Hat Putin Northstream in die Luft gesprengt, damit die AfD nun den Abzug aller US- Truppen aus Deutschland fordern kann?

Hat Putin Northstream in die Luft gesprengt, damit die AfD nun den Abzug aller US- Truppen aus Deutschland fordern kann?

Der Nordseepipelineanschlag erregt wieder die Gemüter, nachdem der ehemalige Pulitzerpreisträger Seymour Hersh nun unter Berufung auf eine anonyme Quelle behauptete, dass es die USA waren:

„Nord-Stream-Anschläge: Wer ist der Enthüller Seymour Hersh?

Die Enthüllung, wonach die US-Regierung hinter den Anschlägen auf Nord Stream 2 stecken soll, ist Thema einer aktuellen Stunde im Bundestag.

Der US-Journalist Seymour Hersh hat auf Substack eine Recherche veröffentlicht, in der Hersh berichtet, dass US-Marinetaucher für die Explosionen an den Nord-Stream-Pipelines in der Ostsee verantwortlich gewesen sein sollen. Er berichtet, dass die Operation von den US-Stützpunkten Ryyge und Sola in Norwegen ausgeführt worden sein soll. Die US-Einheiten sollen von Norwegen unterstützt worden sein und die Sprengung über den Einsatz eines P8-Aufklärungsfluges ausgelöst haben. Dänemark und Schweden sollen laut Hersh informiert gewesen sein. Auch US-Präsident Joe Biden soll im Bilde gewesen sein und auf einer Fernzündung bestanden haben. Ob Bundeskanzler Olaf Scholz von der mutmaßlichen Operation Kenntnis hatte, geht aus dem Bericht nicht hervor. Offizielle Stellen in den USA dementierten den Bericht. Hersh schreibt: „Um einen Kommentar gebeten, sagte Adrienne Watson, eine Sprecherin des Weißen Hauses, in einer E-Mail: ,Das ist eine falsche und vollständige Fiktion.‘ Tammy Thorp, eine Sprecherin der Central Intelligence Agency, schrieb in ähnlicher Weise: ,Diese Behauptung ist vollkommen falsch.‘“

Die Deutsche Presse-Agentur (dpa) schreibt zu dem Bericht: „Der Bericht zu Nord Stream scheint in weiten Teilen nur auf einer anonymen Quelle zu basieren. Seriöse US-Medien gingen zunächst nicht auf den Bericht ein.“ Die AFP schreibt: „Der 85-jährige Hersh gilt in den USA als erfahrener Investigativjournalist. In den vergangenen Jahren ist ihm jedoch vorgeworfen worden, Verschwörungstheorien zu verbreiten.“

Die Tagesschau befasst sich ausführlich mit dem Bericht und verlinkt sogar auf den Artikel – eine Praxis, die die Tagesschau bei unseriösen Quellen strikt ablehnt. Außerdem spricht die Tagesschau mit Julian Pawlak von der Universität der Bundeswehr in Hamburg, der Hersh eine selektive Auswahl von Fakten vorwirft. 

Pawlak bringt einen interessanten Einwand: Dass nach der Aktion eine Pipelineröhre unbeschädigt geblieben sei und somit die Gaszufuhr nach Deutschland zumindest theoretisch noch möglich gewesen sei, spreche „auch eher gegen eine Täterschaft der USA“. „Das Ganze weist mehrere Ungereimtheiten auf“, sagt Pawlak laut der Tagesschau.

Die offizielle Reaktion aus Norwegen wies den Bericht ebenfalls zurück: „Diese Anschuldigungen sind natürlich nur Unsinn“, sagte das Außenministerium am Mittwoch der norwegischen Zeitung Dagbladet. Laut Informationen der Berliner Zeitung aus Regierungskreisen in Oslo enthält der Artikel zahlreiche sachliche Fehler. So wird die Funktions-Bezeichnung eines Bootes in dem Artikel falsch angegeben. Die norwegischen Medien berichteten am Donnerstag nur sehr klein über Hershs Recherche. Der Journalist, der unter anderem den Pulitzer-Preis erhalten und im Vietnam-Krieg das Massaker von My Lai aufgedeckt hat, sagte der staatlichen russischen Nachrichtenagentur Tass: „Es gibt einige Leute, die ziemlich viel darüber wissen, was vor sich geht. Natürlich kann ich nicht sagen, wer.“

Der Kreml hat nach Veröffentlichung des Berichts erneut eine Beteiligung an internationalen Ermittlungen gefordert. „Sie wissen, dass es auch von unserer Seite Erklärungen zu Informationen gab, die auf eine Beteiligung der Angelsachsen an der Organisation dieses Sabotageakts hindeuten“, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow am Donnerstag der dpa zufolge, die Interfax zitiert. Leider sei Russland nicht gehört worden, doch die neuen Informationen sollten als Grundlage für eine internationale Aufklärung dienen, forderte Peskow. „Einige Momente (in dem Artikel) kann man bestreiten, andere brauchen Beweise, aber er ist bedeutsam durch die Tiefe der Analyse und die Klarheit der Auslegung“, lobte Peskow die Recherche laut dpa. Gerade Deutschland als Geschädigter dürfe nicht über den Bericht hinwegsehen, zitiert die dpa den Kremlsprecher.

