Ukrainekrieg: Zeitenwende, neue Arbeitsteilung in der Indo-Pazifikstrategie und KP-Kritik an Xi

Ukrainekrieg: Zeitenwende, neue Arbeitsteilung in der Indo-Pazifikstrategie und KP-Kritik an Xi

Aufgrund der von den Regierungsparteien, Medien und Elitevertretern beschworenen Zeitenwende, hat SPD-Vorsitzender Lars Klingbeil nun auch eine Neue Außenpolitik angekündigt und einen Strategiewechsel. Die CDU/CSU prescht da voran und hat nun ein eigenes Strategiepapier entworfen, das den Sicherheitsbegriff wesentlich breiter denn zuvor aufstellt, sowie auch einen Nationalen Sicherheitsrat fordert:

„Neues Strategiepapier : Union für „Zeitenwende“ bei der Sicherheitspolitik

Aktualisiert am 02.05.2022-06:10 Eine zeitgemäße Sicherheits- und Außenpolitik müsse auch arbeitsmarktpolitische und entwicklungspolitische Folgen berücksichtigen, verlangen CDU und CSU. Am Montag soll das neue Konzept beschlossen werden.

Wer vor zehn Jahren eine neue Sicherheitsarchitektur gefordert hätte, wäre mit einiger Sicherheit als Kriegstreiber und Militarist gebrandmarkt worden. Nun hat der brutale Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine auch in den Unionsparteien zu einem Umdenken geführt. Nötig sei „eine Zeitenwende in der deutschen Politik“, heißt es im Entwurf eines Papiers, das die Präsidien der beiden Unionsparteien an diesem Montag bei einer gemeinsamen Sitzung in Köln beschließen wollen. „Worauf es ankommt: Sicherheit umfassend denken und danach handeln.“ Dabei werde Deutschland auch mehr Verantwortung in der Welt übernehmen müssen.

„Deutschland braucht ein Gefahrenradar, das Land muss alle seine Abhängigkeiten vermessen und bewerten“, heißt es in der sogenannten Kölner Erklärung, die der F.A.Z. vorliegt. Zu den Bedrohungen zählen nicht nur militärische, sondern auch Gefahren durch Terror und organisierte Kriminalität, Desinformationskampagnen und jede Form des Extremismus, aber auch Klimafolgeschäden und Abhängigkeiten in Wirtschaft, Technologie, Energieversorgung und der Nahrungsmittelversorgung.

Sicherheitsbegriff umfassend denken

CDU und CSU fordern eine Anpassung der deutschen Verteidigungskräfte „an die neue Wirklichkeit“, eine umfassende Sicherheitsstrategie und einen Nationalen Sicherheitsrat, der die neue Sicherheitspolitik verkörpern und nach außen darstellen soll. In die Arbeit integriert werden sollten auch „Wirtschaft und Beschäftigte, Wissenschaft und Innovationstreiber, Zivilgesellschaft und Denkfabriken“. Nötig sei „ein gemeinsames neues Denken für Sicherheit und Souveränität“. Gleichzeitig müssten Desinformation und Informationsmanipulation aus dem Ausland aufgedeckt und unterbunden werden.

Es gehe darum, den „Sicherheitsbegriff umfassend zu denken, denn er betrifft nicht nur das Verteidigungs- und das Innenressort“, erläuterte die CDU-Bundestagsabgeordnete Serap Güler der F.A.Z. „Den Kern des Papiers bildet eine ganzheitliche Sicherheitsarchitektur, die in der gegenwärtigen Lage dringend erforderlich ist.“ Sie umfasse Verteidigungs-, Wirtschafts- und Entwicklungspolitik. Im Sicherheitsrat sei bisher nicht die wirtschaftliche Abhängigkeit der Energieversorgung diskutiert worden.

Es brauche einen Nationalen Sicherheitsrat im Kanzleramt, der strategisches Denken und operative Wehrhaftigkeit zusammenbringe, sagte Güler, die Mitglied im Verteidigungsausschuss des Bundestags ist. Sicherheitspolitik müsse künftig ressortübergreifend und unter Einbeziehung der Länder und Kommunen sowie des privaten Sektors gedacht und konzipiert werden. „Sicherheitspolitik muss transparent und informativ erfolgen“, heißt es in dem Papier.

In der Klimapolitik fordern CDU und CSU, die nötige Neuordnung der Energiepolitik müsse „konsequent zur Beschleunigung von Energieeffizienz, erneuerbaren Energien und technologischer Innovation genutzt werden“. Außerdem plädieren sie für einen „Klimaclub internationaler Vorreiter“, der Fortschritte beim Klimaschutz mit wirtschaftlichen Chancen verbinde. „Klima, Energie, Menschenrechte und Sicherheit werden dabei ganzheitlich zusammengedacht.“

Das 100-Milliarden-Paket für die Bundeswehr reiche bei Weitem nicht aus, um eine umfassende Sicherheitsarchitektur aufzubauen, sagte Güler. Ohne „klare Investitionsziele sowie Beschaffungs- und Strukturreformen“ werde das Geld „verpuffen“, heißt es in dem Papier. „Unsere humanitäre und unsere sicherheitspolitische Verantwortung darf nicht an den Landesgrenzen enden – weder an den deutschen noch an den europäischen, wenn wir Sicherheit umfassend denken wollen“. Dazu gehöre es auch, Fluchtbewegungen zu berücksichtigen.

Zu sehr in Sicherheit gewogen?

Dass die Union, die in den vergangenen 16 Jahren die Verteidigungsminister stellte, nicht früher mit dem Vorschlag einer neuen Sicherheitsarchitektur an die Öffentlichkeit getreten ist, begründete Güler damit, dass die Union – wie die Gesellschaft – sich in den ersten zehn Jahren der Regierungsjahre zu sehr in Sicherheit gewogen und nicht mehr in Kriegsdimensionen gedacht habe.

Dass Frieden nicht selbstverständlich sei, habe sich erst in den Jahren seit der Krim-Annexion gezeigt. „Das gesellschaftliche Klima hat sich verändert. Es gab für solche Projekte nie parlamentarische Mehrheiten.“ Es seien die Sozialdemokraten Martin Schulz, Andrea Nahles und Rolf Mützenich gewesen, die sich gegen das Zweiprozentziel für Verteidigungsausgaben gestellt hätten, so Güler.

Die Sicherheit Deutschlands beinhalte „auch die Sicherheit von Arbeitsplätzen und Einkommen“ für Arbeitnehmer und Selbstständige. Das gelinge nur mit krisensicheren Lieferketten, verlässlichen Handelspartnern und der Bekämpfung von Inflation und Geldentwertung, stellt die Union fest. „Daher benötigt Deutschland eine neue Globalisierungsstrategie, die sich mehr mit den Wachstumsmöglichkeiten in der EU, den USA und Afrika beschäftigt und die Abhängigkeit von China neu bewertet“, heißt es im Papier.

https://www.faz.net/aktuell/politik/inland/union-fuer-zeitenwende-bei-der-sicherheitspolitik-17997494.html

Dies zeigte sich auch schon in der deutschen Indo-Pazifikstrategie, dien nun Bundeskanzler Scholz mit seinem Besuch i Japan und nicht in China untermauert:

„Ende des Japan-Besuchs: Scholz besichtigt Wasserstoffanlage

Erstellt: 29.04.2022Aktualisiert: 30.04.2022, 11:43 Uhr

Deutschland will sein Engagement in der Indopazifik-Region stärken: Bundeskanzler Scholz setzt mit seinem Besuch in Japan ein Zeichen. Seine Vorgänger Merkel und Schröder reisten zuerst nach China.

Tokio – Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat seinen Japan-Besuch in Tokio mit der Besichtigung einer Wasserstoffanlage beendet.

Die Chiyoda Corporation hat ein Verfahren entwickelt, bei dem Wasserstoff mit einem Lösungsmittel verbunden wird und so in konventionellen Containern und Frachtschiffen transportiert werden kann.

Am Donnerstag hatte Scholz den japanischen Ministerpräsidenten Fumio Kishida getroffen und mit ihm eine engere Zusammenarbeit vereinbart. „Meine Reise ist auch ein klares politisches Signal, dass Deutschland und die Europäische Union ihr Engagement in der Indopazifik-Region fortsetzen und intensivieren wollen“, erklärte Scholz.

Er sagte, dass es „kein Zufall“ sei, dass er in dieser Weltregion zuerst Japan besuche. Seine Vorgänger Angela Merkel und Gerhard Schröder waren zuerst nach China gereist. Japan gehört zur G7 der wirtschaftsstärksten Demokratien und wird zum Jahreswechsel die Präsidentschaft in dieser Staatengruppe von Deutschland übernehmen. China ist zwar der wichtigste Handelspartner Deutschlands. Die autokratische Volksrepublik wird aber gleichzeitig immer stärker als Systemrivale wahrgenommen. dpa

https://www.merkur.de/politik/ende-des-japan-besuchs-scholz-besichtigt-wasserstoffanlage-zr-91509465.html

Auch in Japan wird freudig vermerkt, dass nun erstmals Japan besucht wurde:

“Scholz says Germany seeks closer ties with Indo-Pacific

April 29, 2022 at 07:40 JST

German Chancellor Olaf Scholz said in Tokyo on Thursday that his country wants to strengthen ties with countries in the Indo-Pacific region that share the same values, and work together to end Russia’s aggression in Ukraine.

