeine andere Regierung überhaupt noch imstande ist, die unter Schröder und Merkel angerichteten Flurschäden und sich kulminierenden und angehäuften Probleme und die immer neu dazukommenden auf absehbare Zeit überhaupt lösen zu können. Vielleicht mittelfristig oder eben nur langfristig. Die Frage wird sein, ob das Wahlvolk so geduldig ist oder sein kann, wenn Teile davon immer mehr absinken und verarmen oder da nicht eine Radikallösung mit einem starken Mann und starken Staat bevorzugen, auch ohne Demokratie und Grundgesetz und Rechtsstaat, die zunehmend als zu schwach und inzwischen schon als Quelle allen Übels selbst gesehen werden. Wenn die demokratische Brandmauer infolge der Unmöglichkeit alternativer Koalitionsbildung in Ostdeutschland fällt, wird es auch zu einem Streit zwischen Ost- und West- CDU kommen, sowie innerhalb letzterer zwischen Merkelianern und Konservativen, wobei perspektivisch dann auch möglich ist, dass die AfD dann zunehmend mit der FPÖ und Österreich verglichen wird, wo ja Koalitionen zwischen FPÖ und ÖVP auf Bundeseben auch schon neue Normalität wurde. Freilich wurde die FPÖ nicht als Verdachtsfall des österreichischen Verfassungsschutzes wie die AfD eingeschätzt, was aber auch kein mittelfristiges Hindernis sein dürfte. Da fallen dann vielleicht auch in Zukunft zunächst die verfassungsschutzlichen Bedenken, ja wird vielleicht auch mal ein AfDler in der Tradition von Hans Georg Maaßen Verfassungsschutzpräsident oder gar Innenminister und dann dann die letzetn Verfssungsbedenken oder gleich die Verfassng und das Grundgesetz selbst. Heribert Pranl dürfte da noch viel schreiben können als selbsternannter Prätorianer des GGs, aber ist ja inzwischen auch schon im Pensionsalter. Zudem will die AfD auch bei der nächsten Bundestagswahl eine/n Bundeskanzlerreichskanzlerführerkandidat*innen stellen. Mal sehen, ob das Weidel, Chrupalla oder Höcke sein wird und ob es ebenso wie bei der Union auf in der AfD zu eine Richtungsstreit kommen wird, ob Regierungsbeteligung oder Fundamentalopposition mit Strassenaufmärschen und außerparlamentarischen „Macht“-Demonstrationen.

Chinaexperte und Präsident der Max- Weber- Gesellschaft Professor Van Ess kommentierte Dr. Sachsenröders Beitrag und unseren Kommentar derfolgt:

„Ein paar kurze Kommentare. Zum Satz „Das sind Dimensionen, die weit über die spätantike Völkerwanderung hinausgehen, als Germanen, Alanen und Hunnen immer mehr die militärischen Schutzwälle wie den Limes in Deutschland überwanden und in das eigentlich multi-ethnische römische Reich eindrangen.“ Das ist eine veraltete Auffassung von dem, was die Völkerwanderung gewesen sein soll. Deshalb wird der Begriff in der Wissenschaft nur noch zögerlich benutzt. Man wanderte nicht nur ins römische Reich, sondern überall hin – warum, das ist nicht wirklich bekannt (vielleicht hat das Erkalten des Klimas im Late Antique Ice Age eine wichtige Rolle gespielt), und ob es wirklich Wanderungen von Völkern waren, daran glaubt man nicht mehr. Eher einzelne Menschen, die weiterzogen, Mischehen, die entstanden, Kinder, die in einer anderen Umgebung aufwuchsen als vorher, bei den Einwanderern genauso wie bei denen die Einwanderer aufnahmen. Welche Dimensionen das Ganze hatte, wissen wir nicht. Ich könnte mir aber gut vorstellen, dass es recht ähnlich war wir heute. Solche Prozesse gehen nicht durch Völkerwanderungen vonstatten, sondern durch die allmähliche Vermischung der Bevölkerungen. Meine Kinder werden, wenn ich mal nicht mehr bin, in einer ganz anderen Welt leben, und sollten sie Kinder haben, dann werden diese vielleicht sich auch mit anderen Sprachen anfreunden müssen, die hier gesprochen werden.  Das könnte man, wenn man es denn will, verhindern, indem man die Prozesse, die da stattfinden, ein bisschen zu verlangsamen versucht.