Die staatliche chinesische Zeitung Global Times schreibt: „Angesichts des früheren US-Verhaltens glauben chinesische Experten, dass der Hersh-Bericht höchst glaubwürdig ist und Russland trotz des Dementis aus Washington nicht gehindert werden kann, weitere Beweise für den Wert des Berichts als Hinweis zu finden.“

Der Bundestag befasst sich am Freitag, 10. Februar 2023, im Rahmen einer Aktuellen Stunde mit dem Thema „Anschläge auf deutsche und europäische Infrastruktur“. Verlangt wurde die Debatte von der AfD-Fraktion.

Die AfD will offene Fragen rund um die Explosionen an den Nord-Stream-Gaspipelines in der Ostsee von einem Untersuchungsausschuss im Bundestag klären lassen. AfD-Fraktionschef Tino Chrupalla begründete seinen Vorstoß am Donnerstag mit den Recherchen von Hersh. Auch Abgeordnete der Linke-Fraktion wollen nach Informationen der Berliner Zeitung Fragen an die Bundesregierung stellen.

Chrupalla sagte laut dpa, es gehe um die Frage, ob „die Führungsmacht der Nato in europäischen Gewässern einen Anschlag auf lebenswichtige kritische Infrastruktur unseres Landes verübt“ habe, erklärte er. Sollte dies so sein, könnten US-Truppen nicht mehr in Deutschland bleiben: „Der Abzug aller US-Truppen wäre die Konsequenz.“ Der Bundestag habe „ein Recht zu erfahren, welche Kenntnisse die Bundesregierung hat“.

https://www.berliner-zeitung.de/wirtschaft-verantwortung/geopolitik-usa-sondersitzung-des-bundestags-nord-stream-anschlaege-wer-ist-der-enthueller-seymour-hersh-li.316025

Ob jetzt Seymour Hersh Verschwörungstheoretiker ist, dahingestellt. Bisher genoss er ja eine gute Reputation wegen seiner Enthüllungen über das Massaker in My Lay iwährend des Vietnamkriegs und der US- Foltergefängnisse in Abu Graigh. Auch wird nicht einmal ein Beispiel genannt, welche Verschwörungen denn Hersh in der letzten Zeit verbreitet haben soll. Umgekehrt kann er auch mal unsauber recherchiert haben, einem Desinformanten aufgesessen sein oder selbst mal wieder in die Schlagzeilen kommen wollen. Wir wissen es nicht und man erfährt auch nichts Genaueres.

Doch einige Details und Widersprüche sind sehr interessant. Zum einen, dass das russsische Vertedigungsminsiterium und die russische Propaganda im Novemner 2022 noch felsenfest behauptete, dass es eindeutige Beweise hätte, dass das United Kingdom hinter der Aktion stünde, zumal man deren Kommunikation abgefangen hätte. Dies obgleich etliche Äusserungen von Nuland oder Biden und ein Tweet des polnischen Aussenministers „Thank you USA“, nun wie Hersh eine US- amerikanische Urheberschaft behaupteten. Da beisst sich die Proagandaschlange in den eigenen Schwanz. Oder aber neuerdings spricht man von „den Anglosachsen“. Zweites wesentliches Detail: Die Pipleline wurde gar nicht ganz zerstört, sondern nur ein Teil, während der andere weiterhin Deutschalnd beliefern hätte können. Interessanterweise ist eine Röhre von NS 2 heil geblieben. NS 1, durch die weiterhin Gas nach Deutschland kam, ist zerstört. Dagegen richtete sich der Anschlag. Könnte also auch ein russischer Anschlag gewesen sein, der dazu diente, Deutschland zur Inbetriebnahme von NS 2 zu zwingen.

Das nur mal all jenen Schwadroneuren, die erzählten, die Russen würden sich doch nicht ins eigene Knie schiessen, taten sie ja scheinbar auch gar nicht und zudem gingen die Öl- und Gaspreise danach in die Decke, was Putins Kriegskasse ordentlich füllte. Das wird alles ignoriert, wenn man solch dezidierten Antiamerikanismus hegt und pflegt und nur von den bösen USA und dem reaktiven Unschuldslamm Putin ausgeht gegen den Deutschland und die USA einen Krieg und Wirtschaftskrieg begonnen hätten. Desweiteren wird jetzt noch ein weiteres Motiv dieser hybriden Kriegsführung offensichtlich , die keineswegs nur militärisch, sondern auch politisch zu verstehen ist.

