Interview mit Dr. Sachsenröder- ASEAN nach BRICS plus:“Insgesamt bleibt die ASEAN so ambivalent wie möglich, um ihre eigenen Interessen nicht zu gefährden“
Global Review hatte die Ehre und Gelegenheit, ein weiteres Interview mit dem Südostasien-Experten Dr. Wolfgang Sachsenröder über Südostasien zwischen den USA und China zu führen, auch in Sachen Rolle der ASEAN bezüglich des Bürgerkriegs in Myanmar.
Dr. Wolfgang Sachsenröder promovierte in Politikwissenschaft und öffentlichem Recht an der Universität Bonn, Deutschland. Er engagierte sich in der Studentenrevolution von 1968 in der Parteipolitik und arbeitete später ein Vierteljahrhundert lang als politischer Berater in Asien, im Nahen Osten und auf dem Balkan. Als er 2008 nach Singapur zurückkehrte, trat er dem Institute für Southeast Asia Studies (ISEAS) bei und konzentrierte sich auf die Parteienentwicklungen in der Region.
Weitere Informationen zu den Parteiensystemen finden Sie in: Sachsenroeder, Wolfgang, hg. (2014), Party Politics in Southeast Asia – Organization – Money – Influence, erhältlich bei Amazon Books. Ein Buch über Parteifinanzen und politische Korruption mit dem Titel „Power Broking in the Shade“ wurde 2018 veröffentlicht. Power Broking in the Shade, Party Finances and Money Politics in Southeast Asia, WorldScientific 2018, ISBN 9789813230736 .
Gerade erschienen ist sein neues Buch über die Geschichte des kolonialen Opiumhandels und seine Folgen. Anfang des 19. Jahrhunderts wurde er von der britischen East India Company industriell organisiert und und von Frankreich, Spanien, den Niederlanden und den USA bis zur Unabhängigkeit der ASEAN-Länder zur Finanzierung großer Teile der Kolonialbudgets genutzt. Die politischen Folgen in Form von Korruption und organisierter Kriminalität sind bis heute zu spüren.
„From Opium to Methamphetamines. The nine lives of the narcotics industry in Southeast Asia“, WorldScientific, ISBN 978-981-124-723-1
Global Review: Dr. Sachsenröder, wie sieht die Veränderung in der ASEAN seit unserem letzten Interview aus. Beginnend mit Kambodscha: Hun Sen hat nun an seinen Sohn Manet übergeben, der auch im Westen eine Erziehung genoss. Ist nun eine prowestliche oder gar proamerikanische Änderung von Kambodschas Außenpolitik zu erwarten oder wird er eher wie Kim Yong-un auf dem Schweizer Internat oder Assad in GB oder Kabila jr. zwar das Wissen sich aneignen, aber nichts Wesentliches ändern wollen. Was ist innenpolitisch und außenpolitisch zu erwarten? Wirtschaftsreformen a la Deng bei Beibehaltung des Autoritarismus und Chinaorientierung samt möglichen Militärhafen Chinas in Kambodscha?
WS: Wenn ich das richtig verfolgt habe, gab es in den regionalen Medien eine ziemlich neutrale Berichterstattung über den Generationswechsel in Phnom Penh und keine nennenswerte Kritik in Richtung Familiendynastie, wie andernorts üblich. Der 71-jährige Hun Sen war mit 36 Dienstjahren der längstdienende Premierminister der Welt. Die reibungslose Übergabe an seinen Sohn Hun Manet kann man nur als das Meisterstück am Ende einer außerordentlichen politischen Karriere über mehr als vier Jahrzehnte bezeichnen. Beginnend als Khmer Rouge Offizier, dann auf die vietnamesische Seite wechselnd, gelangte der junge Hun Sen nach dem Bürgerkrieg schnell an die Spitze. Wie er sich dort behauptete und die Opposition brutal ausschaltete entsprach nie demokratischen Spielregeln. Nach vier Jahren Terrorherrschaft der Khmer Rouge von 1975 bis 79 hatte das Land fast hoffnungslos am Boden gelegen. Aber seit 1995 mit einem marktwirtschaftlichen Ansatz, hat die Hun Sen-Regierung das Land aus bitterster Armut zu bescheidenem, aber in den letzten zehn Jahren rascher wachsenden Wohlstand geführt. Zwischen 1995 und jetzt hat sich das Bruttoinlandsprodukt von knapp 3 auf fast 30 Mrd. US$ verzehnfacht. Der neue Premierminister, Hun Manet, Jahrgang 1977, ist vom Vater sorgfältig auf die Nachfolge vorbereitet worden. Mit viel Auslandserfahrung, als erster West Point- Absolvent Kambodschas und Wirtschaftsstudium in New York und Bristol, war er zuletzt stellvertretender Kommandeur der Streitkräfte. Damit kontrolliert er vermutlich auch künftig die Armee als wichtigste Stütze der Regierung, die durch Verbote der Oppositionsparteien nicht durch Wahlen legitimiert ist. Mit der Erfahrung des Vaters im Hintergrund darf man von Hun Manet keine demokratische Wende erwarten, aber eine Fortsetzung stabiler und wirtschaftlich erfolgreicher Politik im Inneren. Wie andere ASEAN-Staaten dürfte sich Kambodscha zwar an China und dessen Investitionen orientieren, aber auch die USA nicht verprellen.
