Ukrainekrieg: Mal nicht die alltäglichen Siegesmeldungen
Angesichts der täglichen triumphalen Siegesmeldungen von ukrainischer Seite und westlicher Kriegspropaganda auf allen Kanälen, zumal nach der Rückeroberung Charkiwss und der medienträchtigen eines angeblichen Grenzpostens an der russischen Grenze , gewinnt man erst mal den Eindruck, dass nun nach dem ESC- Sieg der Ukrainer ein schneller Sieg bevorstünde. Nachdenklicher und realistischer ist hingegen die Einschätzung eines österreichischen Militärs, der eher einen längeren Krieg kommen sieht und dabei auch die 3 wesentlichen Parameter benennt, von denen das abhängt:
„Militärexperte erklärt, warum die Ukraine viel schlechter dasteht, als viele glauben
17.05.2022
Die Ukraine reiht derzeit einen militärischen Erfolg an den nächsten. Doch die Lage des Landes ist weitaus prekärer, als viele aktuelle Berichte vermuten lassen.(…) Mittlerweile gehen Experten von einem langen und aufreibenden Konflikt aus, womöglich über mehrere Jahre. Und noch immer ist die russische Armee der ukrainischen zahlenmäßig klar überlegen. Unter dieser Prämisse befindet sich die Ukraine in einer weitaus schwierigeren Lage, als man angesichts aktueller militärischer Erfolge denken würde.
Für einen Abnutzungskrieg braucht es vor allem eines: schwere Waffen
Wie der Krieg mittelfristig für die Ukraine verläuft, hängt vor allem von einem Faktor ab: massiven Waffenlieferungen aus dem Westen. Schon jetzt ist der Einfluss westlicher Waffen auf den Konflikt unübersehbar. Aus Großbritannien kamen Panzer-, Luft- und Schiffsabwehrraketen, Luftverteidigungssysteme und andere Waffen nach Kiew. Die Slowakei schickte das strategisch wichtige Luftverteidigungssystem S-300, die USA Drohnen, Haubitzen, Raketen und Panzerabwehrsysteme. Wo die russischen Truppen ohne jene Lieferungen heute stehen würden? Womöglich deutlich weiter nordwestlich, vielleicht sogar in Kiew.
Doch insbesondere für schwere Waffensysteme, allen voran die von der Ukraine nun so dringend geforderten Panzer, braucht es laut Militärexperten eine längere Ausbildung am Gerät. Ob der Ukraine die Zeit dafür bleibt, ist angesichts des bereits laufenden Abnutzungskriegs ungewiss. Gleichzeitig berichtet das „Time-Magazin“ unter Berufung auf Quellen aus dem ukrainischen Verteidigungsministerium, es würden bereits jetzt die Kapazitäten fehlen, um die bisherigen Militärhilfen alle einzusetzen.
Ohne die Lieferung und vor allem den Einsatz schwerer Waffen werden militärische Erfolge mittelfristig aber kaum möglich sein, meint auch Markus Reisner. Reisner ist Oberstleutnant im Österreichischen Bundesheer und Leiter der Entwicklungsabteilung an der Militärakademie Wiener Neustadt.
„Für einen Abnutzungskrieg braucht es – das lässt schon am Namen erahnen – jede Menge Material und es ist kein Zufall, dass die Ukraine genau in dem Moment begonnen hat, schwere Waffen zu fordern, als Russland sich auf die Ostukraine fokussierte“, sagt er im Gespräch mit FOCUS Online. Beide Seiten würden so lange aufeinander einschlagen, bis eine der beiden nachgebe. „Es geht schlicht darum, wer den längeren Atem hat“, sagt er.
Wie kommen die Waffen zukünftig ins Land?
Immer schwieriger könnte es für die Ukraine werden, die Waffen aus dem Westen überhaupt dorthin zu bekommen, wo sie gebraucht werden. Das Schienenetz ist hier der entscheidende Faktor, auch Russland weiß das.