Die AfD fordert den Abzug aller US- Truppen aus Deutschland, sollten sich die Vorwürfe in Sachen Northstream gegen die USA bewahrheiten. Ein Bekannter meinte dazu:

„Naja, das wäre die logische Konsequenz, wenn es stimmen sllte, denn dann wäre es ein Angriff auf Deutschland gewesen. Auch ein Austritt aus der NATO wäre dann rein theoretisch denkba rNur in der aktuellen Lage mit Unterstützung aller für die Ukrainegegen Russland eher kontraproduktiv“.

Alle sind eben nicht für die Ukraineunterstützung. Der Front National, der von einem Putinoligarchen 40 Millionen Euro bekam, als er pleite war, unterstützt nicht die Ukraine, sondern Putin, wäre bei Machtergreifung aus der EU, dem Euro und der NATO ausgetreten, hätte die deutsch- französische Achse mit einer russisch- französischen eurasischen Achse ersetzt, während Deutschland und Polen dann wie Sandwichs eingeklemmt zwischen beiden bangen müssten, zumal dann  auch noch das Szenario denkbar wäre, wenn Trump den US- Atomschutz entzieht Europa wehrlos Putin ausgeliefert wäre. Die AfD ist auch gegen die Unterstützung der Ukraine und fordert nun offen den Abzug aller US- Truppen aus Deutschland. Offener kann man ja neben der AFD- Parteiprogrammforderung eines Dexit nicht mehr sagen, wohin der Zug gehen soll. Dann würde der Begriff SBZ (Sowjetische Besatzungszone) in RBZ (Russische Besatzungszone) modernisiert, die dann aber nicht nur die DDR umfassen würde, sondern ganz Deutschland, wie auch Putin einen Rollback mindestens zu den NATO-Grenzen von 1997 in seinem Ultimatum vor dem Ukrainekrieg gefordert hatte und den Zerfalll der Sowjetunion als „die größte geopolitische Katastrophe des 20. Jahrhunderts“ ansieht, die es in einem Rollback  politisch und militärisch mittels Gerassimows hybriden Krieg rückgängig gemacht werden soll, der sich keineswegs nur auf die Ukraine und nur militärisch beschränkt, sondern eben auch politisch, kulturell und medial  geführt wird im Rahmen des Bündnisses mit Xi- China für eine multipolare Welt unter russisch- chinesischer Hegemonie. So auch wahrscheinlich mittels der teilwesien Northstreamsprengung. Die AfD würde dann als 5. Kolonne Moskaus wie schon damals die SED ihre Gelder aus Moskau bekommen und zum russischen Protektoratsgauleiter unter einem Statthalter Höcke avancieren. Neben der Tatsache, dass die Pipeline gar nicht völlig zerstört wurde, ja auch die Belieferung Deutschlands seltsamerweise weiterhon möglich blieb, den offensichtlichen Propagandawidersprüchen Moskaus, den dadurch kriegskassenfüllenden Öl- und Gaspreissteigerungen für Putin, zeigt doch ,dass man mittels Desinformation und AFD, die auch von Lawrow offen im Kreml empfangen wurde, auch noch nationalistische Stimmung und latenten Antiamerikanismus in der deutschen Volksseele hochkochen lassen will- mit Zielperspektive eben die USA aus Deutschland und Europa rauszudrängen und wie in Putins sogenannter Friedensrede vor dem deutschen Bundestag 2001 die dort geforderte eurasische, antiamerikanische Militärallianz samt Wirtschaftsraum von Lissabon bis Wladiwostok, oder wie Putins ehemaliger Gazpromberater Dr. Rahr schon forderte von Lissabon bis Shanghai in der schönen chinesisch- russischen multipolaren, eurasischen neuen Weltordnung herzustellen.

