Saudiarabien und seine islamophile Verteidigung

Saudiarabien und seine islamophile Verteidigung

 

Es ist nicht einfach in diesen Tagen verteidigende Worte für Saudiarabien zu finden.Eigentlich finden sich da nur einige Waffenindustrielle, Wirtschaftsleute, zumeist konservative Politiker und unverbesserliche Islamversteher.Eine absolutistische Erbmonarchie mit wahhabistischer Staatsreligion, die drakonische Strafen von Auspeitschen über Kreuzigung bis Enthauptung ala Islamischer Staat für Dissidenten, Andersgläubige, Glaubens- und Regimekritiker und Menschen hat, die sich nicht an die strikten Moralgesetze halten, Frauen das Autofahren verbietet, strikte Geschlechtertrennung praktiziert, Frauen vollverschleiert, zu Zeiten des Kalten Krieges Islamisten und Al Qaida in Afghanistan unterstützte, missionarisch überall in der muslimischen Welt den Export ihres Wahhabismus und politischen Extremismus mittels grosszügig gesponserter Madrassen förderte und nun auch Dschihaddsiten finanziell unterstützt.

Saudiarabien, als prowestlich- ölpreissenkende Macht in der OPEC und treuer Verbündeter der USA seit dem historischen Treffen zwischen Roosevelt und König Saud auf einem amerikanischen Kriegsschiff 1945, seit 1979 Hauptgegner des schiitisch- expansionistischen Irans Khomeinis und Khameinis, der seine islamistische Revolution über den schiitischen Halbmond von Iran, Irak, Libanon, Syrien, Afghanistan (Herat), Bahrein und das schiitisch besiedelte nördliche Erdölzentrum Saudiarabiens bringen will, Hüter der Heiligen Stätten des Islams Mekka und Medina in Gegensatz zu Kerbala und Qom,, Ausrichter des Hadsch, einst auch als der Stabilitätsanker im Nahen Osten vom Westen betrachtet, wird nun auch von einer vom BND in die Öffentlichkeit lancierten Studie als Risikostaat angesehen, der nun eine aggressive Aussenpolitik unter dem neuen Herrscher und seinem Verteidigungsminister betreibe, einen Kurswechsel weg von der üblichen Scheckbuchdiplomatie hin zu einer interventionistischen Agenda vollzogen habe, der die Stabilität der Region wie aber auch des eigenen Landes selber bedrohe, zumal dem neuen Verteidigungsminister eigene Machtambitionen und Intrigen nachgesagt werden, die die bisher stabile Struktur des veralteten Königshaus in den Grundfesten bei einem Nachfolgekampf zerrütten könnten. Die Warnung vor einem „imperial overstrech“ wie man sie auch mal gegenüber den USA angesichts des Irakkrieges hatte, sind bei diesem BNDpapier offensichtlich. Die deutsche Bundesregierung wies das BNDpapier umgehend zurück und erklärte lapidar nur, dass dieses nicht die Position der deutschen Regierung sei.Bezeichnend aber, dass ein Geheimdienst,der doch sonst immer mehr diskret und im Verborgenen arbeitet, sich genötigt sieht seine Meinung öffentlich zu zirkulieren und ventilieren.

Die Hinrichtung eines schiitischen Oppositionellenscheichs, der im Iran zur Stürmung der saudischen Botschaft führte und zum Abbruch aller diplomatischen Beziehungen zwischen Saudiarabien, Iran und den jeweils verbündeten Ländern, die saudische Kriegsführung im Yemen, die saudische Unterstützung für islamistische Dschihhaddisten in Syrien und im Irak, wie auch in Afghanistan und Pakistan sowie anderen nordafrikanischen und muslimischen Ländern, die Ankündigung Saudiarabiens Bodentruppen nach Syrien entsenden zu wollen, die Gründung einer panmuslimischen Militärkoalition aus 34 Staaten unter saudischer Führung sind einige der Indikatoren, dass die Zeiten der Scheckbuchdiplomatie vorbei sind.Entweder sehen dies die USA und die BRD-Regierung als neue Lastenteilung an, die sie befürworten oder sie sind sich der Bedeutung der Kritik des BNDpapiers nicht bewusst und wollen sie aus tagespolitischen Gründen eher verdrängen.Hinzu kommt, dass der saudische Staatshaushalt aufgrund der rapide gefallenen Erdöleinnahmen unter starker Belastung steht, die Devisenüberschüsse wegschmelzen, der IWF schon einen Staatsbankrott samt immenser Verschuldung prognostizierte, was weiter destabiliserend wirkt. Saudiarabien hat versucht mit Russland, Venezuela und Katar gemeinsam die Ölpreise zu stabilisieren. Die saudische Regierung hat aber nun als Reaktion begonnen Sozialprogramme und Subventionen für die Bevölkerung zu kürzen.

Desweiteren steht Saudiarabien im Verdacht, den islamischen Staat finanziell zu unterstützen und die Staatsreligion des Wahhabismus für die Ideologie des Islamischen Staates Pate gestanden zu haben.Hier als elaboriertes Beispiel der Beitrag des Nahostexperten Juan Cole, den man als eine der wenigen exemplarischen Verteidigungsschriften Saudiarabiens ansehen kann und versucht verteidigende Worte für das Königshaus Saud und den Wahhabismus zu finden:

“It is not the case that Saudi’s distinctive and puritanical Wahhabi Islam underlies terrorism. It is often intolerant, but its 20 million adherents usually don’t go around attacking people. Sunnis who adopt the Wahhabi style of Islam, called Salafis, are often peaceful and/or non-political. The Saudis of Wahhabi background whom you meet abroad are often warm, nice people.