“My trip is a clear political signal that Germany and the European Union will continue and intensify their engagement with the Indo-Pacific region,” Scholz said after meeting Prime Minister Fumio Kishida.

Kishida said he and Scholz agreed that as members of the Group of Seven industrialized nations they share a responsibility to work together to end Russian aggression and restore peace, stability and international order as quickly as possible.

“The Ukraine crisis shakes the foundation of the international order not only in Europe but also in Asia. Any attempts to change the status quo must be avoided, especially in East Asia,” Kishida said at a joint news conference.

“If we do not clearly show (to Russia) that this kind of unilateral change to the status quo by force and recklessness has a high cost, it will give the wrong message to Asia,” he said.

On his first trip to Tokyo as chancellor, Scholz said both Germany and Japan are defenders of the “rules-based international order,” the principles of the U.N. Charter and the defense of universal human rights. Scholz said he also wanted to come to Japan because Tokyo will take over as chair of the G-7 after Germany.

Japan has imposed sanctions against Russia in line with other G-7 countries and provided support for Ukraine out of concern that Russia’s invasion could embolden China and intensify tensions in East Asia. China has long sought to take control of independently governed Taiwan, and has threatened to do so by force if necessary.

Japan has also provided Ukraine with non-lethal defense equipment in an exception to its policy against exporting military materials to nations in conflict.

Germany had initially refused to send any offensive weapons to Ukraine and later balked at sending heavy equipment such as armored vehicles.

Scholz’s government, under pressure domestically and from allies, recently reversed that policy and agreed to send offensive weapons and allow Ukraine to purchase German armaments, and to support weapons swaps with allies who in turn are sending heavy equipment to Ukraine.

Japan hopes to work closely with Germany as strategic partners on “various challenges that the international community faces, including responses to China,” Kishida said.

Scholz said Germany and Japan also agreed to work together to strengthen economic cooperation in areas such as 5G technologies and economic security.

He said ensuring that supply chains become less dependent on individual countries is “a task that is more relevant than ever,” in a reference to China.

https://www.asahi.com/ajw/articles/14610324

Umgekehrt besuchte nun auch Indiens Präsident Modi Deutschland:

„Besuch aus Neu-Delhi

Indiens Premier Modi beginnt in Deutschland eine Europatour. Was beide Länder eint: ihr kompliziertes Verhältnis zu Moskau.

| Als die letzten deutsch-indischen Regierungskonsultationen 2019 stattfanden, hing dunkler Smog über Indiens Hauptstadt Neu-Delhi. Indien und Deutschland seien fürein­ander gute und verlässliche Handelspartner, betonte damals die Kanzlerin. An diesen beiden Dingen hat sich seitdem nicht viel verändert.

Erst kürzlich war EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen in Indien und stellte einen Handels- und Technologierat vor, zudem sollen die Gespräche über ein Freihandelsabkommen fortgeführt werden, von dem Deutschland als Exporteur von Maschinen und Autos profitieren könnte. Das Abkommen ist Bestandteil eines Antrags der Fraktionen der CDU/CSU und SPD von 2019, um die deutsch-indischen Beziehungen zu stärken.

Nun geht es mit bilateralen Gesprächen in Berlin weiter. Seit 2001 besteht zwischen Deutschland und Indien eine strategische Partnerschaft. Im Rahmen dessen werden am Montag Premierminister Narendra Modi (BJP) und Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) den Vorsitz bei der sechsten Auflage der deutsch-indischen Regierungskonsultationen übernehmen.

Aus Indien werden dafür Mi­nis­te­r:in­nen der Finanzen, Außen wie Bildung erwartet. Zuletzt wurden mehrere Abkommen unterzeichnet, unter anderem in Bereichen des wissenschaftlichen Austauschs, nachhaltiger Mobilität und künstlicher Intelligenz.

Scholz wird Modi mit militärischen Ehren im Bundeskanzleramt empfangen. Es ist die erste Auslandsreise des indischen Regierungschefs in diesem Jahr, die er für weitere EU-Besuche nutzen wird wie einem indisch-nordischen Gipfel. Modi wolle „Möglichkeiten zur Förderung des Handels und der Wirtschaft erörtern“. Er freue sich auch, die indische Diaspora zu treffen, hieß es in einer Erklärung.

Getrübt wird Modis Europareise jedoch von der blockfreien Haltung der Regierung Indiens gegenüber Russland, das es als alten Freund ansieht und mit dem es enge militärische Beziehungen pflegt. Diese freundschaftlich-militärische Partnerschaft nahmen bereits der britische Premierminister Boris Johnson und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen bei ihren kürzlichen Indien-Besuchen ins Visier und boten gemeinsame Rüstungsproduktion mit europäischem Know-how in Indien an. Großbritannien hofft überdies auf ein eigenes Freihandelsabkommen mit Indien.

Indien enthielt sich in der UN-Vollversammlung

Indien hatte sich zwar in der Dringlichkeitssitzung der UN-Vollversammlung im März ebenso wie 34 weitere Staaten nicht dem Antrag angeschlossen, in dem der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine verurteilt wurde. Auch bei der Forderung nach einem sofortigen russischen Truppenabzug enthielt sich Indien.

Dennoch ordnet man in der Bundesregierung Indien nicht ins Lager der bedingungslosen Russlandfreunde ein, sondern sieht das Land in einer Zwickmühle: die traditionell starke Bindung an Russland einerseits, sowohl militärisch, wirtschaftlich und diplomatisch, andererseits die regionale Konkurrenz zu China und das Interesse an einem guten Draht zu den Demokratien im Westen.

Die Bundesregierung pflegt einen nachsichtigen Umgang mit Indien und bemüht sich um gute Beziehungen. So will Bundeskanzler Olaf Scholz mit dem indischen Premier Narendra Modi eine Partnerschaft für grüne und nachhaltige Entwicklung besiegeln. Erste Kooperationen in diesem Bereich gibt es bereits. Deutschland will Indien mit Milliardenbeträgen beim Ausbau erneuerbarer Energien unterstützen, sowohl im Bereich Sonnen- und Windenergie als auch Grüner Wasserstoff. Der Strombedarf in Indien wächst. Derzeit bleibt das Angebot dahinter aber zurück, wie Stromausfälle aktuell während der Hitzewelle verdeutlichen. Auch bei der nachhaltigen Landwirtschaft will man zusammenarbeiten.

Man brauche Indien als Partner beim Klimaschutz, beim Kampf um den Erhalt der Biodiversität und gegen Plastikmüll, heißt es aus Regierungskreisen in Berlin. Indien wird auch als Gast zum G7-Treffen Ende Juli im deutschen Elmau erwartet.

Indien Russlands Einfluss zu entziehen, wird keine leichte Aufgabe, nachdem Teile der deutschen Politik ebenfalls ihre Probleme damit haben. Was Indien in die Karten spielt, ist, dass sich seit den letzten Regierungskonsultationen die deutsche Sicht auf Asien durch die Pandemie verändert hat. In den vergangenen 20 Jahren fokussierte sich Deutschland sehr stark auf China, das ändert sich allmählich. Indien gilt als zentraler Partner der deutschen und europäischen Außen­politik im Indopazifik und die Regierung Modi hat Interesse, Investitionen wie Joint Ventures ins Land zu holen und den Export zu stärken.

https://taz.de/Deutsch-indische-Beziehungen/!5847514/

Im britischen Thinktank Chatham House begrüsst man das deutsche Umdenken zwar, aber sieht Deutschlands Rolle vor allem in militärischen Belangen weniger im Indo-Pazifik. Die Europäer sollten hinsichtlich der beiden Hauptkampffelder eine Arbeitsteilung eingehen. GB und Frankreich sollte hauptsächlich für den Indo-Pazifik zuständig sein, während Resteuorpa mehr gegenüber Russland, wobei Deutschland so aufgerüstet werden solle dass es GB und Frankreich dort entlasten könne und das Rückgrat der europäischen Verteidigung werden solle:

“How Ukraine will change Europe’s Indo-Pacific ambitions

The Russian invasion of Ukraine reinforces the reality that only France and the UK can lead a European contribution to Indo-Pacific security.

25 April 2022   

Alice Billon-Galland  Research Fellow, Europe Programme

Hans Kundnani Director, Europe Programme

The war in Ukraine has dramatically refocused attention on Euro-Atlantic security. As European nations – alongside the US – have imposed unprecedented sanctions on Russia and increased military support to Ukraine, this war will further complicate the already limited ability of Europeans to play a meaningful security role elsewhere.

It could be tempting to conclude that the renewed threat from Russia spells the end of Europe’s embryonic involvement in the Indo-Pacific. For example, the UK’s Integrated Review in 2021 had identified Euro-Atlantic security and Russia itself as the priority for London – and the outbreak of war in Europe seems only to further confirm this. Given limited resources, some analysts see the current war as confirmation that the idea of a ‘tilt’ to the Indo-Pacific was always a fantasy which now can no longer be sustained.

Whereas the UK is more at ease following and integrating with a US-led security architecture in the region as evidenced by AUKUS, France sees its role – and the EU’s – as adding value by providing regional partners with a different and less confrontational set of options

Other analysts argue that the two theatres – the Euro-Atlantic and Indo-Pacific – are merging into one, especially if China and Russia become closer and as both regions roughly rely on US security guarantees. And because a growing threat from Moscow should not lead to complacency regarding other challenges, some form of European involvement in the Indo-Pacific is even more crucial.