Soweit mal ein Narrativ, um zu zeigen, dass es sehr wohl auch Argumente gibt, warum Putin hinter dem NS- Anschlag gesteckt haben kann. Jedoch kann die russische Behauptung, dass es die Briten waren, durchaus auch dadurch aufgelöst werden, dass laut Hersh mehrere Geheimdienste mitinvolviert gewesen sein können, zudem denke man an die anglosächsischen Five Eye und die special relations zwischen den USA und GB, respektive zwischen CIA und MI 6, was es dann doch zum russischen „Day of the Saxons“ oder „Angelsachsen“ machen könnte. Dass Teile von Northstream 2 übrig blieben, könnte auch Zufall sein, dass nicht alles immer so gelingt, wie geplant, denn die Ukrainer hatten ja auch die Krimer Kertschbrücke ganz sprengen wollen, was aber nur teilweise gelang. Doch lassen wir Seymour Hersh selbst zu Worte kommen- mittels eines Interviews, das die Berliner Zeitung mit ihm führte, freilich jedoch ohne auf die genannten Widersprüche einzugehen oder diese gar zu erwähnen oder eine mögliche Urheberschaft Putins überhaupt einmal zu diskutieren, um sie gebenenfalls damit zu widerlegen:

„Seymour Hersh im Interview: Joe Biden sprengte Nord Stream, weil er Deutschland nicht traute

Herr Hersh, bitte legen Sie Ihre Erkenntnisse im Detail dar. Was ist Ihrer Quelle zufolge genau passiert, wer war am Nord-Stream-Attentat beteiligt und was waren die Motive?

Es war eine Geschichte, die danach schrie, erzählt zu werden. Ende September 2022 sollten in der Nähe der Insel Bornholm in der Ostsee acht Bomben gezündet werden, sechs davon gingen hoch, in einem Gebiet, in dem es ziemlich flach ist. Sie zerstörten drei der vier großen Pipelines von Nord Stream 1 und 2. Die Nord-Stream-1-Pipeline hat Deutschland und andere Teile Europas seit vielen Jahren mit sehr billigem Erdgas versorgt. Und dann wurde sie gesprengt, ebenso wie Nord Stream 2, und die Frage war, wer das getan hat und warum. Am 7. Februar 2022, gut zwei Wochen vor dem Einmarsch Russlands in die Ukraine, sagte der US-Präsident Joe Biden auf einer Pressekonferenz im Weißen Haus, die er mit dem deutschen Bundeskanzler Olaf Scholz abhielt, dass die USA Nord Stream stoppen würden.

Biden sagte wörtlich: „Wenn Russland einmarschiert, wird es kein Nord Stream 2 mehr geben, wir werden dem Projekt ein Ende setzen.“ Und als eine Reporterin fragte, wie genau er das zu tun gedenke, da das Projekt vor allem unter deutscher Kontrolle stehe, sagte Biden nur: „Ich verspreche, dass wir in der Lage sein werden, es zu tun.“

Seine stellvertretende Außenministerin Victoria Nuland, die tief in die Geschehnisse der Maidan-Revolution im Jahr 2014 verwickelt war, hatte sich ein paar Wochen zuvor ähnlich geäußert. 

Sie sagen, dass die Entscheidung, die Pipeline auszuschalten, sogar noch früher von Präsident Biden getroffen wurde. Sie schreiben in Ihrem Bericht, dass im Dezember 2021 der Nationale Sicherheitsberater Jake Sullivan ein Treffen der neu gebildeten Taskforce der Joint Chiefs of Staff, der CIA, des Außen- und des Finanzministeriums einberief. Sie schreiben: „Sullivan wollte, dass die Gruppe einen Plan für die Zerstörung der beiden Nord-Stream-Pipelines ausarbeitet.“

Diese Gruppe wurde ursprünglich einberufen, um das Problem zu studieren. Sie trafen sich in einem sehr geheimen Büro. Direkt neben dem Weißen Haus gibt es ein Bürogebäude, das Executive Office Building, es ist unterirdisch durch einen Tunnel mit dem Weißen Haus verbunden. Und ganz oben befindet sich ein Büro für eine geheime externe Gruppe von Beratern, die sich President’s Intelligence Advisory Board nennt. Ich habe das erwähnt, um den Leuten im Weißen Haus zu signalisieren, dass ich Informationen habe. Das Treffen wurde also einberufen, um zu untersuchen, was wir tun würden, wenn Russland in den Krieg zieht.

Das war drei Monate vor dem Krieg, vor Weihnachten 2021. Es handelte sich um eine hochrangige Gruppe, die wahrscheinlich einen anderen Namen hatte, ich nannte sie einfach „Interagency Group“, ich kenne den offiziellen Namen nicht, falls es einen gab. Es handelte sich um die CIA und die National Security Agency, die die Kommunikation überwacht und abhört, das Außenministerium und das Finanzministerium, das Geld zur Verfügung stellt. Und wahrscheinlich noch ein paar andere Organisationen, die beteiligt waren. Die Joint Chiefs of Staff waren auch vertreten. Es ging darum, Empfehlungen zu geben, wie Russland zu stoppen wäre, und zwar entweder mit reversiblen Maßnahmen wie weiteren Sanktionen und wirtschaftlichem Druck oder mit irreversiblen, „kinetischen“ Maßnahmen, z. B. Sprengungen.

