Die neue German Question: Wer hat Angst vorm BND?

Die neue German Question: Wer hat Angst vorm BND?

Da der eigentlich zuständige grüne Geheimdienstkontrolleur PKK-Controller Constantin von Notz momentan schweigt und nicht laut in den Medien motzt, der Chefkanzler auch nichts zur Sache sagt, knöpft sich jetzt der grüne Vizekanzler Habeck den BND vor und macht das zur Vizechefsache:

„Zu viele Fehleinschätzungen: Habeck sauer auf die deutschen Spione

Stand: 27.08.2023, 22:21 Uhr

Spione des BND liefern der Bundesregierung Informationen zur politischen Situation im Ausland. Den Ukraine-Krieg haben sie aber offenbar nicht kommen sehen.

Berlin – Für die meisten in Deutschland dürfte der Überfall von Russland auf sein Nachbarland Ukraine im Februar 2022 überraschend gekommen sein. Dass dies jedoch auch auf den Bundesnachrichtendienst (BND), dem Auslandsgeheimdienst der Bundesrepublik, zutraf, dürfte eher überraschend sein.

Im Interview mit dem Journalisten Stephan Lamby kritisierte Vizekanzler Robert Habeck den BND für sein Versagen bezüglich des Ukraine-Krieges. Das Interview hat Lamby in seinem neuen Buch „Ernstfall: Regieren in Zeiten des Krieges“, einer Dauerbeobachtung der deutschen Regierungsarbeit, veröffentlicht. Zu seiner Recherche wird es auch eine Doku-Serie in der ARD geben.

Fehleinschätzungen des BND immens: Habeck wurde von der CIA früher informiert

Wie es scheint, lag der BND allerdings nicht nur einmal falsch, was den russischen Einmarsch in die Ukraine angeht. Die erste Fehleinschätzung betraf das generelle Bevorstehen des Ukraine-Krieges, wie n-tv unter Berufung auf Lamby schreibt. Demnach sei der BND bis zum Einmarsch am 24. Februar 2022 davon ausgegangen, dass es sich lediglich um eine Übung von Russland handeln würde.

Robert Habeck (Grüne) sei am Tag vor dem Überfall auf die Ukraine von Agenten der CIA über das Bevorstehen des Angriffs informiert worden, wie die Bild-Zeitung ebenfalls unter Berufung auf Lamby schreibt. Demnach habe Habeck von den Amerikanern sogar die genaue Uhrzeit des bevorstehenden Angriffs erfahren. Das Interview hatte Lamby am 23. Juni geführt.

Der BND-Chef Bruno Kahl soll sich sogar am Tag vor der russischen Invasion noch in Kiew aufgehalten haben, aber nicht von einem bevorstehenden Angriff ausgegangen sein, so die Bild. Doch mit dieser Fehleinschätzung nicht genug.

Habeck falsch informiert: BND sah Wagner erst spät kommen

Auch nach dem Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine hat sich der BND angeblich geirrt. Habeck soll gegenüber Lamby bereits im April davon gesprochen haben, dass weitere Einschätzungen des Dienstes falsch waren. „Die Dienste haben vorhergesagt, dass Putin nach 24, 48 Stunden die ganze Ukraine besetzt“, zitiert n-tv den Minister.

https://www.merkur.de/politik/habeck-nimmt-bnd-in-die-mangel-ukraine-krieg-nicht-vorhergesehen-92484903.html