A changing division of labour

However, a more subtle analysis of the security role of different European countries in each theatre, and how they are being changed by the war in Ukraine, shows how these two opposing views can be reconciled.

Before the war, some countries – in particular, France, Germany, the Netherlands, and the UK, as well as the EU – had published Indo-Pacific strategies or ‘guidelines’ and deployed naval resources to the region.

Even then the European capacity to get involved in Indo-Pacific security was limited and the main challenge for Europeans was to be seen as reliable partners and achieve a persistent presence in the region. The real fault line in terms of resources and ambitions was between France and the UK on the one hand, and the rest of Europe on the other.

As the Ukraine war refocuses NATO’s role onto its core task of collective deterrence and defence, it will certainly further restrict the ability of most small European states – already with limited assets, interest, and bandwidth – to contribute to Asian security. Even France and the UK may have to recalibrate their priorities and means – especially if the war escalates or as it leads to a revised defence and deterrence posture on the eastern flank.

However, the shock of the Russian invasion has also led to a dramatic increase in German defence spending and, if the so-called Zeitenwende becomes a reality rather than an aspiration – with some increasingly frustrated it is moving too slowly – Germany could revert to something similar to the old West Germany’s Cold War role as the ‘backbone’ of NATO’s conventional collective defence in Europe.

A greater German contribution to European security may allow France and the UK to free up resources to lead a European contribution to Indo-Pacific security, which makes it even more important for the two countries to resolve some of their differences

But despite this increased defence spending and willingness to confront Russia, Germany has not yet changed its approach to China – on which its manufacturing sector, especially the automobile industry, depends as an export market. Many in Berlin are likely to agree with the recent comment by Angela Merkel’s former foreign policy adviser Lars-Henrik Röller that ‘China is not Russia’. As it takes more responsibility for European security, Berlin could prove even more risk-averse in the rest of the world than it was before the war.

Therefore, France and the UK should have limited expectations of what other Europeans, especially Germany, are now willing and able to contribute to Indo-Pacific security. However, a changing division of labour among European countries in Europe could create an opportunity for Paris and London to continue linking the two regions.

A greater German contribution to European security may allow France and the UK to free up resources to lead a European contribution to Indo-Pacific security, which makes it even more important for the two countries to resolve some of their differences.

A shared set of security objectives

Paris and London have roughly similar readings of what is at stake in the Indo-Pacific, as well as similar strategic interests at play which differentiate them from other Europeans. With more than 1.5 million citizens and five permanent military bases, France also has a direct interest in the region which will not be altered by the conflict in Ukraine.

But cooperation between the two has remained limited because of ongoing political tensions over Brexit as well as national posturing and defence-industrial competition. The AUKUS agreement between Australia, UK and US led to an almost complete breakdown in bilateral relations between France and the UK.

Even if tensions and competitions can be managed – and the war in Ukraine has put things in perspective to some extent – there remains a ‘big picture’ divergence between Paris and London around their role in the Indo-Pacific relative to US-led security frameworks and how Europeans can add value to the region.

Whereas the UK is more at ease following and integrating with a US-led security architecture in the region as evidenced by AUKUS, France sees its role – and the EU’s – as adding value by providing regional partners with a different and less confrontational set of options in order to respect sensitivities around great power competition and lower the risk of confrontation with China.

These approaches are not incompatible and could even be complementary as both aim to provide security, stability, and options to roughly the same set of regional partners such as Japan, India, Korea, and the ASEAN countries.

Charting the way forward

Paris and London are likely to continue conducting big operational deployments separately, but should work more closely together on presence operations, sanctions enforcement, and regional diplomacy on areas such as arms control, capacity building, law of the sea, and nuclear proliferation.

https://www.chathamhouse.org/2022/04/how-ukraine-will-change-europes-indo-pacific-ambitions

Währenddessen vertiefen die USA und GB ihre Beziehungen mit Japan und Südkorea, vor allem auch in militärischer Hinsicht. Japan will nun sogenannte first strike capabilities, auch counertattack capabilities fördern, was einen Strategiewechsel bedeutet und von US-Vetreidgigungsminister Austin auch ausführlich gelobt wird, da man so China und Nordkorea glaubwürdiger abschrecken und angreifen könne:

“LDP panel hands Kishida proposal for counterattack capability

THE ASAHI SHIMBUN

April 28, 2022 at 15:12 JST

The Liberal Democratic Party’s Research Commission on Security formally submitted recommendations to Prime Minister Fumio Kishida on April 27 that Japan should possess so-called “counterattack capabilities” against a potential foe. 

Kishida, who is expected to compile a new National Security Strategy by the end of the year, said, “I take (the recommendations) seriously and hope to move the discussion forward.”

Itsunori Onodera, a former defense minister who chairs the commission, told reporters that Kishida said it will not be possible to move forward on acquiring counterattack capability and increasing the defense budget accordingly without first obtaining the public’s understanding.

The LDP will also need to hold discussions about this with its junior coalition partner, Komeito.

Discussions over this are expected to start after the Upper House election in summer.

One of the recommendations used the term “counterattack capability,” with which the Self-Defense Forces could strike an enemy base believed to have started preparing for an attack against Japan, such as with ballistic missiles or other military means.

The way the idea was first broached had made it sound like pre-emptive strike capability, but Komeito objected to that wording amid concerns it would fly in the face of Japan’s defense-only posture, so it was changed.

Potential targets would include the enemy’s command and control functions.

The recommendations also urged the government to increase defense spending to at least 2 percent of gross domestic product within five years.

This capability would allow Japan to play a part in U.S. strike capabilities and help launch a broader attack.

In the clause mentioning the term “counterattack capabilities,” the commission did not mention North Korea and instead focused on China, which has boosted its military capabilities, as a figurative example.

The recommendations also said Japan has been “reliant on the United States in terms of strike capabilities against an enemy region” and that “it is feared that only (relying on) interception (would not be enough to) defend our nation,” suggesting Japan needs to possess strike capabilities.

A source involved in drafting the recommendations said the purpose is to allow the SDF to “play a role in a U.S. military attack,” a departure from the long-held “exclusively defense-oriented policy” based on the Japan-U.S. Security Treaty.

The exclusively defense-oriented policy has limited Japan’s defensive capabilities, both by degree and equipment, to the minimum necessary.

But the recommendations suggested what counts as minimum works on a sliding scale.

“The specific limitation of the minimum necessary self-defense capacity will be determined depending on how the government looks at it on the grounds of various conditions, such as the international climate and scientific technologies, and under the idea of an exclusively defense-oriented policy.”

https://www.asahi.com/ajw/articles/14609609

“U.S. hails Japan’s move to consider first strike capability

THE ASAHI SHIMBUN

May 5, 2022 at 17:06 JST

ARLINGTON, VA.–The United States welcomed moves by Japan to consider first strike capability against enemy bases as part of efforts to bolster its defense in a rapidly changing security environment.

Defense chiefs of both nations, meeting here May 4, also reaffirmed the urgency of implementing programs to strengthen their ability to deter and respond to possible threats from China.

During the wide-ranging talks, Defense Minister Nobuo Kishi and his U.S. counterpart Lloyd Austin also condemned Russia’s Feb. 24 invasion of Ukraine, calling it totally unacceptable as it challenges the world order. They reaffirmed that the two countries would continue to provide utmost support to beleaguered Ukraine.

Kishi pledged to expand Japan’s commitment to helping restore security in Europe.

“We can no longer separate the security of the Indo-Pacific from that of Europe, and I am determined to enhance Japan’s commitment to the security of Europe from such a point of view,” he said.

Austin expressed concern during the 75-minute meeting about China, citing its maritime advances and aggressive behavior in the East China and South China seas.

“China’s recent behavior poses a profound challenge to common norms, values and institutions that underpin that order,” he stated.

Austin also reassured Kishi that Article 5 of the Japan-U.S. Treaty, which stipulates that the United States has an obligation to defend Japan, would be applied if China makes any move to seize control of the disputed Senkaku Islands, which come within the jurisdiction of Okinawa Prefecture in far southern Japan. The uninhabited isles are also claimed by China, which calls them Diaoyu Islands.

Austin said the United States is opposed to any unilateral action intended to change the status quo and administration of the islands by Japan.

The two chiefs also agreed on the importance of maintaining peace and stability of the Taiwan Strait.

Austin touched on the U.S. extended deterrence, including the nuclear umbrella, for Japan, at the outset of the meeting.

He said the United States would maintain its “unwavering commitment to the defense of Japan to include our extended deterrence commitments using our full range of conventional and nuclear capabilities.”

The gesture follows threats by Russian President Vladimir Putin to use nuclear weapons in relation to the war in Ukraine. Another matter of concern is North Korea’s continuing push to advance its nuclear development program.

Hailing the U.S. stance, Kishi said it is becoming more important for Tokyo and Washington to work together to ensure that U.S. nuclear deterrence remains credible and resolute.

In the aftermath of the Ukraine crisis, former Prime Minister Shinzo Abe has argued that the two allies should work together to allow U.S. nuclear weapons to be deployed in Japan for use in an emergency.

While some lawmakers in the ruling Liberal Democratic Party support Abe’s argument, the incumbent prime minister, Fumio Kishida, is against the proposal.