Ich möchte hier nicht weiter in die Details gehen und nicht über ein bestimmtes Treffen sprechen, weil ich meine Quelle schützen muss. Ich weiß nicht, wie viele Leute daran teilgenommen haben, verstehen Sie, was ich meine?

In Ihrem Artikel schrieben Sie, dass die CIA-Arbeitsgruppe Anfang 2022 der „Interagency Group“ von Sullivan Bericht erstattete und sagte, Zitat: „Wir haben eine Möglichkeit, die Pipelines zu sprengen.“

Sie hatten einen Weg. Es gab dort Leute, die sich mit dem auskannten, was wir in Amerika „Minenkrieg“ nennen. In der Marine der Vereinigten Staaten gibt es Einheiten, die sich mit U-Booten befassen, es gibt auch ein Kommando für Nukleartechnik. Und es gibt ein Minenkommando. Der Bereich der Unterwasserminen ist sehr wichtig, und wir haben ausgebildete Spezialisten dafür. Ein zentraler Ort für ihre Ausbildung ist eine kleine Urlaubsstadt namens Panama City mitten im Nirgendwo in Florida. Wir bilden dort sehr gute Leute aus und setzen sie ein. Unterwasser-Minenspezialisten haben große Bedeutung, zum Beispiel um versperrte Eingänge zu Häfen frei zu machen und Dinge in die Luft zu jagen, die im Weg stehen. Sie können auch die Erdöl-Unterwasserpipelines eines bestimmten Landes in die Luft jagen. Es sind nicht immer gute Dinge, die sie tun, aber sie arbeiten absolut im Geheimen.

Für die Gruppe im Weißen Haus war klar, dass sie die Pipelines sprengen können. Es gibt einen Sprengstoff namens C4, der unglaublich wirkungsstark ist, vor allem bei der Menge, die sie verwenden. Man kann ihn mit Unterwasser-Sonargeräten fernsteuern. Diese Sonargeräte senden Signale auf niedrigen Frequenzen aus. Es war also möglich, und das wurde dem Weißen Haus Anfang Januar mitgeteilt, denn zwei oder drei Wochen später sagte die Unterstaatssekretärin Victoria Nuland, dass wir es tun könnten. Ich glaube, das war am 20. Januar. Und dann sagte der Präsident, als er zusammen mit dem deutschen Bundeskanzler am 7. Februar 2022 die Pressekonferenz abhielt, ebenfalls, dass wir es tun könnten.

Der deutsche Kanzler hat damals nichts Konkretes gesagt, er war sehr vage. Eine Frage, die ich Scholz gern stellen würde, wenn ich eine parlamentarische Anhörung leiten würde, ist diese: Hat Joe Biden Ihnen davon erzählt? Hat er Ihnen damals gesagt, warum er so zuversichtlich war, dass er die Pipeline zerstören könnte? Wir als Amerikaner hatten damals zwar noch keinen ausgearbeiteten Plan, aber wir wussten, dass wir die Fähigkeit hätten, es zu tun.

·  Sie schreiben, Norwegen spielte eine Rolle. Inwiefern war das Land beteiligt – und warum sollten die Norweger so etwas tun?

Norwegen ist eine große Seefahrernation, und sie haben Energiequellen in der Tiefe. Sie sind auch sehr darauf bedacht, ihre Erdgaslieferungen nach Westeuropa und Deutschland zu steigern. Und das haben sie auch getan, sie haben ihre Exporte gesteigert. Warum sollten sie sich also nicht aus wirtschaftlichen Gründen mit den USA zusammentun? In Norwegen gibt es außerdem eine ausgeprägte Feindseligkeit gegenüber Russland.

In Ihrem Artikel schreiben Sie, dass der norwegische Geheimdienst und die Marine involviert waren. Sie sagen auch, dass Schweden und Dänemark in gewisser Weise informiert wurden, aber nicht alles erfuhren.

Mir wurde gesagt: Sie taten, was sie taten, und sie wussten, was sie taten, und sie verstanden, was vor sich ging, aber vielleicht hat niemand jemals „Ja“ gesagt. Ich habe mit den Leuten, mit denen ich gesprochen habe, sehr viel an diesem Thema gearbeitet. Jedenfalls mussten die Norweger, damit diese Mission durchgeführt werden konnte, den richtigen Ort finden. Die Taucher, die in Panama City ausgebildet wurden, konnten ohne schweres Equipment bis zu 100 Meter tief tauchen. Die Norweger fanden für uns eine Stelle vor der Insel Bornholm in der Ostsee, die nur 260 Fuß (ca. 80 Meter) tief war, sodass sie dort operieren konnten.