Man darf gespannt sein, wie das weitergeht. Zumal ist da scheinbar das angebliche Pennen des BND bei der Sprengung von Nordstream 2 da auch noch gar nicht eingepreist, wie sich BND-Chef Kahl kurz vor dem Prigoschin- Marsch noch lauthals mit der Fehleinschätzung in die Medie schwang, dass es „Keine Risse im System Putin“ gebe.  Sieht er da nur mangelnde Informationsgewinnung infolge zu rigider Gesetzeskontrolle am Werke, wie dies Ex-BND-Chef Schindler behauptet, wobei der ja solchen Datenschutzfreaks wie den Liberalen und den Grünen wegen ihrer gesetzlichen Einschränkungen des Dienstes die Hauptschuld gibt. Oder liegt es an der Auswertung und Bewertung, ja vielleicht alten Denken im Sinne der damals neuen Ostpolitik in der Post-Gehlen- und Wessel-Ära der Fremde Heere Ost, als die BND-Chefs nicht mehr alte Wehrmachtsmilitärs, sondern zivile Parteisoldaten wie Wieck, Kinkel und Nachfolger wurden? Also eher die von Anglosachsen und Osteuropäern bemäkelte und düster vermutete German question, zumal es ja auch beim ersten NATO-Geheimdienstchef, dem deutschen Ex-Vizechef des BND von Loringhoven  zu ebenso serienmäßigen „Fehleinschätzungen“ kam, was da für einiges Misstrauen sorgte, ob es da nch mit rechten Dingen zuging und das alles Zufall sei-vor allem seitens der Polen und Balten. Bleibt abzuwarten, wie es weiter geht. Wird Kahl abgesetzt oder folgen mehr personelle Umbesetzungen oder gar eine regelrechte Säuberung oder gar gleich ein BND-Strukturreform? Oder verläuft das wieder im Sande und hält Scholz die schützende Hand drüber? Seltsam, dass es bei der Union seltsam still ist und war da nicht noch ein Untersuchungsausschiss der PKK oder so?

Merkels Ex- Militärberater General Vad sieht dies eher undramatisch nur als normale Personalrouchade im Sinne und infolge des Parteienproporzes:

„Wie gesagt: es geht um Kahl ( CDU). Das passt nicht mehr und das ist plausibel.  Der BND untersteht dem Kanzleramt. Zugriffsrechte haben FDP und Grüne. Und da steht sicher schon einer bereit.“

 Ob das dabei so bleibt? Heute kommen erste Strukturreformvorschläge bezüglich BND und Geheimdienste. Heute etwa in der FAZ, aber da wird (noch) mehr Kontrolle gefordert und das scheint eher das Gegenteil von dem, was etwa Ex- BND- Chef Schindler unter anderem in seinem Buch „Wer hat Angst vorm BND?“ will und geht eher in eine rot-grün-gelbe Richtung, wobei die Linkspartei ja schon seit Urzeiten gleich die Abschaffung des Verfassungsschutzes fordert.

Gastbeitrag zum BND : Selbstbewusste Nachrichtendienste für eine liberale Demokratie

  • Von Konstantin Kuhle und Stephan Thomae
  • -Aktualisiert am 30.08.2023

Deutschlands Nachrichtendienste brauchen eine neue Architektur der Kontrolle. Das würde ihre Arbeit nicht schwächen, sondern stärken und legitimieren. Ein Gastbeitrag.

Spionage, Putsch-Pläne, Verschwörungen und ein Angriffskrieg mitten in Europa – die Bedrohungen für die innere und äußere Sicherheit haben eine in den letzten Jahren ungekannte Intensität erreicht. Viele Menschen fragen sich, ob unsere Nachrichtendienste für diese Lage gewappnet sind. Im Zusammenhang mit dem sogenannten Wagner-Aufstand Ende Juni in Russland entstand in der Öffentlichkeit der Eindruck, der Bundesnachrichtendienst sei von der Entwicklung überrascht worden.