Austin’s reassurance concerning U.S. extended deterrence commitments acted to dampen any discussion on the sharing of nuclear weapons.

https://www.asahi.com/ajw/articles/14614211

Auch GB und Japan unterzeichneten einen neuen Verteidigungsvertrag;

“U.K. and Japan reach new defense deal amid Russia concerns

THE ASSOCIATED PRESS

May 6, 2022 at 13:35 JST

LONDON–The militaries of Britain and Japan will “work more closely together” under a defense deal that British Prime Minister Boris Johnson announced during talks with his Japanese counterpart Thursday.

Johnson hosted Japanese Prime Minister Fumio Kishida at the British leader’s 10 Downing St. residence. He noted the “strong stance” Japan has taken “against the Russian aggression in Ukraine” and drew a parallel with the security situation in Asia.

“There is direct read across from the actions of autocratic, coercive powers in Europe to what may happen in East Asia,” Johnson said. “That’s why we want to work more closely together.”

Johnson’s office said the deal will allow the armed forces of the two Group of Seven countries to deploy together for training, joint exercises and disaster relief.

The prime ministers agreed that “democracies around the world needed to stand in unity against authoritarian regimes,” the office said after their meeting.

Kishida’s first official visit to the U.K. as prime minister was marked with an overflight of London by three Royal Air Force planes.

Japan has condemned Russia’s invasion and joined Western nations in imposing sanctions against Moscow. Japan also has supplied Ukraine with helmets and other non-lethal military aid.

Japan is concerned Russia’s invasion of Ukraine could have an impact in East Asia, where China’s military has grown increasingly assertive and threatened to unite with Chinese-claimed Taiwan by force if necessary.

Britain has announced an “Indo-Pacific tilt” in its foreign policy in the wake of its departure from the European Union in 2020 and sees Japan as its key East Asian ally.

Chris Hughes, a professor of international politics and Japanese studies at the University of Warwick, said Kishida’s visit “will further consolidate a U.K.-Japan ‘quasi-alliance’ that has been worked on for the last decade or more.”

He said U.K.-Japan relations are “becoming much stronger in security, but they will be tested by seeing how far Japan will be forthcoming to do more in security with the U.K. outside its own East Asia region and, likewise, how far the U.K. can sustain substantive cooperation with Japan outside its region with the ongoing Ukraine crisis.”

https://www.asahi.com/ajw/articles/14614911

Ebenfalls will man die City of London dazu animieren, mehr in Japan und weniger in China zu investieren.

“‘Japan is a buy,’ Kishida tells City of London

REUTERS

May 5, 2022 at 18:35 JST

LONDON–Prime Minister Fumio Kishida on Thursday said Japan’s economy would continue to see robust growth and told an audience in London that its shift to an upgraded version of capitalism meant investors could back the „powerhouse“ with confidence.

„Japan is a buy“, he told the audience.

He told the audience at the Guildhall that Japan’s new economic policy was an upgraded form of capitalism, in which public and private sectors worked together.

He acknowledged the country would face labor challenges and said companies there needed to become more diverse. He added that the government would introduce tax incentives to encourage the private sector to boost wages, while he said further investment was needed in R&D to hit international levels.

Like countries around the world, Japan has been hit by rising energy, food and living costs that have been exacerbated in recent months by a sharp decline in the yen and the war in Ukraine.

The yen’s fall to two-decade lows would normally be a boon for in-bound travelers, but Japan, fearing COVID, has kept its borders closed to tourists.

The government recently upgraded its assessment of the economy for the first time in four months, citing an expected recovery in spending, but added a caveat that the outlook was clouded.

Kishida had been on an extended visit to Southeast Asia before he arrived in London to address the City of London and later meet British Prime Minister Boris Johnson.

https://www.asahi.com/ajw/articles/14614325

Von China wird dies ärgerlich wahrgenommen, warnt dieses asiatische Länder sich einer NTOExpansion nach Asien anzuschliessen, auch mit Hinblick auf den Jahrestag des NATO-Bombardements der chinesischen Botschaft in Jugoslawien. So warnt die Global Times von einer Art Global NATO auch in Asien:

“Asian countries warned of NATO’s global expansion as China honors people killed in 1999 bombing against former Yugoslavia

By Liu Xin and Leng Shumei Published: May 06, 2022 06:31 PM Updated: May 06, 2022 11:06 PM

Without reflecting on the disastrous results on the current Ukraine crisis, which was caused by its eastward expansion, US-led NATO is working to bring Finland and Sweden into the alliance and increase its presence in the Asia-Pacific region. As Saturday marks the day to honor martyrs killed in the NATO bombing of Chinese Embassy in the former Yugoslavia 23 years ago on May 7, the Chinese people will never forget the barbaric atrocities of NATO, and analysts warn countries especially those in Asia to keep on high alert when it comes to NATO’s expansion and confrontation.

The White House on Thursday welcomed deliberations by Finland and Sweden on potentially joining the NATO alliance, Reuters reported and called it „a development resulting from Russia’s invasion of Ukraine.“

Finland and Sweden took a major step toward joining NATO in the middle of April citing concerns of Russia’s military actions in Ukraine. However, Russia had repeatedly warned that the move is a provocation and said it would have to „rebalance the situation“ with its own measures.

With the crisis continuing in Ukraine, the US-led NATO has done nothing useful to deescalate the conflict, but to add oil to the fire by offering weapons to Ukraine continuously. To make things worse, NATO is using the opportunity to expand in Nordic countries and globally, which has raised growing concerns over security, analysts said. 

It is obvious NATO is using the Ukraine crisis to seek its enlargement globally, especially in Asia or to include more topics of Asian countries, Li Kaisheng, research fellow and deputy director at the Institute of International Relations of the Shanghai Academy of Social Sciences, told the Global Times.

South Korea and Japan have been chosen by NATO as a bridge to help with its expansion in Asia as they are allies of the US, the main pusher of NATO’s enlargement globally, Li said, noting that Japan has always played a crucial role in helping US‘ Indo-Pacific strategy while South Korea, after President-elect Yoon Suk-yeol takes office in May, may get even closer with NATO as he aims to enhance alliance with the US.  

South Korean and Japanese foreign ministers were invited to join the high-profile NATO session in April for the first time as NATO seeks to gain cooperation from Asia to isolate Russia and pressure China over the Ukraine crisis. 

South Korea’s state intelligence agency, the National Intelligence Service, said on Thursday that it has joined the NATO Cooperative Cyber Defense Center of Excellence as the first Asian member, according to Yonhap.

By cooperating with South Korea’s spy agency, the US-led NATO is attempting to turn the Northeast Asian country into a chess piece to contain China and Russia in the realm of cyber defense. It has extended its cyber defense to the Korean Peninsula, Northeast Asia and even the Indo-Pacific region, paving the way for the interference of Western forces in regional geopolitical affairs, according to observers. 

Cui Hongjian, director of the Department of European Studies at the China Institute of International Studies, told the Global Times on Friday that the US, as the main member of NATO, expects to expand NATO’s influence in the Asian-Pacific region. But some members in the organization may not necessarily agree with the US and it is important to see how NATO deems its relations with China in the June summit. 

Since the beginning of the Russia-Ukraine conflict, NATO is taking tougher tones against China. At the Madrid Summit in June, NATO is scheduled to finalize its Strategic Concept, which takes account of NATO’s future relations with Russia and „China’s growing influence“ on allied security. 

Bringing NATO, a rather mature security alliance into Indo-Asia Pacific, will facilitate US‘ coordination of different mechanism, including the Quad and AUKUS to better contain China, Li said, warning of a possible arms race in Asia as NATO in nature is the weapon for the US to maintain its hegemony and brings no good but wars to regions, which has been proven by history and witnessed by the international community. 

NATO owes debt to China. On the late night of May 7, 1999, NATO bombed the Chinese Embassy in Belgrade with missiles during its campaign against the former Yugoslavia, killing three Chinese citizens and injuring dozens. Every year on May 7, which falls on Saturday this year, Chinese netizens commemorate martyrs and condemn the US-led NATO’s violence. 

On April 4 – one day before the Tombing Sweeping Day, diplomats and working staff from Chinese Embassy in Serbia visited the old site of the Chinese Embassy to the former Yugoslavia and laid wreaths to commemorate martyrs. 

At a UN Security Council meeting on Ukraine crisis on Thursday, China’s permanent representative to the UN Zhang Jun said that the Chinese people never forgot the savage act and will not allow history to repeat. 

At the press conference on Friday, Chinese Foreign Ministry spokesperson Zhao Lijian also noted that NATO claims to be a defensive organization but it violated international laws to wantonly start wars in other countries and caused casualties of numerous civilians. 

NATO’s five rounds of eastward enlargement didn’t make Europe any safer but planted the seeds for the Russia-Ukraine conflict. The Cold War ended a long time ago and NATO should make adjustments in accordance with modern times. 

The US-led NATO should abandon the Cold War mentality, stop inciting confrontations of different groups in Europe, the Indo-Pacific and globally, and make concrete actions to promote global peace and stability, Zhao said. 