Die Taucher mussten langsam nach oben zurückkehren, es gab eine Dekompressionskammer, und wir benutzten einen norwegischen U-Boot-Jäger. Für die vier Pipelines wurden nur zwei Taucher eingesetzt. Ein Problem war, wie man mit den Leuten umgeht, die die Ostsee überwachen. Die Ostsee wird sehr gründlich überwacht, es gibt sehr viele frei verfügbare Daten, also haben wir uns darum gekümmert, es gab drei oder vier verschiedene Leute dafür. Und was dann gemacht wurde, ist ganz einfach. Seit 21 Jahren führt unsere Sechste Flotte, die das Mittelmeer und auch die Ostsee kontrolliert, jeden Sommer eine Übung für die Nato-Marinen in der Ostsee durch (BALTOPS, Anm. d. Red.). Wir schicken einen Flugzeugträger und weitere große Schiffe zu diesen Übungen. Und zum ersten Mal in der Geschichte hatte die Nato-Operation im Baltikum ein neues Programm. Es sollte eine zwölftägige Übung zum Abwurf und zum Aufspüren von Minen durchgeführt werden. Eine Reihe von Nationen schickte Minenteams aus, eine Gruppe warf eine Mine ab, und eine andere Minengruppe ging auf die Suche und sprengte sie.

Es gab also eine Zeit, in der Dinge in die Luft flogen, und in dieser Zeit konnten die Tiefseetaucher operieren, die die Minen an den Pipelines angebracht haben. Die beiden Pipelines verlaufen etwa eine Meile voneinander entfernt, sie liegen ein wenig unter dem Schlick am Meeresboden, aber sie sind nicht schwer zu erreichen, und die Taucher hatten es geübt. Es dauerte nur ein paar Stunden, die Bomben zu platzieren.

Das war also im Juni 2022?

Ja, sie taten es gegen Ende der Übung. Aber in letzter Minute wurde das Weiße Haus nervös. Der Präsident sagte, er habe Angst davor, es zu tun. Er änderte seine Meinung und gab neue Befehle, sodass man die Möglichkeit hatte, die Bomben jederzeit aus der Ferne zu zünden. Man macht das mit einem ganz normalen Sonar, ein Produkt von Raytheon übrigens, man fliegt über die Stelle und lässt einen Zylinder fallen. Er sendet ein niederfrequentes Signal, man kann es als Flötenton beschreiben, man kann verschiedene Frequenzen einstellen.

Die Befürchtung war allerdings, dass die Bomben nicht funktionieren würden, wenn sie zu lange im Wasser blieben, was bei zwei Bomben tatsächlich auch der Fall sein sollte. Es herrschte also Sorge innerhalb der Gruppe, das richtige Mittel zu finden, und wir mussten uns tatsächlich an andere Geheimdienste wenden, über die ich absichtlich nicht geschrieben habe.

·  Und was passierte dann? Die Sprengsätze waren platziert und man fand einen Weg, sie fernzusteuern.

Joe Biden entschied damals im Juni, sie nicht in die Luft zu jagen, es war fünf Monate nach Kriegsbeginn. Aber im September befahl er, es zu tun. Die operativen Mitarbeiter, die Leute, die für die Vereinigten Staaten „kinetische“ Dinge tun, sie machen, was der Präsident sagt, und sie dachten zunächst, dies sei eine nützliche Waffe, die er bei Verhandlungen einsetzen könnte. Aber irgendwann, nachdem die Russen einmarschiert waren und dann, als die Operation abgeschlossen war, wurde die ganze Sache den Leuten, die sie durchführten, zunehmend zuwider. Es handelt sich um Leute, die in Spitzenfunktionen bei den Geheimdiensten arbeiten und gut ausgebildet sind. Sie wendeten sich gegen das Projekt, sie hielten es für verrückt.

Kurze Zeit nach dem Anschlag, nachdem sie getan hatten, was ihnen befohlen worden war, gab es bei den Beteiligten eine Menge Zorn über die Operation und Ablehnung. Das ist einer der Gründe, warum ich so viel erfahren habe. Und ich werde Ihnen noch etwas sagen. Die Menschen in Amerika und Europa, die Pipelines bauen, wissen, was passiert ist. Ich sage Ihnen etwas Wichtiges. Die Leute, denen Unternehmen gehören, die Pipelines bauen, kennen die Geschichte. Ich habe die Geschichte nicht von ihnen erfahren, aber ich habe schnell erfahren, dass sie es wissen.

Lassen Sie uns zu dieser Situation im Juni des vergangenen Jahres zurückkehren. Präsident Joe Biden beschloss, es nicht direkt zu tun und verschob es.