Global Review: Wie ein Singapurer ASEAN-Vertreter sagte, dass die Lösung des Myanmarkrieges beweisen würde, ob sie wie damals bei der Kambodschalösung überhaupt noch eine Rolle spielen könnte. Das Militär von Myanmar scheint zu schwächeln, ja auch Zugeständnisse zu machen, sei es jetzt gegenüber Aung San Su Kyi oder politischen Gefangenen, aber kann es eine Lösung geben? Zudem noch von der ASAEAN vermittelt, die ja das Myanmarmilitär als nicht zu ignorierenden oder gar zu stürzenden Bestand Burmas sieht, Umgekehrt habe weder die People´s Army der NGU/NDL die Kraft, das Land völlig unter seine Bama-Kontrolle zu bekommen und unklar ist, ob die Minderheitenguerillas darin eine Lösung, auch in Sachen Föderalismus sehen würden. Wie beurteilen Sie die Lage? Und wo stehen die Großmächte USA und China als auch Indien in diesem Konflikt? Ist Myanmar ein „failed state“ oder müssen wir uns von unseren westlichen Ordnungsvorstellungen trennen oder diese einschränken und auf eine „Eastminster“-Demokratie“ hoffen?
W.S.: Schon das britische Burma war nur zum Teil regierbar, zumal es ohnehin von Indien aus kolonial verwaltet wurde. Von den heute 57 Millionen Einwohnern gehören 68% zur ethnischen Mehrheit der Bamar, von den 134 anerkannten Minderheiten sind die Shan (9%), Karen (8%), Kachin (7%), Rakhine (4%) die größeren ethnischen Gruppen. Die Minderheitengebiete liegen im Norden und Osten und wurden von den Briten weitgehend ignoriert. Der Opiumanbau im Goldenen Dreieck und seine erfolglose Bekämpfung durch die USA haben die Regierbarkeit dieser riesigen Waldgebiete noch schwieriger gemacht. Das gilt für die amtierende Militärregierung genauso wie für die National League for Democracy unter Aung San Suu Kyi. Myanmar ist etwa so groß wie Deutschland und Italien zusammen und hat endlos lange Grenzen mit China, Thailand, Laos, Indien und Bangladesch.
Seit Februar 2021 wird das Land wieder einmal von einer Militärjunta reagiert, wie es seit der Unabhängigkeit 1948 fast immer der Fall war. Die kurze Regierungszeit unter der Demokratie-Ikone und Nobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi zwischen 2015 und 2021 war historisch eine Ausnahme, der demokratische Optimismus des Westens wahrscheinlich verfrüht. Für die ASEAN ist die Situation peinlich, weil ihre Einflussmöglichkeiten äußerst begrenzt sind. Das strikte Nichteinmischungsprinzip in innere Angelegenheiten der Mitgliedsländer und das Konsensprinzip lassen da keinen Spielraum außer symbolischen Schritten wie der Nichteinladung der Junta-Mitglieder zu ASEAN-Konferenzen und Gipfeltreffen. Aber Nachbar Thailand, selbst mit einer langen Geschichte von militärischen Interventionen, die letzte ist gerade erst nach der Parlamentswahl im August zu Ende gegangen, hat den Junta-Führer Min Aung Hlaing gerade zu einem offiziellen Treffen der Bay of Bengal Initiative im November nach Bangkok eingeladen. Und ASEAN-Generalsekretär Kao Kim Hourn wich bei einer Konferenz in Singapur Anfang Oktober auf Fragen zum Thema Myanmar auffällig aus.