„Die russischen Streitkräfte zerstören systematisch die Infrastruktur der Eisenbahn“, schrieb der Chef der Staatsbahn Ukrsalisnizja, Olexander Kamischin Mitte April. Die Armeeführung in Kiew erklärte, die Russen wollten „die Nachschubrouten für militärisch-technische Unterstützung aus Partnerländern zerstören. Dafür fokussieren sie die Angriffe auf Bahnknotenpunkte.“
Dass Russland gezielt neuralgische Punkte in der Kriegslogistik angreift, zeigt sich derzeit am Beispiel Odessa. Dort kappte die russische Armee die zentrale Zugverbindung in die Hafenstadt, mit der Folge, dass aus dem Westen kaum noch Treibstoff nachgeliefert werden kann.
Die Wirtschaft der Ukraine bricht ein
Ob die Ukraine am Ende genügend schwere Waffen an die Front bekommt, entscheidet auch darüber, ob das Land als solches eigenständig wirtschaftlich überleben kann. Denn die Gebietsverluste, die die Ukraine im Süd-Osten erlitten hat, sind trotz aller Erfolgsmeldungen massiv und treffen die Wirtschaft des Landes in ihrem Ker
Putins Truppen halten die Metropolen Cherson und die Überreste Mariupols sowie die dazwischen liegenden Regionen. In den Oblasten Donezk und Luhansk haben sich die Grenzen im Vergleich zu Vorkriegszeiten weit ins Landesinnere verschoben. Waren vor dem Krieg beispielsweise noch schätzungsweise 60 Prozent von Luhansk in ukrainischer Hand, hält Russland nun gut 80 Prozent.
Entscheidend ist das alles, weil für die Wirtschaft der Ukraine der Süd-Osten enorm wichtig ist – von der Weizen- über die Öl-Produktion bis zu den Häfen. Diese Gebiete befinden sich entweder bereits in russischer Hand oder sind zumindest umkämpft. All das sei für das wirtschaftliche Überleben der Ukraine essenziell, meint auch Militärexperte Reisner. Es sei also nur logisch, dass die Ukraine die Rückeroberung der besetzten Gebiete als Kriegsziel ausgegeben habe.
BIP-Einbruch von 45 bis 50 Prozent
Welche wirtschaftlichen Schäden der Krieg der Ukraine beifügt, lässt sich auch an nackten Zahlen ablesen. Während das ukrainische Bruttoinlandsprodukt (BIP) vor dem Krieg im Durchschnitt jährlich um sieben Prozent zulegte, brach es seit Kriegsbeginn um verheerende 45 – 50 Prozent ein. Die Abhängigkeit von russischen Energie-Importen macht sich massiv bemerkbar. Hinzukommt: Aufgrund der russischen Seeblockade kann das Land über das Schwarze Meer keine Güter mehr exportieren. Das kostet die ukrainische Wirtschaft täglich 170 Millionen Dollar.
Das russische BIP gab unter der Last der Sanktionen in derselben Zeit „nur“ um 7 Prozent nach. Ob und wie lange Russlands Wirtschaft den westlichen Sanktionen mittelfristig standhalten kann, bleibt eine der kriegsentscheidenden Fragen.
Was bedeutet das alles für das Schicksal der Ukraine? Die Frage sei nicht seriös zu beantworten, meint Markus Reisner. „Wie hoch ist das Mobilisierungspotenzial Russlands wirklich – also wie viele Truppen kann Putin nachschieben? Inwieweit ist die EU geschlossen dazu bereit, ein Energieembargo zu verhängen? Wie schnell können weitere Waffensysteme an die Ukraine geliefert werden?“
All diese offenen Fragen hätten Einfluss auf den Ausgang des Kriegs.
Auch ist die Frage inwieweit Russland politisch isoliert ist, denn in vielen afrkanischen, asiatischen und lateinamerikanischen Ländern, speziell unter deren Linken hat es sehr viel Zustimmung. Dementsprechend schreibt Michael Thumann in der ZEIT auch:
„Die Illusion russischer Isolation
Westliche Politiker sind überzeugt, dass Russland isoliert sei. Doch sie könnten sich gehörig irren. Mit dem Krieg ist ein neuer Wettlauf um die Gunst der Welt entbrannt.
https://www.zeit.de/politik/ausland/2022-05/ukraine-krieg-russland-isolation-5vor8
Angesichts der Haltung solcher Grossmächte wie China und Indien, kommt auch der The Economist zum Schluss:
“Who are Russia’s supporters?