Außenminister Antony Blinken sagte ein paar Tage nach der Sprengung der Pipelines auf einer Pressekonferenz, dass Putin ein wichtiger Machtfaktor genommen worden sei. Er sagte, die Zerstörung der Pipelines sei eine ungeheure Chance – eine Chance, Russland die Möglichkeit zu nehmen, die Pipelines als Waffe einzusetzen. Es ging darum, dass Russland Westeuropa nicht mehr unter Druck setzen konnte, die Unterstützung der USA im Ukraine-Krieg zu beenden. Die Befürchtung war, dass Westeuropa nicht mehr mitmachen würde.

Ich glaube, der Grund für diese Entscheidung war, dass der Krieg für den Westen nicht gut lief und sie Angst vor dem nahenden Winter hatten. Nord Stream 2 wurde von Deutschland selbst auf Eis gelegt, nicht durch internationale Sanktionen, und die USA hatten Angst, dass Deutschland die Sanktionen wegen eines kalten Winters aufheben würde.

Was sind Ihrer Meinung nach die Motive für den Anschlag? Die US-Regierung war ja aus vielen Gründen gegen die Pipeline. Manche sagen, sie war dagegen, weil sie Russland schwächen wollte oder um die Beziehungen zwischen Russland und Westeuropa, insbesondere Deutschland, zu schwächen. Aber vielleicht auch, um die deutsche Wirtschaft zu schwächen, die ja ein Konkurrent der US-Wirtschaft ist. Die hohen Gaspreise haben dazu geführt, dass Unternehmen in die USA abwandern. Was ist Ihre Sicht auf die Motive der US-Regierung?

Ich glaube nicht, dass sie das gründlich durchdacht haben. Ich weiß, das klingt seltsam. Ich glaube nicht, dass Außenminister Blinken und einige andere in der Regierung tiefgründige Denker sind. Es gibt sicherlich Leute in der amerikanischen Wirtschaft, denen die Idee gefällt, dass wir wettbewerbsfähiger werden. Wir verkaufen Flüssiggas (LNG) mit extrem hohen Gewinnen, wir verdienen eine Menge Geld damit.

Ich bin sicher, dass es einige Leute gab, die dachten: Junge, das wird der amerikanischen Wirtschaft einen langfristigen Schub geben. Aber im Weißen Haus war man, glaube ich, immer von der Wiederwahl besessen, und man wollte den Krieg gewinnen, man wollte einen Sieg erringen, man wollte, dass die Ukraine irgendwie magisch gewinnt. Es könnte einige Leute geben, die denken, dass es vielleicht besser für unsere Wirtschaft ist, wenn die deutsche Wirtschaft schwach ist, aber das ist verrückt. Ich denke, dass wir uns in etwas verstrickt haben, das nicht funktionieren wird, der Krieg wird für diese Regierung nicht gut ausgehen.

·  Was denken Sie, wie dieser Krieg enden könnte?

Es spielt keine Rolle, was ich denke. Was ich weiß, ist, dass dieser Krieg auf keinen Fall so enden wird, wie wir es uns wünschen, und ich weiß nicht, was wir tun werden, wenn wir weiter in die Zukunft blicken. Es macht mir Angst, dass der Präsident zu so etwas bereit war. Und die Leute, die diese Mission durchführten, glaubten, dass der Präsident sich darüber im Klaren war, was er den Menschen in Deutschland antat, dass er sie für einen Krieg bestrafte, der nicht gut verlief. Und auf lange Sicht wird dies nicht nur seinen Ruf als Präsident beschädigen, sondern auch politisch sehr schädlich sein. Es wird ein Stigma für die USA sein.

Das Weiße Haus hatte die Befürchtung, dass es auf verlorenem Posten stehen könnte, dass Deutschland und Westeuropa die von uns gewünschten Waffen nicht mehr liefern würden und dass der deutsche Bundeskanzler die Pipeline wieder in Betrieb nehmen könnte – das war eine große Sorge in Washington. Ich würde Bundeskanzler Scholz eine Menge Fragen stellen. Ich würde ihn fragen, was er im Februar erfahren hat, als er beim Präsidenten war. Die Operation war streng geheim und der Präsident sollte niemandem von unserer Fähigkeit erzählen, aber er plaudert gern, er sagt manchmal Dinge, die er nicht sagen sollte.

Über Ihre Geschichte wurde in deutschen Medien eher zurückhaltend und kritisch berichtet. Manche griffen Ihren Ruf an oder sagten, Sie hätten nur eine einzige anonyme Quelle, und das sei nicht zuverlässig.

Wie könnte ich über meine Quelle sprechen? Ich habe viele Geschichten geschrieben, die auf ungenannten Quellen beruhen. Wenn ich jemanden nennen würde, würde er gefeuert oder, noch schlimmer, eingesperrt werden. Das Gesetz ist sehr streng. Ich habe noch nie jemanden enttarnt, und wenn ich schreibe, sage ich natürlich, wie ich es in diesem Artikel getan habe, dass es sich um eine Quelle handelt, Punkt. Im Laufe der Jahre sind die Geschichten, die ich geschrieben habe, immer akzeptiert worden.