Wenige Wochen später forderten zwei ehemalige Präsidenten des deutschen Auslandsnachrichtendienstes mehr Befugnisse für die Behörde. Sie nannten den BND einen „zahnlosen Wachhund“ und gaben die Schuld daran vor allem der politischen und parlamentarischen Kontrolle, welche die Arbeit der Behörden behindern würden.

https://www.faz.net/aktuell/politik/inland/selbstbewusste-nachrichtendienste-fuer-eine-liberale-demokratie-19136587.html

Mal sehen, ob die Debatte vielleicht noch durch die Enttarnung einiger russischer oder chinesischer Maulwürfe im BND wie damals beim Verfassungsschutz Tiedge oder bei der NATO mit Rainer Rupp (Topas) mit etwas Nachhilfe von befreundeten Diensten katalysiert wird. Oder kommen russische oder chinesische Dienste dem zuvor, indem sie nach der Ukrainespur bei NS 2 nun einen US-Spion im BND enttarnen lassen?

Im Nachhinein wird Tiedges nachrichtendienstliche Bedeutung als „überschätzt“ erklärt. Aber die politisch-psychologische Wirkung, die Stasi und KGB damit erzielten, führten eben zum Sturz des BND-Chefs. Elegant über Bande gespielt und zwei Fliegen mit einer Klappe erlegt. Mal sehen, ob bei Kahl sowas ähnliches passiert oder es auch ohne solche Mittel geht. Den Russen und Chinesen dürfte er ja eher genehm gewesen sein.

Zum Tod von Hansjoachim Tiedge : Überschätzter Überläufer

  • Von Rainer Blasius
  • -Aktualisiert am 13.04.2011

Im Alter von 74 Jahren ist der ehemalige Verfassungsschützer Hansjoachim Tiedge in der Nähe von Moskau gestorben. Der „Abwehrchef“ hatte sich 1985 in die DDR abgesetzt. Kurz vor der Deutschen Einheit brachte der KGB ihn in die Sowjetunion.

Die kurze Mitteilung schlug in Bonn wie eine Rakete ein. Ost-Berlins Nachrichtenagentur ADN gab am 23. August 1985 bekannt: „Der langjährig im Bundesverfassungsschutz der BRD für die Spionageabwehr verantwortliche Regierungsdirektor Hansjoachim Tiedge ist in die DDR übergetreten und hat um Asyl ersucht.“

Der am 24. Juni 1937 in Berlin geborene Jurist, seit 1966 im Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) in der Abteilung Spionageabwehr und seit Anfang 1982 Leiter des Referats „Nachrichtendienste der DDR“, war schon am 19. August 1985 per Eisenbahn in die DDR übergelaufen.

Der Ost-Berliner Rechtsanwalt Wolfgang Vogel übermittelte alsbald eine handschriftliche Erklärung Tiedges nach Bonn, wonach dieser „aus einer für mich ausweglosen persönlichen Situation, aber aus freien Stücken und auf Grund meiner eigenen Entscheidung in die DDR übergewechselt“ sei: „Ich bin nicht bereit, mit offiziellen Vertretern der Bundesrepublik oder mit Vertretern der Medien zu sprechen.“

In Verhören konnte Tiedge sein Wissen über das BfV verraten. Das meiste davon wird dem MfS längst bekannt gewesen sein, zumal Markus Wolf und seine Leute bestens informiert waren durch den ebenfalls in Köln tätigen Oberamtsrat Klaus Kuron, der erst nach dem Untergang der DDR enttarnt und verurteilt wurde. Von ihm stammt die Bemerkung, „ein weißer Stock und eine schwarzgepunktete gelbe Binde“ hätten zur Grundausstattung im BfV gehört.

BND-Chef Hellenbroich wurde zum Bauernopfer

Ob Tiedges langjähriger Chef Heribert Hellenbroich, der erst am 1. August 1985 zum Präsidenten des BND in Pullach ernannt worden war, etwa zu den Blinden gehörte? Jedenfalls wurde Hellenbroich am 27. August als eine Art Bauernopfer in den einstweiligen Ruhestand versetzt. Denn er wusste nachweislich von dem schweren Alkoholismus, den hohen Schulden und der unsteten Lebensführung Tiedges.