The West has presented a united front against the invasion of Ukraine. But many people live in countries sympathetic to Russia
Apr 4th 2022 (Updated Apr 5th 2022)
By invading ukraine, Vladimir Putin has divided the world. The West and its allies have presented a rare unified front against the Russian president’s attack. NATO is enjoying a surge of support within its member countries (and wannabe joiners). The EU has projected the role of a first-rate power. And co-ordinated efforts, including sanctions and banking restrictions, have punished Russia’s economy, at least in the short term. But from other countries Russia still enjoys some support. The Economist Intelligence Unit, our sister company, has measured government actions globally since the war broke out, and countries’ historical ties with Russia, to divide the world into three broad categories: governments that are West-leaning, Russia-leaning and neutral amid the conflict.
A total of 131 countries are against Russia, according to the analysis. Most rich ones in North America and Europe fall into this club. Even historically neutral governments, such as those in Finland, Sweden and Switzerland, have taken a decisive stance against the invasion. According to the EIU, the West-leaning camp accounts for more than 70% of the world’s GDP.
A world divided
Source: EIU
But together the countries opposing Russia account for only 36% of the world’s population. Around two-thirds of people live in countries whose governments are either neutral or Russian-leaning. China and India, which together account for around one-third of the global population, skew the results. The Chinese government, classified as Russia-leaning by the EIU, has avoided direct condemnation of Mr Putin’s actions and is unlikely to stand with the West. India’s government, classed as neutral, has increased its engagement with the Russian government, especially through discounted oil prices.
It is not just the governments of these hugely populous countries that are neutral or Russia-leaning. According to a survey in India conducted by YouGov, a pollster, in March, 40% of respondents approved of Russia’s invasion of Ukraine. Fifty-four per cent of those polled approved of Mr Putin’s leadership (compared with 63% who approved of Volodymyr Zelensky, Ukraine’s president). No such data have been collected in China but online polls indicate greater support for Russia.
About 30% of the global population live in the 28 countries whose governments are classed by the EIU as leaning towards Russia. As well as China, these include such populous places as Pakistan and Ethiopia. For some, such as Eritrea and Syria, Russia is a key ally. Thirty-two governments have remained neutral, including Bangladesh’s, Brazil’s and India’s. Several developing countries see neutrality as the default foreign-policy choice, a legacy of the non-aligned movement formed during the cold war as a counterbalance against the world’s polarisation into two blocs.
Mr Putin’s campaign in Ukraine has met widespread condemnation in the West. Recent evidence of war crimes could see Russia lose further support internationally. But for now by no means does everyone regard him, and his country, as pariahs”.
https://www.economist.com/graphic-detail/2022/04/04/who-are-russias-supporters?utm
Ebenso berichtet die taz über das World Social Forum und linke NGOs und Gruppen des sogenannten Globalen Südens
Weltsozialforum in Mexiko: Die Pflege der Vorurteile
Beim globalisierungskritischen Treffen finden Aktivist:innen aus der Ukraine wenig Gehör. Vom Glamour des Happenings ist wenig geblieben.
Nina Potarska hatte wirklich keinen leichten Job. Die ukrainische Feministin und Friedensaktivistin war nach Mexiko-Stadt gereist, um auf dem Weltsozialforum (WSF) Anfang Mai über die Lage in ihrem Land zu informieren. Dass sie beim Versuch, über die Menschenrechtsverletzungen der russischen Invasoren zu sprechen, auf begrenztes Interesse stoßen sollte, ist wenig verwunderlich.
Schon immer hatte das internationale globalisierungskritische Treffen einen Hang dazu, den Feind der „Völker“ vorrangig in Washington zu suchen. Unvergessen der Auftritt des damaligen venezolanischen Präsidenten Hugo Chávez, der 2006 vor einer ekstatisch tobenden Menge in Caracas das US-Imperium geißelte. Unvergessen auch die vielen Plakate, die den Ex-US-Präsidenten George Bush mit Hitlerbärtchen zeigten.