ASEAN hat eine für schwarz-weiß denkende Europäer schwer verständliche Methode entwickelt, unlösbare Probleme beiseitezulassen und sich intensiver um die zahlreichen anderen Probleme zu bemühen, die lösbarer sind. Es gibt auch Stimmen, eher akademischer Art, die mehr bindende Entscheidungen und entsprechende Instrumente zu ihrer Durchsetzung fordern, aber Politiker und Diplomaten sind eher der Meinung, dass ASEAN am erfolgreichsten ist, wenn es informell zu Kompromissen gelangt. Die entsprechenden Mechanismen sind schon interessant. Wenn man alle Ebenen gemeinsam betrachtet, von den Gipfeltreffen mit den Staatschefs bis zu den Netzwerken der Arbeitsebenen, etwa zur Rauschgiftbekämpfung, kommen im Jahr mehr als Tausend Veranstaltungen zusammen. Das trägt mit zum Zusammenwachsen und besseren gegenseitigen Verständnis in einer Region bei, die noch deutlich komplexer und unterschiedlicher ist als Europa.
Für den Westen insgesamt und besonders die USA scheint Myanmar zur Zeit keine besondere Priorität zu haben. Das Land leidet, hat aber bisher als siebtgrößte Volkswirtschaft der Region und mit einem Bruttoinlandsprodukt von 64 Mrd. $ überlebt (Weltbank). Das Verhältnis Myanmars zu China hat sich nach dem Coup von 2021 verbessert. Gerade wegen der politischen Isolierung ist China mit einem Gesamtvolumen von 10 Mrd. $ der größte Handelspartner. China unterstützt die Junta auch mit Waffen und militärischer Ausrüstung.
Global Review: Nachdem Xi den G 20- Gipfel schwänzt, scheinbar mehr auf die BRICS plus setzt, zumal eine neue Karte mit Territorialansprüchen gegenüber Indopazifik, Südchinesischem Meer und Indien als Süd-Tibet gestellt hat, wie ist die Reaktion darauf in der ASEAN?
W.S.: Gerade bei den Gebietsansprüchen Chinas im Südchinesischen Meer liegen die Interessen der ASEAN-Länder am weitesten auseinander. Brunei, Malaysia, die Philippinen, Vietnam, und zunehmend auch Indonesien sind mit jeweils ihren eigenen Territorialgewässern und den darin gesicherten oder noch vermuteten Öl- und Gasreserven unmittelbar engagiert. Auch die chinesische Konkurrenz beim Fischfang, weil die chinesische Flotte technisch besser ausgerüstet ist, sorgt immer wieder für Zwischenfälle, die in den Medien oft eine größere Rolle spielen, als dass sie die Grundlage der jeweiligen Beziehungen wirklich gefährden. Denn der übergroße Nachbar ist wirtschaftlich zu mächtig, die schon bestehenden Abhängigkeiten zu wichtig, als dass man ihn wirklich konfrontativ angehen könnte. Das ist gleichzeitig eine Chance für die USA, die unter Präsident Biden versuchen, ihre Beziehungen in Asien und im Pazifik zu sichern und auszubauen. Insgesamt bleibt die ASEAN so ambivalent wie möglich, um ihre eigenen Interessen nicht zu gefährden.
Global Review: Welche Rolle spielt Präsident „Bongbong“ Marcos‘ Deal mit den USA und nun Bidens Besuch Vietnams innerhalb der ASEAN?