„Bei über 100 Millionen Migranten wird sich das Festungs- und Abschottungsprinzip nicht ewig durchhalten lassen, zumal der Bevölkerungsdruck in den ärmeren Ländern einer alternden und schrumpfenden Bevölkerung in den reichen Ländern gegenübersteht.“

Sehr richtig. Das ist das eigentliche Problem. Man kann sich alles mögliche ausdenken, aber einfach wird das nicht sein. Es lohnt sich aber ein Blick nach Ostasien mit seinen alternden Gesellschaften, wo Migration zur Lösung der demographischen Probleme massiv abgelehnt wird. Deshalb schauen diese Länder auch mit einiger Verwunderung auf Deutschland. Aus Japan las ich das mal, dass die sich richtig wundern, dass man den Kern des Deutschseins einfach aufgibt. Können sich viele Japaner nicht vorstellen. Genauso aber auch Chinesen nicht. Siehe dazu die Epoch Times und ihre Kommentare zur deutschen Flüchtlingspolitik.
Die USA sind uns tatsächlich ziemlich ähnlich, wobei ich fürchte, dass die Dimensionen bei uns größer sind als dort. Aber tatsächlich ist dort natürlich auch die alte weiße Bevölkerung rapide am Schrumpfen, was möglicherweise auch zu den großen Gegensätzen in der Politik führt. Die einen, die diesen Schrumpfprozess fürchten und etwas gegen ihn  tun wollen (Antiabtreibungs- und Antiflüchtlingspolitik, die anderen, die sagen, dass sich sowieso nichts machen lässt (s. Völkerwanderung), und man ihn  deshalb laufen lassen sollte, auch weil das bequemer ist und den eigenen Überzeugungen mehr entspricht.

„Vermutlich prägt die Ablehnung durch die Mehrheitsgesellschaft auch die Einstellungen der Migranten und fördert ihre Abgrenzung in Parallelgesellschaften. Regelrechter Hass auf die anderen entsteht sowohl zwischen Migranten und Alteingesessenen als auch unter verschiedenen Migrantengruppen sowie unter den Befürwortern der Migration und denen, die sie ablehnen und bekämpfen.“

Ja, vielleicht. Aber auch da gibt es natürlich Generationenunterschiede. Die junge Generation, die mit Migration lebt, kann in ein paar Jahren Migranten von Deutschen kaum noch unterscheiden, weil die Hälfte der Neugeborenen Migrationshintergrund hat. Dann gibt es den Begriff „Mehrheitsgesellschaft“ so nicht mehr. Stattdessen wird es Klassenunterschiede geben: Reiche Ältere, die in ihrer Gruppe noch der alten Mehrheitsgesellschaft angehören (sie werden in Altersheimen auf junge Migranten angewiesen sein), und junge Leute, bei denen vor allem in den ärmeren Schichten die Migranten die Mehrheitsgesellschaft sind. Wird ein interessantes Zusammenleben sein, vor allem im Hinblick auf Rentensysteme, welche die Jungen dann für die Alten zahlen sollen.

„Wohnungsnot, zunehmende Polarisierung in Einkommens- und Besitzverhältnissen, Erodierung der Mittelschichten, FInanz- und Eurokrise und andere Folgen des Kapitalismus oder eben der Marktwirtschaft, spielten sich ja schon zur sogenannten flüchtlingsfreier Zeit vor 2015 ab“.

Stimmt: Nur gab es eine flüchtlingsfreie Zeit? Ich erinnere mich an einen jungen Chinesen, den ich 1990 oder 91 auf’s Hamburger Einwohnermeldeamt begleitete. Der Bahnhofsvorplatz war übersät von Menschen aus aller Herren Länder. Wurde dann etwas gestoppt, ich weiß nicht mehr wie, aber das gab’s schon früher mal. Tatsächlich hat das natürlich seit 2015 noch einmal eine andere Qualität bekommen. Jetzt weiß jeder, dass ihn dieses Thema bis an die letzten Tage begleiten wird.

Und zum Hauptgegner: Ich glaube, da hat der Merz recht. Er muss gegen die Grünen unbeirrt vorgehen, um die Wähler von der AFD zurückzuholen. Denn wenn er sich von den Grünen in die Arme schließen lässt, ist das sein Untergang – und der der CDU. Deshalb muss er auf der Seite stärker angreifen als auf der anderen. Und das Argument, dass die Leute dann doch das „Original wählen“ halte ich mit Verlaub für einen bauernschlauen Trick, damit die CDU das eben nicht tut. Der Ole von Beust hat das damals in Hamburg auch schon sehr geschickt gemacht. Die anderen in die Regierung geholt und dann gezeigt, dass sie wirklich gar nichts drauf hatten. Dann waren sie sofort weg vom Fenster. Die AFD ist bei der personellen Decke auch klamm.

Interessant ist aber auch die Strategie der Grünen, die die CDU umarmen will, so dass sie Richtung rechts keine Politik machen kann (wer sich die Feindbilder der AfD aneigne, um sie zu stoppen, „hat nichts verstanden und wird nur verlieren“). Die AfD kommt denen offenbar tatsächlich gerade recht. Man fragt sich, warum der Habeck in einer Zeit mit so vielen Bruchstellen unbedingt dieses Heizungsgesetz anpacken musste. Jeder sieht doch, dass man eigentlich viel Naheliegenderes hätte tun müssen.

                                                                 

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