Das war freilich nur eine Seite des WSF. Es war immer auch ein Austauschort für Vertreter*innen indigener, gewerkschaftlicher, feministischer, migrantischer und anderer Organisationen. Doch vom alten Glamour des globalisierungskritischen Happenings, von den Partys, den bunten Demos mit Zehntausenden von Teilnehmer*innen, war jetzt in Mexiko mit etwa 3.000 Teilnehmer*innen wenig geblieben. Vielleicht lag’s an der Pandemie, vielleicht an der restriktiven Einreisepolitik der mexikanischen Regierung, aber sicher auch daran, dass das WSF in seiner unverbindlichen Diversität auf aktuelle Fragen keine Antworten findet.
Die Ukrainerin Potarska wollte darüber reden, dass die russische Armee Züge, Häuser und Tankstellen bombardiert. Doch für viele, so sagt sie, seien geostrategische Fragen im Vordergrund gestanden: „Sie wollen der einen oder anderen Seite folgen, reden den Schaden klein, interessieren sich nicht für das Leiden der Bevölkerung und die Dimension der Menschenrechtsverletzungen.“
Menschenrechte und Weltbilder
Das ist bemerkenswert, denn gerade in der beim WSF dominanten lateinamerikanischen Linken ist die Durchsetzung der Menschenrechte zunehmend in den Mittelpunkt gerückt und hat einstige revolutionären Visionen ersetzt. Geblieben ist jedoch eine manichäische antiimperialistische Ideologie, in der Menschenrechte – wie auch bei ihren Gegner*innen – nur dann eine Rolle spielen, wenn sie das eigene Weltbild bestätigen.
Während man jede Rebellion im eigenen Land zum selbstbestimmten Kampf des Volkes gegen das Imperium verklärt, werden die Akteur*innen des Euromaidan oder des Arabischen Frühlings erst gar nicht als Individuen mit legitimen Forderungen wahrgenommen. Die Aktivist*innen der Maidanbewegung sind folglich nichts als Handlanger für einen Putsch. Im Gegensatz zu den eigenen heroischen Freiheitskämpfer*innen verkommen jene, die sich der russischen Invasion entgegenstellen, zu Lakaien des US-Imperialismus.
So bezeichnet der chilenische Autor Pablo Jofre Leal die Stadt Mariupol nach der Eroberung zufrieden als „Friedhof des ukrainischen Nazismus“. Wer für die Grausamkeiten des Kriegs in der Ukraine verantwortlich ist, steht ohnehin außer Frage: „Der in den Büros der Nato, des Weißen Hauses und des Pentagon geschaffene Konflikt entblößt die Barbarei des Westens“, erklärt Marcos Roitman Rosenmann in der linken mexikanischen Tageszeitung La Jornada. Auch das Ziel sei klar: „Russen ermorden.“
Solche Dummheiten und Widerlichkeiten sind keine Ausnahmen. Sie stehen in Lateinamerika leider beispielhaft für einen relevanten Teil linker Stellungnahmen zum Ukrainekrieg. Und wer will schon an seinen Gewissheiten kratzen, in dem er oder sie sich mit Berichten über Vergewaltigungen oder Morden russischer Soldaten beschäftigt. Womöglich könnte die Frage nach Sanktionen oder gar Waffenlieferungen auftauchen.
„Irgendwie müssen wir uns ja verteidigen“, sagte auch die Friedensaktivistin Nina Potarska, trotz großer Zweifel. Kaum anzunehmen, dass viele dieser „Internationalisten“ sie unterstützen
https://taz.de/Weltsozialforum-in-Mexiko/!5852540/
Dies sind alles potentielle Unterstützer Putins, zumal dieser ja auch immer noch darauf hoffen kann, dass Trump 2024 und Le Pen 2027 wiedergewählt werden könnten, Erdogan doch noch die NATO blockiert und sei es nicht nur bei der Mitgliedschaft Finnlands und Schwedens, sowie Orban ein EU-Ölembargo oder andere Dinge, wobei NATO und die EU dennoch zuversichtlich sind, beide erwärmen zu können durch Zugeständnisse in finanzieller oder anderer Hinsicht. Zumal auch bei einem Abtritt oder Tod Putins folgendes Szenario möglicher Nachfolger eintreten könnten, die jeweils allein nicht genug Macht hätten oder auch nicht weniger nationalistisch und aagressiv seien:
„Dann droht ein Palast-Massaker“: Expertin sagt heftigen Kampf um Putin-Nachfolge voraus.