Li noted that in facing with US‘ attempt to drag China into confrontations with different groups, China needs to keep strategic focus in safeguarding its core interests, including on the island of Taiwan. „We should also unite regional countries to stress cooperation.“ 

https://www.globaltimes.cn/page/202205/1264965.shtml

Doch wie Dr. Alexander Görlach im Focus klarmacht, gibt es nun auch kritische Stimmen gegen Xis Russlandkurs, die seitens der KP China sich nun im Vorfeld des 20. Parteitags artikulieren:

„Nicht jeder in der KP folgt dem Kurs von Xi Jinping

Die Kommunistische Führung sendet daher zaghafte, kritische Worte in die Welt, die in zarter Weise darlegen sollen, dass nicht alle an Xi Jinpings Schmusekurs mit Putin Interesse haben und keinesfalls mit Russland zusammen untergehen wollen. Xi Jinping möchte sich im Herbst auf dem Nationalen Kongress der Kommunistischen Partei zum dritten Mal zum Präsidenten ausrufen lassen. Seine fatale Positionierung an der Seite Russlands und das fürchterliche Management der Covid-Pandemie könnten dem einen Strich durch die Rechnung machen. Das wären in der Tat gute Nachrichten für die Welt und die drangsalierten Menschen in Xis unfreiem China gleichermaßen.

In einem seltenen Schritt haben es Kreise in der Führung der KP erlaubt, dass drei Autoren in der Zeitschrift “Internationale Politik und Gesellschaft” zu Xi Jinping konträre Meinungen publizieren, um damit zu illustrieren, dass es in der Kommunistischen Partei Chinas sehr wohl noch Kritik am Kurs des Machthabers gibt.“

https://m.focus.de/finanzen/kolumne-vom-china-versteher-xi-jinping-hat-sich-mit-der-russland-und-coronapolitik-in-eine-sackgasse-manoevriert_id_93999263.html

So etwa von Professor Dr. Wei HU ist Vorsitzender des Public Policy Research Center der Fakultät für internationale und öffentliche Angelegenheiten der Universität für Verkehrswesen Schanghai (STJU).

„In einem Boot

Russlands Isolation droht auch China zu schaden. Der Schanghaier Experte Wei HU rät der Volksrepublik, sich schnell vom Verbündeten zu distanzieren.

Der russisch-ukrainische Krieg ist der schwerste geopolitische Konflikt seit dem Zweiten Weltkrieg. Er wird sich global deutlich stärker auswirken als die Anschläge vom 11. September 2001. In diesem entscheidenden Moment muss die Volksrepublik China die Entwicklung des Krieges und seine potenziellen internationalen Folgen genau analysieren und bewerten. Gleichzeitig muss China, um sich ein eher vorteilhaftes außenpolitisches Umfeld zu sichern, flexibel reagieren und strategische Entscheidungen treffen, die mit den langfristigen Interessen des Landes im Einklang stehen.

Das von Russland als „militärische Spezialoperation“ bezeichnete Vorgehen gegen die Ukraine hat in China große Kontroversen ausgelöst und Befürworter und Gegner in zwei unversöhnliche Lager gespalten. Der vorliegende Artikel vertritt keine der beiden Positionen, sondern unternimmt mit Blick auf die höchste Entscheidungsebene in China eine objektive Analyse der möglichen Kriegsfolgen und entsprechender Gegenmaßnahmen. Dafür werden zunächst mögliche Szenarien für den weiteren Verlauf des russisch-ukrainischen Kriegs diskutiert.

Putins beste Option besteht derzeit darin, den Krieg durch Friedensgespräche mit Anstand zu beenden und die Ukraine zu erheblichen Zugeständnissen zu zwingen.

1. Wenn Wladimir Putin seine gesetzten Ziele nicht erreichen kann, bringt das Russland in eine schwierige Lage. Putin beabsichtigte mit dem Angriff, sein Ukraine-Problem endgültig zu lösen und von der innenpolitischen Krise in Russland abzulenken, indem er die Ukraine in einem Blitzkrieg besiegte und die Regierung durch eine pro-russische Führung ersetzte. Der Blitzkrieg ist indes gescheitert und Russland nicht in der Lage, einen langwierigen Krieg und die damit verbundenen hohen Kosten durchzuhalten. Wenn Russland einen Atomkrieg losträte, würde es den Rest der Welt gegen sich aufbringen und könnte auch diesen Krieg nicht gewinnen. Im Inland und im Ausland spitzt sich die Lage für Russland zu. Selbst wenn die russische Armee die ukrainische Hauptstadt Kiew eroberte und Moskau unter hohem Tribut eine Marionettenregierung einsetzte, hätte Putin nicht endgültig gesiegt. Putins beste Option besteht derzeit darin, den Krieg durch Friedensgespräche mit Anstand zu beenden und die Ukraine zu erheblichen Zugeständnissen zu zwingen. Was er auf dem Schlachtfeld nicht bekommen kann, ist aber auch am Verhandlungstisch schwer zu erreichen. So oder so ist diese militärische Aktion ein irreversibler Fehler.

2. Der Konflikt könnte weiter eskalieren. Eine Kriegsbeteiligung der westlichen Staaten ist dann nicht auszuschließen. Obwohl eine Eskalation des Krieges kostspielig wäre, erscheint es aufgrund von Putins Charakter und Machtposition sehr unwahrscheinlich, dass er ohne weiteres aufgeben wird. Der Krieg könnte sich über das Gebiet der Ukraine ausdehnen, und sogar ein Atomschlag ist nicht ausgeschlossen. Falls es so weit kommt, könnten sich die USA und Europa nicht mehr aus dem Konflikt heraushalten. Die Folge wäre ein Weltkrieg oder sogar ein Atomkrieg. Das wäre eine Katastrophe für die Menschheit und würde den Showdown zwischen den USA und Russland einleiten. Da Russland der NATO militärisch nicht gewachsen ist, würde diese finale Konfrontation für Putin noch schlimmer enden.

Auch wenn Putin den Krieg nicht verliert, dürfte es ihm angesichts der ruinösen Lage der russischen Wirtschaft schwerfallen, die gefährliche Lage in den Griff zu bekommen.

3. Selbst wenn es Russland unter hohem Einsatz gelänge, die Ukraine zu erobern, wäre dieser Sieg politisch ein heißes Eisen. Die Last, die sich Russland damit aufbürden würde, wäre vermutlich nicht tragbar. Unabhängig davon, ob Wolodymyr Selenskij am Leben bliebe oder nicht, würde die Ukraine unter solchen Umständen höchstwahrscheinlich eine Exilregierung einsetzen, die sich Russland langfristig entgegenstellen würde. Russland hätte es ferner nicht nur mit westlichen Sanktionen, sondern auch mit Aufständen auf ukrainischem Boden zu tun. Die Fronten wären auf lange Zeit verhärtet. Die russische Wirtschaft könnte das nicht durchhalten und würde schließlich zusammenbrechen. Diese Entwicklung würde nur wenige Jahre dauern.

4. Die politische Lage in Russland könnte sich ändern oder durch Maßnahmen aus dem Westen destabilisiert werden. Nach dem Scheitern von Putins Blitzkrieg besteht für die Russen wenig Hoffnung auf einen Sieg. Die westlichen Sanktionen haben ein nie dagewesenes Ausmaß erreicht. Wenn die Menschen in Russland ihren Lebensunterhalt nicht mehr bestreiten können und Antikriegs- und Anti-Putin-Kräfte gemeinsam agieren, sind politische Unruhen in Russland nicht mehr auszuschließen. Auch wenn Putin den russisch-ukrainischen Krieg nicht verliert, dürfte es ihm angesichts der ruinösen Lage der russischen Wirtschaft schwerfallen, die gefährliche Lage in den Griff zu bekommen. Sollte Putin durch Unruhen, einen Staatsstreich oder andere Umstände gestürzt werden, würde Russland dem Westen höchstwahrscheinlich nicht weiter die Stirn bieten. Die Föderation würde wohl dem Westen nachgeben oder sich gar weiter auflösen. Mit dem Großmachtstatus wäre es vorbei.

Kommen wir zu den möglichen internationalen Auswirkungen des Krieges.

1. Die USA könnten die Führung der westlichen Welt zurückerlangen. Die westlichen Staaten würden wieder enger zusammenrücken. Gegenwärtig hört man oft, dass der Krieg in der Ukraine den vollständigen Zusammenbruch der US-Hegemonie herbeiführen werde. Doch in Wahrheit dürfte dieser Krieg Frankreich und Deutschland, die sich von den USA loslösen wollten, in den Verteidigungsrahmen der NATO zurückführen und den europäischen Traum von unabhängiger Diplomatie und Selbstverteidigung begraben. Deutschland hat seinen Militärhaushalt stark erhöht. Die Schweiz, Schweden und andere Länder dürften ihre Neutralität aufgeben. Da Nord Stream 2 auf unbestimmte Zeit auf Eis liegt, wird die Abhängigkeit Europas von Erdgas aus den USA unweigerlich zunehmen. Amerikaner und Europäer arbeiten dann enger auf eine gemeinsame Zukunft hin, und die Führungsrolle der USA im Westen würde wieder erstarken.

Die „Hegemonie“ des Westens wird gestärkt, sowohl was seine militärische Macht, als auch was seine Werte und Institutionen angeht.

2. Der „Eiserne Vorhang“ könnte sich von der Ostsee bis zum Schwarzen Meer wieder senken und die finale Konfrontation zwischen dem westlich dominierten Lager und seinen Konkurrenten einläuten. Der Westen unterscheidet in diesem Fall zwischen Demokratien und autoritären Staaten und versteht die Differenzen mit Russland als Widerstreit zwischen Demokratie und Diktatur. Der neue Eiserne Vorhang würde nicht mehr die beiden Lager Sozialismus und Kapitalismus trennen und sich auch nicht auf einen Kalten Krieg beschränken. Er stünde für einen Kampf auf Leben und Tod zwischen Befürwortern und Gegnern der westlichen Demokratie. In Zeiten dieses neuen Eisernen Vorhangs übt die Einheit der westlichen Welt auf andere Länder eine Sogwirkung aus: Die indopazifische Strategie der USA wird stabilisiert. Länder wie Japan werden sich noch enger an die USA anlehnen. So entsteht eine demokratische Einheitsfront, die so breit ist wie nie zuvor.

