Das magische 2%-NATO-Ziel und die deutschen Parteien in der Zeitenwende
Schon Februar 2021 lehnte Annalena- Baerbock kategorisch das 2%-NATO-Ziel ab:
„Völlig absurde Debatte“ NATO: Baerbock stellt Zwei-Prozent-Ziel infrage
24.02.2021, 00:36 Uhr
Die NATO sollte sich nicht auf starre Zahlen fixieren, sagt Baerbock.
NATO-Mitgliedsstaaten sollten zwei Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts in die nationale Verteidigung investieren. Deutschland bewegt sich mit Trippelschritten auf dieses Ziel zu. Es wäre Zeit, sich von der starren Vorgabe zu verabschieden, findet die Grünen-Chefin Baerbock.
Die Grünen-Vorsitzende Annalena Baerbock hat das NATO-Ziel für die Höhe der nationalen Verteidigungsausgaben ihrer Mitgliedsländer infrage gestellt. „Ich halte diese Orientierung an diesem Zwei-Prozent-Ziel für eine völlig absurde Debatte“, sagte Baerbock in einem Live-Interview mit der „Zeit“. Hintergrund ist eine Vereinbarung von 2014. Sie sieht vor, dass sich alle NATO-Mitgliedsstaaten bis 2024 dem Richtwert annähern, mindestens zwei Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts (BIP) für Verteidigung auszugeben.
Die deutschen Verteidigungsausgaben im vergangenen Jahr entsprachen letzten öffentlichen NATO-Kalkulationen zufolge einem Anteil von 1,57 Prozent – nach 1,36 Prozent im Vorjahr. Der Anstieg ist auch auf die Corona-bedingte Schrumpfung des BIP zurückzuführen. Insbesondere die USA drängen die Bundesregierung zu einer Steigerung. Baerbock wies darauf hin, dass ein Land dieses Ziel je nach Konjunktur leichter oder schwerer erreichen könne. So gebe die Bundesregierung mitten in der aktuellen Wirtschaftskrise zwar anteilig deutlich mehr aus, an Ausrüstung und Fähigkeiten habe sich aber nichts geändert.
Baerbock schließt Drohneneinsatz nicht aus
Entscheidender sei eine Klärung, was das Bündnis für die eigene Sicherheit brauche. Darüber habe die Nato in den vergangenen Jahren zu wenig diskutiert. Im Gespräch mit dem neuen US-Präsidenten Joe Biden würde sie etwa anbieten, dass sich Deutschland beim Umgang mit Cyberangriffen stärker einbringen könne. Auf die Frage, ob auf die Verpflichtungen Deutschlands mit einer möglichen Kanzlerin Baerbock kein Verlass mehr wäre, sagte die Grünen-Chefin, mit einem Amtswechsel könnten auch Beschlüsse einer Vorgängerregierung zurückgenommen werden. So sei das auch in den USA nach der Abwahl des früheren Präsidenten Donald Trump der Fall gewesen.
Den Einsatz bewaffneter Drohnen, auf den die Große Koalition sich wegen Widerstands aus der SPD bislang nicht einigen konnte, lehnte Baerbock nicht kategorisch ab. Bewaffnete Drohnen seien in Kriegen unter anderem von den USA zu völkerrechtswidrigen Tötungen eingesetzt worden, es habe eine Automatisierung des Krieges gegeben. Unter diesen Umständen lehne sie die Technologie ab. „Sie könnten aber auch eingesetzt werden zum Schutz der Soldatinnen und Soldaten, defensiv.“ Dazu müssten dann klare Einsatz-Kriterien festgeschrieben werden.
https://www.n-tv.de/politik/NATO-Baerbock-stellt-Zwei-Prozent-Ziel-infrage-article22382603.html
Dabei ist es geblieben. Gestern abend lehnte Annalena Baerbock weiterhin kategorisch das 2%-NATO-Ziel bei Maischberger im ARD ab, wenngleich sie wohl ihre Einstellung zu Waffen und Drohnen inzwischen auch etwas geändert haben dürfte, auch in Bezug auf „Defensivwaffen“.
Baerbock ist weiterhin gegen „die Fixierung auf Zahlen“. Jede Regierung könne das nach ihrem Gusto tun, das habe auch Trump getan. Dass das ein NATO-Beschluß ist, vielleicht pacta sunt servanda gelten könnte, Trump auf diese Zahl eben fixiert ist und das Thema bei einer Wiederwahl Trumps oder bei einem republikanischen Präsidenten totensicher wieder auf die Tagesordnung käme, mit allen möglichen Folgen für Deutschland und das Bündnis, Biden womöglich „der letzte europäische US-Präsident“ ist, das Sondervermögen wohl nicht einmal zur Wiederinstandsetzung der Bundeswehr taugt, zeitlich befristet ist , wird da nicht thematisiert. Das andere NATO-Mitglieder die 2% auch nicht erreichen (während die Osteuropäer diese bei weitem übererfüllen), dass Deutschland zweitgrößter Ukrainehilfegeber ist ,man das auch mit anderen Posten verrechnen müsse ,man sich auch mehr etwa bei der Cybersicherheit „einbringen“ könne, scheint da genug an Argumenten, um eine fixe Verstetigung im Verteidigungshaushalt abzulehnen, was waber Trump und die Republikaner nur als faule Ausreden, Drückebergerei und Sozailschmarotzertum auf US- Kosten sehen. Möglicherweise spielt bei allem sonstigen Bellizismus und Verbalmilitarismus da aber auch die Befürchtung rein, dass man Sozialkürzungen und andere Haushaltskürzungen vornehmen müsste, insofern man sich nicht weiter verschuldet oder Steuern erhöht, die bei der Bevölkerung bis hinein in die eigene Parteiklientel extreme Unzufriedenheit hervorrufen könnten (wieviele Kitas und Kindergärten könnte man bauen für 100 Panzer, etc, zumal wenn es Baerbocks ja immer so speziell um Frauen und Kinder geht), zudem auch die bisherige breite Unterstützung für Waffenlieferungen an die Ukraine zu erodieren scheint, wie auch Kriegsgewöhnung und -müdigkeit zunehmend einkehrt, wie auch zunehmend die Hoffnung auf einen schnellen Frieden, der dann vermeintlich Inflation und dem Krieg zugeschriebene Kosten beseitigen würde langsam um sich greift.