Schnell machte in der Bundesrepublik die Einschätzung die Runde, das BfV stehe auf dem Gebiet der Spionageabwehr gegenüber der DDR vor einem Neuanfang. Von September 1985 an befasste sich auch ein von der SPD-Opposition beantragter Untersuchungsausschuss des Bundestags mehrere Monate mit dem „Fall Tiedge“.

Flucht angekündigt – und verschoben

In der DDR wurden damals der BfV-Agent Horst Garau und seine Ehefrau Gerlinde verhaftet – was laut Zeitgenossen und Historikern auf Hinweise Tiedges zurückgeführt werden müsse. Das bezweifelt jetzt Peter-Ferdinand Koch in seinem Buch „Enttarnt. Doppelagenten: Namen, Fakten, Beweise“ und stützt sich auf Unterlagen des amerikanischen Geheimdienstes CIA.

Demnach habe Tiedge seine Flucht der Hauptverwaltung Aufklärung (HVA) des MfS „zuvor angekündigt, denn er wollte sich bereits am 15. August 1985 in die DDR absetzen und hatte offiziell Urlaub beantragt. An diesem Tag wechselte Tiedge aber nicht die Seiten, doch die HVA rechnete fest mit seiner Ankunft für den 15. August, weshalb sie das für das BfV tätige Ehepaar Garau verhaften ließ. Die Festnahme sollte mit Tiedges Seitenwechsel erklärt werden. Tiedge kam allerdings erst vier Tage später.“ Nach CIA-Erkenntnissen habe Tiedge den Kontakt zur HVA „bereits Monate zuvor hergestellt“.

Laut Koch trägt vielmehr Kuron die Verantwortung für die Enttarnung des Ehepaars Garau: Gerlinde wurde zu dreieinhalb Jahren, Horst zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt. Horst Garau kam am 12. Juli 1988 in der Haftanstalt Bautzen „unter mysteriösen, nie überzeugend geklärten Umständen“ (so Karl-Wilhelm Fricke) zu Tode, mit der DDR-offiziellen Version „Selbsttötung durch Erhängen“.

1990 in die Sowjetunion ausgeflogen

Kurz vor der friedlichen Revolution in der DDR wurde Tiedge, der sich nun Helmut Fischer nannte, im Mai 1988 an der Humboldt-Universität mit einer Dissertation über „Die Abwehrarbeit der Ämter für Verfassungsschutz in der Bundesrepublik Deutschland“ promoviert. Am 23. August 1990 flog ihn der KGB in die Sowjetunion aus. 1998 wollte der Verlag „Das Neue Berlin“ Tiedges Memoiren „Der Überläufer“ veröffentlichen. Manuskript und Druckunterlagen wurden jedoch auf Antrag des BfV beschlagnahmt.

Als das Werk dann von Australien aus im Internet veröffentlicht wurde, lieferte der Verlag an den Buchhandel aus. Darauf erfolgte eine Anklage wegen Beihilfe zum Geheimnisverrat, die mit Freispruch endete: Am 20. Januar 2000, so meldete diese Zeitung, mussten hohe BfV-Beamte vor der 37. Großen Strafkammer in Berlin-Moabit aussagen: „Sie waren jedoch dienstverpflichtet worden, konkrete Fragen nach der Gefährdung des Amtes durch Tiedges Enthüllungen nicht zu beantworten. Damit lieferten ihre allgemein gehaltenen Einlassungen nichts Beweiswürdiges für einen vollzogenen Geheimnisverrat oder eine Beihilfe dazu.“ Wie jetzt bekannt wurde, starb der längst vergessene und wahrscheinlich eher überschätzte ehemalige „Abwehrchef“ Tiedge am 6. April in der Nähe von Moskau.

https://www.faz.net/aktuell/politik/portraets-personalien/zum-tod-von-hansjoachim-tiedge-ueberschaetzter-ueberlaeufer-1627636.html

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