3. Der Westen wird an Macht gewinnen, die NATO weiter expandieren, der Einfluss der USA in der nicht-westlichen Welt zunehmen. Unabhängig davon, welche politische Transformation Russland durchläuft, werden nach dem russisch-ukrainischen Krieg die anti-westlichen Kräfte weltweit massiv geschwächt werden. Der Umbruch, der sich 1991 in den osteuropäischen Staaten der ehemaligen Sowjetunion ereignete, könnte sich wiederholen: Die Theorie vom „Ende der Ideologie“ dürfte wieder Konjunktur haben, die Wiederkehr der dritten Demokratisierungswelle an Dynamik gewinnen und eine größere Zahl an Drittweltländern sich am Westen ausrichten. Die „Hegemonie“ des Westens wird gestärkt, sowohl was seine militärische Macht, als auch was seine Werte und Institutionen angeht. Der Westen wird an harter, wie auch an weicher Macht deutlich zulegen.

4. In diesem Gefüge wird China isolierter dastehen. Aus den oben genannten Gründen wird das Land, sofern es nicht proaktiv etwas dagegen unternimmt, die Eindämmungspolitik der USA und des Westens stärker zu spüren bekommen. Sollte Putin stürzen, werden es die USA nicht mehr mit zwei Konkurrenten zu tun haben, sondern nur noch China strategisch in Schach halten müssen. Europa würde sich weiter von China abschotten, Japan im Kampf gegen die Volksrepublik die Vorhut bilden, Südkorea noch näher an die USA rücken, Taiwan in den anti-chinesischen Chor einstimmen. Der Rest der Welt würde sich, dem Herdentrieb folgend, für die eine oder andere Seite entscheiden. China wird in diesem Fall nicht nur militärisch eingekreist – von den USA und den Bündnissen NATO, QUAD und AUKUS –, sondern es muss sich auch der Herausforderung durch westliche Werte und Systeme stellen.

China sollte nicht auf allen Hochzeiten tanzen: Es sollte seine Neutralität aufgeben und sich die globale Mainstream-Position zu eigen machen.

Es ergeben sich also folgende strategische Optionen für China.

1. China darf nicht an Putin festhalten und muss sich so schnell wie möglich von ihm lösen. Insoweit eine Eskalation des Konflikts zwischen Russland und dem Westen die USA von China ablenkt, sollte China Putins Vorgehen zu schätzen wissen und ihm gar beistehen, allerdings nur, wenn Russland nicht untergeht. Mit Putin im selben Boot zu sitzen, würde sich negativ auf China auswirken, sollte er die Macht verlieren. Nach dem von Lord Palmerston formulierten Gesetz der internationalen Politik haben Großmächte „weder permanente Freunde noch permanente Feinde, sie haben nur permanente Interessen”. In der gegenwärtigen internationalen Lage kann China lediglich die eigenen Interessen wahren, das kleinere von zwei Übeln wählen und sich der Bürde Russland so schnell wie möglich entledigen. Das Zeitfenster der Volksrepublik wird sich schätzungsweise Ende März schließen, ehe sie ihren Handlungsspielraum einbüßt. Sie muss entschlossen handeln.

2. China sollte nicht auf allen Hochzeiten tanzen: Es sollte seine Neutralität aufgeben und sich die globale Mainstream-Position zu eigen machen. Gegenwärtig versucht die Volksrepublik, keine der beiden Seiten vor den Kopf zu stoßen, und wählt bei internationalen Erklärungen und Entscheidungen den Mittelweg, etwa durch seine Enthaltung im UN-Sicherheitsrat und in Abstimmungen der UN-Generalversammlung. Diese Position hilft jedoch Russland in keinster Weise und erzürnt zudem die Ukraine sowie deren Unterstützer und Sympathisanten. Der Großteil der Welt wähnt China somit auf der falschen Seite. Manchmal kann eine neutrale Haltung vernünftig sein, doch das gilt nicht für diesen Krieg, in dem China nichts zu gewinnen hat. Nachdem China stets für die Achtung nationaler Souveränität und territorialer Integrität eingetreten ist, kann es seine weitere Isolation nur vermeiden, indem es sich der Mehrheit der Länder dieser Welt anschließt. Diese Position dürfte auch der Lösung der Taiwan-Frage förderlich sein.

3. China sollte sich nicht weiter vom Westen isolieren, sondern den größtmöglichen strategischen Durchbruch erzielen. Wenn es von Putin abrückt und seine Neutralität aufgibt, so verbessert sich nicht nur das internationale Image Chinas, sondern auch das Verhältnis zu den USA und zum Westen. Dieser Weg ist zwar schwierig und erfordert viel Fingerspitzengefühl, doch ist er die zukunftsträchtigste Option. Man sollte nicht davon ausgehen, dass ein vom Krieg in der Ukraine ausgelöster geopolitischer Konflikt in Europa die strategische Umorientierung der USA von Europa in den indopazifischen Raum erheblich verzögern wird. In den USA ist bereits zu hören, Europa sei wichtig, China aber noch wichtiger, und das oberste Ziel sollte darin bestehen, China vom Aufstieg zur beherrschenden Macht im Indopazifik abzuhalten. Unter diesen Umständen hat es für die Volksrepublik oberste Priorität, seine Strategie entsprechend anzupassen, auf die Feindseligkeit der USA gegenüber China einzuwirken und sich aus der Isolation zu befreien. Unterm Strich bedeutet das, dass die USA und der Westen daran gehindert werden, gemeinsame Sanktionen gegen China zu verhängen.

China ist das einzige Land der Welt, dem es möglich ist, weitere potenzielle Abenteuer Putins zu verhindern, und diesen einzigartigen Vorteil muss es voll ausspielen.

4. China sollte den Ausbruch eines Welt- und Atomkriegs verhindern und sich federführend für den Weltfrieden einsetzen. Da Putin die strategischen Abschreckungskräfte Russlands ausdrücklich in Alarmbereitschaft versetzt hat, könnte der russisch-ukrainische Krieg außer Kontrolle geraten. Eine gerechte Sache findet viel Unterstützung, eine ungerechte wenig. Wenn Russland einen Weltkrieg oder gar einen Atomkrieg anzettelt, stiftet dieser Chaos in der Welt. Will China seiner Rolle als verantwortungsbewusste Großmacht gerecht werden, darf es nicht an Putins Seite stehen. Es muss konkrete Maßnahmen ergreifen, um weitere potenzielle Abenteuer Putins zu verhindern. China ist das einzige Land der Welt, dem dies möglich ist, und diesen einzigartigen Vorteil muss es voll ausspielen. Wenn Putin nicht mehr auf die chinesische Unterstützung bauen kann, wird er höchstwahrscheinlich den Krieg beenden oder zumindest eine weitere Eskalation vermeiden. International dürfte China für die Bewahrung des Weltfriedens großes Lob gewiss sein. Das wird das Land vor Isolation schützen und ihm Gelegenheit geben, die Beziehungen zu den USA und zum Westen zu verbessern.

Dieser Artikel erschien am 12. März in englischer Sprache beim US-China Perception Monitor.

Aus dem Englischen von Anne Emmert

https://www.ipg-journal.de/regionen/asien/artikel/so-blickt-china-auf-den-ukraine-krieg-teil-1-5840/?fbclid=IwAR0mOVoVrBvvu8zUed0xbt5Ng4UJyYrDZ-RkyBK_Eglz6p95MfISL0nxOfI

Oder von Dr. Huiyao WANG,  Gründer und Präsident des chinesischen Think Tanks Center for China and Globalization (CCG).

Die Welt ist kein Dreieck

In einer multipolaren Welt sind Analogien zum Kalten Krieg nutzlos. Es bedarf enger internationaler Kooperation, so der Pekinger Experte Huiyao WANG.

50 Jahre ist es her, dass US-Präsident Richard Nixon mit seiner richtungsweisenden Reise die Spannungen mit China linderte und die Geopolitik des Kalten Krieges neugestaltete. Die bipolare Welt war nach der sino-sowjetischen Spaltung in den 1960ern sozusagen „tripolar“ geworden. Nixons Mission und die dadurch symbolisierte Wiederannäherung veränderten das Machtgleichgewicht der Dreiecksbeziehung zwischen China, den USA und der Sowjetunion erheblich.

Dieses „strategische Dreieck“ war auf dem Höhepunkt des Kalten Krieges der entscheidende Rahmen für geopolitische Erkenntnisse. Mit dem Untergang der UdSSR verlor es jedoch weitgehend an Bedeutung. Nun wird das Konzept von einigen westlichen Beobachtern wiederbelebt – wobei an die Stelle der Sowjetunion heute natürlich Putins Russland getreten ist.

Chinas Beziehungen zu Russland und seine Absichten gegenüber dem Westen werden falsch interpretiert.