W.S.: Als langjährige Kolonie der USA, die immerhin von 1898 bis 1946 fast ein halbes Jahrhundert andauerte, haben die Philippinen ein ambivalentes Verhältnis zu den USA entwickelt. Während sein Vorgänger Duterte deutlich auf China setzte, hat Präsident Marcos nun vier Marinebasen für die USA geöffnet. Nach dem politischen Ende seines Vaters in der Edsa-Revolution 1986 lebte Marcos im Exil in Hawaii und kehrte 1991 zurück. Sein Wiedereinstieg in die Politik und vor allem seine Wahl zum Präsidenten 2022 wurden massiv von seinem Zugang zu den Milliarden befördert, die sein Vater privatisiert hatte. Die Wahl war massiv von Tausenden bezahlter Internet-Trolle mitentschieden worden, die für Marcos arbeiteten. Die Richtungsänderung auf die USA zu mag persönliche Gründe im Zusammenhang mit seinem US-Exil haben und der Hilfe beim Erhalt der väterlichen Milliarden, wird aber von vielen Filipinos als riskant angesehen, denn mit einem Volumen von 85 Mrd. $ ist China auch für die Philippinen der größte Handelspartner.
Vietnam hat fast fünfzig nach dem Ende des Krieges gegen die USA ein erstaunlich positives , wenn auch ambivalentes Verhältnis zum ehemaligen Erzfeind entwickelt. Fast vergleichbar mit den emotionalen Veränderungen im Nachkriegsdeutschland wurde aus dem grausamen Feind relativ schnell ein Partner mit durchaus positiven Aspekten und für die wachsende Wirtschaft ein wichtiger Kunde. Im Zusammengang mit der historischen Skepsis der Vietnamesen gegenüber dem Nachbarn im Norden, einer 1,5 Millionen starken Diaspora in den USA und in der Bevölkerung einer weiterhin verbreiteten Abneigung gegen die Kommunistische Partei gibt es plausible Gründe für die Öffnung nach Westen. Präsident Bidens Charm-Offensive nutzt das aus, dürfte aber an der strategischen Lage im US-China-Konflikt wenig ändern. Falls die Elefanten wirklich kämpfen sollten, wird das ASEAN-Gras mehr leiden als mitmischen. Auch für Vietnam ist China der größte Handelspartner. In den letzten 26 Jahren ist der bilaterale Handel jährlich um mehr als 22% gewachsen und liegt jetzt bei 344 Mrd. $ mit einem Überschuss von 38 Mrd. zugunsten Vietnams.
Global Review: Wie wird Modis G20-Verkündung einer neuen westlich- indischen Seidenstraße den EU- Middle East India Economic Corridor, von der Leyens EU-Global Gateway und Bidens B3W, die nun in eine Global Infrastructure Initiative gegen Chinas BRI gepackt werden? Welche Rolle spielt die ASEAN darin und wie wird dies aufgenommen? Gibt es schon konkrete Zusagen oder Vereinbarungen, auch im Rahmen des De-coupling oder De-risking , Indo-Pazifikstrategie und deutscher Chinastrategie, in dem den ASEAN nebst Indien in Asien ja die zentrale Rolle zugewiesen wird nebst Japan und Australien?
W.S.: Die Wirtschafts- und Handelspolitik ist in der ASEAN pragmatisch und unideologisch. Es kommt auf Resultate an, auf Wirtschaftswachstum, auch zunehmend auf Umweltschutz, auf Gewinn und bessere Lebensbedingungen für mehr Menschen. Im Vergleich zum Lebensstandard der EU und der USA bleibt da in den meisten Ländern ein Aufholbedarf, aber eine werteorientierte Politik mit der Hinnahme eigener Opfer und Verluste zugunsten hehrer demokratischer und menschenrechtlicher Ideale dürfte in Südostasien kaum jemand im Sinn haben. Da ist eher die Skepsis verbreitet, dass es die westlichen „Missionare“ für demokratische Werte auch nicht immer so genau nehmen, dass über Menschenrechtsverletzungen vermeintlich verbündeter Regime hinweggesehen wird und ihre fehlende demokratische Legitimation durch offene und faire Wahlen kein großes Problem ist. In den mehrheitlich muslimischen Ländern wie Indonesien und Malaysia besteht auch kein Verständnis für die Unterscheidung zwischen den für die Freiheit aller Europäer kämpfenden Ukrainer und terroristische Palästinenser, wie überhaupt die westlichen Interventionen im Mittleren Osten, in Afrika und Lateinamerika in den letzten Jahrzehnten in unrühmlicher Erinnerung bleiben.