·  Wie haben Sie Ihre Fakten überprüft?

Ich habe für die aktuelle Story mit ebenso erfahrenen Faktenprüfern zusammengearbeitet, wie ich sie früher beim New Yorker hatte. Natürlich gibt es viele Möglichkeiten, obskure Informationen, die mir mitgeteilt werden, zu prüfen. Die persönlichen Angriffe auf mich verfehlen außerdem den Punkt. Der Punkt ist, dass Biden beschlossen hat, die Deutschen diesen Winter frieren zu lassen. Der Präsident der Vereinigten Staaten möchte lieber, dass Deutschland friert, als dass Deutschland die Ukraine möglicherweise nicht mehr unterstützt, und das ist für mich eine verheerende Sache für dieses Weiße Haus. 

Der Punkt ist auch, dass dies als ein kriegerischer Akt nicht nur gegen Russland, sondern auch gegen westliche Verbündete, insbesondere Deutschland, wahrgenommen werden kann.

Ich würde es einfacher formulieren. Die Leute, die an der Operation beteiligt waren, sahen, dass der Präsident für seine kurzfristigen politischen Ziele Deutschland frieren lassen wollte, und das hat sie entsetzt. Ich spreche hier von Amerikanern, die den Vereinigten Staaten gegenüber sehr loyal sind. Bei der CIA ist es so, dass man, wie ich es in meinem Artikel formuliere, für die Macht arbeitet und nicht für die Verfassung.

Der politische Vorteil der CIA liegt darin, dass ein Präsident, der seine Pläne im Kongress nicht durchbekommt, mit dem CIA-Direktor im Rosengarten des Weißen Hauses spazieren gehen kann, um etwas Geheimes zu planen, das auf der anderen Seite des Atlantiks – oder wo auch immer auf der Welt – viele Menschen treffen kann. Das war immer das Alleinstellungsmerkmal der CIA – mit dem ich meine Probleme habe. Aber selbst diese Gemeinschaft ist entsetzt darüber, dass Biden beschlossen hat, Europa der Kälte auszusetzen, um einen Krieg zu unterstützen, den er nicht gewinnen wird. Das ist für mich ruchlos.

·  Sie sagten in Ihrem Artikel, dass die Planung des Angriffs dem Kongress nicht gemeldet wurde, wie es bei anderen verdeckten Operationen notwendig ist.

Die Sache wurde auch an viele Stellen innerhalb des Militärs nicht gemeldet. Es gab noch an anderen Stellen Leute, die hätten informiert werden müssen, aber nicht informiert wurden. Die Operation war sehr geheim.

Welche Rolle spielt Mut für Sie in Ihrem Beruf?

Was ist mutig daran, die Wahrheit zu sagen? Unser Job ist es nicht, Angst zu haben. Und manchmal wird es hässlich. Es gab Zeiten in meinem Leben, in denen … – wissen Sie, ich spreche nicht darüber. Aber Drohungen werden nicht an Menschen wie mich gerichtet, sondern an die Kinder von Menschen wie mir. Es gab furchtbare Dinge. Aber man macht sich keine Gedanken darüber, das kann man nicht. Man muss einfach tun, was man tut.“

https://www.berliner-zeitung.de/politik-gesellschaft/seymour-hersh-im-interview-joe-biden-sprengte-nord-stream-weil-er-deutschland-nicht-traut-li.317700

Jedenfalls ist die Berliner Zeitung auch kein unbeschriebenes Blatt, wie man angesischts ihrer Geschichte auf Wikipedia erfahren kann. Vom ersten Chefredakteur, einem Kommandeur der Roten Armee als „Organ des Kommandos der Roten Armee“ bis hin zu den jetzigen neuen Eigentümern, dem Ehepaar Friedrich umweht das Ostberliner Blatt der Hauch von Russlandtreue. Holger Friedrich selbst war auch Mitglied der SED und auch als IM bei der Stasi tätig, wie auch die BZ dafür kritisiert wird, Putinpropaganda oder zumindestens sehr russlandgesonnene Berichterstattung zu betreiben: Doch es täte andere Zeitungen gut, sich mit Hersh auseinanderzusetzen und nicht versuchen, es zu verschweigen.

https://de.m.wikipedia.org/wiki/Berliner_Zeitung

https://de.m.wikipedia.org/wiki/Holger_Friedrich_(Unternehmer)#Kauf_der_Berliner_Zeitung_und_Stasi-Aff%C3%A4re_2019

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