Der Anlass dafür sind die Ereignisse in der Ukraine und die gemeinsame Erklärung zwischen China und Russland vom 4. Februar – ein Moment, der für manche Nixons Chinabesuch aus dem Jahr 1972 widerspiegelt, indem er – heute in veränderter Konstellation – Peking und Moskau gegen Washington verbindet. Dies hat in den USA für Schlagzeilen wie „Die neue Achse der Autokratie“, „Allianz der Autokratien“ oder „Neuer Kampf der Supermächte zwischen den USA, Russland und China“ gesorgt. Aber auch wenn der Ukraine-Krieg Erinnerungen an den Kalten Krieg weckt, ist diese Dreieckssichtweise aus dem 20. Jahrhundert für unsere heutige Welt ein gefährlicher und irreführender Anachronismus.

Erstens werden dadurch Chinas Beziehungen zu Russland und seine Absichten gegenüber dem Westen falsch interpretiert. Letztlich möchte China keine anti-westliche Allianz mit Russland bilden, sondern die Verbindungen zu den USA und deren Verbündeten stabilisieren und verbessern. Bei der Erklärung vom 4. Februar ging es nicht, wie manche es darstellen, um eine gemeinsame Front gegen den Westen, sondern darum, in Bereichen gemeinsamer Interessen zusammenzuarbeiten. China ist nicht mit Russland verbündet und hat die russische Invasion der Ukraine niemals unterstützt. Dies wurde kürzlich auch durch den Appell des Außenministers WANG Yi verdeutlicht, die Souveränität aller Länder anzuerkennen und die Ukrainekrise durch Dialog und Beratungen zu lösen.

Bei all dem Gerede über die Beziehungen zu Moskau sollte man sich daran erinnern, dass Chinas wirtschaftliche Interessen gegenüber dem Westen viel stärker sind: 2021 stieg der bilaterale Handel zwischen China und Russland zwar um 35 Prozent auf ein Volumen von 147 Milliarden US-Dollar. Dies entspricht aber immer noch weniger als einem Zehntel des gemeinsamen Handels mit den USA (657 Milliarden US-Dollar) und der EU (828,1 Milliarden US-Dollar). Militärisch mag Russland eine Weltmacht sein, aber wirtschaftlich ist es ein Zwerg im langfristigen strukturellen Niedergang – mit einem BIP, das kaum größer als das von Spanien ist, der fünftgrößten Volkswirtschaft der EU. Es liegt nicht in Chinas Interesse, mit einem solchen Partner eine langfristige Konfrontation gegen den Westen einzugehen, und es besteht auch nicht die Absicht, dies zu tun.

Unsere Welt ist nicht tripolar oder gar bipolar, sondern multipolar.

Der zweite große Fehler der Dreieckssichtweise besteht darin, dass unsere Welt nicht tripolar oder gar bipolar ist, sondern multipolar. Die Sichtweise aus dem Kalten Krieg blendet wichtige geopolitische Akteure aus – nicht zuletzt die EU, die außenpolitisch immer unabhängiger wird und für die in der Ukraine massive Interessen auf dem Spiel stehen. Sicherlich ist die EU traditionell aus strategischen Gründen unterhalb ihrer Gewichtsklasse geblieben, und die Ukrainekrise hat dem transatlantischen Bündnis vorübergehend neuen Schwung verliehen. Aber die EU will nicht mehr an die Sichtweise der USA gebunden sein und scheint kurz vor einer neuen politischen Ära zu stehen, in der sie sich ihre eigene globale Rolle erarbeitet.

Angesichts der Tatsache, dass Angela Merkel nicht mehr im Amt ist und sich Deutschlands neuer Kanzler Olaf Scholz erst in seiner Rolle finden muss, wird die dominante Stimme in der EU in nächster Zeit Emmanuel Macron sein – vorausgesetzt, er gewinnt wie erwartet die Präsidentschaftswahl im April. Der französische Präsident setzt sich stark für eine „strategische Autonomie“ der EU ein, und er hat klar gemacht, dass sich die EU nicht mit den USA gegen China verbünden sollte. In einem Telefonat mit Präsident Xi Jinping am 16. Februar haben die beiden Staatschefs eine Zusammenarbeit bei gemeinsamen Interessen versprochen – wie dem verzögerten (und von den USA abgelehnten) Investitionsabkommen zwischen China und der EU, den Handelsbeziehungen und dem Klimawandel.

Die Betrachtung der Welt als strategisches Dreieck konkurrierender Mächte könnte zu einer selbsterfüllenden Prophezeiung werden und uns, was unsere Interessen betrifft, in einem Nullsummenspiel einsperren.

Das Thema des Klimawandels bringt uns zum dritten und vielleicht wichtigsten Grund, warum der Rahmen des Kalten Krieges für die Einschätzung von Macht und Sicherheit im 21. Jahrhundert nicht hilfreich ist. Sich in einem Zeitalter der globalen Bedrohungen, die nicht durch rohe Gewalt oder nationale Alleingänge überwunden werden können, lediglich auf Macht über andere Länder zu konzentrieren, bedeutet, die wichtigere Dimension der Macht mit anderen Ländern zur Lösung unserer gemeinsamen Probleme zu vernachlässigen. Angesichts der globalen Pandemie und einer drohenden Klimakatastrophe müssen wir Macht sowohl in ihrer konkurrenzorientierten als auch in ihrer kooperativen Form berücksichtigen.

Die Gefahr besteht, dass die Betrachtung der Welt als strategisches Dreieck konkurrierender Mächte zu einer selbsterfüllenden Prophezeiung wird und uns, was unsere Interessen betrifft, in einem Nullsummenspiel einsperrt. Immerhin gehen unsere größten Gefahren nicht von anderen Ländern aus, sondern davon, dass wir nicht in der Lage sind, bei unseren gemeinsamen Problemen zu kooperieren.

Vor 50 Jahren konnten die Staatschefs Chinas und Amerikas einen diplomatischen Durchbruch erzielen, der das Dreiecksverhältnis des Kalten Krieges umgestaltet und den Interessen beider Länder gedient hat. Greifen wir aber ein halbes Jahrhundert später immer noch auf diese überholte Sichtweise zurück, steigern wir die Gefahr eines Großmachtkonflikts und behindern unsere Fähigkeit, bei existenziellen Bedrohungen, die weit über die Ukraine hinausgehen, an einem Strang zu ziehen.

Aus dem Englischen von Harald Eckhoff

https://www.ipg-journal.de/regionen/asien/artikel/so-blickt-china-auf-den-ukraine-krieg-teil-2-5837/

Oder auch von Dr. Yifan DING ist Lehrstuhlinhaber an der Beijing Foreign Studies University (BFSU) und Senior Fellow am Taihe Institute.

„Nebenwirkungen

Sanktionen schaden Russland, zwingen es aber nicht in die Knie. Die Folgen für den Westen sind indes verheerend, so der Pekinger Experte Yifan DING.

Die USA und die EU haben zwar beschlossen, bislang beispiellose Wirtschaftssanktionen gegen Russland zu verhängen, um die russische Führung zum Abzug ihrer Truppen aus der Ukraine zu bewegen. Doch Russland scheint von diesen Sanktionen nicht sonderlich beeindruckt zu sein. Der größte Nutznießer des russisch-ukrainischen Kriegs könnten letztlich die USA sein – und ein großer Verlierer die Europäische Union.

Zunächst: Ja, die Sanktionen haben der russischen Wirtschaft enormen Schaden zugefügt. Sie haben zu massiver Kapitalflucht aus dem Land geführt. Der Rubel fiel auf einen historischen Tiefstand. Die russische Zentralbank musste die Zinssätze von zuvor 9,5 Prozent auf 20 Prozent anheben. Eine Anhebung der Zinssätze zielt darauf ab, die Inflation einzudämmen und die Kapitalflucht zu verhindern. Sie wirkt sich jedoch auch auf Investitionen und Konsum aus und wird langfristig zu einer wirtschaftlichen Rezession führen.

Die Sanktionen der USA und Europas hindern russische Unternehmen aktuell daran, sich auf den internationalen Finanzmärkten mit neuen Mitteln zu versorgen. Das US-Finanzministerium hat die Guthaben der russischen Zentralbank in den USA eingefroren, so dass die russische Zentralbank nicht mehr frei über die Devisenreserven des Landes verfügen kann. Internationale Ratingagenturen haben Russlands Kreditwürdigkeit herabgestuft. Die USA und die EU haben außerdem das Exportembargo für russische Industrieprodukte verschärft, indem sie die Ausfuhr von Schlüsselkomponenten wie Chips nach Russland verboten und ihren Luftraum für russische Flugzeuge gesperrt haben. Auch Großbritannien, Kanada, Australien, die Schweiz, Japan und Südkorea haben ähnliche Sanktionen gegen Russland verhängt. Ein US-amerikanisches Beratungsunternehmen geht davon aus, dass Russlands Wirtschaft im Jahr 2022 um zehn Prozent schrumpfen könnte.

In den letzten Jahren hat Russland seinen Anteil an Abrechnungen in lokaler Währung mit China, dem Iran und anderen Ländern erhöht und somit seine Abhängigkeit vom US-Dollar verringert und seine Handelspartner diversifiziert.

Doch diese harten Sanktionen gegen Russland haben sich nicht fatal auf das Land ausgewirkt. Erstens wurden nur sieben russische Banken von der EU an der weiteren Nutzung des SWIFT-Systems gehindert. Die größten russischen Banken und diejenigen Großbanken, die hauptsächlich internationale Zahlungen für Öl- und Gasexporte abwickeln, können weiterhin ganz normal internationale Transfers per SWIFT tätigen.