It could be argued that Sunnis are relatively unlikely to turn to terrorism but Salafis and Wahhabis more likely to, because the latter see the world as black and white, and have a conviction that only they have the truth and the rest of the Muslims have fallen into the snares of the devil. But then a lot (not all) of evangelical Christians have that mindset, as well, and few are violent. I’m not aware of studies that show Salafis as more violent than other Sunnis. In Syria, the two major terrorist/ insurgent groups, al-Qaeda and Daesh (ISIS, ISIL), are Salafi of sorts, but most of their members started out as Sunnis and went straight to joining those groups under the pressure of Syrian regime attacks. You could argue that the ideology is optional, and that tyrannical and violent oppression drives people to terrorism regardless of their religious ideology.

Nor is it the case that Saudi Arabia formed, funded or promoted Daesh/ ISIL, as is often alleged. Nor is mainstream Wahhabism as practiced every day in Saudi Arabia very much like Daesh. There are tens of thousands of non-Muslims working in the oil industry at Dahran and none has been kidnapped and beheaded. They are allowed to have their own swimming pools and McDonalds. There may have been Saudi businessmen who funneled money to Iraqi Sunnis to strengthen them against the American-installed Shiite religious government of Baghdad, or to fight against their being ethnically cleansed from the Iraqi capital back in 2006-2007, and some of that money may have made its way to what became Daesh. But it was not likely direct support for that group (in 2003-2006 the Kingdom was in a life and death struggle against al-Qaeda, of which Daesh is a branch).”

http://www.juancole.com/2015/12/arabia-terrorism-coalition.html

Zumal der Autor Wahhabiten auch als solch “nette”und warme Menschen wie die US-Evangelikalen beschreibt („The Saudis of Wahhabi background whom you meet abroad are often warm, nice people.“), fragt man sich schon, ob Juan Cole nicht etwas zur Islamophilie und Beschönigung neigt. Zum einen, warum betont er, dass diese so nett und warm seien, wenn man sie „abroad“, also im Ausland, sei es in einem libanesischen Bordell oder Nachtclub oder bei einer Islamkonferenz,  trifft? Daheim dann eben nicht oder meint er Leute der Exilopposition? Und was heisst „often“, oft? Oft, aber ebenso nicht so oft und mehrheitlich nicht? Zudem: Sicherlich gab es auch Deutsche mit Nazihintergrund, die nette und warme Menschen waren, gute Familienväter, gastfreundliche Gastgeber und sich gegenüber unbeteiligten Dritten auch freundlich verhielten. Das sagt noch nichts über ihre Funktion in einer Diktatur und  ihr Verhalten innerhalb dieser und gegenüber der unterdrückten Bevölkerung aus.Auch sind mir Autoren suspekt, die nach einigen persönlichen Begegnungen pauschale Urteile über ganze Völker, deren vermeintlicher Volksmentalität, vermuteten Volksseele oder andere zusammenassoziierte völkische Abstraktionen abgeben.

Ebenso sollte Juan Cole genauer untersuchen, inwieweit es nur einige saudische Geschäftsmänner waren, die angeblich privat und vereinzelt Dschihaddisten im Ausland förderten. Ist es wahrscheinlich, dass Individuuen in Saudiarabien ohne Regimewissen- und duldung immense Beträge transferieren können, wo doch sonst jeder kleine Blogger oder NGO-Aktivist überwacht und drakonisch bestraft wird. Waren es auch nur Geschäftsmänner und nicht Mitglieder des Königshauses, Militärs, Geheimdienstes und/oder des wahhabitischen Klerus, die ausländische Dschihhadisten finanzieren und auch mit Waffenlieferungen ausrüsten . Warum sollten die Saudis anfänglich den Islamischen Staat vielleicht nicht auch so finanziert und unterstützt haben, wie sie dies anfänglich auch mit den Dschihhadisten und der Al Qiada in Afghanistan getan haben? Vielleicht haben sie sich inzwischen eines anderen besonnen, aber anfangs ist es durchaus denkbar, dass diese Dschihhaddisten und auch der Islamische Staat als Gegenkraft gegen den Iran und Irangestützte Kräfte unterstützt wurden.  Zahlreich belegt ist ja, dass Saudiarabien so alle der zahlreichen Dschihhadistengruppen und Islamistengruppen, die alle einen Gottesstaat wollen mit Ausnahme des Islamischen Staates unterstützt und daraus macht es selbst kein Geheimnis.Kurz: Solche Nachfragen werden gar nicht gestellt oder ihnen nachgegangen, so dass diese Verteidigungsphilipa ein Zeitgeistdokument eines unverbesserlichen islamophilen Islamwissenschaftlers ist, der  versucht nur das Allerbeste in Saudiarabien und dem Wahhabismus, sowie dem Islam als „Religion des Friedens“ sehen zu wollen. Wichtige Reformen hat Juan Cole dabei aber vergessen: Die Errichtung einer Universität auf der nun auch Frauen studieren dürfen und die Einführung des aktiven und passiven Wahlrechts für Frauen bei den Kommunalwahlen in Saudiarabien–das sind dann doch wieder sehr grosse Unterschiede zum Islamischen Staat, wenngleich sie wohl aufgrund westlichen Drucks und des zunehmenden Imageverlusts des landes seitens seiner Herrschaft als kosmetische Reformen eingeführt wurden.. Aber es ist bezeichnend, dass er diese Beispiele gar nicht bringt und das saudische Regime samt Wahhabismus ansonsten in buntesten Farben malt. Genauso wie Islamophobie die Wahrnehmung verzerrt, so eben auch Islamophilie.

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