Ähnlich dürfte dies bei der SPD gelagert sein, die eine zweite Schröderagenda samt abrupte Demontage des Sozialstaats fürchtet, zumal das damals ihren Niedergang und den Aufstieg der Linkspartei möglich machte. Hinzu scheint es immer noch Kräfte in der SPD zu geben, die auf eine Art Ostpolitik 2.0 nach dem Ukrainekrieg und vielleicht auch dahingehend partielle Normalisierung mit Russland hoffen und keine irreversible Aufrüstung und Militarisierung wollen. Vielleicht aber will man sich da auch flexibel halten, sollte Trump wiedergewählt werden und man dann doch Macrons „europäische Souveränität“ unter Atomschutz der Force de frappe wählen würde, wofür Sigmar Gabriel auch schon Erkundigungen in Frankreich und innerhlab der Atlantikbrücke anbahnt.. Für letzteres wäre vielleicht auch noch Teile der Grünen, einer Wagenknechtpartei (Europäische Sicherheitsarchitektur“ ,,Lafontaine: „Ami go home) und andere Europäer und Eurasier in der Union zu gewinnen, wenngleich auch auch dies die Frage aufwerfen würde, wie diese europäische Armee mit europäische Atomschutz dann strukturiert sein müsste, wer den Oberbefehl hätte, wie umfangreih die von Waffen bis Atomwaffen und Personal und Mitliedern sein müsste, um überhaupt eine glaubwürdige Abschreckung sowohl gegen Rußland, dann auch den USA und China dazustellen., ja ob man da nicht auch aufrüsten müsste und wie man das dann finanzieren würde.
Union und AfD hingegen sprechen sich klar für die Verstetigung des 2%-Ziels (und vielleicht noch mehr) aus, fürchten keine Sozialkürzungen, zumal sie dies gerne für eine zweite neoliberale Agenda gegen Gewerkschaften, Arbeitslose und Hartzempfänger nutzen würden, von Arbeitspflicht ala Linnemann bis zu Lohnsenkungen, zumal auch Mobilisierung erhoffter brachliegender Arbeitskräftepotentiale, auch bei weniger Migration. Streng genommen würde Union und AfD da gut zusammenpassen, wäre da nicht die bisherige russlandfreundliche und eurasische Ausrichtung der AfD und der Makel des Höcke-Faschismus samt Dexit-Forderungen und möglichen Ausstieg aus EU, Euro und NATO. Vielleicht hofft man ja, dass aus Weidel noch eine transatlantische „Postfaschistin“ Giorgia Meloni wird, falls halt nicht zuvor Höcke die Macht antritt. Zumal der eigentlich das Sagen in der AfD jetzt schon hat. . Oder man vielleicht auch transatlantisch in einem Unions-/AfD-Bündnis bei einem US-Präsidenten Trump bleiben könnten Halt nicht mehr als Wertegemeinschaft, sondern nacktes Militärbündnis, insofern Trump das dann doch alles zu multilateralen ist und er die NATO doch verlässt und auf bilaterale Verträge setzt Marine Le Pen hatte ja auch schon mal versucht trotz damaliger Putinnähe bei Putinfreund Trump.in seinem Trumptower in New York vorzusprechen mit unbekanntem Ergebnis. Inzwischen ist Marine Le Pen vorerst von der Putin- zu nun Selensky-Unterstützerin mutiert . Aber fraglich, ob das in Stein gemeißelt ist, sollten sich die geopolitischen Konstellationen weiter ändern- auch zuungunsten „des Westens“, den es ja dann in der alte Form mit Trump nicht mehr geben würde.
Die FDP dürfte auch für 2% NATO-Ziel sein, vor allem Strack- Zimmermann, insofern es nicht noch zu einem Revival der Genscheristen und der Hoffnung auf neuen Osthandel und Ostpolitik geben sollte, Lindner dürfte dabei nur kümmern, dass das dann nicht schuldenfinanziert, sondern über Haushaltskürzungen, vor allem im Sozialbereich läuft.
Linkspartei sowie eine mögliche Wagenknechtpartei dürften wohl 2%-NATO-Ziel kategorisch wie auch die NATO selbst ablehnen. Aber bei Wagenknecht könnte da wie bei Oskar Lafontaine die Aussicht einer „Europäischen Sicherheitsarchitektur“ da vielleicht ein Umdenken in Sachen einer europäischen, von den USA unabhängigen Streitmacht bewirken.