Zweitens haben die USA beschlossen, die Konten von Präsident Vladimir Putin und Außenminister Sergej Lawrow einzufrieren. Diese Entscheidung ist jedoch eine rein diplomatische Geste. Faktisch ist sie bedeutungslos. Eine vom russischen Parlament im Jahr 2020 verabschiedete Verfassungsänderung, auf die Putin lange gedrängt hatte, sieht offiziell vor, dass hochrangige russische Beamte kein Auslandsvermögen besitzen und auch keine Bankkonten im Ausland haben dürfen.

Drittens können die Sanktionen Russland nicht in eine Wirtschaftskrise aufgrund von Dollarknappheit stürzen: In den letzten Jahren hat Russland seinen Anteil an Abrechnungen in lokaler Währung mit China, dem Iran und anderen Ländern erhöht, somit seine Abhängigkeit vom US-Dollar verringert und seine Handelspartner diversifiziert. Das jährliche Handelsvolumen zwischen Russland und den USA und Japan beträgt gerade einmal 20 Milliarden US-Dollar. Die EU ist der größte Handelspartner Russlands und rechnet ihre Geschäfte in Euro ab. Zudem ist Russland einer der größten Öl- und Gasexporteure. Solange dieser Absatzkanal nicht gesperrt ist, wird Russlands aktuelle Finanzkraft in dieser Hinsicht nicht geschwächt.

Wenn der Wirtschaftskrieg der USA und anderer westlicher Länder gegen Russland eskaliert, wird dies letztendlich zu einer noch gefährlicheren Krise für den Westen führen.

Wenn der Wirtschaftskrieg der USA und anderer westlicher Länder gegen Russland eskaliert und weitere russische Vermögenswerte im Westen eingefroren werden, wird dies letztendlich zu einer noch gefährlicheren Krise für den Westen führen. Das Einfrieren weiterer russischer Vermögenswerte könnte zu asymmetrischen Vergeltungsmaßnahmen führen. Die USA können sich diese potenziell schwerwiegenden Folgen nicht leisten. Tatsächlich hat Russland nicht sonderlich viele staatliche Vermögenswerte im Westen. Anleihen in Höhe von etwa 160 Milliarden US-Dollar wurden wieder verkauft oder in Gold getauscht und zurückgeführt. Russlands bestehende Gold- und Devisenreserven belaufen sich auf etwa 600 Milliarden US-Dollar. Und: Wenn der Westen russische Vermögenswerte einfriert, kann Russland auch die Vermögenswerte westlicher Länder in Russland beschlagnahmen.

Ein weiteres Beispiel sind Kreditkarten. Die internationalen Kreditkartenunternehmen haben angekündigt, nicht mehr mit russischen Banken zusammenzuarbeiten. Aber die Karten werden von westlichen Banken ausgegeben. Wenn das entsprechende Geld von den russischen Banken nicht beschafft werden kann, bedeutet das, dass die Kreditkartenunternehmen in Verzug geraten. Gegebenenfalls müssen die Kartenschulden der Russen sogar ganz abgeschrieben werden. Damit werden auch die Ansprüche der westlichen Banken in Russland abgeschrieben.

Auch die westliche Finanzwirtschaft könnte ein Problem bekommen: Die meisten Hypothekenkredite der russischen Kundschaft werden von Finanzinstituten im Westen vergeben. Wenn die Bankverbindungen unterbrochen werden, würden die Hypothekendarlehen, die Russen bei westlichen Banken aufgenommen haben, nicht mehr bedient. Auch die Zahlungen für Lebens- und andere Versicherungen, die von westlichen Banken in Russland ausgestellt wurden, dürften ausfallen, und die jeweilige Versicherungsgesellschaft müsste das Kapital, die Zinsen und die Bußgelder zahlen. Der Gesamtbetrag dafür dürfte mehr als das Doppelte der Versicherungssumme betragen. Das Wall Street Journal schätzt, dass derartige Verluste zusammengenommen den Wert von drei Billionen US-Dollar übersteigen könnten. Zum Vergleich: Das gesamte BIP Russlands lag im Jahr 2021 bei zwei Billionen US-Dollar. Wenn internationale Investoren in Panik geraten und anfangen, Aktien westlicher Unternehmen, die in Russland investiert haben, zu verkaufen, könnte dies einen veritablen Finanz-Tsunami auslösen.

Umfassende Sanktionen gegen Russland drohen, die globalen Liefer- und Industrieketten zu unterbrechen und die bereits hohe Inflation in Europa und den Vereinigten Staaten weiter zu verschärfen.

Die westlichen Sanktionen gegen Russland bergen eine zweite große Gefahr in sich. Europa ist in hohem Maße von Russlands Energie- und Rohstofflieferungen abhängig. Sanktionen gegen Russland könnten diese Lieferungen unterbrechen und damit das eigene Wirtschaftswachstum der europäischen Staaten beeinträchtigen. Des Weiteren haben Russlands Agrarprodukte, Düngemittel, Metallrohstoffe usw. großen Einfluss auf den internationalen Markt. Die russischen Exporte von Nickel, Palladium, Aluminium und Platin machen jeweils 49, 42, 26 beziehungsweise 13 Prozent des Weltmarktes aus. Sowohl Russland als auch die Ukraine sind wichtige Exporteure von Agrarprodukten und spielen eine entscheidende Rolle bei der Stabilisierung der weltweiten Getreidepreise. Zusammen stehen sie für etwa ein Viertel der weltweiten Getreideexporte. Der russisch-ukrainische Krieg hat die Lebensmittelpreise in die Höhe schnellen lassen. Die weltweiten Weizen-Futures sind seit Mitte Januar 2022 um etwa zehn Prozent nach oben geklettert. Die Maispreise haben den höchsten Stand seit Juni 2021 erreicht. Umfassende Sanktionen gegen Russland drohen, die globalen Liefer- und Industrieketten zu unterbrechen, die bereits hohe Inflation in Europa und den USA weiter zu verschärfen und infolgedessen soziale Proteste und Unruhen auszulösen.

Ein großes Opfer dieser Krise ist die EU. Sie hat seit dem Ende des Kalten Krieges, also seit fast 30 Jahren, eine Energiepartnerschaft mit Russland aufgebaut. Die russischen Lieferungen machen 40 Prozent des EU-Erdgasmarktes aus, und gerade die Energieversorgung Deutschlands hängt stark von den Gaslieferungen ab. Da Nord Stream 2 nun gestoppt wurde und der Zugang zu ausreichenden Erdgaslieferungen aus Russland gestört ist, wird Deutschland wohl vermehrt Erdgas aus den USA importieren. Bis vor kurzem hatte die US-Schiefergasindustrie aufgrund von Überkapazitäten und der Notwendigkeit, dringend neue Märkte zu finden, sehr zu kämpfen. Nun lässt sich sagen, dass der Krieg zwischen der Ukraine und Russland die Schiefergasindustrie in den USA wohl gerettet hat.

Sollten die EU und Russland in eine langfristige Konfrontation geraten, wird die EU an zwei Fronten leiden.

Sollten die EU und Russland in eine langfristige Konfrontation geraten, wird die EU an zwei Fronten leiden: Zum einen wird Europa seine Position als sicherer Investitionsstandort verlieren, wenn sich auf dem Kontinent ein neuer Kalter Krieg abspielt. Da die Energiepreise steigen, wird die Inflation in Zukunft ein ständiger Faktor sein. Wenn dann auch internationale Investoren Europa meiden, könnte die fehlende Investitionsdynamik für eine Art Stagflation sorgen.

Zum anderen dürften die EU-Mitgliedstaaten in Sicherheitsfragen gespaltener werden. Einige Länder werden ihre Abhängigkeit von den USA verstärken, wohingegen große EU-Mitgliedstaaten wie Frankreich und Deutschland die aktuelle Krise nutzen, um die „autonome Sicherheit“ Europas zu stärken. Es ist kein Zufall, dass Deutschland sich plötzlich entschlossen hat, seine Militärausgaben zu erhöhen. Frankreich und Deutschland wollen die Standardisierung europäischer Waffen vorantreiben, in der Hoffnung, so die Krise in eine neue Chance zu verwandeln. Aber die militärisch-industrielle Basis in anderen EU-Ländern ist schwach. Die US-Rüstungsindustrie dürfte somit von der Erhöhung der Militärausgaben der europäischen Länder profitieren. Denn diese werden vor allem amerikanische Waffen in rauen Mengen kaufen.

Für China birgt der Russland-Ukraine-Krieg indes eine ganz eigene Problemlage. Die Volksrepublik unterhält enge wirtschaftliche Beziehungen mit Russland, der Ukraine, Europa und den USA. Auch wenn China nicht direkt in die Krise involviert ist, so ist es doch stark von ihren Auswirkungen betroffen. Chinas Interessen stehen auf dem Spiel – und zwar in Bezug auf alle an der Krise Beteiligten.

https://www.ipg-journal.de/regionen/asien/artikel/so-blickt-china-auf-den-ukraine-krieg-teil-3-5838/

Beurteilen die Kritiker die Auswirkungen und Folgen des Russland- Ukrainekriegs doch unterschiedlich, so scheinen sie wenn auch aus verschiedenen Ecken die jetzige Russlandpolitik Xis nicht für nützlich zu halten. Ob solche Stimmen sich aber durchsetzen, ja gar Xi auf dem Parteitag gestürzt würde, ist aber auch fraglich. Vielleicht kann  aber eine partielle Kursänderung bewirkt werden

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