Global Review: Wie wird Chinas BRICS plus, die G77 und RCEP bei der ASEAN gesehen? Besteht die Möglichkeit, dass die ASEAN wie die AU und EU der G20 oder/und der BRICS plus beitreten würde oder nur einzelne Länder?
W.S.: Das scheint mit zur Zeit noch nicht einschätzbar und eher im Zusammenhang mit dem oben erwähnten pragmatischen Ansatz zu sehen. ASEAN wird vermutlich alles daransetzen, Spaltungen zu vermeiden und das Ziel und Mantra der „ASEAN centrality“ beizubehalten.
Global Review: Wie sieht die Lage in Thailand aus. Nachdem die Progressive Thaiparty von General Prayuth als Regierung verhindert wurde, scheint nun der bis dahin exilierte Milliardär Thaksin wieder mitmischen zu wollen. Ist dieser Generationen- und Rot- und Gelbhemdenkonflikt überhaupt zusammenzubringen? Und welche außenpolitische Rolle spielt Thailand zwischen USA, China und Indien?
W.S.: Die Parlamentswahl im August ergab eine klare Mehrheit für progressive Kräfte. Die junge Move Forward Party und die Pheu Thai Party erreichten zusammen 66,83% der Stimmen und hätten damit eine bequeme Mehrheit im Parlament bilden können. Gegen die jugendliche Move Forward Partei und ihren ebenso jugendlichen Vorsitzenden gab es allerdings erhebliche Vorurteile im traditionellen Machtzentrum zwischen Monarchie und Militär und ihren Unterstützern in Parlament und Senat. Der Wahlsieger wurde nicht gewählt, im vom Militär ausgewählten Senat hatte er zu viele Gegner. Als Resultat nach langwierigen Kompromissverhandlungen ist inzwischen eine Koalition von acht Parteien an die Regierung gekommen unter Führung der Pheu Thai Partei, der zweiten Reinkarnation der ehemaligen Thai Rak Thai Partei des ehemaligen Premierministers Thaksin Shinawatra, der 2006 vom Militär gestürzt worden war und inzwischen aus dem Exil in Dubai zurückgekehrt ist. Der König hat Thaksins alte Gefängnisstrafe für Korruption und Machtmissbrauch von acht auf ein Jahr reduziert, der 1949 geborene Geschäftsmann und Politiker liegt in einem Militärkrankenhaus und wird vermutlich bald entlassen. Seine jüngste Tochter war Kandidatin der Partei für das Amt des Premierministers, gewählt wurde aber am Ende der politisch wenig erfahrene Immobilien-Tycoon Srettha Thavisin.
Für das traditionelle Establishment war die Wahl eine krachende Niederlage, doch die unerwartet triumphierende Move Forward Partei hat sich mit ihren Reformideen für Monarchie und Militär weitgehend selbst aus dem Rennen um die Regierungsbildung geworfen. Die Gesellschaft bleibt gespalten, wenn aber die neue Regierung Erfolg hat, sollte das Pendel weiter in Richtung Reformparteien schwingen. Aber die Armee dürfte weiter bereitstehen, im Zweifel noch einmal mit einem Coup einzugreifen. In der Geschichte Thailands und je nach Zählweise waren es seit 1932 nach dem Ende der absoluten Monarchie zwischen 13 und 30.
Zwischen China, den USA und Indien wird sich Thailand auch in Zukunft nicht auf Einseitigkeiten festlegen. Interessant ist die oben erwähnte Konferenz im November der Bengal Bay Initiative, an der Bangladesch, Bhutan, Indien, Nepal, Sri Lanka, Myanmar und Thailand teilnehmen. Eher unbemerkt von den westlichen Medien ist die wirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen Süd und Südostasien kräftig gewachsen, leider auch in problematischen Bereichen wie dem Handel mit Methamphetaminen und den notwendigen chemischen Vorprodukten. Die kriminellen Vertriebswege nutzen die langen Grenzen, die praktisch unkontrollierbar sind, und leiten die Waren über Südostasien zu den großen Abnehmermärkten von Australien und Neuseeland bis nach Europa und die USA weiter. Gewinne bleiben natürlich auch in der Region, aber die Initiative könnte eventuell zu einer Eindämmung des Drogenhandels beitragen.